Mencel, Hieronymus - Predigt am ersten Sonntage des Advents über Evangel. Matth. 21, (v. 1-9).

(Postilla, das ist, Auslegung der Evangelien. Leipzig 1596. fol. S. 1.)

Diese jetzige Zeit wird von Alters her der Advent genannt, darum, dass unsere Vorfahren verordnet haben, dass man vor dem Feste der heiligen Weihnachten die Christen von viererlei Advent oder Zukunft des Herrn Christi erinnern und sie damit auf das künftige Fest aufmuntern soll, dass sie erstlich bedenken, wie Christus Jesus aus grosser Liebe und Güte Gottes, da die Zeit erfüllet gewesen, gekommen und Mensch geboren ist; dass er hernach gleichergestalt sich bei seinem Volke der Juden nach der Weissagung des Propheten Zachariä eingestellt und auf einem Esel eingeritten ist, und nun noch täglich zu uns kommt in seinem Worte und hochwürdigen Sacramenten, seine Güter und Gaben mittheilet, letztlich am Ende der Welt wiederum sichtbar erscheinen wird in seiner Majestät und Herrlichkeit, darauf sich alle Christen schicken, munter und wacker sein sollen, dass sie ihren Herrn mit Freuden erwarten und empfahen mögen; wie auch die Evangelia auf die vier Sonntage des Advents also geordnet sind, dass sie von jetzt gedachten vier Zukunften zu erinnern und zu lehren Ursach und Gelegenheit geben. Also ist dieses jetzt verlesenen Evangelii Summa, dass in demselben der Einzug des Herrn Christi zu Jerusalem beschrieben wird, wie er sich nach der Anzeigung des Zachariä eingestellt und auf einem Esel eingeritten ist, dass er aus solchen deutlichen und gewissen Zeichen für den rechten, wahren Messiam erkannt würde, welchen alle Menschen, sonderlich aber die Tochter Zion, sein eigen Volk, die Juden, mit Freuden annehmen, loben, ehren und preisen sollten.

Katechismus.

Demnach gehört diese Historia in unserm heiligen Catechismo zum andern Artikel des Glaubens, dieweil sie bezeuget, dass Jesus von Nazareth der Messias und Christ des herrn und rechte und einige König der Tochter Zion, der wahren Kirche, ist, welcher die Gefangenen durch das Blut seines Bundes aus der Grube, darinnen kein Wasser ist, ausgelassen hat, das ist, wie der Catechismus sagt, uns verlornen und verdammten Menschen mit seinem Blute und Tode von allen Sünden, von der Gewalt des Teufels und ewigem Tode und Verdammniss erlöset und erworben hat.

Sprüche,

welche zu diesem Evangelio gehören, desselben Hauptpunkt zu bestätigen, giebt die Historia selbst, und ist der erste im Propheten Zacharia geschrieben und das Fundament dieser Historia. Zach. 9: Du Tochter Zion, freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Retter, und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen der Eselinn. Denn ich will die Wagen abthun von Ephraim und die Rosse von Jerusalem, und der Streitbogen soll zerbrochen werden, denn er wird Friede lehren unter den Heiden, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis an das andere und vom Wasser bis an der Welt Ende. Du lässest auch durch's Blut deines Bundes aus deine Gefangenen aus der Grube, da kein Wasser innen ist. Der andere Spruch, mit welchem die Leute dem Könige Christo zu seinem Einzuge Glück wünschen, steht im 118. Psalm: Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasset uns freuen und fröhlich darinnen sein. O Herr, hilf, o Herr, lass wohl gelingen. Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn.

Theilung des Evangelii.

Das wäre kürzlich die Summa und der rechte Hauptpunkt dieses Evangelii und wohin es in unserm Catechismo gehört. Die Auslegung wollen wir in zwei Stücklein fassen.

Das erste soll sein eine kurze und einfältige Erklärung des ganzen Textes.

Das andere Applicatio generalis, dass wir aus diesem Evangelio etliche gemeine Lehren nehmen, welche uns in demselbigen fürgetragen werden.

Unser lieber himmlischer Vater wecke unsere Herzen auf durch seinen heiligen Geist, dass wir auch bereit seien, wenn sein lieber Sohn zu uns kommet, entweder mit dem letzten Todesstündlein, oder mit seinem herrlichen grossen Tage des jüngsten Gerichts, ihn mit Freuden zu empfahen und ihm indess allhie auf Erden mit reinem Herzen dienen. Das helfe uns Allen Gott der Vater um unseres Herrn Jesu Christi willen, durch Kraft und Gnade des heiligen Geistes, wahrer, einiger und ewiger Gott, gelobet und gepreiset von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Vom Ersten.

