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Molenaar, Isaak - Taufpredigt, gehalten am Palmsonntage 1826.

„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden, darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“

So sprach der Herr der Herrlichkeit, es waren Seine letzten Worte auf Erden, Sein letztes heiliges Vermächtniß, das Er den Seinen hinterließ. Als Er es ausgesprochen hatte, fuhr Er vor ihren Augen gen Himmel. Und nach zehn Tagen versiegelte Er es. Er selbst taufte sie vom Himmel herab, wie Ihn der Vater getauft hatte, mit dem heiligen Geiste. Nun begannen auch sie ihr Werk, wie Er es nach Seiner Tauft begonnen hatte; sie gingen hin und lehrten alle Völker, wie Er befohlen, anhebend zu Jerusalem, und die da glaubten wurden getauft, und die Getauften waren selig. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch mitfolgende Zeichen und Wunder und mancherlei Kräfte und mit Austheilung des heiligen Geistes nach Seinem Willen, und that hinzu täglich die da selig wurden zu der Gemeine. Die Apostel aber übergaben ihr das heilige Vermächtniß, wie sie es von dem Herrn empfangen hatten, und die Gemeine hat es heiliglich bewahrt und erhalten. Oder laßt mich vielmehr sagen, der Herr selbst hat darüber gewacht und gewaltet mit Seinem Worte und Seinem Geiste, und wird es thun, denn Er, der getreue Zeuge, wird Sein Wort erfüllen, das Er gesagt hat: „Siehe, ich bin bei euch bis an der Welt Ende.“

So ist es denn auch zu uns gekommen, das Testament unseres Herrn und Heilandes. Sein letzter Wille, sollte er uns nicht heilig sein? das heilige Siegel des Glaubens, das alle Schätze der Gnade Gottes in sich schließt, wie ein heiliges Gefäß und Jedem mittheilt, dem der Herr es öffnet? -

Aber Eins ist, meine Zuhörer, das es uns noch heiliger machen muß: der Herr selbst hat es geheiligt und eingeweiht durch Sein eigenes Vorbild. Seine Taufe ist der Grund und die Weihe der unsrigen. So laßt sie uns heute betrachten.

Du aber, o unser Herr und Haupt, sei Selber bei uns und verkläre dich in uns in diesen feierlichen Stunden. Heilige uns Alle in der Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit. Du bist die Wahrheit und das Leben. Du hast dich Selbst für uns geheiligt, heilige uns in dir, auf daß wir Alle Ems seien, du in uns und wir in dir. Vertritt uns, wenn wir in deinem Namen und mit deinen Worten beten. Unser Vater rc. Amen.

Text: Matth. 3, 13- 17.
Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan, zu Johannes, daß er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm, und sprach: Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde; und du kommst zu mir. Jesus aber antwortete, und sprach zu ihm: Laß jetzt also sein, also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ ers ihm zu. Und da Jesus getauft war, stieg er bald herauf aus dem Wasser; und siehe, da that sich der Himmel aus über ihm. Und Johannes sah den Geist Gottes, gleich als eine Taube, herabfahren, und über ihn kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.

Das war die Taufe Jesu Christi, unseres Herrn und Heilandes. Wir sollen sie als das Vorbild der unsrigen betrachten. Aber können wir das, Geliebte? dürfen wir es? Sollen wir uns denn mit Ihm vergleichen, sterbliche Sünder mit dem Heiligen, dem Sohne Gottes? War nicht Alles an Ihm, und also auch Seine Taufe, anders als an uns, einzig und also unvergleichlich? In Seiner Taufe offenbarte sich nun, wer Er war, sie war Seine Einweihung, Seine Salbung und Krönung als König des Himmelreichs auf Erden. Wir sollen in der unsrigen erst werden, was wir nicht sind, empfangen, was wir nicht haben. - Gewißlich, Geliebte, aber eben darum ist sie unser Vorbild, ja der Grund und die Weihe der unsrigen. Sie macht dieselbe erst möglich: sie gibt ihr erst ihre Kraft und Bedeutung. Wäre Jesus nicht getauft als der Christus, der Sohn Gottes, wir könnten nicht getauft werden in Seinem Namen als Christen, als Seine Unterthanen, als Bürger und Einwohner des Himmelreichs, als Kinder und Hausgenossen Gottes. In dem Sohne nur sind wir Kinder; nur in Ihm und durch Ihn, den Mittler, kommen wir zum Vater. So sind wir auch, wenn wir an Ihn glauben, schon mit Ihm und in Ihm getauft.

