Wenn man predigt vom Glauben, soll man zusehen, daß man auf das lauterste predige, denn er kann nicht leiden, , daß man etwas daneben einführe; die Liebe aber kann viel Dinge leiden, wie Paulus [1. Cor 13,7] sagt: „Die Liebe duldet alles, auch die bösesten Buben, wie Christus uns getragen hat; sondern der Glaube trägt nichts, spricht also: Daß die Leute unvollkommen leben, da mag man Geduld haben, aber mit unrechter Lehre habe ich keine Geduld.
Und ich wandte mich um und hub meine Augen auf, und sahe, und siehe, da fuhr ein fliegend Buch… Sach. 5,1
Und schaue drauf, es ist dies Gesicht ein meisterlich Gemälde oder Bild, das aufs allerfeinste uns lehrt, was Menschenlehren sind, beide vor Gott und der Welt. Aufs erste ist's „ein Buch“, daß man nicht zweifele, es bedeute Kunst und Weisheit der gelehrten. Denn Bücher sind der Gelehrten Wahrzeichen und Mose und die Propheten haben auch Bücher gemacht. Es ist aber „ein fliegend Buch“, das ist, es ist eine Lehre, die durchs Predigtamt im Schwange geht. Denn fliegen bedeutet das Reden oder Predigen, wie die Cherubim mit ihren Flügeln auch bedeuten [2. Mose 25,20]. Denn das mündliche Wort fleugt dahin in der Luft wie ein Vogel…
Buch, darum, daß sie treffliche große Weisheit Kunst und Geist vorgibt, und will der Welt helfen und rathen, wie St. Paulus sagt: sie hat einen Schein der Weisheit, Col. 2,23. Fliegend darum, daß sie viel Prediger und Schüler hat, die sie treiben; und wo sie nicht sollten davon waschen und plaudern, würde ihnen der Bauch zerbersten vor großer Kunst und Geist, so gierig und hitzig sind sie zu lehren… [2. Tim. 2,17] „Ihr Wort frißt um sich wie der Krebs.“ Kurzum, falsche Lehre geht noch fährt nicht, sondern fleugt, und die Leute fallen zu und hängen sich dran, wie [wenn] sie toll wären. Das sehen wir auch jetzt wohl bei unsern Rottengeistern.
Wer aber will, mag das Fliegen auch also deuten, daß Menschenlehre der Art ist, daß sie nimmer keine Ruhe noch Stille dem Gewissen gibt, wie St. Paulus Eph. 4,14. sagt, daß uns Menschenlehren wiegen und weben, wie der Wind ein Rohr webt, daß wir müssen unsicher und ungewiß sein. Darum muß dies Buch auch weben und schweben, und nirgend ruhen noch stille liegen. Mosis Buch aber liegt und ruht in der güldenen Lade [2. Mose 40,20; 5. Mose 10,5], denn Gottes Wort und Lehre ist stille und ruhig, macht stille, sichere und ruhige Gewissen, wo sie im Glauben gefaßt wird. Also schilt sie auch St. Paulus 1.Tim. 1,7.: „Sie wissen nicht, was sie reden oder setzen“, das ist, sie lehren nichts Beständiges oder Gewisses, machen nur die Gewissen irre und unruhig.
Also haben wir, was Menschenlehre vor den Leuten sei, nämlich ein herrlich Ding, das große Kunst, Weisheit, Schein, Macht und Zufall hat; und doch schwer und weitläufig, dazu ungewiß, unbeständig, unsicher und wankelbar, da nichts hinter ist, ein eitel vergeblicher, betrüglicher Pracht und Gespenst…