Was den Text dieses Evangelii anlanget, so theilet sich derselbe in fünf Stücklein. Das erste geben nachfolgende Worte: Da sie nun nahe bei Jerusalem kamen gen Bethphage an den Ölberg.

Der Evangelist beschreibt und nennt den Ort, von welchem der Herr Jesus kommt, da er zu Jerusalem einziehen will. Er ist zu Bethanien gewesen, da er den Lazarum, welcher vier Tage im Grabe gelegen war, erweckt hatte, dahin war viel Volks kommen, den erweckten Lazarum zu sehen. Mit diesem Volke und mit seinen Jüngern kommt der Herr Christus nahe zu Jerusalem gen Bethphage an den Ölberg. Bethphage ist ein Dörflein gewesen, allernächst unter dem Ölberge gelegen und hat den Namen a grossis, von den unreifen Feigen, oder wie Lutherus dafür hält, so ist es domus oris, ein Haus des Mundes, dass der Herr Christus von diesem Orte seine Jünger aussendet, aus dem Munde hinfürder das Evangelium gepredigt werden soll, welches bisher in den Schriften der Propheten blieben war. Es gehörte aber dieses Dörflein Bethphage den Priestern und Leviten. Dass nun Christus vom Ölberge nach Jerusalem reiset, deutet Dr. Martinus Luther in der Kirchenpostill auf diese Meinung. Der Ölberg (spricht er) bedeutet die grosse Gnade und Barmherzigkeit Gottes, aus welcher die Apostel gesandt und das Evangelium gebracht ist. Denn Öl bedeutet in der heiligen Schrift Gnade und Barmherzigkeit Gottes, dadurch die Seele und das Gewissen getröstet und geheilet wird, gleichwie das Öl die Wunden und Schäden am Leibe sänftet oder lindert und heilet. Weil nun Christus, da er das letzte Mal gen Jerusalem reiset, vor seinem Leiden und Sterben vom Ölberge kommt und nach seiner fröhlichen und sieghaftigen Auferstehung über vierzig Tage hernach vom Ölberge gen Himmel fähret und von dannen seinen Jüngern Befehl giebt, in die ganze Welt zu gehen und das Evangelium zu predigen, lehret er damit und zeiget an, dass er komme als ein König des Friedens und gebe und bringe nicht einen weltichen, sondern geistlichen und ewigen Frieden, wie er Joh. 14. selbst saget.

Jesus sandte seiner Jünger zween und sprach zu ihnen: Gehet hin in den Flecken, der vor euch liegt, und bald werdet ihr eine Eselinn finden angebunden und ein Füllen bei ihr; löset sie auf und führet sie zu mir. Und so euch Jemand Etwas wird sagen, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sobald wird er sie euch lassen.

Dieses andere Stücklein fasset etliche schöne und nöthige Lehren in sich, welche wir kürzlich ansehen wollen.

Die erste ist von dem Aussenden der zwei Jünger, welche nicht von ihnen selbst hinlaufen, sondern, da sie der Herr sendet, sind sie gehorsam und gehen dahin, da sie der Herr hingehen heisst. Dieses wird auf den ordentlichen Beruf der Kirchendiener gezogen, da sich bei Leibe Keiner in das heilige Kirchenamt einlassen soll, er werde denn ordentlich dazu berufen. Ohne Beruf laufen ist grosse, gefährliche Sünde, wie Gott der Herr über solche Läufer ernstlich klaget Jer. 23. So sagt die Epistel zu den Ebräern am 5. Capitel: Niemand nimmt ihm selber die Ehre, sondern der auch berufen sei von Gott, gleichwie der Aaron. Gleichwie sich auch der Herr Christus nicht ohne Beruf in die Ehre des hohepriesterlichen Amtes setzet und dringet. Er wartet zuvor der Stimme: Du bist mein Sohn, heute hab’ ich dich gezeuget. Und du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedek. Ps. 2. u. 110.

Doctor Martinus Luther giebt allhier die Auslegung: Mit dem Aussenden der Jünger zeigt Christus, sein Reich soll nun hinfort nicht mehr an einem Orte stehen und bleiben, sondern frei öffentlich und unverhohlen und ungehindert in alle Welt gehen und ausgebreitet werden. Dazu sendet er seine Jünger und Solches will er mit dieser Sendung anzeigen. Item, durch die zween Jünger sind alle Apostel und Prediger bedeutet, die in die Welt gesandt sind. Es sind aber Zween, dass bedeutet werde, dass die evangelische Predigt bestehe mit zweien Zeugen, welche sind das Gesetz und die Propheten.