Denn, Geliebte, Er ist vor Allem, und es besteht Alles in Ihm. Und Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeine, denn es ist das Wohlgefallen gewesen, daß in Ihm alle Fülle wohnen sollte und Gott Alles durch Ihn versöhnte zu Ihm selbst, indem Er Frieden machte durch das Blut Seines Kreuzes. So ist Er unser Herr und Haupt, der Anfänger und Vollender unseres Glaubens, zugleich unser Vorbild, aber wie nur Er es sein kann, welcher ist der Auferstandene und Erstgeborne von den Todten, auf daß Er in allen Dingen den Vorzug habe. In allen Dingen dürfen wir Ihm nicht nur, sondern wir sollen Ihm nachfolgen; das ist nicht nur unsere Pflicht, unser Beruf, sondern auch unsere Ehre, unser Heil, unsere Seligkeit. Ist Seine Gesinnung die unsere, so ist es auch Sein Schicksal. „Das ist ja gewißlich wahr: sterben wir mit, so werden wir mit leben; dulden wir, so werden wir mit herrschen.“ Und wie in allen Dingen, so ist Er also auch in der Taufe unser Vorbild. Ist Seine Gesinnung dabei die unsere, so ist es auch Sein Segen. Lassen wir uns taufen wie Er, so werden wir auch getauft wie Er. - So wollen wir denn Seine Taufe als unser Vorbild, unser Muster und einen Spiegel betrachten, worin wir uns erblicken sollen, nämlich aus diesem doppelten Gesichtspunkt: erstens in Hinsicht auf die Gesinnung, die wir dabei haben sollen; zweitens in Hinsicht auf das, was wir darin empfangen.

Der Gott aber unseres Herrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, gebe uns den Geist der Weisheit und Offenbarung zu Seiner Erkenntniß und erleuchtete Augen des Verständnisses, daß wir erkennen mögen, welche da sei die Hoffnung Seines Berufs, und welcher da sei der Reichthum Seines herrlichen Erbes, und welche da sei die überschwengliche Größe Seiner Kraft in uns, die wir glauben, nach der Wirkung Seiner mächtigen Stärke, welche Er gewirket hat in Christo, den Er gesetzt hat der Gemeine zum Haupt über Alles, welche ist Sein Leib, die Fülle deß, der Alles in Allem erfüllet!

I

Jesus Christus ist unser Vorbild in Absicht auf die Gesinnung, mit der wir getauft werden sollen. „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war,“ heißt es im Allgemeinen, nämlich in Demuth und Gehorsam des Glaubens; er erniedrige sich selbst, wie Er sich erniedriget hat und ist gehorsam geworden bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

Wie aber äußerte sich diese Seine Gesinnung bei Seiner Taufe? Auf eine zwiefache Weise, nämlich theils in der Triebfeder, die Ihn dazu bewog, theils in der Stimmung, womit Er sie empfing.

Was bewog Ihn, sich taufen zu lassen? Er sagt es selbst in unserm Text; aber, Geliebte, wundern wir uns nicht, daß Er es überhaupt thut? Meinen wir nicht, Er habe es nicht gebraucht? Er, der von keiner Sunde wußte. Das meinte auch Johannes, darum wehrte er Ihm und sprach: „Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde, und Du kommst zu mir?“ Das war recht, und dennoch nicht ganz wahr; es war ja nicht eigentlich Johannes, der taufte, sondern Der, dessen Diener er war, dem er nicht genugsam war, Seine Schuhe zu tragen. Er taufte nur in Seinem Namen, in dem allein das Heil und also Vergebung der Sünden ist. Auch kannte er Ihn noch nicht als den Christ, wie er selbst sagt; sondern auf daß es offenbar würde in Israel, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser. Johannes war also demüthig, aber doch nicht demüthig genug; d. h. nicht so demüthig, wie Jesus, der sich von ihm taufen ließ. Es ist ja nie eigentlich der Mensch, der taufet, sondern immer der Herr selbst. Darum kann ja auch der, der getauft wird, würdiger sein, als der da taufet, und er ist es, wenn er demüthiger ist.