Die andere Lehre in diesem andern Stücke ist von den Eseln, nach welchen der Herr Christus seine Jünger aussendet und heisst sie auflösen und zu ihm führen. Diese Esel (sagt Lutherus) bedeuten Zweierlei, erstlich Juden und Heiden. Die Juden werden unter dem alten Esel verstanden, welche bisher unter der Last des Gesetzes gelebt haben. Durch den jungen Esel werden die Heiden gedeutet, welche unter keinem Gesetz gewesen sind, sondern frei, ungezäumet nach ihren Lüsten gelaufen und gewandelt haben. Danach wird die Lehre gespüret, dass Christus nicht allein den Juden zu Gute ist kommen, sondern auch den Heiden, denn er Juden zu Gute ist kommen, sondern auch den Heiden, denn er lässt alle gleich, Juden und Heiden, zu sich rufen und bringen.

Zum Andern sind durch zween Esel der äusserliche und innerliche Mensch gedeutet. Der äusserliche Mensch, der alte Schalk, will allein mit Gesetzen und Furcht des Todes, der Hölle, der Schande, oder mit Locken des Himmels und Lebens der Ehre gebunden und getrieben sein, sonst thut er nichts Gutes. Das Füllen aber, der junge Esel, von dem St. Lucas und Marcus schreiben, dass nie kein Mensch darauf geritten, das ist der innerliche Mensch, das Herz, der Geist, der Wille, welcher von Christo regiert wird, welcher auch Niemand anders, denn Christum auf sich reiten lässt, und wo er durch desselben Gnade erleuchtet ist, so folget er und schleppt den alten Esel hinter sich her, dass er auch ihm, so Viel er kann, nachfolge.

Die dritte Lehre ist, dass den Jüngern befohlen wird, sie sollen die Esel auflösen und zu Christo führen. Die Esel stehen am Wege gebunden, das ist, das ganze menschliche Geschlecht, Juden und Heiden, sind auf des leidigen Satans Wegen und Bann, in seinen Strecken gefangen und gebunden, dass sie nach seinem Willen thun und leben. Davon sollen die Prediger auflösen, durch das Gesetz die Sünde und alles gottlose Wesen und Leben strafen, zur Busse vermahnen und die sich auflösen, strafen und weisen lassen, zu Christo führen und bringen.

Die vierte Lehre ist von dem Widerstand, welcher den ausgesendeten Jüngern begegnet. Denn da sie hingehen und die Esel auflösen, sagt St. Lucas, da kommen ihre Herren und reden ihnen ein, fragen, warum sie Solches thun? Damit wird angezeigt, dass der Satan mit seinem Haufen das Strafamt nicht leiden kann, er sträubet und setzt sich dawider mit allem Ernste. Aber der Herr Christus lehret allhie seine Jünger und Prediger, wie sie sich in solchen Einreden und Widersetzen des Teufels und seiner Welt halten sollen. Ihr befohlenes Amt sollen sie keineswegs fallen lassen, sondern sie sollen sich auf des Herrn Befehl berufen, der sie gesendet hat, die Esel aufzulösen, die Sünde zu strafen. Der darf (sollen sie sprechen) und will’s also haben, dass man in seinem Namen sowohl die Busse, als die Vergebung der Sünden predigen soll.

Auf welches die fünfte tröstliche Lehre folget von der Kraft und Wirkung des göttlichen Worts, von welcher hier Christus zusaget: Alsbald wird er sie euch folgen lassen. Das ist die tröstliche Zusage, dass unsere Arbeit in dem Herrn, wenn wir unser Amt nach seinem Befehl führen, nicht gar verloren sein werde. Es wird bei Etlichen, wo nicht bei Allen, Frucht und Nutz schaffen.

Das ist der andere Theil in diesem Text dieses Evangelii, bei welchem wir neben anderen Lehren auch diese von der Gottheit des Herrn Christi finden und merken sollen. Davon haben wir hier etliche Zeugnisse. Das erste ist, dass er sich des Ministerii, des Kirchenamtes, also annimmt, dass er aus eigener Macht die Diener aussendet. Das andere ist, dass er auch abwesend sehen kann, wie es an anderen Orten steht; dass er zum Dritten weiss und erkennet, was Andere auch an andern Orten gesinnet sein und thun werden; und zum Vierten, dass er auch die Herzen in seiner Hand hat und lenket sie, wie er will. Ps. 33. Das sind Alles allein göttlicher Allmacht Werke und Eigenschaften.

Das geschah aber Alles, auf dass erfüllet würde, das gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: Saget der Tochter Zion, siehe, dein König kommt zu dir sanftmüthig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen der lastbaren Eselinn.

Dieses ist der dritte Theil im Text des heutigen Evangelii, in welchem wir zwei Stücklein finden. Zum Ersten die Ursache, warum der Herr Christus mit einem solchen, vor der Welt ungebräuchlichen Spectakel eingezogen ist. Darum, sagt der Evangelist, dass erfüllet würde, was Zacharias zuvor von dem Messia gesagt hat, dass er nämlich solcher Gestalt zu Jerusalem einreiten und damit bezeugen werde, dass er der Juden rechter und wahrer Messias sei, von welchem alle Propheten geweissagt haben, und dass er gar nicht ein weltlicher Herr und König sei, denn sein Einzug ist der Weltfürsten Einzügen in keinem Dinge gleich.

Das Andere, dass wir hier finden, ist die Beschreibung des Herrn Christi aus dem Propheten Zacharia. Von Dem wird Dreierlei gesagt. Zum Ersten, dass er König sei. Diesen Titel lässt ihm Christus jetzt (da er zu Jerusalem einzieht, da nun vorhanden ist, dass er leiden und sterben soll) geben, weil ihm die heilige Schrift denselben vielfältig giebt, wie wir sehen Ps. 2,45. 149. Hoseä 3. Weish. 3. und an vielen anderen Orten. Zum Andern lässt er sich also beschreiben, dass man daraus sehen kann, dass sein Königreich nicht von dieser Welt ist, wie er auch selbst vor Pilato Joh. 19. sagt, sondern ein ewiges und geistliches Reich, das durch’s Wort und Sacramenta in die ganze Welt ausgebreitet werden soll. Zum Dritten, dass er Viel andere Güter und Schätze bringe und austheile, denn weltliche Könige. Denn er bringt die verlorene Gerechtigkeit, er lehret Frieden und macht die Gefangenen los, das ist, aus der Sünde, Hölle, Tod und Teufel. Das kann kein Weltherr thun.

Die Jünger gingen hin und thaten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselinn und das Füllen und legten ihre Kleider drauf und setzten ihn drauf.

Der vierte Theil beschreibt der Jünger Gehorsam. Da sie Christus heisst hingehen, da befragen sie sich erst nicht mit Fleisch und Blut, ob sie es thun sollen, und was sie thun sollen, sondern sie gehen in einfältigem Gehorsam hin und thun, was ihnen befohlen ist. Hiemit wird allen rechtschaffenen Predigern Exempel gegeben und zur Lehre diese Regel fürgeschrieben, dass sie nicht nach ihrem Gutdünken ihr Amt führen und herrichten, sondern nach dem Befehl des Herrn, der sie zu seinem Amt bestellt und gerufen hat, thun sollen; wie auch der Herr Christus in seiner Himmelfahrt den Jüngern diese Regel fürschreibt Matth. 28: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden; darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten Alles, was ich euch befohlen habe.

Zum Andern wird der Nutz solches Gehorsams der Jünger Christi beschrieben. Denn da der Evangelist sagt, dass die Jünger die Eselinn und das Füllen bringen, zeigt er an, dass ihr Gehorsam und was sie auf des Herrn Befehl fürgenommen haben, nicht vergebens gewesen, auch nicht ohne Frucht abgegangen ist. Und spricht hier auch Lutherus: Das ist den Predigern zu Trost gesagt, dass sie nicht sollen sorgen, wer ihnen glaube und sie aufnehme. Denn es ist beschlossen Esa. 55: Mein Wort, das da gehet aus meinem Munde, soll nicht leer wieder zu mir kommen. Und Paulus sagt Coloss. 1: Das Evangelium bringt Frucht in der Welt. Darum ist’s nicht anders möglich, wo das Evangelium gepredigt wird, da sind Etliche, die es fassen und gläuben. Besiehe daselbst weiter. Und gehöret hieher das Gleichniss von dem Samen, Luc. 8.