Aber Jesus Christus nur war vollkommen demüthig. Das sehen wir auch hier; er antwortete und spricht zu Johannes: „laß jetzt also sein, thue nur einfältig, was ich will - also gebühret es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen“ - Du taufest, ich lasse mich taufen.

Worin bestand nun Seine vollkommne Demuth? Eben darin, daß Er alle Gerechtigkeit erfüllte, d. h. in Seinem vollkommnen Gehorsam. Es ist wahr, um Seinetwillen bedurfte Jesus Christus nicht getauft zu werden, denn Er bedurfte keiner Vergebung. Auch war es nicht eine bloße äußere Form, der Er sich nur zum Schein fugte. Aber um unsertwillen hatte Er, der Herr, der in göttlicher Gestalt war, sich selbst entäußert und Knechtsgestalt angenommen, und war den Menschen in Allem gleich geworden, „geboren von einem Weibe und unter das Gesetz gethan, auf daß Er die, so unter dem Gesetz waren, erlösete, daß wir die Kindschaft empfingen.“ „Ich bin nicht gekommen, sagt Er darum, das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Er wollte es vollkommen erfüllen, als Mensch und als Israelit; das war Sein vollkommner Gehorsam.

„Obwohl Er in göttlicher Gestalt war, hielt Er es nicht für einen Raub, Gott gleich sein,“ prangte er nicht mit Seiner Heiligkeit und Göttlichkeit, und wollte sie nicht zur Schau tragen, sondern vielmehr sie verhüllen, sich selbst erniedrigen und alle Gerechtigkeit erfüllen. Erschienen in der Gestalt des sündigen Fleisches, und das für die Sünde, erniedrigte Er sich selbst, und unterwarf sich der Taufe der Sünder, wie dem Tode, der der Sünde Sold war. Die Taufe aber war das Bild des Todes, und darum, weil Er diesen auf sich nehmen wollte, unterwarf Er sich auch ihm und ließ sich durch die Taufe begraben in den Tod. So weihte Er sich in tiefer, damals aller Welt verborgener Demuth, seinem großen Beruf. Nur so wollte Er ihn antreten und darum wartete Er in vollkommner Selbstverleugnung, bis der Vater Ihn durch die Taufe Johannis dazu rief. Auch dem Johannes war es verborgen. Warum er die Andern taufte, wußte er sehr wohl, aber warum er Jesum taufen mußte, das wußte er nicht, bis der Erfolg es ihm offenbarte.

Seht, Geliebte, das war es, was Jesum bewog, sich taufen zu lassen: Sein vollkommner Gehorsam, Seine allertiefste Demuth und Selbsterniedrigung, und diese Gesinnung, sollte die nicht unser Vorbild sein? O gewiß, aber wir können ihm nur von weitem nachfolgen. Wir bedürfen Vergebung der Sünden, darum bedürfen wir auch der Taufe. Es ist also noch keine Demuth, wenn wir uns taufen lassen, keine Selbsterniedrigung; im Gegentheil, eine Erhöhung, eine unaussprechliche Gnade wird uns dadurch bewiesen. Aber, erkennen diese Gnade, erkennen, daß wir ihr bedürfen und doch nicht werth sind, sie zu empfangen: das ist unsere Demuth. Wenn wir Buße thun, d. h. wenn wir erkennen, daß wir Seinen Tod verdient und also verschuldet haben, daß Er für uns gestorben und also auch für uns getauft ist, wenn wir uns taufen lassen auf Seinen Tod, im Glauben an Ihn, aus Gehorsam gegen Ihn: dann erfüllen wir so viel in uns ist alle Gerechtigkeit und folgen Seinem Beispiel, so wie wir vermögen.