Zum Dritten ist das Exempel der Prediger in dem Exempel der Jünger Christi fürgeschrieben. Die Jünger legen ihre Kleider auf den Esel und heben den Herrn Christum auf denselben. Mit Entblössung ihrer Leiber, das ist, mit Darstreckung alles ihres Vermögens dienen sie Christo und richten Alles dahin, dass sie die Esel zu Christo bringen, dass er auf denselben sitze und sie allein regiere und führe. Also sollen die Prediger ihre Zuhörer allein auf Christum weisen, sintemal den Menschen kein anderer Name gegeben ist, in welchem sie selig werden, denn allein der Name Jesu Christi. Und Lutherus spricht: Ich habe droben gesagt, dass die Apostel nicht wollen sich selbst predigen, noch selbst auf dem Füllen reiten. St. Paulus sagt 2. Cor. 2: Wir wollen nicht Herren sein über euern Glauben. Und 2. Cor. 4: Wir predigen nicht von uns selbst, sondern Jesum Christum, dass er sei der Herr, wir aber Knechte um Christi willen. 1. Petri 5: Ihr sollt nicht über sie herrschen, als wäre es euer Erbgut. Sie haben uns lauter gepredigt den Glauben, dass ihr Exempel dazu geordnet ist und dienen soll, dass Christus in uns regiere und der Glaube lauter bleibe, dass wir nicht ihr Wort und Werk aufnehmen, als wäre es ihr Ding, sondern dass wir Christum, Beide, in ihren Worten und Werken, erlerneten.

Aber viel Volks breitete die Kleider auf den Weg. Die Andern hieben Zweige von den Bäumen und streueten sie auf den Weg. Das Volk aber, das vorging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosiannah dem Sohne David! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosiannah in der Höhe!

In diesem fünften Stücklein wird der Triumph des Einzuges Christi beschrieben, und wird von Dreierlei gemeldet. Zum Ersten von des Volks Gottseligkeit, welches den Herrn Christum begleitet und mit ihm zu Jerusalem einzeucht. Zum Andern, wie sie Christo dienen und ihm den Weg bereiten. Ihre Kleider breiten sie aus und hauen Zweige von den Bäumen und streuen sie auf den Weg. Zum Dritten wird von ihrem Triumphliede gesagt, dass sie dem Herrn Christo zu seinem Einzuge Glück und Heil wünschen aus dem 118. Psalm, wie denn David solch Liedlein seinem Herrn und Sohne aus Erleuchtung des heiligen Geistes viele hundert Jahre vor seiner Geburt zu Ehren gemacht und beschrieben hat.

So Viel vom ersten Stücklein, darinnen wir einfältig die Erklärung des Textes von dem Einreiten des Herrn Christi zu Jerusalem gehört haben, und auch von etlichen sonderlichen und nützlichen Lehren auf’s kürzeste erinnert worden sind.

Zum Andern.

Wozu dienet uns diese Historia? Und was sollen wir nun auch insgemein aus diesem Evangelio lernen?

Antwort. Erstlich lernen wir allhie, dass uns diese Historia des Einzuges Christi ein starkes und gewisses Zeugniss giebt, dass dieser Jesus von Nazareth, welcher zu Jerusalem auf einem Esel einreitet, der wahre Messias, der verheissene König der Juden und Heiland der ganzen Welt ist. Denn an ihm findet sich und wird erfüllt Alles, davon die Propheten verkündigt haben.

Wie er allhie nach des Propheten Zachariä Weissagung zu Jerusalem einreitet, also ist er nach der Prophezeiung Esaiä zu Nazareth empfangen (Esa. 11.), nach des Propheten Micha Worten zu Bethlehem geboren (Micha 5.) und wiederum nach des Propheten Esaia Anzeigung (Cap. 50.) zu Jerusalem verspottet, verspeiet, an’s Kreuz geheftet, getödtet und in’s Grab gelegt, nach dem Bildniss Jonä (Cap. 3.) am dritten Tage auferstanden, nach Zachariä Predigt (Cap. 14.) vom Ölberge vor Jerusalem wieder gen Himmel gefahren und, wie David spricht (Ps. 110.), zur Rechten des Vaters gesetzet.

Auf diesen Beweis beruft sich der Herr Christus selbst, da er Lucä am 18. zu seinen Jüngern spricht: Sehet, wir gehen jetzt hinauf gen Jerusalem, und es wird Alles vollendet werden, das geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn. Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und geschmähet und verspeiet werden, und sie werden ihn geisseln und tödten, und am dritten Tage wird er wieder auferstehen. Als wollte er sagen: Wenn ihr Das an mir werdet erfüllet sehen, so sollt ihr euch an solchem meinen Kreuz und Elende nicht ärgern, sondern vielmehr stark daraus schliessen, dass ich der rechte Messias bin, dieweil Dies an mir geschieht, das die Propheten von dem Messias gesagt haben. Item hernach Lucä am 22. spricht er auch: Ich sage euch, es muss Das auch noch vollendet werden an mir, das da geschrieben stehet: Er ist unter die Übelthäter gerechnet; denn was von mir geschrieben ist, Das hat ein Ende. Darauf beschleusst er auch mit dem Wort: Consummatum est, es ist Alles vollendet, was mir von Gott dem Vater auferlegt und von den Propheten verkündet worden. Derwegen soll mich alle Welt für den verheissenen König und Heiland erkennen und halten.