Aber nicht nur in der Triebfeder, die Ihn dazu bewog, sondern auch in der Stimmung, mit welcher Er sie empfing, soll Er uns ein Vorbild sein.

Wie war diese Stimmung? Er betete. Lukas sagt es uns: „Es begab sich, da alles Volk sich taufen ließ, und Jesus auch getauft wurde und betete u. s. w. Betend stieg Er in das Wasser der Taufe hinab, betend ging Er daraus hervor, betend heiligte Er sich für uns auch in der Taufe, wie darnach in dem Tod.

Geliebte, sollen wir Ihm nicht auch darin nachfolgen? O, wie viel mehr haben wir Ursache dazu. Wir, Sünder, die in Seinem Namen, in Seinen Tod getauft werden, getauft zur Vergebung der Sünden; wie vielmehr als Er, der ohne Sünde war und der Taufe nicht bedurfte, sondern aus herzlicher Demuth, aus herzlichem Gehorsam, aus herzlicher Liebe sie freiwillig übernahm, auf daß Er alle Gerechtigkeit erfüllte. Sein Gebet war der Ausdruck Seiner Demuth, Seines Gehorsams, Seines Glaubens, Seiner Liebe; was muß es nicht bei uns sein! Wann haben wir mehr Ursache zu beten, als in dem heiligsten Augenblick, wo wir in ein neues Leben treten, sterben und auferstehen sollen. O, wie sollten wir ringen im Gebet, daß Er uns heilige, uns Seinem Tode einverleibe!

II.

So ist also die Taufe unseres Herrn unser Vorbild, erstlich in Absicht auf die Gesinnung. Aber eben dadurch wird sie es zweitens auch in Absicht auf ihren Segen. Worin offenbarte sich dieser? In drei herrlichen Zeichen, und jedes derselben ist uns ein herrliches Bild bei unserer Taufe. Was hier in sichtbaren Zeichen geschah, das empfangen wir im Glauben. Welches ist das erste?

„Und da Jesus getauft war, heißt es, stieg Er bald darauf aus dem Wasser und siehe, da that sich der Himmel auf über Ihm.“

Welch ein Zeichen, meine Zuhörer, der offene Himmel! Aber wie sollen wir dieses verstehen? Doch nicht von einem äußern, sichtbaren Oeffnen? Was soll ich antworten, Geliebte, um nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig zu sagen? Etwas Aeußeres, etwas Sichtbares ist hier allerdings gemeint, wie könnte es sonst ein Zeichen sein? Der ganze Zusammenhang, die Natur der Sache erfordert es. Doch wer mag sich unterwinden, das Wie zu bestimmen. - Wollt ihr euch einen hellen Schein vorstellen, der von Oben, vom sichtbaren Himmel herniederfloß auf den Heiland, in dem Augenblick, als Er betend aus dem Wasser der Taufe herauf stieg, wie aus einem Grabe in ein neues Leben. Ihr dürft es, Geliebte, allein ich muß euch bitten, auf das Wort: „betend“ zu achten, denn Lukas sagt ausdrücklich: „Es begab sich, da Jesus getauft war und betete, daß sich der Himmel aufthat.“ Nur Ihm, dem betenden Menschensohn, erschien dieses erste und höchste Zeichen. Aber was es bedeutet, das mögen auch wir ahnen, dazu ist es uns ja mitgetheilt.

Wir finden diesen Ausdruck öfter in der heiligen Schrift. Der Herr selbst verhieß Seinen ersten Jüngern, sobald sie gläubig bekannten: „Du bist Gottessohn.“ - „Wahrlich, wahrlich ich sage euch, von nun an werdet ihr den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf und herabfahren auf des Menschensohn.“ Stephanus, als er vor seinen Mördern stand, schaute auf gen Himmel, voll des heiligen Geistes und rief: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und des Menschen - Sohn zur Rechten Gottes stehen.“ Bedarf diese Sprache des heiligen Geistes eine nähere Deutung? Oder wenn wir sie hier deuten sollen, dürfen wir nicht sagen: der Sohn sah in den offenen Himmel hinauf dem Vater ins Angesicht; der Vater sah vom offenen Himmel herab dem Sohne ins Angesicht. Das war ein Anblicken, Geliebte, wer mag es fassen!