Diesen starken und unbeweglichen Grund soll man behalten und merken wider die Lästerer, die Juden, welche diesen Jesum von Nazareth nicht allein nicht haben und für ihren Messiam nicht annehmen wollen, sondern sie schänden und lästern ihn noch heut zu Tage auf das allerärgste, als sie immer können und mögen, darüber sie als blinde und verstockte Leute nach dem 109. Psalm gestraft und ewig verloren und verdammt sein müssen.

Zum Andern sollen wir aus diesem Evangelio lernen und merken, dass der Herr Christus allhie nicht ein Herr oder König dieses oder jenes Königreiches genannt wird, sondern er ist und heisst ein König der Tochter Zion. Zion aber ist die wahre christliche Kirche, wie aus dem andern Psalm zu sehen ist. Damit wird angezeigt, dass er gar kein weltlicher Herr und Regent sein will, welches, wie gehört, auch sein Einzug, in welchem keine weltliche Pracht gesehen wird, bezeugt. So sagt er auch selbst vor Pilato, wie auch oben gehört, dass er zwar ein König sei, aber sein Reich sei nicht von dieser Welt. So ist es auch von allen weltlichen weit unterschieden.

Die weltlichen Könige währen eine kleine Zeit und werden wunderbarlich verändert. Denn Gott der Herr pflegt die Königreiche auf Erden auszutheilen, wem er will. Also gehet’s, wenn ein weltlicher König stirbt, so hat sein Regiment ein Ende und tritt ein Anderer in dasselbe. Aber dieses Königs Reich ist ein ewiges Reich, wie er, der König selbst, ewig ist. Da auch dieser König als wahrer Mensch schon für die Sünde der Welt gestorben und sein Leben zum Schuldopfer dahin gegeben, da hat sein Reich kein Ende, sondern es geht erst am herrlichsten an und wird durch die ganze Welt mit grosser Kraft aufgerichtet und ausgebreitet, weil er seine Diener nach seiner sieghaftigen und fröhlichen Auferstehung an alle Orte sendet und lässt ihm sein Volk zu seinem Reiche rufen und sammeln. Da geht’s, wie Esaias (C. 53.) sagt: Er wird Samen haben und in die Länge leben.

Weltliche Könige gehen auch mit weltlichen Sachen an, welche in dieses Leben gehören und mit demselben aufhören und ein Ende nehmen. Dieser König hat und bringt ewig währende Güter, die sich in das zukünftige Leben erstrecken und uns in dasselbe führen und weisen. Die sind sein heiliges Wort und die hochwürdigen Sacramenta, mit welchen er uns beruft, Sünde vergiebt, den heiligen Geist und vollkommene Gerechtigkeit schenkt und giebt, dass wir in unserm Könige Jesu Christo gerecht, selig, Kinder Gottes und Erben des ewigen Lebens werden. Also ist dieses Königs Reich nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem heiligen Geiste. Röm. 14. Welches Alles uns dazu dienen soll, dass wir wohl lernen, was wir von unserm lieben Herrn Christo Jesu zu gewarten und bei ihm, als unserm ewigen und allmächtigen Könige, zu suchen haben.

Von weltlichen Königen sollen wir zwar Schutz und Friede haben in diesem Leben, dass sie gute Polizei aufrichten, Recht und Gerechtigkeit mittheilen, des Landes und ihrer Unterthanen Nutz und Bestes suchen. Aber bei ihrer vielen geschieht das Widerspiel, dass oft unnöthige Kriege anfahen, Land und Leute damit beschweren und verwüsten. Oder, da Das nicht geschieht, thun sie den Unterthanen in viel andere Wege grossen Schaden, dass sie dieselbigen mit unträglichen Schatzungen beladen, treiben daneben alle Pracht und Übermuth, prangen und prassen auf der armen Leute Schweiss und Blut, warten ihres Jagens und anderer Wollust und versäumen darüber ihr Regiment und machen’s in Summa, dass man über sie schwerlich seufzen und klagen muss.

Der Keins thut dieser unser treuer König Jesus Christus, sondern wie er sich um seiner lieben Kirche willen zur Rechten des himmlischen Vaters gesetzt hat, also nimmt er sich derselben für und für an bis an’s Ende der Welt. Er erhört ihr Gebet und verbittet sie gegen seinen und ihren lieben Vater, er sendet treue Lehrer, die sie bauen und pflanzen. Er giebt den heiligen Geist, der sie tröstet, stärket, in alle Wahrheit leitet und darinnen erhält und führet, wie hernach, will’s Gott, bei der Erklärung des Spruches Zachariä weiter gesagt werden wird.

Das dritte Stück der Application ist, dass wir bei diesem Evangelio auch lernen, was denn dieser ewige und allerheiligste König hie auf Erden für Diener und Unterthanen habe. Im Himmel, da er jetzt zur Rechten des allmächtigen Vaters sitzt, hat er zu Aufwärtern und Dienern seine heiligen Engel, die grossmächtigen, reinen und heiligen Geister. Aber hie auf Erden, weil er auch selbst hie auf Erden das Elend gebauet hat, hat er seine lieben Apostel gehabt, die er zu seinen Dienern berufen hatte, dass er durch dieselben nach seiner Himmelfahrt sein Evangelium in die ganze Welt ausbreiten und dadurch aus allen Völkern seine Kirche sammeln liesse. Dieses sind arme Fischer, Zöllner und andere geringe und einfältige Leute, die warten in dem Einzuge zu Jerusalem, davon wir im heutigen Evangelio hören, als Diener auf ihren Herrn. Neben ihnen sind die gemeinen Leute und jungen Kinder, die mit ihm einziehen und ihr Hosiannah mit hellem Schall und hoher Stimme singen.

Damit wird uns zur Lehre vorgeschrieben und vor Augen gestellt das Bild der lieben christlichen Kirche hie auf Erden, dass sie nicht ist ein mächtiger, gewaltiger und ansehnlicher Haufe der weisesten und klügsten Leute in der Welt, sondern ein geringes, kleines, verachtetes Häuflein der Albernen und Unmündigen, wie Christus Matth. 11. auch davon redet und St. Paulus 1. Corinth. 1. Also sind und bleiben des Herrn Christi Diener und Unterthanen für und für bis an der Welt Ende nicht die Weisen, Klugen, Mächtigen und Gelehrten, sondern die Geringsten und Verachtetsten, da es heisst, wie der Psalm sagt. Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen. An Solchen soll sich Niemand ärgern, sondern vielmehr mit allem Fleisse darauf sehen, dass er möge in solchem Häuflein funden werden, diesem Könige in rechter Erkenntniss seines Willens diene und gehorsam sei, damit er auch endlich seiner Gnade und Güter theilhaftig werde und geniesse.

Zum Vierten wird uns in diesem Völklein, dass mit dem Herrn und Könige Christo zu Jerusalem einzeucht, fein und deutlich zur Lehre gewiesen, was die Dienste sein sollen, welche man dem Könige Jesu Christo leisten soll. Diese Leutlein thun Dreierlei. Zum Ersten sammeln und halten sie sich zu Christo und ziehen mit ihm zu Jerusalem ein. Zum Andern breiten Etliche die Kleider aus, Etliche hauen Zweige von den Bäumen und streuen sie auf den Weg, dass Christus darauf einreitet. Zum Dritten singen sie ihm öffentlich ihr Hosiannah aus dem 118. Psalm. Dieses Dreierlei sollen noch heut zu Tage alle Christen auch thun. Leiblich und sichtbarlich können sie sich zwar zu Christo also nicht finden, weil er nicht mehr unter uns, wie dazumal, sichtbarlich wandelt. Weil er aber Matth. am 18. mit deutlichen Worten sagt, wo Zwei oder Drei in seinem Namen versammelt seien, da sei er mitten unter ihnen, und Matth. am 28. verheisst, er wolle bei den Seinen sein alle die Tage bis an das Ende der Welt, so hat es diese Meinung, dass wir zu Christo kommen, und dass er in unserm Mittel ist, so oft sein heiliges Wort gepredigt und seine hochwürdigen Sacramente nach seinem Befehl und Einsetzung gehandelt werden. So ist nun der erste und unserm Herrn Jesu Christo angenehmer und wohlgefälliger Dienst, sich fleissig zu seinem Wort halten, seine Sacramenta nach seinem Befehl brauchen, seinen Tod verkündigen und ihm für sein Leiden und Sterben und Auferstehung ernstlich danken, und dass Solches uns nicht verloren werden, brünstig und fleissig bitten. Summa, dem christlichen Gottesdienst beiwohnen, heisst sich zu Christo halten, und sind solches selige Leute und wahre Christen, wie Lucä am Elften geschrieben steht. Herwiederum sind das böse, ärgerliche, ja unselige und verdammte Leute, welche Gottes Wort versäumen, von dem hochwürdigen Sacramente bleiben und den christlichen Gottesdienst verachten; solche, wo sie sich nicht in der Zeit erkennen und bekehren, werden mit dem schrecklichen und gräulichen Urtheil abgewiesen werden: Ich habe euch noch nie erkannt (spricht der König Jesus Christus), weichet Alle von mir, ihr Übelthäter. Matth. 7. Denn wer Gottes Wort und heilige Sacramente verachtet und versäumet, Dess will Gott der Herr auch keine Gnade haben. Denn es heisst: Du verwirfst Gottes Wort; darum will ich dich auch verwerfen. Hoseä 4. Item, also wirst du inne werden und erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn deinen Gott verlassen. Jerem. 2.