Aber sollten wir darin nicht ein Zeichen, nicht ein Vorbild sehen? O gewiß, Geliebte, gewiß. So thut sich auch dem Täufling im Geist der Himmel ans, wenn er bußfertig, in tiefer Demuth hinab und gläubig, betend aufsteigt aus dem Grabe der Taufe, betend aufschaut zum Vater. Der Vater schaut auf ihn herab, wie noch nie. Der Himmel gehört ihm, er sieht hinein, wie ins Vaterhaus; die Trennung ist aufgehoben, die Sünde ist versöhnt, er ist wiedergeboren, ist auferstanden zum neuen ewigen Leben.

„Und Johannes sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über Ihn kommen.“

Das zweite Zeichen und auch uns ein zweites Vorbild.

Dieses war zunächst für Johannes, darum heißt es: „ich sah es,“ denn der heilige Geist fuhr, wie Lukas sagt, „in leiblicher Gestalt auf Ihn hernieder.“ Und Johannes zeugete und sprach: „ich sah, daß der Geist herab fuhr, wie eine Taube vom Himmel und blieb auf Ihm. Und ich kannte Ihn nicht, aber der mich sandte zu taufen mit Wasser, derselbige sprach zu mir: über welchen du sehen wirst den Geist herab fahren und auf Ihm bleiben, derselbige ist's, der mit dem heiligen Geist taufet. Und ich sah es und zeugete, daß dieser ist Gottes Sohn.“ Ja, dieser ist's, dieser ist Gottes Sohn, der mit dem heiligen Geist taufet, auf welchem der Geist bleibet, in Dem er ist und wohnt. Johannes sah es; nun wußte er, warum er ihn hatte taufen müssen, der Vater selbst mußte Ihn sichtbar taufen, davon sollte er Zeuge sein, daran sollte er Ihn erkennen.

Doch laßt mich schweigen, Geliebte, von dem Unaussprechlichen, und auch fragen: was sagt uns dieses Zeichen? Sagt es euch nicht der Geist, daß es auch uns ein Vorbild ist?

Ja, auch wir sollen mit dem heiligen Geist getauft werden; auch wir sollen sie empfangen, diese höchste, unaussprechliche Gabe, und in ihr den Sohn und in dem Sohn den Vater. Das war die eigentliche Taufe Jesu. Das, meine Geliebten, ist auch unsere Taufe, wenn wir den heiligen Geist empfangen, denn dieser ists, den wir bedürfen, der uns fehlt, den nur Er, nur Jesus Christus uns geben kann. Durch Ihn, mit Ihm empfangen wir das Leben aus Gott, das wir verloren haben. Es ist das Leben aus Gott, ist Gott in uns, Er ist das Licht, das in uns sein muß, durch Ihn werden wir neugeboren, durch Ihn erleuchtet und geheiligt, darum heißt Er der heilige Geist. Durch Ihn empfangen wir die Salbung, die uns alle Dinge lehret, die Kraft, die in uns. wirket das Wollen und das Vollbringen.

Aber wer ist es, der sie empfängt? Wir haben es gesehen, Geliebte. Nur wer dem Vorbilde Jesu Christi folgt, wer gesinnet ist, wie Jesus Christus auch war, wer sich mit Ihm erniedrigt und gläubig sich taufen läßt in Seinen Tod, wer betend eingeht und betend aufsteigt aus dem Bad der Taufe. „So sind wir ja begraben mit Ihm durch die Taufe in den Tod, auf daß, gleichwie Christus ist auferwecket von den Todten durch die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir in einem neuen Leben wandeln. Das ist ja gewißlich wahr, sterben wir mit, so werden wir mit leben.“

Endlich, meine Zuhörer, ist noch ein drittes Zeichen, das Alles Andere krönt und vollendet.

„Und siehe,“ heißt es, „eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.“ Hier erklärt der Vater selbst das Ganze und will uns allen Zweifel benehmen. Laut ruft Er Ihn, vom Himmel herab, aus, als Seinen Sohn, nun Er sich also erniedrigt, nun Er alle Gerechtigkeit erfüllt har. Denn, wenn das erste Zeichen für Jesus selbst, das zweite für Johannes ist, so ist dieses für alle Welt.

Welch ein Zeugniß! Welch ein Zeichen! Aber auch welch' ein Vorbild für uns, Geliebte!

Ein Vorbild für uns? Ja, Geliebte, wenn wir glauben, dann sind wir in dem Sohn und der Vater hat Wohlgefallen an uns, wie an Ihm, denn Er selbst hat uns angenehm gemacht in dem Geliebten.

Es ist ja Alles für uns; für uns hat Er Ihn gesandt, für uns Ihn dahingegeben, für uns Ihn verklärt, für uns Ihn getauft; denn Er, der ewige Sohn, der in dem Schooße des Vaters war, bedurfte es nicht. Wir bedürfen es, darum hat Er es gethan. Ja, so groß ist seine Gnade; sind wir in dem Sohn, an dem Er Wohlgefallen hat, so hat Er auch Wohlgefallen an uns. Ja, wir sind in Ihm und Er in uns. Sind wir in dem Sohne, so sind wir auch Kinder, sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, und wie der Sohn, so können auch wir sagen: „alles Deine ist mein.“

Seht, Geliebte, so ist die Taufe unseres Herrn nicht nur der Grund und die Weihe, sondern auch das Vorbild unserer Taufe.

Nahen wir uns dem heiligen Bade mit Seiner Gesinnung, wollen wir, wie Er, alle Gerechtigkeit erfüllen, so ergeht es uns auch wie Ihm. Treten wir in tiefer Demuth, in aufrichtiger Buße, in frommem Glauben, betend hinzu, so öffnet sich auch uns der Himmel wieder, den die Sünde uns verschlossen, hatte, und wir sehen das Angesicht Gottes, als unseres Vaters. Er selbst sendet Seinen Geist auf uns herab und taufet uns; wir sind Seine Kinder in dem Geliebten, an denen Er Wohlgefallen hat, wie an Ihm; wir wandeln vor feinem Angesichte, in einem neuen Leben und weder Tod noch Leben, weder Hohes noch Tiefes, weder Engel noch Fürstenthum, noch Macht, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges kann die Kinder scheiden von der Liebe Gottes, die in Jesu Christo ist. Amen!

Anrede an die Täuflinge.

Geliebte! da steht ihr nun vor Gott, in Seinem Hause, vor Semem Angesichte, vor dem Angesichte Seiner Gemeine, und dadurch erklärt ihr, daß ihr begehrt getauft zu werden. - Was sollte uns verhindern, euern Wunsch zu erfüllen? Verhindern? O mm! Alles, alles dringt uns dazu; wir freuen uns darüber mehr, als ihr selbst; es ist in diesem Augenblick Freude über euch im Himmel vor den Engeln Gottes! Ja, ihr sollt getauft werden, Geliebte, wenn eure Seele es begehrt; ihr sollt angenommen werden zu Kindern Gottes und Erben des ewigen Lebens. Der Himmel soll euch aufgethan werden, ihr sollt das Antlitz, das freundliche, huldvolle, gnadenreiche Antlitz Gottes sehen. Der Sohn selbst will euch taufen mit Seinem heiligen Geiste, und der Vater will euch annehmen in Ihm und hat Wohlgefallen an euch, wie an Seinem Geliebten.

Und das nicht blos für diesen Augenblick. Nein, Geliebte, der Himmel wird sich nicht wieder für euch schließen, ihr sollt Seine Kinder bleiben, ihr sollt wandeln im dem Glanze Seines Angesichts, und in der Macht Seiner Stärke, und in der Kraft Seines heiligen Geistes von nun an bis in Ewigkeit!

Aber eine Bedingung ist dabei; ihr kennt sie, Geliebte, sie ist euch gesagt, euer eigenes Herz gibt ihr Zeugniß. Worin besteht sie? Laßt uns sehen. Nicht wahr, Geliebte, daß ihr Nachfolger dessen sein müßt, dessen Namen ihr tragen wollt, daß ihr gesinnet sein müßt, wie Er auch gesinnet war, daß ihr wandeln müßt, wie Er auch auf Erden gewandelt hat und alle Gerechtigkeit erfüllen, und den Willen thun müßt eures Vaters im Himmel, wie Er ihn gethan hat. Das sehet ihr ein, das wollt ihr gewiß auch, daran zweifeln wir nicht. Es ist euer heiliger Vorsatz und feierliches Gelübde vor Gott. Aber könnt ihr es, Geliebte? habt ihr es bisher gekonnt? und werdet ihr es hinfort können ans eigener Kraft? Wie, dann bedürftet ihr ja nicht der Taufe und sie hätte für euch keine Bedeutung. Nein, Geliebte, nicht wahr, euer eigenes Herz sagt es euch in diesem heiligen Augenblicke, ihr seid nicht, wie Jesus Christus war und könnt darum auch nicht wandeln, wie Er gewandelt hat. Dazu muß Er selbst, durch Seine Kraft, Seinen heiligen Geist in euch sein. Er war heilig, ihr seid Sünder und bedürftet also sowohl der Erlösung und Versöhnung, als der Erneuerung und Heiligung durch Ihn. Ja, in diesem Augenblicke müßt ihr es erkennen, wenn ihr es auch noch nie erkannt haben sollet, das ist die Bedingung, denn es ist die Empfänglichkeit dafür, wie wenig auch mancher unter euch sich bisher seiner Sündhaftigkeit möge bewußt geworden sein, wie auch die natürliche Unschuld der Jugend, oder ein günstiges Schicksal und vor Allem, eine sorgfältige und liebevolle Pflege und Erziehung ihre Aeußerungen mögen verhindert und gemildert haben. O, Geliebte, es ist ein großer, unverdienter Segen, den ihr vielleicht bisher noch nicht genug erkannt, für den ihr gewiß Gott nicht genug gedankt habt. Aber, ihr würdet diesen Segen in Fluch verkehren, wenn ihr darum wähnen wolltet, daß ihr keine Sünder seid vor Gott und also keiner Gnade, keiner Erlösung und Versöhnung, keiner Heiligung und Erneuerung bedürfet. Ihr würdet dadurch ja eure eigene Gerechtigkeit aufrichten, und also die Gerechtigkeit, die Gott in euch aufrichten will, darnieder reißen; ihr würdet die Taufe selbst kraftlos, ja unmöglich machen. Nein, Geliebte, das Wort Gottes sagt es klar und bestimmt und das ganze Christenthum beruht darauf: „Es ist hier kein Unterschied, sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms, den sie vor Gott haben sollen und werden ohne Verdienst gerecht aus Seiner Gnade, durch die Erlösung, so durch Jesum Christum geschehen ist.“ Seht, darum werden wir getauft in Seinen Tod, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.

Wollt ihr das, Geliebte? Glaubt ihr an den Vater, an den Sohn und an den heiligen Geist?

„Seht, das ist die Bedingung, die ich von euch fordern muß; mein heiliges Amt fordert es von mir. Denn es ist das Glaubensbekenntniß der christlichen Kirche, das der Herr selbst ihr gegeben hat in Seinem Sakramente. Ich muß auch also diese drei Fragen thun:

  1. Glaubt ihr an den Vater? d. h. glaubt ihr, daß der ewige Vater unseres Herrn Jesu Christi Himmel und Erde erschaffen hat, erhält und regiert und die Welt mit sich selber versöhnt hat durch Jesum Christum, Seinen Sohn, in Ihm auch euer Gott und euer Vater im Himmel sein und euch zu Seinen Kindern annehmen und euch das ewige Leben geben will?
  2. Glaubt ihr an den Sohn? d. h. glaubt ihr, daß Jesus Christus, der eingeborne Sohn des lebendigen Gottes, der in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, auch für euch gestorben ist, und darum auch euer Herr und Heiland ist?
  3. Glaubt ihr an den heiligen Geist? d. h. glaubt ihr, daß ihr in euch selbst nicht heilig und gerecht seid vor Gott und also auch seinen heiligen und vollkommen gerechten Willen nicht aus eigener Kraft erfüllen könnt, sondern dazu Seiner Kraft und des immerwährenden Beistandes des heiligen Geistes, welchen Er uns erworben hat, bedürfet, und daß Er euch als Seinen Kindern denselben immerdar geben will, so gewiß ihr daran glaubt und Ihn . darum bittet.

Ist dieses das Glaubensbekenntniß eures Herzens? legt ihr, es nun öffentlich und feierlich ab vor Gott und dieser Gemeine, und wünscht ihr darauf die heilige Taufe zu empfangen? Was antwortet euer Herz? Sagt es ja? Wohlan, so ist die Bedingung erfüllt, ihr habt die Gesinnung, die dazu erfordert wird und könnt getauft werden.

Doch noch Eins muß vorher gehen; fühlt ihr es nicht, Geliebte, sagt es euch nicht das Herz? Zieht es euch nicht, in dem Gefühl eurer Unwürdigkeit, darnieder auf eure Knie, vor den Thron der allmächtigen Gnade, der sich euch öffnen will?

O, auch uns, Geliebte; ihr wollt beten, wir wollen mit euch beten, für euch beten. Kniet mit uns nieder.

Gebet.

Vater, hier liegen wir vor deinem Angesichte, vor dem Thron deiner Gnade, im Namen deines Sohnes. Wir wollen deine Kinder werden, wir wollen zu dir kommen in Jesu Christo. Nein, o du willst uns nicht hinausstoßen. Sieh, wir schmachten nach dir und deiner Gemeinschaft, uns hungert und dürstet nach deiner Gerechtigkeit und Heiligkeit, nach ewigem Leben! Ach, wir haben es nicht in uns, denn wir sind Sünder und mangeln des Ruhms vor dir und sind nicht werth, deine Kinder zu heißen. Darum bitten wir dich, nimm uns aus Gnaden an in Jesu Christo deinem Sohne, und gib uns das Leben in Ihm, gib uns deinen heiligen Geist, der in uns wirket das Wollen und das Vollbringen nach deinem Wohlgefallen. Vater im Himmel, wir Alle bitten für sie, wir bitten nicht, daß du sie von der Welt nehmest, sondern daß du sie bewahrest vor dem Uebel. Heiliger Vater, heilige sie in dir, heilige sie in deinem Sohne, der sich selbst für uns geheiliget hat. Amen.

Taufhandlung.

(Schlußworte.)

Stehet nun auf, Geliebte, als Brüder und Schwestern in Christo Jesu, unserm gemeinschaftlichen Herrn und Heilande. Schaut empor! Er selbst reicht euch vom Himmel herab Seine allmächtige Bruderhand. Von nun an könnt ihr den Himmel offen sehen und die Engel Gottes auf- und absteigen in euer Herz. Der heilige Geist wird in euch bleiben, und der Vater selbst wird Wohlgefallen an euch haben, wie an Seinem Geliebten. Er liebt euch, wie Er Ihn liebt und wird, euch in Ewigkeit nicht lassen, wie Er Ihn nicht laßt. Und ihr werdet Ihn auch nicht lassen, sondern werdet Ihn wieder lieben mit der Liebe, womit Er euch in Ewigkeit geliebet hat in dem Geliebten, und die Er nun an euch versiegelt hat, und in eure Herzen ausgießen wird durch den heiligen Geist. In ihrer Kraft werdet ihr Ihm nachfolgen und wandeln können, wie Er gewandelt hat auf Erden, werdet der Versuchung widerstehen und das Böse überwinden können, denn euer Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet. Amen.