Zum Andern sind wir unserm Könige Christo schuldig, mit Allem, was wir haben und vermögen, zu dienen. Die Kleider und abgehauenen Zweige bedeuten unsere zeitliche Habe und Güter, die sollen wir Gott zu Ehren und sein Wort zu fördern und auszubreiten, anwenden. Denn es soll heissen: Honore Deum de substantia tua (Proverb. 3.); wie unsere gottfürchtigen und frommen Vorfahren gethan haben, die ihre milden Almosen reichlich gegeben und die Stiftung gemacht haben, davon man die Diener des göttlichen Wortes noch jetzo unterhalten kann.

Dass aber der Papst mit seinem antichristischen Haufen drein gefallen und die zum Gottesdienste gegebenen Güter und Almosen übel angewendet hat und noch darauf prasset und schändlich zu allem Argen missbraucht, Das wird Gott der Herr wohl richten und strafen, wir aber sollen uns damit nicht abschrecken lassen, dass wir auch darum zu Erhaltung von Schulen und Kirchen und des wahren christlichen Gottesdienstes nicht helfen wollten. Denn wir sind es zu thun schuldig, und Gott der Herr will diese Dankbarkeit von uns haben, weil er uns mit seinem Worte zur Seligkeit dienet, dass wir zur Ausbreitung desselben helfen sollen.

Das Dritte ist das öffentliche Bekenntniss und fleissige Gebet für die Erhaltung und glückliche Ausbreitung des Reiches Christi. Diese Leute bekennen sich öffentlich zu dem Könige Christi, wünschen ihm Glück und Heil zu seinem Reiche und königlichem Einzuge. Also will er das Bekenntniss noch von uns haben und fordert’s mit solchem Ernste, dass er spricht Matth. 10.: Wer mich bekennet vor den Menschen, Den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verläugnet vor den Menschen, Den will ich auch verläugnen vor meinem himmlischen Vater.

Bei solchem Bekenntniss sollen wir ja täglich beten und fleissig anhalten, dass Gott der Herr seines lieben Sohnes Reich hie auf Erden selbst bauen, schützen und weit ausbreiten und uns in demselben erhalten und regieren wolle, dass wir bei seinem reinen und unverfälschten Worte bleiben und selig werden mögen. Solches Gebet ist jetzt so viel desto mehr von Nöthen, weil der Satan am Ende der Welt geschwinde und heftig wider dieses Reich und uns armer Menschen Seligkeit je länger, je gräulicher (durch vielfältige Rotten und Secten, durch der Welt epikurische Sicherheit und gräulichen Spott, durch des Papstes und mächtiger Potentaten Tyrannei) tobet und wüthet, dass wir derwegen nicht allein mit dem Munde neben unsern lieben Kinderlein, sondern auch von ganzem Herzen in rechtem Glauben unser Liedlein täglich zu wiederholen Ursach genug haben:

Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Und steur’ des Bapst’s und Türken Mord,
Die Jesum Christum, deinen Sohn,
Stürzen wollen von seinem Thron.

Also haben eure Liebe auf diesen ersten Sonntag des Advents das Evangelium von dem Einzuge des Herrn Christi zu Jerusalem in zweien Stücken erklären hören, erstlich den ganzen Text in fünf Pünktlein, da ein jedes seine sonderliche und nützliche Erinnerung gegeben hat; zum Andern die Application, darinnen vier gemeine Lehren von Christo und seinem Reiche und seinen Dienern und ihren Diensten vorgetragen sind, welche wir zu unserer Besserung behalten wollen. Dazu helfe uns Gott, der Vater, durch den heiligen Geist um unseres Königs und Heilands, seines allerliebsten Sohnes willen. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters