Es sagte einmal der ehrwürdige Herr Dr. Martin Luther zum Herrn Philipp Melanchthon, sowie zu Doktor Justus Jonas und Andern, von der Bibel oder heiligen Schrift, sie sei wie ein sehr großer, weiter Wald, darinnen viel und allerlei Arten von Bäumen stünden, davon man könnte mancherlei Obst und Früchte abbrechen; denn die Bibel sei reich an Trost, Lehre, Unterricht, Ermahnung, Warnung, Verheißung und Drohung rc. Aber es sei kein Baum in diesem Walde, daran er nicht geklopft und ein Paar Äpfel oder Birnen davon gebrochen oder abgeschüttelt hätte.
Es bewies Dr. Martin Luther einmal, dass die Bibel Gottes Wort und Buch sei, auf folgende Weise: Alles, was da ist, und wie es in der Welt ist, auch wie es geht und steht, das sei Alles im ersten Buch Mosis, von der Schöpfung, beschrieben; und wie es Gott geschaffen und gemacht habe, also gehe und stehe es noch. So haben auch dies Buch vertilgen und ausrotten wollen, und aufs Heftigste dawider getobt: König Alexander der Große, das Königreich Ägypten, das Kaisertum zu Babel, die Monarchien der Perser, Griechen und Römer, sowie Kaiser Julius und Augustus, aber sie haben's nicht können vertilgen. Sie seien alle hinweg, nur das Buch sei unverrückt für und für ganz vollkommen geblieben, wie es geschrieben worden ist. Wer erhält's aber? oder wer hat es wider solche große Gewalt geschützt? Niemand, wahrlich, denn Gott selber, so der Meister ist. Und es ist ein großes Wunder, dass Gott dieses Buch so lange erhalten und behütet hat; denn der Teufel und die Welt ist ihn sehr Feind. Ich glaube wohl, dass der Teufel viel gute Bücher in de Kirche umgebracht hat, wie sonst der Teufel viel Heilige getötet und aufgerieben hat, von denen wir jetzt Nichts wissen, aber die Bibel hat er müssen bleiben lassen. Desgleichen ist die Taufe, das Sakrament des Altars, des wahren Leibes und Blutes Christi und das Predigtamt auch geblieben wider so viel Tyrannen und Ketzer. Solches hat unser Herr Gott mit sonderlicher Kraft erhalten: denn man muss rufen, Sakramente reichen und predigen, und solches hat niemand können wehren noch hindern. Homerus, Virgilius und dergleichen große, feine und nützliche Bücher sind alte Bücher, aber nichts im Vergleich mit der Bibel.
Als einmal von der Dolmetschung1) der Bibel geredet ward, sagte Dr. Martin Luther: 341 Jahr vor Christi Geburt und Menschwerdung haben die septuaginta interpretes, die siebzig Doktoren und Gelehrten von Jerusalem, zur Zeit Eleazar des Hohepriesters, auf Bitte des Königs in Ägypten, Ptolemäus Philadelphus die fünf Bücher Mosis und die Propheten aus der hebräischen Sprache in die griechische gebracht, auch hat derselbige König große Kosten auf die Dolmetschung verwandt. Danach hat, nach des Herrn Christi Geburt, Leiden und Sterben 124. Jahr ein Jude, genannt Aquila, nachdem er zum christlichen Glauben bekehrt worden, das alte Testament aus dem Hebräischen in die griechische Sprache verdolmetscht, zur Zeit des Kaisers Adrianus. Drei und fünfzig Jahr nach diesem Aquila hat gelebt Theodotius, der hat die Bibel auch verdolmetscht. Desgleichen hat Symachus im dreißigsten Jahre nach Theodotius unter dem Kaiser Severus auch getan. Einer, dessen Name unbekannt ist, hat im achten Jahr nach Symachus die Bibel auch verdolmetscht, welche Dolmetschung genannt wird die gemeine und fünfte.
S. Hieronymus, der am ersten die siebzig Interpretes und Dolmetscher korrigierte und verbesserte, hat hernach die Bibel aus dem Hebräischen in das Latein gebracht, welche Dolmetschung wir noch heutiges Tags in der Kirche gebrauchen. Er hat für seine Person genug getan, nulla enim priuata persona tantum efficere potuisset2), aber er hätte nicht übel getan, wenn er einen gelehrten Mann oder zwei hätte zu sich gezogen zur Übersetzung, da hätte sich auch der heilige Geist desto kräftiger sehen lassen, nach dem Sprich Christi Matth. 18. V. 20: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da will ich mitten unter ihren sein. Verdolmetscher oder Übersetzer sollen nicht allein sein, denn einem einzelnen Mann fallen nicht allzeit die passendsten Worte bei. Auch hat man, so lange der Heiden Kirche bestanden, die Bibel noch nicht also gehabt, dass man sie so fertig und verständlich, sicher und ohne Anstoß hätte lesen können, als seit wir sie hier zu Wittenberg zugerichtet und in die deutsche Sprache (Gott Lob!) gebracht haben.
Es sagte Dr. Martin Luther, dass die heilige Schrift voll göttlicher Gaben und Tugenden sei, und dass aller Heiden Bücher gar Nichts vom Glauben, Hoffnung und Liebe lehrten, ja sie wüssten gar Nichts davon, sondern der Heiden Bücher sehen allein das Gegenwärtige an, so man fühlen und mit der Vernunft fassen und begreifen kann, aber von Gottvertrauen und der Hoffnung auf den Herrn stehe nichts darinnen. Solches sollten wir allein aus dem Psalter und aus dem Buch Hiob sehen, wie dieselben beiden Bücher vom Glauben, Hoffnung, Geduld und Gebet handeln. Kurz, die heilige Schrift ist das höchste und beste Buch Gottes, voll Trostes in aller Anfechtung; denn es lehrt vom Glauben, Hoffnung und Liebe viel Anderes, als die Vernunft sehen, fühlen, begreifen und erfahren kann; und wenns übel geht, so lehrt sie, wie diese Tugenden hervorleuchten soll, und lehrt, dass ein anderes und ewiges Leben über dies arme, elende Leben sei.
Die vornehmste Lektion und Studium in der Theologia ist, dass man Christum lerne recht erkennen, denn er wird uns gar freundlich und wohl darinnen vorgebildet. So wir uns zu einem guten Freunde alles Gutes versehen, dass er uns alle Wohltat und freundlichen Willen erzeigen werde; wie vielmehr sollen wir solches uns zum Herrn Christo versehen, dass er gegen uns gnädig und barmherzig sein werde. Darum sagt S. Petrus, 1. Epist. 3, 18.: Wachst in der Erkenntnis Christi, nämlich so, dass ihr glaubt, er sei der allerfrömmste, barmherzigste und gütigste Herr, an dem wir allein bangen und an den wir uns halten sollen. Solches lehrt auch der Herr Christus, Joh. 5, 39., dass wir ihn allein aus der heiligen Schrift erkennen sollen, da er sagt: Forscht in der Schrift, denn sie zeugt von mir. Aber diese höchste Erkenntnis verfinstert und hindert der Teufel weidlich in uns, und macht, dass wir vielmehr einem guten Freunde und Menschen denn dem Herrn Christo vertrauen.
Man soll aber die heilige Schrift nicht nach unserer Vernunft messen, richten, verstehen, und deuten; sondern mit Gebet fleißig bedenken, und ihr nachtrachten. So sind die Anfechtungen und der Satan auch eine Ursache, dass man sie ein wenig und etlicher maßen lerne verstehen, durch Übung und Erfahrung, ohne das verstände man nimmermehr Etwas davon, ob man sie gleich hörte und läse. Der heilige Geist muss allda allein Meister und Präzeptor3) sein, der es uns lehrt, und der Jünger oder Schüler schäme sich nicht, von diesem Präzeptor zu lernen. Wenn ich nun auch angefochten werde, so ergreife ich alsbald einen Text oder Spruch der Bibel, der mir Jesum Christum vorhält, dass er für mich gestorben sei, und das gibt mir Trost.
Es kam einmal in Dr. Martin Luthers Haus eines vornehmen Doktors Sohn, ein ehrbarer, fleißiger und züchtiger Student, der sich nicht auf hohe Dinge begab, noch in Lüsten hin und her flatterte, sondern sich begnügen ließ am Niedrigen, und bei dem Fundament blieb, und bei den ersten Gründen, nämlich bei seinen Institutionibus Juris, welche er fleißig studierte. Als nun die Tischgesellen ihn dem Herrn Dr. Martin Luther eifrig empfahlen, da sprach Dr. Martin: Er studiert ohne Zweifel so auf seines Vaters Rat und Befehl; denn wer einen guten Grund gelegt hat, und im Text wohl bewandert ist, so dass er ein guter Textualis wird, der hat Etwas, worauf er sicher fußen und gründen kann, läuft auch nicht leicht übel an, noch irrt er. Das ist aber auch einem Theologen hoch von Nöten. Denn ich habe aus dem Fundament der heiligen Schrift und mit dem Text alle meine Widersacher übertäubt und erlegt, weil sie nur schläfrig einhergehen, lehren und schreiben Alles nach ihrem Sinn und nach der Vernunft, und meinen, es sei ein schlechtes und leichtes Ding um die heilige Schrift, und sind gleich dem Pharisäer, welcher dachte, es wäre bald geschehen, da der Herr Christus Luka am 10, 28. zu ihm sprach: Tue das, so wirst du leben. Die Flattergeister und Schwärmer verstehen Nichts in der Schrift, sondern gehen alleweil in der Irre mit ihren schwankenden, unbeständigen und ungewissen Büchern, die sie erdacht haben.
Kurz, wer sich mit dem Texte recht befasst hat, der ist ein rechter Pastor. Und das ist auch mein bester und christlicher Rat, dass man aus dem Brunnen oder der Quelle Wasser schöpfe, das ist, die Bibel fleißig lese; denn wer im Text wohl gegründet und geübt ist, der wird ein guter und vortrefflicher Theologe; weil Ein Spruch und Text aus der Bibel mehr gilt, als viele Glossen, die aus gelehrten Federn geflossen, aber nicht stark und rund sind, um Stich halten zu können.
Zum Beispiel, wenn ich den Spruch S. Pauli, 1. Tim. 4, 4., aufschlage, welcher sagt: Alle Kreaturen Gottes sind gut, wenn sie mit Danksagung empfangen werden, so zeigt dieser Text an, dass, was Gott geschaffen habe, gut sei; nun ist Essen Trinken, Freien oder Ehelich werden rc. Gottes Geschöpf; darum so ist Jedes gut. Dawider sind die Glossen, denn S. Bernhardus, Basilius, Dominicus, Hieronymus und andere heilige Väter und Lehrer haben viel anders davon geschrieben und getan. Aber der Text geht weit vor und über alle Glossen. So haben dann auch die lieben Väter unter dem Papsttum mit ihren Glossen ein größeres Ansehen gehabt als die hellen Sprüche der Bibel, wodurch der Bibel eine Weile groß Unrecht geschehen, und doch haben die lieben Väter, Ambrosius, Basilius und Gregorius oft kalte Dinge genug geschrieben.
Lasst uns, sprach einmal Dr. Martin Luther, die Bibel nur nicht verlieren, sondern sie mit Fleiß in Gottesfurcht und unter Gebet lesen und predigen. Ich sage euch, wenn die bleibt, blüht und recht danach gehandelt wird, so steht Alles wohl und geht glücklich von Statten. Denn sie ist das Haupt und die Kaiserin unter allen Fakultäten und Künsten; wenn sie, die Theologia, liegt, so schmeiße ich auf den Strumpf (so halte ich Alles für verloren).
So lange aber die Leute, so in unserer Zeit Gottes Wort fleißig lehren, noch leben, und die auch noch am Leben sind, die mich Philipp Melanchthon, Dr. Pomeranus und andere fromme, treue und rechtschaffene Lehrer gesehen und gehört haben, möchte es noch wohl stehen. Wenn aber dieselben hinweg sind, und diese Zeit vorüber ist, da wird ein Fall geschehen. Wie wir denn des ein Exempel haben in dem Buch Josuä und der Richter. Denn im Buch der Richter, C. 2. V. 8-12., wird gesagt: Da Josua gestorben war, und Alle, die zu der Zeit gelebt hatten, kam nach ihnen ein anderes Geschlecht auf, das den Herrn nicht kannte, noch die Werke, die er an Israel getan hatte, und taten übel vor dem Herrn, und dienten Baalim, und verließen den Herrn, ihrer Väter Gott, der sie aus Ägypten geführt hatte, und folgten andern Göttern nach. Also auch nach der Apostel Zeit erhob sich bald ein Fall, nachdem sie und ihre Jünger abgegangen waren. Ja als die Apostel noch lebten, geschah, wie S. Paulus klagte, in der Kirche ein großer Fall bei den Galatern, Korinthern und in Asia. Dasselbe haben wir leider auch an Münzer, den Sakramentierern, Wiedertäufern, Antinomern und dergleichen erfahren.
Der Schultheologen Kunst mit ihrem Spekulieren in der heiligen Schrift ist Nichts denn lauter Eitelkeit und menschliche Gedanken nach der Vernunft. Davon habe ich viel im Bonaventura gelesen, aber er hat mich schier taub gemacht. Ich hätte gerne gewusst und verstanden, wie Gott mit meiner Seele vereinigt sei, aber ich konnte es nicht daraus lernen. Sie sagen viel von der Vereinigung des Verstandes und des Willens; aber es ist eitel Phantasie und Schwärmerei. Das ist aber die rechte, spekulative, ja vielmehr praktische Theologie, welche sagt: Glaube an Christum, und tue, was du schuldig bist zu tun, in deinem Berufe. Auch die mystische Theologie des Dionysius ist lauter Fabelwerk und Lüge. So sagt auch Plato: Omnia sunt non ens, et omnia sunt ens: „Alle Dinge sind Nichtsein und alle Dinge sind Sein“, und lässt's dann so hängen.
Die wahre rechtschaffene Theologie besteht in der Praktik, Gebrauch und Übung, und ihr Fundament und Grundfeste ist Christus, dass man sein Leiden, Sterben und Auferstehung mit dem Glauben ergreife. Aber alle, die es heutiges Tages nicht mit uns halten, und unsere Lehre nicht vor sich haben, die machen sich nur eine spekulative Theologie und richten sich nach der Vernunft, und nach dem, was sie erspekulieren. Sie können aus dem Gedanken nicht herauskommen, dass es demjenigen, der Gutes tue und fromm sei, wohl geht. Aber es heißt nicht also sondern: wer Gott fürchtet und vertraut, dem geht's zuletzt wohl. Darum gehört solche spekulative Theologie in die Hölle zum Teufel. Zwingel und die Sakramentsschwärmer spekulieren auch, indem sie denken: Der Leib Christi ist im Brot, aber nur geistlich, denn wir sehen nur Brot. Also träumen und folgen sie nur ihren Gedanken, so viel sie mit ihren fünf Sinnen begreifen können. Und dieses ist auch des Origenes Theologia. David aber tut nicht also, sondern erkennt seine Sünde und spricht: Miserere mei, Domine. Gott, sei mir gnädig. Aber bei den Leuten kann es Gott nicht erhalten, dass er allein Gott sei, denn alle Menschen streben nach der Gottheit, und wollten auch gerne mit Götter sein; vielweniger kann er erhalten, dass er allein fromm und gerecht sei, und das erhält er schwerlich, dass er unsterblich sei.
Als Doktor Justus Jonas einmal über Dr. Martin Luthers Tische sagte, dass in der heiligen Schrift eine solche Weisheit wäre, die Niemand könnte ausstudieren noch auslernen; da sprach Dr. Martin Luther: Wir werden wohl Schüler darinnen bleiben; denn man kann nicht ein einiges Wort in der heiligen Schrift genugsam ausgründen, wir haben und behalten nur die Erstlinge, und wenn wir auch viel darinnen können und verstehen, so können wir doch kaum das ABC, und das nicht recht. Wer kann sich selber erkennen oder sehen, wie böse, verderbt und vergiftet des Menschen Herz sei, dieweil die Erbsünde so tief in uns eingewurzelt ist? So ist auch Gottes Wille viel höher, als wir mit unsern fünf Sinnen begreifen oder verstehen können. Lieber, wer kann nur diesen einzigen Spruch, 1. Petri 4, 13., recht fassen: Seid fröhlich in Betrübnis, dass ihr mit Christo leidet. Damit S. Petrus will, dass wir mitten in der höchsten Angst und Not sollen fröhlich sein, ja gern, wie die Kinder, die Rute küssen. Aber lasse immer hinfahren die Epikureer, die stolzen und vermessenen Klüglinge, so die heilige Schrift verachten und verlachen, und meinen sie haben sie bereits ausstudiert und gelernt. Dazu gehören Dr. Jakob S. und M. E., die der Religion Pestilenz und Gift sind, die aber für ihre Vermessenheit, Hoffart und Verachtung des göttlichen Wortes am Ende Unsinnigkeit und Blindheit zu Lohne bekommen werden. Ach! lieber Herr Gott, wie dürfen wir doch mit so freventlicher Gier in deinem Heiligtum handeln, und deine Schrift und Wort uns also unterwerfen, dass wir es wollen meistern, deuten und lenken nach unserer Vernunft, und wie dürfen wir zum göttlichen, wahrhaftigen Gottesdienste also lasch und kalt sein: da wir doch sehen, dass die Heiden in ihrer falschen Religion mit so großem, hitzigen Eifer gehandelt haben, also dass junge Weiber und Matronen die Tempel mit ihren Haaren gekehrt haben.
Der Herr Doktor sagte dazumal noch viel, wie kräftig die heilige Schrift sei, welche weit übertreffe alle andern Künste der Philosophen und Juristen. Obwohl dieselben gut und nötig wären, doch wären sie in Bezug auf das ewige Leben nur tote Dinge im Vergleiche mit dem Worte Gottes. Darum soll man die Bibel mit andern Augen ansehen, als die Juristen Bücher und andere Künste. Denn, wer nicht seine Vernunft meistert, und sich selber verleugnet, der wird in der heiligen Schrift gewiss anlaufen. Darum kann sie die Welt nicht verstehen, weil die Welt von der Tötung des alten Adams gar Nichts weiß noch versteht, obgleich diese im Wort Gottes klar und deutlich angezeigt wird. Wenn man aber Gottes Wort nicht versteht, so kann man sich in Gottes Sachen auch nicht schicken. Das ist fein an Adam zu sehen, welcher nur zwei Söhne hatte. Der Erstgeborene ist Kain genannt worden, das ist, ein Hausherr. Dieser, wie Adam und Eva meinten, sollte der Mann Gottes sein, und der gebenedeite Samen, so der Schlange sollte den Kopf zertreten. Danach, als Eva wieder schwanger ward, hofften sie, es würde eine Tochter werden, dass der liebe Sohn ein Weib bekäme, aber, da sie einen Sohn gebar, hieß sie ihn Abel, das ist, Eitelkeit und Nichts; als wollte sie sagen: Es ist mit meiner Hoffnung aus, ich bin betrogen. Das ist der Welt und Kirche Gottes Bild, daraus man lerne, wie es allewege pflege in der Welt so zuzugehen. Denn Kain, der gottlose Bösewicht, ist ein gewaltiger Herr auf Erden; aber der fromme und gottesfürchtige Abel muss der Aschenbrödel, Nichts und ihm untertan, ja sein Knecht und unterdrückt sein. Vor Gott freilich ist das Verhältnis ganz umgekehrt; denn Kain ist von Gott verworfen, aber Abel wird angenommen und ist das liebe Kind Gottes. Ob dies wohl vor der Vernunft nicht also scheint, sondern das Gegenteil gesehen wird, so muss man sich daran doch nicht kehren. Also hatte auch Ismael einen schönen Namen, er hieß Gottes Zuhörer; Isaak aber war Nichts. Esau ward auch genannt der Täter und Mann, als der es tun sollte; Jakob musste auch nichts sein. Also hieß Absalon ein Vater des Friedens. Einen solchen glänzenden Schein haben allzeit die Gottlosen in der Welt, aber in der Tat und in der Wahrheit sind sie Verächter, Spötter und Aufrührer. Aus Gottes Wort kann man diese Gesellen beurteilen und erkennen; darum lasst uns die liebe Bibel lieb haben und fleißig lesen.
Zu einer andern Zeit redete Dr. Martin Luther auch davon, dass in der Welt keine leichtere Kunst wäre als, die Theologie und Gottes Wort zu verstehen: denn es wollten die Weltkinder und fast Jedermann dafür angesehen und gehalten sein, als hätten sie die heilige Schrift und den Katechismus schon ganz und gar ausgelernt und verständens gar wohl. Aber er sagte darauf, dass es noch weit fehlte und sprach: Ich wollte alle meine Finger, allein drei ausgenommen, darum geben, dass mir die Theologie auch so leicht wäre. Es ist des Überdrusses am göttlichen Wort sowie des Klügelns und Meisterns gar viel, Jedermann lernt Gottes Wort bald aus. Also haben wir's in der Welt gefunden, wir müssens auch also bleiben lassen, im Auskehricht (wie man sagt) wird sich's aber wohl finden: denn in fine videbitur cujus toni4).
Ein andermal redete Dr. Martin Luther auch davon, dass Gottes Wort unausforschlich, und ein einziges Wort in der heiligen Schrift in seiner ganzen Tiefe zu ergründen unmöglich sei, trotz allen Gelehrten und Theologen. Denn es sind des heiligen Geistes Worte, darum sind sie allen Menschen zu hoch, und die neugeborenen Christen haben nur die Erstlinge und nicht den Zehnten. Ich habe etliche Mal gedacht, nachzutrachten den zehn Geboten, und wenn ich nur an dem ersten Wort habe angefangen, das also lautet: Ich bin der Herr, dein Gott; so bin ich schier in dem Wörtlein Ich geblieben, und kann das Ich noch nicht verstehen. Wer darum nur ein Wort Gottes vor sich hat, und kann nicht eine Predigt daraus machen, der soll auch nimmermehr ein Prediger sein. Ich lasse mir daran genügen, dass ich ein wenig weiß, was Gottes Wort ist, und hüte mich davor, dass ich's nicht anfechte noch mich dawider setze.
Ein andermal sagte Dr. Martin Luther: Ich habe meine Predigt gesetzt auf das mündliche Wort; wer da will, der mag mir folgen, wer nicht will, der lasse es. Selbst S. Peter, Paul, Moses und alle Heilige verstehen ein einziges Wort Gottes nicht durchaus gründlich, so dass sie nicht daran für und für zu lernen hätten. Denn der 47. Psalm V. 5. sagt: sapientiae ejus non est numerus: Seine Weisheit ist nicht auszumessen, noch zu erzählen, es ist unbegreiflich wie er regiert. Die Heiligen verstehen zwar Gottes Wort, können auch davon reden, aber mit der Praxis will's nicht hinan, da bleibt man immerdar ein Schüler. Die Schultheologen haben darin ein feines Gleichnis gegeben, dass es damit sei wie mit einer Sphära oder runden Kugel, welche, während sie auf dem Tische liege, denselben nur mit einem Punkt oder Spitzlein berühre, da sie doch von dem ganzen Tisch getragen werde. Ich, wiewohl ich ein alter Doktor der heiligen Schrift bin, bin doch noch nicht aus der Kinderlehre gekommen, und verstehe die zehn Gebote Gottes, den Glauben und das Vater Unser noch nicht recht, ich kann's nicht ausstudieren noch auslernen, aber ich lerne noch täglich daran, und bete den Katechismus mit meinem Sohn Hansen und mit meinem Töchterlein Magdalenen. Wann versteht man doch durchaus und gründlich nur das erste Wort im Vater Unser, als da wir sagen: Der du bist im Himmel? Denn wenn ich diese wenigen Worte verstände und glaubte, dass Gott, der Himmel und Erde und alle Kreaturen geschaffen und in seiner Hand und Gewalt hat, sei mein Vater, so schlösse ich bei mir gewiss, dass ich auch ein Herr Himmels und der Erde sei, und dass Christus mein Bruder und Alles mein sei, dass Gabriel mein Knecht und Raphael mein Fuhrmann, und alle Engel meine Diener in meinen Nöten sein müssen, weil sie mir von meinem himmlischen Vater zugegeben wären, um mich auf meinen Wegen zu behüten, dass ich nirgends meinen Fuß an einen Stein stoßen möchte. Aber, dass nun mein Glaube geübt und bewährt werde, so lässt mich mein Vater im Himmel in einen Kerker werfen, oder im Wasser ersäuft werden, und dann sehen und erfahren wir, wie wohl wir diese Worte verstehen, wie der Glaube zappelt und wie groß unsere Schwachheit sei. Da fahren wir denn an, denken und sagen: wer weiß, ob's auch wahr ist, das in der heiligen Schrift geschrieben steht. Darum ist das einzige Wörtlein Dein oder Unser am allerschwersten in der heiligen Schrift, wie auch im ersten Gebot zu sehen ist: Ich bin der Herr, dein Gott. Die Ketzer, wie denn auch Campanus, heißen das Plerophoria und eine Gewissheit in der Lehre, nämlich die angeborene und angenommene Hoffart des Herzens und die Vermessenheit, dass einer steif auf seinem eigenen Sinn stehe, den er gefasst und in die Schrift nach seinem Verstande gebracht hat.
Zu einer andern Zeit hat sich Dr. Martin Luther über das Verständnis der heiligen Schrift so ausgesprochen, dass Niemand denken solle, er habe die Schrift geschmeckt, er habe denn hundert Jahre die Kirche mit den Propheten, Johannes dem Täufer und den Aposteln regiert. Darum ist's ein großes Wunderwerk, Gottes Wort recht zu verstehen.
Darüber hat Dr. Martin Luther Anno 1546, als er zu Eisleben war, zwei Tage vor seinem Tode diese Worte auf einen Zettel geschrieben und auf seinem Tische liegen lassen. Johann Aurifaber hat es abgeschrieben, und der Dr. Justus Jonas, Superintendent zu Halle, der damals mit zu Eisleben war, hat den Zettel bei sich behalten.
1. Virgilium in Bucolicis nemo potest intelligere, nisi fuerit quinque annis Pastor. Virgilium in Georgicis nemo potest intelligere, nisi fuerit quinque annis Agricola. 2. Ciceronem in epistolis (sie praecipio), nemo integre intelligit, nisi viginti annis sit versatus in Republica aliqua insigni. 3. Scripturas sanctas sciat se nemo degustasse satis, nisi centum annis cum Prophetis, ut Elia et Elisaeo, Joanne Baptista, Christo et Apostolis, Ecclesias gubernarit. Hanc tu ne diuina Äneida tenta, sed vestigia pronus adora. Wir sind Bettler, hoc est verum, 16. Februarii Anno 1546.5)
Sonst sagte er auch, dass die Klüglinge und große Hansen in der Welt Gottes Wort nicht verständen, sondern die Geringen und Einfältigen, wie solches auch der Herr Christus, Matth. 11, 25., bezeugt, da er spricht: Ich danke dir, himmlischer Vater, dass du Solches den Weisen der Welt verborgen und den Unmündigen und Säuglingen offenbart hast. Deswegen erklärt Luther, dass S. Gregorius Recht habe, wenn er sage: die heilige Schrift sei ein Wasser, darinnen ein Elefant schwimme, aber ein Schaf gehe hindurch mit den Füßen.
Dr. Luther sagte: Es stellt sich jetzt die Welt gleich gegen Gottes Wort, sowie sie vor zweitausend Jahren auch getan hatte; denn Gottes Wort fällt allewege auf gleiche Zeit. Die Welt ist und bleibt doch Welt, das ist, des Teufels Braut; sie tut und sagt was die Pharisäer, Joh. 7, 47, 48, 49, antworteten ihren Knechten, die sie ausgesandt hatten, Christum gefangen zu bringen, und sprachen zu ihnen: Seid ihr auch verführt? Glaubt auch irgend ein Oberster oder Pharisäer an ihn? sondern das Volk, das nichts vom Gesetz weiß, ist verflucht. Also sagt man jetzt auch: Glauben auch Fürsten und Bischöfe an die Lutherische Lehre? Es ist Taufe und Salbung an der Welt verloren, denn man kann sie doch durch keinerlei Weise Gott gewinnen. Zuvor und ehe das Evangelium kam, legte man große Arbeit und Unkosten darauf, und begab sich in Gefahr Leibes und Lebens, dass man einen gnädigen Gott möchte haben: man ging in ganzen Kürissen6) zu S. Jakob und marterte sich zu Tode, und wurde mit wunderbarlichen Finsternissen geplagt. Nun aber Gott Vergebung der Sünden umsonst, aus lauter Gnaden, in seinem Wort anbeut und verheißt, auch mit den Sakramenten bestätigt und mit ernsten Drohworten schreckt, da er spricht: werdet ihr nicht glauben, so werdet ihr umkommen; so wollen wir's nicht haben, und werden entweder die ärgsten Buben, oder die gräulichsten Werkheiligen.
Ein andermal redete Dr. Justus Jonas mit dem Herrn Dr. Luther von einem stattlichen Adeligen im Lande Meißen, der sich um Nichts so sehr bekümmerte, als viel Geld und Gut und große Schätze zu sammeln, und also sehr verblendet wäre, dass er die fünf Bücher Mosis für Nichts achtete. Derselbige habe dem Kurfürsten zu Sachsen, Herzog Johann Friederich, (da seine Kurfürstliche Gnaden mit ihm viel von der Lehre des Evangeliums geredet hatte,) diese Antwort gegeben und gesagt: Gnädigster Herr, das Evangelium geht euer Kurfürstlichen Gnaden Nichts an. Da fragte Dr. Martin Luther: War auch Kleie da? und erzählte eine Fabel, wie der Löwe alle Tiere zu Gaste gebeten, ein köstliches, herrliches Mal habe lassen zurichten, und auch die Sau dazu geladen habe. Als man nun die köstlichen Gerichte auftrug und den Gästen vorsetzte, sprach die Sau: Ist auch Kleie da? Also sind jetzt unsere Epikureer auch. Wir Prediger setzen ihnen in unsern Kirchen die allerbeste und herrlichste Speise vor, als: ewige Seligkeit, Vergebung der Sünde und Gottes Gnade; da werfen sie die Rüssel auf, und scharren nach Talern: und was soll der Kuh Muskaten, sie isst wohl Haferstroh. Also geschah einmal einem Pfarrherrn Ambrosio R. von seinen Pfarrkindern. Da er sie ermahnte, dass sie Gottes Wort fleißig hören sollten, sagten sie: Ja, lieber Herr Pfarrherr, wenn ihr ein Fass Bier in die Kirche schroten7) und uns dazu berufen ließt, so wollten wir gerne kommen. Das Evangelium ist zu Wittenberg wie der Regen, der ins Wasser fällt, da der Regen wenig Nutzen schafft; aber fällt der Regen auf ein sandiges Feld, und da die Saat mager und von der Sonne verwelkt und verbrannt ist, da erquickt solcher Regen das Land und macht es fruchtbar.
Wir wollen, will's Gott, sprach Dr. Martin Luther, Fleiß tun, dass nach uns eine rechtschaffene Kirche und Schule unsern Nachkommen hinterlassen werde, auf dass sie wissen, wie man rechtschaffen und christlich lehren und regieren soll; wiewohl die große Undankbarkeit, Verachtung Gottes Worts und der Mutwille der Welt mich schreckt, dass ich besorge, dies Licht werde nicht lange stehen und leuchten; denn Gottes Wort hat allezeit seinen gewissen Lauf gehabt. So blieb es zu der Zeit der Erzväter eine Zeit lang, und ging fein von Statten; und da Adam, Noah, Lot, Mose, Josua und Samuel lebten; danach unter den Königen Juda, als David, Salomo, Josia, Josaphat und Ezechia regierten. Aber allezeit ist der Baal dazwischen kommen, und das Licht des göttlichen Worts verdunkelt worden, wobei man denn genug zu tun gehabt, um den Baal aus der Leute Herzen zu reißen.
Man bedenke, wie das Wort Gottes zur Zeit Christi seinen Lauf gehabt, welcher nicht fünfzig Jahr gewährt hat; ja bald zur Zeit der Apostel gingen auf Ketzereien, verführerische Lehren und Irrtümer, von falschen Brüdern ausgestreut. Darauf denn bald Arius folgte. Diese verdunkelten Alle das göttliche Wort. Aber die lieben heiligen Väter Ambrosius, Hilarius, Augustinus und Athanasius und Andere mehr haben hernach das Wort Gottes wieder an den Tag und ans Licht gebracht und erklärt. Bald darauf ist's wieder erloschen durch die Wenden und Langobarden, die Italien zerstört haben. Also haben Griechenland und andere Länder Gottes Wort auch gehabt; aber es ist wieder von ihnen gewandert. So ist zu fürchten, es wird das göttliche Wort in Deutschland auch wieder erlöschen und in andere Königreiche kommen. Dass aber in der Welt so große Bosheit, Undankbarkeit, Verachtung, auch Verfälschung des göttlichen Worts entsteht, nachdem das Evangelium nun wieder aufgegangen, und der Antichrist geoffenbart und zu Boden geschlagen ist; solches kommt daher, dass zuvor, ehe das Licht des Evangeliums, wieder an den Tag gebracht war, die Leute die Sünde nicht also gesehen noch erkannt hatten. Nun aber, weil der helle Morgenstern aufgegangen ist und leuchtet, so erwachet die ganze Welt wie aus einem tiefen Schlaf, und sieht die Sünde, welche sie wie ein Trunkenbold im Schlaf und der finstern Nacht nicht sehen noch erkennen konnte.
Ich hoffe, der jüngste Tag wird nicht weit sein, nicht mehr viele Jahre ausbleiben. Denn Gottes Wort wird wieder abnehmen und verdunkelt werden, und große Finsternis kommen aus Mangel an Dienern des göttlichen Worts, die man dann nicht wird haben können. Alsdann wird die Welt ruchlos und gottlos werden, und dahin leben gleich den Säuen und unvernünftigen wilden Tieren, und in solchem rohen Leben aufs Allersicherste einhergehen. Dann wird die Stimme klingen: Siehe, der Bräutigam kommt. Denn Gott wird und kann es nicht länger leiden, er muss den Überdruss und die Verachtung seines Worts mit dem jüngsten Tage strafen, und dem Fass den Boden gar ausstoßen.
Im Jahre 1536 am 2. Tage des Dezembers redete Dr. Martin Luther von dem zukünftigen Hunger nach dem Worte Gottes, und von großer Trübsal und Jammer, so darauf folgen werde, desgleichen vom Anfange der Welt nicht gewesen wäre, nach dem Spruch Christi, Matth. 24, 21., und wie jetzt schon solche Trübsal anfange und vorhanden sei, nämlich, Unterdrückung und Verfälschung durch die Tyrannen, Schwärmer und Rottengeister, welche absonderlich die Gewissen also martern, ängstigen und irre machen, dass dieselben nicht wissen wo hinaus, oder welche Lehre die rechte wäre. Da sprach Dr. Luther: Es könnte uns kein größerer Schaden widerfahren, als wenn uns Gottes Wort entzogen und verfälscht würde, dass mans nicht mehr rein hätte. Gott behüte uns, dass wir und die Unsern diesen Schaden nicht erleben; er lasse uns lieber zuvor sterben, oder uns durch den Türken umbringen, oder sonst seliglich in Gnaden sterben.
Er klagte auch damals, dass, wo man Gottes Wort rein habe, die Leute sicher und nachlässig seien, und dasselbige nicht hoch achten, sondern meinen, es werde immer also bleiben, und nicht wider den Teufel wachen und beten, der ihnen das Wort von den Herzen wegreißen wolle. Es geht hiermit zu, sprach er, wie mit Wandersleuten. Wenn sie auf rechtem Wege und auf einer Landstraße wandeln, so sind sie sicher und unbekümmert; kommen sie aber auf Holzwege oder Beiwege, so sind sie besorgt, welchen Weg sie gehen wollen, und wo sie hier oder dort hinaus wandern mögen. Also sind die Christen bei der reinen Lehre des Evangeliums auch sicher, schläfrig und nachlässig, stehen nicht in Gottesfurcht, und wehren sich nicht mit dem Gebet wider den Teufel; aber die da Irrtümer annehmen, die sind hoch bemüht, ja emsig und fleißig, wie sie die selbigen erhalten und verteidigen.
Dr. Luther sagte: Es würde in Kurzem an Pfarrherren und Predigern so sehr mangeln, dass man die jetzigen rechtschaffenen Prediger würde aus der Erde wieder herauskratzen, wenn man sie haben könnte: alsdann werden die Papisten, und auch unsere Bauern, so die Prediger also sehr plagen, sehen, was sie getan haben. Ärzte und Juristen bleiben genug, die Welt zu regieren; man muss aber bei zwei hundert Pfarrherren in einem Lande haben, da man an Einem Juristen genug hat. Wenn zu Erfurt ein Jurist nur wäre, so wäre es genug. Aber mit den Predigern geht es nicht also zu. Es muss ein jegliches Dorf und jeder Flecken einen eigenen Pfarrherrn haben. Mein gnädigster Herr, der Kurfürst zu Sachsen, hat für sein Land und seine Leute an zwanzig Juristen genug, dagegen muss er wohl 1800 Pfarrherren haben. Wir müssen noch mit der Zeit aus Juristen und Medizinern Pfarrherren machen. Das werdet ihr sehen.
Zu allen Zeiten von Anfang der Welt, wo Gottes Wort rein gelehrt und gepredigt wird, da sind die Leute am Ärgsten, und da gehen die größten und gräulichsten Sünden im Schwange, wie zur Zeit Noahs, Abrahams und des Herrn Christi und der Apostel; denn da hat die Welt am Allergottlosesten, und in der höchsten Undankbarkeit und Bosheit gelebt. Also sind auch jetzt in unserer Zeit die Leute gar vermessene Unfläter, und viel geiziger, als sie zuvor jemals gewesen; sie helfen ungern einem Armen mit einem Heller. Aber es soll also gehen. Jedoch, wenn man sie täuschen wird, das soll man wohl erfahren.
Dr. Martin Luther sagte einmal: diejenigen, so bei seinem Leben von seiner Lehre nicht wollten den Kern haben, die würden froh werden, wenn sie nach seinem Tode die Schalen davon bekommen könnten, und die Finger danach lecken, wenn sie nur die selbigen haben könnten. Ein Jeglicher, sprach er, schicke sich in die Zeit und gebrauche sie, und schneide ein, weil noch Ernte ist, und wie der Herr Christus, Joh. 12, 35., spricht: Wandelt im Licht, weil ihr es habt, dass euch die Finsternis nicht überhasche.
Dr. Martin Luther ermahnte sein Weib, dass sie fleißig Gottes Wort lesen und hören, und sonderlich den Psalter fleißig lesen sollte. Sie aber sprach, dass sie es genug höre, und täglich viel lese, und auch viel davon reden könne, wollte Gott, sie täte auch danach. Da seufzte der Doktor und sprach: Also fängt der Überdruss an Gottes Wort an, dass wir uns viel lassen dünken, und wollen Alles gar wissen, und erfahren doch das Gegenteil, ja, dass wir eben so viel davon verstehen, als eine Gans, und gleichwohl wollen wir ungestraft sein. Dies ist der Vortrab des künftigen Übels und Überdrusses am göttlichen Worte, darauf werden eitel neue Bücher kommen, und die heilige Schrift wird verachtet, und wieder in einen Winkel oder unter die Bank geworfen werden.
Zu einer anderen Zeit redete Doktor Luther vom Überdruss am göttlichen Worte und sprach: Die Welt ist sehr sicher worden, und verlässt sich auf die Bücher, die sie jetzt hat, und meint, wenn die Leute sie lesen, so können sie Alles. Der Teufel, fuhr er fort, hätte mich auch schier dahin gebracht, dass ich wäre faul und sicher worden in dem Gedanken: Hier hast du die Bücher, wenn du sie auch träumen, dass, wenn sie nur ein Büchlein lesen, so können sie Alles. Wider solche Sicherheit bete ich immerdar, und sage meinen Katechismus nach einander, wie mein Hänschen, und bete täglich, dass mich Gott bei seinem heiligen, reinen Wort erhalte, dass ich des nicht überdrüssig werde, oder mich dünken lasse, ich hätte es ausstudiert.
Ein andermal sagte er: der Adel, die Bürger und Bauern, und fast Jedermann hohen und niedrigen Standes lassen sich dünken, als verständen sie das Evangelium viel besser als Er, Dr. Luther, oder S. Paulus selbst; denn sie meinen in ihrer Klugheit, dass sie gelehrter sein als alle Pfarrherren, sie verachten aber nicht die Pfarrherren, sondern den Herrn und Obersten aller Pfarrherren, der ihnen das Predigtamt befohlen hat, der wird sie wiederum verachten, und ihr Feind sein, und ihnen auf die Hauben greifen, dass sie es fühlen werden, Er, der da sagt, Luk. 10, 16: Wer euch hört, der hört mich, und wer euch angreift, der greift in meinen Augapfel. Zach. 2, 8. Der Adel will regieren, da sie es doch nicht können, noch Etwas verstehen. Der Papst aber weiß es nicht allein, sondern er kann auch regieren mit der Tat. Der geringste Papist kann mehr regieren, als zehn vom Adel bei Hofe. Das sollen sie sich nicht verdrießen lassen.
Wir haben Gottes Wort und die Sakramente rein, sprach einmal Dr. Luther, aber wir wissen's und erkennen's nicht, was es für eine große Wohltat und köstlicher Schatz sei, dass der Sohn für den Knecht dahin in den Tod gegeben ist. Für diese Wohltat ist der Knecht nicht allein undankbar, sondern fährt auch zu, und will den Vater mit dem Sohn, der ihn erlöst hat, totschlagen. Das ist zu grob, darauf muss allerlei Strafe und Unglück kommen.
Es ward über Tisch, da der Doktor etliche Gelehrte zu Gästen hatte, des Evangeliums gedacht, wie es nach Schweden, Dänemark und nun in fremde Länder kommen wäre; auch in Ungarn, da der Türke regiert, würde das Evangelium gepredigt, und von dem selbigen Ort schicke man die zum Kirchenamt Berufene gen Wittenberg, und lasse sie allda ordinieren. Dasselbe bezeuge die Reformation der Kirchen in Kärnten. Da sprach Dr. Luther: Gott sei Lob, der auch mitten unter seinen Feinden herrschen, und auch unter Kreuz und Trübsal bekannt sein will. Denn durch Tyrannei und Verfolgung wird das Evangelium nicht vertrieben und ausgerottet, sondern durch unsere schändliche, verfluchte, schädliche Undankbarkeit, und unsern Ekel vor dem lieben Evangelium.
Das mündliche Wort Gottes verachten alle Schwärmer und Ketzer, aber wir sollen uns davon nicht abführen lassen. Die Apostel meinten auch, da Christus ihnen persönlich ohne das Wort erschien, ehe er mit ihnen redete, er sei ein Geist und Gespenst; aber als er sie anredete, wurden sie getröstet. Es ist dem Teufel nur darum zu tun, dass er uns das Schwert von der Seite abgürte, aber die heilige Schrift sagt, Ps. 45,4: Gürte dein Schwert an deine Seite, du Held, ziehe aus, und schlage getrost um dich.
So sagte Schwenkfeld, nachdem er lange mit mir disputiert hatte: Herr Doktor, ihr müsst die Worte, das ist mein Leib, aus den Augen lassen, danach wollen wir wohl Eins werden. So hat auch der Papst getan, und sich allein zugeeignet und zugemessen die Gewalt, die Schrift auszulegen und zu deuten nach seinen Gefallen. Was er sagte, musste allein gelten und vom Himmel geredet sein. Darum sollen wir Gottes Wort lieb und wert haben, und uns nicht davon abführen lassen, auf dass wir dem Teufel und seinen Schuppen, den Schwärmern, begegnen und Widerstand tun können.
Zu Lochau wurde zu Dr. Martin Luther gesagt, dass im Bistum Würzburg 600 reiche Pfarren erledigt wären, die keine Pfarrherren hätten. Da sprach der Doktor: Daraus wird nichts Gutes folgen, aber also wird es einmal bei uns auch gehen, wenn wir in solcher Verachtung Gottes Worts und seiner Diener werden fortfahren. Wenn ich jetzt, fuhr Luther fort, wollte reich werden, so wollte ich nicht predigen. Es sagten die Bauern einmal zum Visitator, da sie gefragt wurden: Warum sie nicht wollten ihre Pfarrherren ernähren, da sie doch müssten die Kühehirten und Säuhirten unterhalten? Ja, sprachen sie, einen Hirten müssen wir haben, wir können sein nicht entbehren. Einen Pfarrherrn, meinten sie, könnten sie wohl entbehren.
Pfui dich an! so weit ist es gekommen, so lange wir noch leben; was will es nach unserm Tode werden? Dazu haben die Antinomer fein geholfen, welche die sicheren Herzen noch vermessen machen. Ich sehe jetzt eine solche große Vermessenheit an den Antinomern, den Gesetzstürmern, als ob sie unter dem Schein des Vertrauens auf Gottes Barmherzigkeit Alles tun dürften, was sie nur gelüstet; als ob Gläubige nicht sündigen könnten, sondern also gerecht, heilig und fromm wären, dass sie auch der Predigt des Gesetzes nicht bedürften. Denn sie lassen sich ja träumen, die Kirche sei so gerecht, wie Adam im Paradies war, und doch ist diesem Gottes Zorn vom Himmel offenbart worden, nachdem Gott ihm gesagt hatte: Adam, du sollst von allen Früchten essen, aber wenn du von diesem Baum isst, wirst du sterben. 1. Mos. 2, 16, 17.
Des Kaisers Diokletians Verfolgung, sagte Dr. Luther zu Eisleben, ist sehr groß gewesen. Er war Willens, alle Christen zu ermorden und auszurotten, und hat auf einmal gegen zwölf tausend Christen umbringen lassen. Als alle Henker und ihre Knechte des Metzelns müde waren, hat er neue Henkermesser bringen lassen, und die Christen enthauptet, in der Meinung, durch seine Tyrannei die Christen von dem göttlichen Worte abzuschrecken. Weil nun solches nicht helfen wollte, tobte und wütete er auf eine schmachvolle und schändliche Weise wider das weibliche Geschlecht. Er ließ einmal zwei Bäume gegen einander niederbeugen, band an jeden Baum einen Arm und Fuß eines Weibes, ließ danach den Baum aufprallen, und also die Weiber zerreißen. Oder er hing sie bloß und nackt en die Bäume mit einem Arm oder Bein, und ließ sie also hängen bis sie starben. Wollten sie ihre Scham bedecken, so mochten sie es tun mit dem Arm, der nicht an den Baum gebunden war.
Endlich, da Alles das vergeblich war, und die christlichen Matronen und Weiber von dem göttlichen Wort und ihrem lieben Herrn Christo nicht wollten abfallen, ließ er den Weibern hinten und vorn (mit Züchten zu reden) heißes Blei eingießen, und erwürgte sie also. Als nun das römische Reich von Leuten leer und wüste wurde, so dass man weder Ackerleute noch Schuster und Schneider mehr hatte, (weil dieser Kaiser durch seine grausame Tyrannei unzählig viel Volks umbrachte,) so ließ man an den Kaiser gelangen, dass er mit dieser Tyrannei Nichts ausrichten würde. Er müsse entweder die Lehre des Evangeliums frei predigen lassen, damit er Untertanen im Reich behalte, oder, wenn er die Christen alle töten und wegräumen wolle, so setze er das römische Reich der Gefahr aus, ganz entvölkert und eine völlige Wüste zu werden. Als nun der Kaiser sah, dass er mit seinem Metzeln und Würgen nichts ausrichte, und dass auch Gottes Strafe über ihn ergehen möchte, und er seines Leibes und Lebens nicht mehr sicher sein könnte, da trat er vom Reiche ab und wurde ein Gärtner, pflanzte Kräuter und pfropfte Bäume. So kam dieser Tyrann wegen der Verfolgung der Christen um sein Kaisertum, und musste die Christenheit, die er gerne ausrotten wollte, bleiben lassen. Daher halte ich auch dafür, dass wenn unser Kaiser Karl etwas Tödliches wider das Evangelium anfinge, er um alle seine Niederlande käme. Es hat Dr. Johann Pommer mir einmal gesagt, zu Lübeck auf dem Rathause sei in einer alten Chronik eine Prophezeiung gefunden worden, dass um das tausend fünf hundert und fünfzigste Jahr ein großer Tumult in Deutschland der Religion halben entstehen werde, und wenn sich der Kaiser darein menge, so werde er darüber Alles verlieren, was er habe. Ich glaube es nicht, dass der Kaiser des Papsts halben einen Krieg anfangen wird, sonderlich weil der Krieg groß Geld kostet. Ja, wenn es ohne Geld ginge, da hätte der Kaiser für seine Person längst Etwas angefangen, aber so milde ist der Kaiser nicht, dass er für den Papst Geld ausgeben möchte.
Es ist leider, Anno 1546 nach Margaretha, nur fünf Monat nach Dr. Luthers Tod, von Kaiser Karl ein Krieg wider die Stände der Augsburgischen Konfession angefangen worden, in welchem Herzog Johann Friedrich, Kurfürst, vor Mühlberg gefangen, und der Landgraf von Hessen, als er auf Geleit zur kaiserlichen Majestät gen Halle ritt, daselbst in das Gefängnis gesetzt wurde. Bald nach diesem Kriege, auf dem Reichstag zu Augsburg, Anno 1548 ward eine Veränderung in der Religion vorgenommen, die man das Interim nannte, wodurch allerlei Unruhe in Deutschland angerichtet wurde. Nach dem Schmalkaldischen Kriege aber hat Kaiser Karl kein Glück mehr gehabt, weder vor Kostnitz8) noch vor Magdeburg, noch vor Metz, welche Stadt, die damals der König von Frankreich inne hatte, er wieder zum Reich gewinnen wollte. Am Ende übergab Kaiser Karl das Kaisertum seinem Bruder, dem König Ferdinand, zog nach Spanien, und starb in einem Lusthause, das hart an ein Kloster angebaut war. Man sagt, er habe seine Taten auf etliche zwanzig Tücher malen lassen. Diese habe er in den Kreuzgang des Klosters an die Wand aufhängen und sich oft dahin spazieren tragen lassen, um vor den Gemälden sitzend sich seiner Kriegszüge, Belagerungen und Feldschlachten, seiner Kriegsobersten, Hauptleute und Rittmeister, welche er in denselben gebraucht, und seines Glücks und Unglücks zu erinnern. Wenn er dann vor das Tuch gekommen sei, darauf die Geschichte des Schmalkaldischen Krieges und die Gefangennehmung des Kurfürsten Johann Friedrich vor Mühlberg gemalt war, so habe er mit einem Seufzer davor zu sagen gepflegt: Hätte ich den bleiben lassen was er war, so wäre ich auch geblieben, was ich war.
Dr. Luther sagte einmal: Hätte ich im Anfang, als ich zu schreiben anfing, gewusst, was ich jetzt erfahren und gesehen habe, dass die Leute Gottes Wort so Feind sind, und sich so heftig dawidersetzen, so hätte ich fürwahr stille geschwiegen, und wäre nimmermehr so kühn gewesen, den Papst und fast alle Menschen anzugreifen und zu erzürnen. Ich meinte damals, sie sündigen nur aus Unwissenheit und menschlichen Gebrechen und würden sich nicht unterstehen, vorsätzlich Gottes Wort zu unterdrücken. Aber Gott hat mich hinan geführt wie einen Gaul, dem die Augen geblendet sind, also dass er die nicht sehe, die auf ihn zurennen.
Darauf sagte der Doktor, dass selten ein gut Werk aus Weisheit oder Vorsichtigkeit vorgenommen werde oder geschehe, sondern es müsse Alles in einem Irrsale oder in Unwissenheit geschehen. Also bin ich zum Lehr- und Predigtamt an den Haaren gezogen worden, hätte ich aber gewusst, das ich jetzt weiß, so hätten mich kaum zehn Rosse dazu ziehen sollen. Also klagen Moses und Jeremias auch, dass sie betrogen worden sind. Es nähme auch Keiner ein Weib, wenn er sich recht besänne, was man im Ehestande und in der Haushaltung haben müsse. Darauf antwortete Philipp Melanchthon: Er habe bei dem gründlichen Studium der Geschichte die Bemerkung gemacht, dass keine großen sonderlichen Taten von alten Leuten verrichtet worden seien, diese geschahen im Alter Alexander des Großen und des heiligen Augustinus. Später werde man zu weise und alt, bedenke eine Sache zu bedächtlich, ehe man sich dieselbe vornehme. Da sprach Dr. Martin Luther: Ihr jungen Gesellen, wenn ihr klug wärt, so könnte der Teufel nicht mit euch auskommen, weil ihr es aber nicht seid, so bedürft ihr unser auch, die wir nun alt sind. Unser Herr Gott tut nichts Großes mit Gewalt; wie man sagt: Wenn die Alten stark und die Jungen klug wären, das wäre viel Geldes wert. Die Rottengeister sind eitel junge Leute, Icari, Phaetontes, die in den Lüften flattern, Gämsensteiger, obenan und nirgends aus, und die zwölf Kegel auf dem Boßleich umschieben wollen, da ihrer nur neun darauf stehen; wunderliche Köpfe, wie Zwingel und Oecolampadius auch waren.
Ich habe (sprach Dr. Martin Luther,) schon die größte Plage erlebt, nämlich die Verachtung des Worts Gottes, welche die äußerste, größte und gräulichste Strafe der Welt ist; denn auf Verachtung des göttlichen Worts müssen gewiss allerlei äußerliche und leibliche Strafen folgen. Wenn ich einem sehr fluchen und viel Böses wünschen wollte, so wollte ich ihm wünschen Verachtung des göttlichen Worts; da hätte er's auf einmal, das innerliche und äußerliche Unglück, darinnen doch die Welt jetzt sicher hingeht. Was hernach folgen wird, das werden wir sehen und gewahr werden. Aus allen Geschichten sieht man, dass, wo Gottes Wort rein gepredigt worden ist, wird auf die Verachtung desselben die Strafe bald nachfolgen. Dass aber die Verachtung der reinen Lehre allezeit vor der Strafe hergeht, sehen wir aus den Beispielen zur Zeit Lots, Noahs, und des Herrn Christi. Und weil jetzt fast alle Edelleute, Scharrhansen, Bürger oder Bauern mit Füßen auf den Pfarrherren und Predigern gehen wollen, so halte ich's dafür, Gott wird die Undankbarkeit und Verachtung seines Wortes hart strafen. Das Predigtamt muss zwar in der Welt bleiben, entweder rechtschaffen oder verfälscht; (denn die Welt will und kann ohne Gottesdienst nicht sein, und der Türke muss seine Pfaffen und Kirchendiener auch haben, er könnte sonst seine Herrschaft nicht erhalten) aber wo man Gottes Wort verachtet, da wandert es hinweg, und wird der wahrhaftige Gott und sein Gottesdienst verloren.
Zu einer andern Zeit äußerte Luther, dass, sobald Gottes Wort an einen Ort käme, von Stund an auch gewiss die Verachtung desselbigen da sei. Das könne man an den Juden sehen. Gott sandte ihnen die Propheten, Jesaja, Jeremias, Amos und Andere: zuletzt sandte er ihnen Christus, seinen Sohn, ja den heiligen Geist auf den Pfingsttag, worauf sich die Apostel verteilten und in die ganze Welt gingen. Diese Alle schrien zugleich: Tut Buße! Aber da wollte Nichts helfen, sie mussten Alle herhalten, alle Propheten wurden getötet, Christus gekreuzigt und die Apostel verjagt. Aber was geschah bald darauf? Jerusalem fiel in den Kot, und seine Zerstörung währt bis auf den heutigen Tag. Also wird es dem deutschen Lande auch gehen, das Gottes Wort jetzt auch verachtet. Ich halte dafür, es wird eine große Finsternis folgen nach diesem Licht des Evangeliums, also, dass man auch das Evangelium nicht wird öffentlich auf der Kanzel mehr hören, und bald darauf wird der jüngste Tag folgen.
Wer zugibt, dass der Evangelisten Schriften Gottes Wort sein, dem wollen mir mit Disputieren wohl begegnen, wer es aber verneint, mit dem will ich nicht ein Wort verlieren. Denn mit dem soll man nicht disputieren, der die prima principia, das ist, die ersten Grundsätze und das Hauptfundament verneint und verwirft; wie auch die Heiden gesagt haben: Contra negantem prima principia non esse disputandum9). Jedoch die Juden, Heiden und Türken bekennen, dass die Bibel sei die heilige Schrift, so hat dies Buch das größte und höchste Zeugnis für sich.
Als danach einer über Tische äußerte, dass Viele die Abfassung des ersten der fünf Bücher Mosis nicht dem Moses selber zuschrieben, antwortete Dr. Martin Luther, und sprach: Was tut das dazu? Wenn es gleich Moses nicht geschrieben hätte, ist es doch Mosis Buch, denn es allein beschreibt auf das Allerbeste und Eigentlichste, wie die Welt geschaffen worden. Was aber kalte und unnütze Fragen sind, die soll man fliehen und sich davor hüten, z. B. die, welche Einer einmal vorbrachte: wie Moses schreiben könne, dass die Vögel im Wasser leben sollen? Dies ist eine kalte und unnütze Frage, weil Moses in der Stelle 1. B. Mos. C. 1. 20. V. die Luft meint. Den, der dies gefragt hat, wollte ich auch fragen, ob der Bart eher gewesen sei, als der Mann? und sagen: der Bart ist eher gewesen als der Mann, denn Gott schuf Ziegen und Böcke am vierten Tage mit Bärten, aber erst am sechsten Tag schuf er Adam. Solche Fragen soll man nur mit Lachen und Spotten beantworten.
Die Bibel war im Papsttum den Leuten unbekannt. Doktor Carlstad fing erst acht Jahre, nachdem er Doktor geworden war, an, die Bibel zu lesen, dieweil er und Doktor Petrus Lupinus getrieben worden, den Augustin zu lesen.
Dr. Martin Luther sagte zu Eisleben kurz vor seinem Tode: Auf dem Reichstage zu Augsburg Anno 1530 hat Bischof Albrecht von Mainz einmal in der Bibel gelesen. Nun kommt Einer seiner Räte von Ungefähr dazu, und spricht: Gnädigster Kurfürst und Herr, was macht euer Kurfürstliche Gnaden mit diesem Buch? Dem hat er geantwortet: Ich weiß nicht, was für ein Buch es ist, denn Alles, was nur darinnen steht, ist wider uns.
Dr. Usigen, ein Augustinermönch, der mein Lehrer war im Augustinerkloster zu Erfurt, sprach einmal zu mir, da er sah, dass ich die Bibel so lieb hatte und gerne in der heiligen Schrift las: Ei, Bruder Martin, was ist die Bibel! Man soll die alten Lehrer lesen, die haben den Saft der Wahrheit aus der Bibel gesogen, die Bibel selbst aber richtet allen Aufruhr an. Das ist der Welt Urteil von Gottes Wort, sprach Dr. Martin Luther, das sieht man auch im andern Psalm. Denn, sagt man zu den großen Hansen: Und nun ihr Könige, lasst euch weisen rc. so sagen sie nein dazu, und wollen die Lehre nicht leiden; so müssen wir sie eben hinfahren lassen als die guten Gesellen.
Es ward über Dr. Martin Luthers Tisch des Bullingers gedacht, dass er sehr heftig sei gegen die Wiedertäufer, als Verächter des Wortes Gottes, aber auch gegen diejenigen, welche dem Wort zu viel zueignen und dadurch gegen Gott und seine göttliche Allmacht gleich den Juden sündigen, welche die Arche des Herrn Gott genannt haben, dass er selbst aber die Mitte zu halten, und den rechten Gebrauch des Wortes und der Sakramente zu lehren glaube. Darauf sprach Dr. Martin Luther: Er ist irre, und weiß selber nicht was er glaubt. Ich sehe ihre Irrtümer und Täuschungen wohl, sie wollen aber nicht dafür angesehen sein, dass sie geirrt haben. Beide Teile, wir und sie stehen auf zwei äußersten Punkten, und es gibt und kann keine Vermittlung zwischen uns geben. Sie verwerfen das mündliche Wort und die Kraft und Wirkung der Sakramente ganz und gar; wir dringen scharf darauf. Jetzt suchen sie den Mittelweg, und loben das Wort und die Sakramente, auf dass auch wir unsere äußerste Meinung, darauf wir aber fest bestehen, weil es aber, die rechte ist, fallen lassen und mit ihnen Eins sein sollen. Früher haben sie gelehrt, dass das mündliche Wort und die Sakramente nur Zeichen und Losung der Liebe seien. So hat sich auch Zwingli und Oecolampadius zu weit verstiegen. Da Brentius Jenen Widerstand leistete, ließen sie Etwas nach, wichen zum Teil und milderten ihre frühere Meinung und wollten so verstanden sein, als hätten sie das mündliche Wort und andere Mittel nicht verworfen, sondern nur allein etliche grobe Missbräuche verdammt. Sie schieden also von einander das Wort und den Geist, sonderten den Menschen, der das Wort predigt und lehrt, von Gott, der da wirkt, den Diener, der da tauft, von Gott, der es geheißen und befohlen hat; und meinten, der heilige Geist werde gegeben und wirke ohne das Wort, welches Wort nur äußerliche Losung und Merkzeichen sei, um den Geist, und der zuvor bereits im Herzen ist, zu finden. Wenn nun das Wort den Geist nicht finde, sondern einen gottlosen Menschen, so sei es nicht Gottes Wort. Sie achten also bei ihrer Definition des Wortes nicht auf Gott, der es redet, sondern auf den Menschen, der es annimmt und empfängt, und wollen dass es nur für Diejenigen, welche es reinigen, und welchen es Frieden und Leben bringe, nicht aber für die Gottlosen, in denen es nicht wirken könne, Gottes Wort sei.
Also lehren sie jetzt, das äußerliche Wort sei gleich einem Objekte und Bild, wodurch Etwas erklärt, angezeigt und gedeutet werde, und bestimmen und bemessen seinen Gebrauch nur nach dem vorhandenen Stoffe, wie es nur ein purer Mensch vor sich selber redet. Dass das Wort Gottes ein Instrument und Werkzeug des heiligen Geistes sei, dadurch er wirke und sein Werk ausrichte und den Anfang mit der Rechtfertigung oder Justifikation mache, das wollen sie nicht. In diesem Irrtum sind sie ersoffen, dass sie sich selbst nicht verstehen.
Ach lieber Herr Gott, sollte sich doch Einer zu Tode erzürnen über den Teufel, der dem Worte Gottes in den Papisten und Schwärmern also Feind ist. Es sieht und fühlt der Teufel wohl, dass das mündliche Wort und das äußerliche Predigtamt in der Kirche ihm Schaden tut, darum so sprengt er jetzt so mancherlei Irrtum wider dasselbige aus. Ich hoffe aber, Gott werde in Kurzem drein sehen, und den Teufel mit seinen Rottengeistern zu Boden schlagen. Ein Christ nun soll die gewisse Überzeugung haben und aussprechen, dass Gottes Wort dasselbige Wort, und eben sowohl Gottes Wort sei, ob es den bösen Buben, Heuchlern und Gottlosen, oder den rechten frommen Christen und Gottseligen gepredigt und vorgetragen werde, gleichwie auch die rechte christliche Kirche unter den Sündern ist, da Böse und Gute unter einander gemengt sind, und dass eben das Wort, es bringe nun Frucht oder nicht, Gottes Kraft sei, selig zu machen Alle, die daran glauben aber auch die Gottlosen richten und verdammen werde. Joh. 5. Sonst hätten sie eine gute Entschuldigung vor Gott, dass man sie nicht könnte noch sollte verdammen, denn sie hätten kein Wort Gottes gehabt, das sie hätten können annehmen. Wir aber sagen, lehren und bekennen, dass der Prediger Wort, Absolution und die Sakramente nicht der Menschen sondern Gottes Werk, Stimme, Reinigung, Entbindung und Wirkung ist. Wir sind nur allein die Werkzeuge, Mitarbeiter oder Gehilfen Gottes, durch welche Gott wirkt und sein Werk ausrichtet.
Wir wollen ihnen nicht einräumen noch nachgeben diese metaphysische und philosophische Distinktion und Unterschied, so aus der Vernunft gesponnen ist: dass der Mensch predige, drohe, strafe, schrecke und tröste, der heilige Geist aber wirke; und dass der Diener taufe, absolviere und das Abendmahl des Herrn Christi reiche, Gott aber das Herz reinige und die Sünde vergebe. O nein, mitnichten; sondern wir schließen also: Gott predigt, droht, straft, schreckt, tröstet, tauft, reicht das Sakrament des Altars und absolviert selber; wie denn der Herr Christus sagt, Luk. 10. V. 16: Wer euch hört, der hört mich 20. Was ihr auf Erden werdet lösen, das soll im Himmel auch los sein rc. Matth. 18. V. 18. und Matth. 10, 20: Ihr seid es nicht, die da reden, sondern der Geist meines Vaters ist es, der durch euch redet. Also bin ich gewiss, wenn ich auf den Predigtstuhl gehe, oder auf die Katheder trete, und will predigen oder lesen, dass es nicht mein Wort ist, sondern meine Zunge ist ein Griffel eines guten Schreibers, wie der 45. Psalm V. 2 sagt; denn Gott redet in den heiligen Propheten und Gottes Männern, wie es S. Petrus, 2. Epist. 1, 21. auch sagt: Die Heiligen Gottes haben geredet, getrieben durch den heiligen Geist. Da soll Gott und Mensch nicht von einander gesondert noch geschieden werden nach dem Verstande und Urteil menschlicher Vernunft; sondern man soll stracks sagen: was dieser Mensch, Prophet, Apostel, oder rechtschaffene Prediger und Lehrer aus Gottes Befehl und Wort redet und tut, das tut und redet Gott selber, denn er ist Gottes Mundstück oder Werkzeug. Da sollen die Zuhörer schließen und sagen: Jetzt höre ich nicht Paulus, Petrus, oder einen Menschen, sondern Gott selber reden, taufen, absolvieren, strafen, bannen und das Abendmahl reichen. Lieber Gott, welch einen großen Trost könnte ein armes, schwaches und betrübtes Gewissen von einem solchen Prediger nehmen, wenn es glaubte, dass sein Wort und Trost Gottes Wort, Trost und ernste Meinung sei. Darum schließen wir stracks, rund und gewiss: Gott wirkt durch das Wort, welches gleich wie ein Wagen ist, und als ein Werkzeug, dadurch man ihn lernt im Herzen recht erkennen. So sind auch die Worte der Eselin Bileams nicht der Eselin, sondern Gottes Worte, wie auch das Wort, das aus dem Munde durch die Lippen geht, und gesprochen wird zum Gichtbrüchigen: Sohn, sei getrost, dir sind deine Sünden vergeben, Matth. 9, 2. Gottes Wort ist.
Dass aber das Wort nicht allenthalben und gleich wirkt, sondern unterschiedliche Früchte bringt, das ist Gottes Gericht und heimlicher Wille, der uns verborgen ist, den wir auch nicht wissen wollen. Der Wind bläst wo er will, sagt Christus, Joh. 3, 8. Uns gebührt nicht danach zu grübeln und zu forschen. Kann ich doch nicht sagen, warum ich jetzt so fröhlich und bald traurig bin, und warum ich das eine Mal mehr Lust zum Wort Gottes habe, als das andere Mal.
Wenn ich allzeit gleich gegen Gottes Wort gesinnt wäre, und solche Lust dazu hätte wie bisweilen, so wäre ich der Allerseligste. Aber es hat dem lieben S. Paulus auch gefehlt, der klagt, Röm. 7. V. 23., mit herzlichem Seufzen, er sehe ein anderes Gesetz in seinen Gliedern, das da widerstreite dem Gesetz rc. Sollte darum das Wort falsch sein, weil es nicht alle Zeit ans Ziel trifft? Kurz, diese Kunst, Bestimmung und Erkenntnis des Wortes ist von Anfang der Welt in großer Gefahr gewesen und hat viel ausgestanden, und wenig Leute kennen's, Gott lehre sie es denn durch seinen Geist im Herzen, und gebe ihnen die gewisse Überzeugung, dass Alles, was rechtschaffene Propheten, Apostel, Pfarrherren, Prediger und Kirchendiener in ihrem Amt nach Gottes Befehl reden und tun, Gott selber rede und tue, und dass ihre Stimme Gottes Stimme sei.
Aber die Schwärmer verstehen die Kraft des Wortes Gottes noch nicht, und mich wundert nur, dass sie von Gottes Wort viel lehren, lesen und schreiben, da sie doch so wenig davon halten. Ach lieber Herr Gott, erhalte uns bei deinem Wort, lasse uns diesen Schatz ja nimmermehr nehmen, sondern hilf, dass wir dein Wort mit Dank annehmen und behalten! Freilich wollen die Schwärmer nicht dafür angesehen sein, dass sie geirrt haben, und gehen daher mit Flickwerk um, ihre Irrtümer zu beschönigen.
Von Herzog Friedrich, dem alten löblichen Kurfürsten zu Sachsen, erzählte Luther, dass er als ein gottesfürchtiger, weiser und verständiger Fürst oft gesagt habe, das habe er oft gemerkt, dass von dem menschlichen Verstande oder von der Vernunft Nichts so weislich, scharf und fein erdacht und hervorgebracht werden könne, das nicht von ihr selbst wieder verworfen und umgestoßen werden könne; Gottes Wort aber stehe fest und sicher, wie eine Mauer, die man nicht gewinnen noch umreiten könne.
Als einmal darüber gesprochen wurde, dass man schon viel gelesen und geschrieben habe ohne allen Verstand, sagte Dr. Martin Luther: Uns ist fürwahr jetzt ein großes Licht aufgegangen, denn wir haben nicht allein die Worte, sondern auch das Verständnis derselben. Gott Lob, dass wir wissen, was Recht ist. Kein Sophist hat diesen Spruch, Habak. 2, 4: Der Gerechte lebt seines Glaubens, können verstehen noch auslegen, auch haben ihn die Väter nicht verstanden; denn gerecht sein und Gerechtigkeit, haben sie auf mancherlei Weise gedeutet, ausgenommen der einige Augustinus. Eine so große Blindheit herrscht unter den lieben Vätern. Darum lese man vor Allem die heilige Schrift, danach mag man auch wohl die Väter aber mit Bescheidenheit lesen, denn sie reden und urteilen von Gottes Sachen nicht immer richtig. Wer sich aber ohne die Bibel auf die Bücher der Väter einlässt, dessen Studium ist unendlich und vergeblich.
In Religionssachen soll man, was Gottes Wort und die Lehre anbelangt, seiner Sache gewiss sein und nicht wanken, damit man auch in der Anfechtung seine Überzeugung kräftig bekennen kann und danach nicht zu sagen braucht: ich habe es nicht so gemeint. Solche Rede ist schon in weltlichen Sachen gefährlich, sehr schädlich aber in der Theologie. Darum sind die Kanonisten, des Papstes Heuchler und andere Ketzer eine wahre Chimäre und gräuliches Wundertier, welches am Angesicht ist wie eine schöne Jungfrau, der Leib ist wie ein Löwe, der Schwanz aber ist eine Schlange, das heißt, ihre Lehre hat einen schönen Glanz und Schein, gefällt der Vernunft wohl und hat ein Ansehen, sodann bricht sie mit Gewalt durch, denn alle falschen Lehrer hängen sich gemeiniglich an den weltlichen Arm, am Ende aber ist sie eine schlüpfrige, ungewisse Lehre, und gleicht einer Schlange, welche eine glatte Haut hat und Einem durch die Hände wischt.
Zu einer andern Zeit sagte Dr. Martin Luther: Vor allen Dingen müssen wir wissen, ob diese unsere Lehre, die wir führen, Gottes Wort sei; denn, wenn wir Solches wissen, so können wir fest darauf bauen, dass diese Sache soll und muss bleiben und kein Teufel sie umstoßen soll, vielweniger die Welt mit all ihrem Hofgesinde, wie sehr sie auch dawider toben und wüten mag. Ich, Gottlob, halte meine Lehre gewiss für unsers Herrn Gottes Wort, und habe nun aus meinem Herzen weggejagt allen andern Glauben, er heiße auch wie er wolle, und die schweren Gedanken und Anfechtungen meines Herzens schier überwunden, das eine Weile also sagte: Bist du denn allein der, welcher das rechte Wort Gottes rein hat, und die Andern allzumal sollen's nicht haben? Also ficht uns der Satan auch an, und stürmt mit Gewalt zu uns ein, mit dem Namen und Titel der Kirchen: Ja, spricht er, was die christliche Kirche bisher beschlossen und so viele Jahre für recht gehalten, dasselbe stößt du um, als wäre es Unrecht und zerrüttest Beides, das geistliche und weltliche Regiment mit deiner neuen Lehre. Dies Argument finde ich durchaus in allen Propheten, da die vornehmsten Häupter sowohl in der Kirche als der Staates sagen: Wir sind Gottes Volk, denn wir sind im ordentlichen Regiment, von Gott gestiftet und eingesetzt, was wir, als der größte und beste Haufen beschließen und für Recht erkennen, das soll man halten: wer seid Ihr Narren, dass Ihr uns lehren wollt? ist Euer doch kaum eine Handvoll? Da muss man, wahrlich, nicht allein mit Gottes Wort wohl gefasst und gerüstet sein, sondern auch die Gewissheit der Lehre haben, sonst kann man im Kampfe nicht bestehen. Man muss. sagen können: Ich weiß gewiss, dass dasjenige, das ich lehre und halte, Gottes, der hohen Majestät im Himmel, eigenes Wort und endlicher Beschluss und die ewige, unwandelbare Wahrheit, das Andere Alles, was mit dem nicht übereinstimmt oder dawider ist, lügenhafte Erfindung des Teufels, falsch und unrecht ist. Das tut's auch allein, wenn Einer ein Spiel anfängt, muss er beständig bei den Worten bleiben: Ihr Andern allzumal irrt und habt Unrecht, aber meine Lehre ist allein recht und Gottes gewisse Wahrheit, dabei bleibe ich, wenn gleich die ganze Welt anders sagt. Gott kann nicht lügen. Da habe ich sein Wort, das kann mir nicht fehlen, noch von allen höllischen Pforten überwältigt werden, und habe den Trost dazu, dass Gott sagt: Ich will dir Leute und Zuhörer geben, die es sollen annehmen: lass mich nur sorgen, ich will über dir halten, bleibe du nur fest bei meinem Wort. Man muss gewiss sein, dass die Lehre recht und die ewige Wahrheit sei, und danach Nichts fragen, wie sie werde von den Leuten gehalten. Darum spricht Christus, Joh. 8. V. 46: Wer kann unter euch meine Lehre tadeln? sondern so ich euch die Wahrheit sage: warum glaubt ihr mir nicht? Auch alle Apostel sind der Lehre aufs Allergewisseste gewesen, und S. Paulus drückt insbesondere seine volle und weise Überzeugung aus, indem er zu Timotheus, 1. Epist. 1, 15, sagt: Es ist ein teures und wertes Wort, dass Jesus Christus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen. Denn der Glaube an Gott durch Christum muss gewiss und fest sein, dass er das Gewissen fröhlich mache und zufrieden stelle. Und S. Petrus in seiner 2. Epist., C. 1, 19, sagt: Wir haben ein gewisses, festes, prophetisches Wort, und ihr tut wohl daran, dass ihr darauf Achtung habt, als auf ein Licht, das im Dunkeln aufgeht rc. Wenn man diese Gewissheit hat, so hat man den Sieg wider den Teufel, wo man aber der Lehre nicht gewiss ist, da ist mit dem Teufel nicht gut disputieren.
Willst du selig werden, so musst du des Wortes Gottes also gewiss sein, dass, wenn gleich alle Menschen anders sagten, ja alle Engel nein dazu sprächen, du dennoch könntest allein darauf bestehen und sagen: Noch weiß ich, dass dies Wort recht ist.
Es sprach auch Dr. Martin Luther: Ich will für mich allein Gottes Wort haben, und frage nach keinem Wunderzeichen, begehre auch keines Gesichtes, will auch nicht einem Engel glauben, der mich anders lehrt als Gottes Wort. Ich glaube allein Gottes Wort und Werken, denn Gottes Wort ist von Anfang der Welt gewiss gewesen und hat niemals gefehlt, und ich erfahre es in der Tat, dass es also geht wie es Gottes Wort sagt.
Wenn mich der Teufel (sprach Dr. Martin Luther,) müßig findet, und ich an Gottes Wort nicht denke, so macht er mir ein Gewissen, gleich als hätte ich nicht recht gelehrt und die Regimente zerstört und zerrissen, und so viel Ärgernis und Aufruhr durch meine Lehre herbeigeführt. Sobald ich aber Gottes Wort ergreife, habe ich gewonnen Spiel, schütze mich wider den Teufel, und sage also: Ich weiß, und bins gewiss aus Gottes Wort, welches mir nicht lügt, dass diese Lehre nicht mein ist, sondern des Sohns Gottes. Danach wehre ich mich damit, dass ich denke: Was fragt Gott nach der ganzen Welt, wenn sie auch noch so groß wäre? Er hat seinen Sohn zum König gesetzt, wenn ihn die Welt auch nicht annehmen will, so hat er ihn doch fest eingesetzt in sein Reich, dass sie ihn nicht umstoßen können, sondern es wohl bleiben lassen müssen. Wird sich aber die Welt unterstehen, und ihn vom Stuhl stoßen wollen, so wird er sie auch in einen Haufen werfen, dass sie in der Asche wird liegen müssen. Denn Gott selbst sagt: Diesen meinen Sohn sollt ihr hören, Matth. 17. V. 5. und Psalm 2, 10, 11, 12. spricht er: So lasst euch nun weisen ihr Könige, und lasst euch züchtigen ihr Richter auf Erden. Dient dem Herrn mit Furcht, und freut euch mit Zittern. Küsst (oder huldigt) dem Sohn, dass er nicht zürne, und ihr umkommt auf dem Wege, denn sein Zorn wird bald anbrennen: das heißt, werdet ihr euch wider den Sohn setzen, so werdet ihr, mit all euern Königreichen, Fürstentümern, Regimenten, Rechten, Ordnungen, Gesetzen, Macht, Gewalt, Geld und Gut untergehen, wie den jüdischen Königreichen und allen Andern auch geschehen ist.
Zu einer andern Zeit sagte Dr. Luther, dass der Teufel vornehmlich damit umgehe, und sich des am Allermeisten befleißige, wie er uns den Artikel von der Vergebung der Sünden nehme und aus dem Herzen reiße, er spreche also: Ihr predigt und lehrt, das kein Mensch in viel hundert Jahren gelehrt hat; wie wenn es Gott nicht gefiele? so wärt ihr an so vieler Seelen Verdammnis schuldig. Also schändet der Teufel, und macht zunichte das Gute, das ein Christ getan hat. Daher heißt er auch ein Lügner, Diabolus. Darin ist er ein Meister, er weiß nicht allein die Sünde und das Böse hoch aufzumutzen, sondern auch die Tugend und die allerbesten Werke zu lästern, zu schänden, und zur Sünde zu machen. Da muss Einer wahrlich seiner Sachen gewiss sein. Daher S. Paulus sich rühmt und spricht: Er sei ein Apostel und Knecht Jesu Christi, und ein Lehrer der Heiden. Was dies für ein Ruhm sei, versteht kein fleischlicher Mensch; aber solcher Ruhm war ihm so nötig als ein Artikel des Glaubens.
Dr. Martin Luther sagte: Er hätte nimmermehr gedacht, dass die Welt nach Wiedereinführung des Evangeliums so böse bleiben würde. Ich dachte vielmehr, Jedermann würde vor Freuden springen, wenn sie hören, dass sie von des Papstes Gräuel, erbärmlichem Drangsal, vom Zwang der armen Gewissen und der unerträglichen Schinderei frei sein, und durch Christum aus Gnaden die himmlischen Güter, nach welchen sie mit so unzähligen Unkosten, Mühe und Arbeit, und noch immer vergeblich strebten, erhalten sollen. Absonderlich dachte ich, die Bischöfe und hohen Schulen sollten es von Herzen gerne annehmen. Aber was geschieht? Eben um solcher Predigt willen treten sie uns jetzt mit Füßen; auch feinden uns am meisten die Geistlichen und hohen Schulen an, und die geschicktesten und vornehmsten Leute im weltlichen Regimente. Wohlan, wir müssen aus dem Evangelium den Teufel und sein Glied, die Welt, recht kennen lernen, dass er ein Feind Gottes, und dass die Welt auch Gottes Widersacherin ist, da wo sie am besten, frömmsten und heiligsten ist. Das hatte ich zuvor nicht geglaubt, und hätte es auch in keines Menschen Herzen gesucht, dass darinnen eine so große Verachtung Gottes und seines Wortes wohne. Nun aber das Evangelium kommt, so tut es die Herzen auf, und verfolgen, und also aus schönen Engeln schwarze Teufel werden. Da sehe ich nun, dass der Papst, die Bischöfe, Fürsten, Edelleute, Bürger und Bauern voller Teufel sind, weil sie die Lehre des göttlichen Wortes nicht allein nicht annehmen, sondern auch mutwillig verachten und verfolgen. Diese teuflische Bosheit habe ich vor Wiederherstellung des Evangeliums an den Leuten nicht gesehen, sondern gemeint, sie wären Alle voll des heiligen Geistes, aber Christus mit seinem Wort ist ein Offenbarer der Gedanken vieler Herzen; wie Luka 2, 35. heißt es, Simeon weissagt, dass man gewahr werden wird, was in den Leuten stecke, nämlich der giftigste Grimm, Toben, Wüten wider das Evangelium und seine Diener.
Solche Offenbarung geschieht uns zum Unterricht und zum Trost. Zum Unterricht, dass wir nicht erschrecken sollen, wenn wir sehen, dass so treffliche, weise, feine, ehrliche, heilige Leute zu solchen Teufeln werden, über die wir uns verwundern müssen und sagen: Das ist so ein feiner Fürst, so ein frommer Bürger, so ein ehrlicher Ehemann; wie kommt er doch immer mehr in diese Blindheit und Bosheit, dass er Gottes Wort nicht leiden kann, und ihm so Feind ist, und es dreht und dehnt nach seinem Sinn. Da lehrt uns denn das Evangelium die Ursache, und spricht: Zuvor waren die Gedanken der Herzen verborgen, aber nun kommt derjenige, der da heißt ein Offenbarer der Herzen; der deckt es auf, dass man sehe, was für Gedanken die Leute haben; Gedanken, welche weder sie, noch Andere gesehen haben, müssen nun an den Tag kommen und offenbar werden, dass man danach sagen muss: Wie sanft und freundlich war dieser Mann, und ist jetzt ein rasender Teufel!
Zum Andern: So dient es auch zum Troste, weil die Welt Gottes Wort nicht dulden und leiden will, und dennoch so einen heiligen Schein führt, dass wir uns vor ihr nicht zu entsetzen brauchen, sondern stracks schließen können, dass all ihr schönes Wesen, heiliger Schein, Weisheit und Gerechtigkeit lauter Heuchelei, Sunde und Verdammnis vor Gott sei. Und weil die Welt von Art nicht gut ist, so lässt sie auch von ihrer Art nicht. Darum sollen wir sie kennen lernen, dass die Welt voll böser Buben, Gottes Feinde, Diebe, Mörder, ja voll Teufel ist. Wo du nun etwas Tapferes und Ehrliches in der Welt siehst oder hörst, so sprich: Ist Christus da, so ist es gut; ist Christus nicht da, so ist gewiss der Teufel da. Trotz der Kappe, Platte, dem Strick und härenen Hemde, oder sonst großer Heiligkeit und Frömmigkeit, und mag es auch vor der Welt Etwas gelten, ist es doch vor ein Gott ein Gräuel, wenn Christus nicht dabei ist.
Die Majestät und Herrlichkeit des göttlichen Wortes ist unaussprechlich, und wir können Gott nimmermehr genug dafür danken. Die Vernunft denkt also: Ei, wenn ich Gott den Herrn, den Schöpfer Himmels und Erden, hören sollte, ich wollte an der Welt Ende laufen. Höre, Bruder! Gott, Schöpfer Himmels und der Erden redet mit dir durch seine Diener, Pfarrherren und Prediger, tauft, unterrichtet, lehrt und absolviert dich selber durch das Geheimnis des Wortes und der Sakramente. Es sind nicht Worte Platos, Aristoteles, oder anderer hoher Gelehrten und Menschen, sondern Gott redet selber da.
Das sind die besten Prediger, die den gemeinen Mann und die Jugend auf das Einfältigste lehren, ohne Feinheiten und Weitläufigkeiten, wie auch Christus das Volk durch grobe Gleichnisse lehrte. Dergleichen sind die besten Zuhörer, die Gottes Wort gerne hören, und auch es einfältig glauben. Sind sie gleich schwach im Glauben, so ist ihnen, wenn sie nur nicht zweifeln an der Lehre, noch wohl zu raten und zu helfen. Gott kann Schwachheiten, ja auch grobe Knollen und Fehler leiden, wenn man es nur erkennt und wieder zum Kreuz kriecht, auch um Gnade bittet, und sich bessert, und das göttliche Wort fleißig hört, dem selbigen glaubt, und das sündliche Leben danach ändert.
David spricht, Ps. 119, 113: Ich hasse die Flattergeister, und liebe deine Gesetze, und will damit, dass wir auf die Kraft des göttlichen Wortes fleißig Achtung haben, und nicht das mündliche Wort, wie jetzt unter den Enthusiasten vornehmlich Schwenkfeld tut, verachten sollen. Denn Gott will durch solche Mittel mit uns handeln, auch in uns wirken. Mir ist das von großem Werte, wenn Doktor Johann Pommer oder Herr Michael Stiefel mir ein Wort aus dem Evangelio sagt; da soll ich wissen, dass es mir Gott im Himmel selber gesagt hat. Darum haben die alten Väter mit Recht gelehrt, dass man nicht die Person, welche tauft oder das Sakrament reicht, ansehen, sondern auf Gottes Wort sehen soll.
Zu Bileams Zeiten gab es wohl Beide, rechtschaffene und falsche Prediger und Lehrer. Wenn nun der Text, 4. Mos. 23, 3., davon spricht, Bileam sei hingegangen, und habe den Herrn um Rat gefragt, so soll man dies also verstehen, er habe rechtschaffene Lehrer um Rat gefragt und diese haben ihm geraten, dass er Nichts wider Gott vornehmen soll. Da erklärt sich Moses selber durch die nachfolgenden Worte: Er ging nicht mehr zu dem Richter, wie zuvor, sondern zu einem falschen Lehrer und Schwärmer.
Diese Art und Weise zu reden, dass sie Gott haben um Rat gefragt, zeigt uns an, dass sie Gottes Wort hoch gehalten, und nicht diejenigen, die es geredet, angesehen, sondern betrachtet haben das, was dieselben redeten. Also hat Rebecca, 1. Mos. 25, 22, nicht Gott selber, sondern Sem, oder einen Erzvater um Rat gefragt. Denn Gott hat allewege gewisse Personen und Orte in der Welt gehabt, durch und an welchen er seinen Willen zu erkennen gegeben hat. Also sandte er Mosen, und offenbarte durch ihn sein Wort den Kindern Israel, dass sie mussten sagen, wenn er Etwas redete: das hat nicht Moses, sondern Gott selber gesagt. Nach Mose schickte er Christum. Des Lehre ist gewiss, so wie auch seine Person gewiss ist, also, dass wir nicht fehlen noch betrogen werden können, sondern glauben müssen, dass, was wir von ihm hören, Gott selber gewiss geredet habe; wie denn der himmlische Vater sagt, Matth. 17, 5.: Dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören. Und da Christus gen Himmel fuhr, sandte er die Apostel in die ganze Welt, nachdem er zuvor die Taufe und sein Nachtmahl eingesetzt hatte. Wenn nun Gottes Wort gehört und die Sakramente empfangen werden, so können wir mit Wahrheit sagen: Das spricht Gott. Also hat mich oft, wenn ich in Anfechtung lag und in Angst gewesen bin, Philipp Melanchton, oder Dr. Pommer, ja wohl meine Hausfrau, mit Gottes Wort getröstet, dass ich darüber zufrieden war, und fühlte, dass das Gott sage, weil es der Bruder entweder Amts halben, oder aus Pflicht der Lehre sagte; denn Gott befiehlt ernstlich, man soll Christum hören, und spricht, wir sollen die Apostel hören.
Deswegen, weil sie auf diesen Befehl nicht achten, gehen auch die Sakramentierer und andere Schwärmer, die von Gottes Sachen nach ihren Gedanken reden, mit Trug um. Wir aber sagen, dass man hören soll, was Gott sagt. Nun spricht Gott vor der Schöpfung der Welt: Es sei die Welt! da ward und stund die Welt alsbald da. Dergleichen spricht er auch im Abendmahl, dass das Brot (das er seinen Jüngern gab,) sei sein Leib; deswegen ist es nun auch gewiss also da, wie die Worte lauten, und dies zu glauben hindert uns Bullinger nicht, welcher vorgibt, dass, weil Christi Leib nicht gesehen wird, auch er nicht vorhanden noch gegenwärtig sei; denn hier hat Gott nicht Sichtbares, sondern Unsichtbares in der Form und Weise geschaffen, wie er gewollt und es ihm gefallen hat. Dass nun Gott sein Wort in der Welt erhalten hat, und dass des Herrn Christi Reich in der Welt geblieben ist im Papsttum, das ist eines der größten Wunderwerke unsers Herrn Gottes. Aber unser Herr Gott nimmt etliche Herzen, denen offenbart er sein Wort, und gibt ihnen einen Mund dazu, und erhält es nicht durchs Schwert, sondern durch seine göttliche Gewalt.
Ein feuriger Schild ist Gottes Wort, darum, weil es bewährter und reiner ist, als im Feuer probiertes Gold, welches Gold im Feuer Nichts von seiner Lauterkeit verliert, sondern besteht, bleibt, und Alles überwindet. Also überwindet der, welcher dem Wort Gottes glaubt, Alles, und bleibt ewig sicher wider alles Unglück. Denn dieser Schild fürchtet sich vor Nichts, weder vor den Pforten der Hölle, noch vor dem Teufel, der Sünde, dem Tode, sondern die Pforten der Hölle fürchten sich vor ihm, und Gottes Wort bleibt ewig, es erhält und beschirmt auch Alle, die darauf vertrauen. Ohne Gottes Wort aber hat der Teufel gewonnen Spiel, denn es kann ihm Niemand widerstehen, noch sich seiner erwehren, außer, allein mit Gottes Wort. Wer das ergreift, und fest daran glaubt, der hat gewonnen. Darum sollen wir des göttlichen Wortes nicht vergessen, noch viel weniger es verachten; weil das der Teufel von uns haben will.
Willst du sicher und ohne alle Gefahr für dein Gewissen und deine Seligkeit fahren, so enthalte dich des Spekulierens, Grübelns und Forschens deiner Vernunft, und wolle nicht mit menschlichen Gedanken das Wesen und den Willen unsers Herrn Gott zu erkennen suchen; denn außer seinem Wort und Sohn, Christo, wird man Gott nicht finden. Du sollst Gott auf die Weise ergreifen lernen, wie ihn die heilige Schrift abmalt. Davon redet auch S. Paulus, 1. Korinth. 1, 21, 22, 23: Dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben; sintemal die Juden Zeichen fordern, und die Griechen nach Weisheit fragen. Wir aber predigen den gekreuzigten Christum, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Beiden, Juden und Griechen, predigen wir Christum eine göttliche Kraft und Weisheit.
Darum fange da an, wo es Christus selber angefangen hat, nämlich bei seiner Empfängnis in der Jungfrau Maria Leibe und bei seiner Geburt in Bethlehem, wo er in der Krippe liegt, und an der Mutter Brust gesäugt wird. Darum ist er ja vom Himmel herab kommen, und als ein natürlicher Mensch geboren worden, darum ist er auf Erden unter uns Menschen gewandelt, hat gepredigt und Wunder getan, darum ist er gekreuzigt worden, hat gelitten, ist gestorben, und auch von den Toten wieder auferstanden, dass er sich uns damit vor die Augen stellte, und damit unsers Herzens Augen, nämlich alle unsere Sinne und Gedanken, auf sich zöge, und uns dadurch wehrte, die göttliche Majestät im Himmel vermessentlich erforschen zu wollen. Aber durch sein Wort lässt er uns Solches anbieten, das sollen wir mit Glauben annehmen, und es dabei bleiben lassen, und außer seinem Wort nicht über Gott grübeln. Denn, willst du Gott ohne Christum erkennen, und unterstehst dich, ihn ohne den Mittler Christum zu versöhnen, und deine eigenen Werke, Fasten, Kappen und Platten zwischen sein Gericht und deine Sünde in das Mittel zu stellen; so musst du notwendig einen Fall tun wie Luzifer, und in Verzweiflung geraten.
Gott hat auch seine Richtschnur und Canones, die zehn Gebote, die stehen in unserm Fleisch und Blut, und der kurze Inhalt derselben ist: das, was du willst dir getan haben, das tue du einem Andern auch. Darüber hält unser Herr Gott; denn mit dem Maß, damit du misst, soll dir wieder gemessen werden. Mit dieser Richtschnur und diesem Winkelmaß hat Gott die ganze Welt gezeichnet, welche nun danach leben und tun, denen geht es wohl, Gott belohnt sie reichlich hier in diesem Leben. Dieser Belohnung kann aber ein Türke und Heide so gut teilhaftig werden als ein Christ.
38. Gott redet selber durch das Wort, und solch Wort ist kräftig.
Dr. Luther redete einmal davon, dass Gott selber durch sein Wort mit uns rede, und sagte darauf: Wenn Solches wahr ist, dass Gott mit uns in der heiligen Schrift redet, und du dennoch an seiner Rede zweifelst, so musst du ihn in deinem Herzen für einen Lügner halten, der Etwas redet, ohne es zu halten. Aber glaube, dass er die höchste göttliche Majestät ist. Wenn er den Mund auftut, so schüttet er mit seinem Worte die ganze Welt heraus, 1. Mos. 1.: und Ps. 33. V. 9. wird gesagt: So er spricht, so geschieht es; so er gebietet, so steht es da.
Darum soll man vor allen Dingen einen gewissen Unterschied machen zwischen Gottes und der Menschen Wort. Eines Menschen Wort ist ein geringer Schall, der in die Luft dahin fährt und bald vergeht: aber Gottes Wort ist größer als Himmel und Erde, als Tod und Hölle; denn es ist eine Kraft Gottes und bleibt ewig. Ist es nun Gottes Wort, so soll man es dafür halten und glauben, dass Gott selber mit uns redet; dann wird man es gerne lernen. David hat Solches gesehen und geglaubt, denn er spricht im Psalter: Gott redet in seinem Heiligtum, des bin ich froh. Ps. 60, 8. Indes sollen wir uns auch freuen; aber solche Freude wird uns oft auch versalzen, wie denn David auch mancherlei Anfechtung mit Mord, Ehebruch und Verjagung ausstehen musste, damit er in der Furcht Gottes wandelte und bliebe. Darum sagt er auch im 2. Psalm V. 11: Dient dem Herrn mit Furcht, und freut euch mit Zittern. Solches reime mir Einer zusammen, fröhlich sein und sich fürchten. Mein Sohn Hänschen kann es tun gegen mich, aber ich kann es gegen Gott nicht tun. Denn wenn ich sitze und schreibe, oder tue sonst Etwas, so singt er mir ein Liedlein daher; wenn er es zu laut will machen, so fahre ich ihn ein wenig an, dann singt er gleichwohl fort, aber er macht es heimlicher, und etwas mit Sorgen und Scheu. Also will Gott auch, dass wir immer sollen fröhlich sein, jedoch mit Furcht und Ehrerbietung gegen ihn.
O welch' ein köstlich, edel Ding ist es, sprach einmal Dr. Luther, Gottes Wort vor sich zu haben, wer das vor sich hat, kann allezeit sicher, fröhlich und getrost sein; sehe aber zu, dass er es auch recht und rein habe. Ein Anderer, der Gottes Wort nicht hat, der fällt in Verzweiflung, denn es mangelt ihm an der himmlischen Stimme und Trost; und er folgt seines Herzens Eitelkeit und unnützen Gedanken, die ihn dann zur Verzweiflung treiben. Darum sagt der 119. Psalm V. 21: Verflucht sind, die von deinem Wort abweichen, das ist, außer dem göttlichen Wort kann es ihnen nicht wohl gehen.
Christus sagt, Lukas 8, 10: Euch ist gegeben zu wissen das Geheimnis des Reichs Gottes. Als Einer Dr. Martin Luther fragte, was für ein Geheimnis das sei, und warum man es denn predige, wenn mans nicht wissen solle, da antwortete er: Geheimnis heißt ein verborgen heimlich Ding, das man nicht weiß, und Geheimnisse des Reichs Gottes sind die im Reiche Gottes verborgenen Dinge, wie es Christus ist mit aller seiner Gnade, die er uns erzeigt hat, wie ihn S. Paulus nennt. Denn wer Christum recht erkennt, der weiß, was Gottes Reich ist, und was man darinnen findet; darum heißt es aber Geheimnis, weil es heimlich und geistlich ist, und wohl der Vernunft heimlich und verborgen bleibt, wenn es der heilige Geist nicht offenbart, und weil Viele, die es, wenn sie es auch hören und sehen, doch nicht vernehmen. So gibt es jetzt auch Viele, die Christum predigen, und viel von ihm hören, wie er für uns in den Tod gegeben sei, aber das Alles nur auf der Zunge und nicht im Herzen haben, und es selber nicht glauben noch fühlen, wie S. Paulus, 1. Korinth 2, 14, spricht: Der natürliche Mensch vernimmt Nichts vom Geist Gottes. Darum spricht Christus: Euch ist es gegeben, das ist, der Geist Gottes gibts euch, dass ihr es nicht allein hört und seht, sondern auch mit dem Herzen erkennt und glaubt; darum ist es euch nun nicht mehr ein Geheimnis. Aber den Andern, die es eben sowohl hören als ihr, aber den Glauben daran im Herzen nicht haben, und darum es nicht verstehen, denen ist's ein Geheimnis und bleibt ihnen unbekannt, und in Allem, was sie hören, haben sie nur ein Gleichnis oder einen dunklen Spruch. Wo bleibt nun der freie Wille?
Das eben Gesagte beweisen jetzt auch unsere Schwärmer, die viel von Christo zu predigen wissen, aber, weil sie es im Herzen selbst nicht fühlen, daher den rechten Grund des Geheimnisses liegen lassen, und mit Fragen und seltsamen Fündlein umgehen, wenn es aber zum Treffen kommt, gar nichts wissen, wie sie Gott trauen und Vergebung der Sünde in Christo finden sollen. Daher ist es kein Wunder, dass es so wenig rechte Christen gibt, denn der Same, (das ist, Gottes Wort,) wenn er gleich rein ist, fällt nicht aller in den guten Acker, sondern es kommt nur der vierte Teil, ja weniger in einen guten Acker. Der andere Teil des Samens fällt unter die Dornen, auf den Weg und auf einen Felsen; wie Christus, Lukas 8. V. 5. 6. 7., sagt. Deshalb ist nicht Allen denen zu trauen, die sich Christen zu sein rühmen, und die Lehre des Evangeliums loben. Demas war auch S. Pauli Jünger, aber zuletzt verließ er S. Paulum, und viele Jünger wichen von ihm, dem Herrn Christo, da er die harte Predigt zu Kapernaum hielt, Joh. 6, 66. Darum so ruft der Herr Christus selber, Matth. 13, 43., und spricht: Wer Ohren hat zu hören, der höre; als wollte er sagen: O wie wenig rechte Christen gibt es! Ja! man darf nicht allen glauben, die da Christen heißen und das Evangelium hören; es gehört mehr dazu.
Einmal sagte Dr. Martin Luther: die Fähigkeit zu reden, ist eine sonderliche Gabe Gottes, die er den Menschen verliehen hat; denn durch das Wort und durch Gewalt regiert die Weisheit. Durch das Wort lehrt man die Leute, tröstet sie, und macht alles ihr Anliegen und ihre Anfechtung leichter, besonders in gewissen Sachen; darum hat Gott seiner Kirche gegeben ein äußerlich Wort, zu hören und die Sakramente zu gebrauchen. Aber diesem heiligen Predigtamt widersteht der Satan mit allem Ernst, und wollte gerne, dass es gar vertilgt würde, weil ihm allein durch dasselbe sein Reich zerstört und vertrieben wird.
Und wahrlich, eine gar große, wunderbare Macht und Gewalt hat das äußerliche mündliche Wort, dass durch ein solch schwaches Wort, das aus des Menschen Munde geht, der Teufel, welcher sonst ein hoffärtiger, gewaltiger Geist ist, verjagt und zu Schanden gemacht werden kann. Eben darum ist er dem göttlichen Wort so Feind, und legt sich so heftig dawider mittelst den Rotten und Sekten, nämlich den Sakramentierern und Schwenkfelds, die Alle das göttliche Wort gar verachten. Auch Doktor Carlstad ist daher zu rechnen, der das mündliche Wort ein Hauchen oder Zischen des Mundes am Menschen hieß. Von den Wiedertäufern will ich gar nicht sprechen, die das mündliche Wort lästern, während doch S. Paulus, 1. Thess. 2, 13., sagt: Also nahmt ihr mich auf, nicht als der ich mein Wort redete, sondern als der ich Gottes Wort euch brachte. Und zu den Römern C. 10, 14: Wie sollen sie glauben an den, von dem sie Nichts gehört haben? Und in der 2. Ep. an die Thessalonicher C. 2, 4, spricht er vom Antichrist, der sich erhebt über Alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, über Gott gepredigt wird. So könnte ein jeglicher Schwärmer einen von dem Wort abgesonderten Gott und Gottesdienst sich erwählen; wie denn auch im Papsttum geschehen ist. Zu den Römern, C., 1, 16., aber spricht S. Paulus: Ich schäme mich des Evangeliums nicht von Christo, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht Alle, die daran glauben. Und Christus sagt es selber: Ihr seid's nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet, Matth. 10, 20. Gleichwohl sind die Schwärmer und Sakramentierer so kühn, und dürfen unverschämter Weise das mündliche Wort verwerfen, indem sie also folgern: Kein äußerlich Ding macht selig: das mündliche Wort und die Sakramente sind äußerliche Dinge; darum machen sie nicht selig.
Darauf ist kürzlich dies zu antworten: Es ist ein großer Unterschied zwischen äußerlichen Dingen Gottes, und äußerlichen Dingen der Menschen. Gottes äußerliches Ding ist heilsam und kräftig; der Menschen aber nicht also. Die armen Leute im Papsttum meinten, das äußerliche Predigtamt wäre gleich der Papisten heillosen und kalten Menschentraditionen und Satzungen. Also ging der Teufel mit Zwingel auch um, und trieb ihn dazu, dass er sagte: Fleisch ist kein Nütze. Wenn das Argument zur Geltung gekommen wäre, so würde ein unaussprechlicher Schaden in der Kirche Gottes daraus erfolgt sein, denn er hätte alle äußerlichen Mittel, und zuletzt auch wohl die Menschheit Christi selbst verworfen. Auf das hat es auch der Teufel abgesehen, welcher am Geringsten anzufahen, und von da aus in die Höhe zu steigen und zu klettern pflegt.
Gott allein unterrichtet das Herz durch sein Wort, dass es zu einer Erkenntnis seiner selbst komme, und erfahre, wie gar böse und verderbt, ja wie feindselig es gegen ihn selbst sei; das bezeugt S. Paulus, Röm. 8, 7. Danach führt Gott den Menschen dahin, dass er zur wahrhaftigen Erkenntnis Gottes komme und der Sünden los werde, und nach diesem elenden und kurzen Leben das ewige Leben erlange. Dagegen kann es die menschliche Vernunft nicht weiter bringen mit aller ihrer Weisheit, als dass sie die Leute unterweist, wie sie sich regieren und ehrbarlich leben sollen in diesem zeitlichen und vergänglichen Leben: dass sie tun mögen, was ihnen wohl ansteht vor der Welt, und dass sie lassen, was da ärgerlich ist, und ihnen übel ansteht. Und wie man Regieren, Haushalten, Bauen und andere gute Künste lernen solle, das lernt man in der Philosophie und aus den heidnischen Büchern; und mehr nicht. Aber wie man unsern Herrn Gott und seinen lieben Sohn, Jesum Christum, erkennen und selig werden solle, das lehrt der heilige Geist allein durch das göttliche Wort; denn die Philosophie versteht Nichts in Gottes Sachen. Ich habe große Sorge, man werde sie zu sehr wiederum in die Theologie mischen; wiewohl mir's nicht zuwider ist, dass man sie lehre und lerne. Wenn man es mit Bescheidenheit tut, so lobe und billige ich es. Nur lasse man die Philosophie in ihrem Kreise bleiben, in den sie Gott gesetzt hat, und brauche sie also, wie eine vermummte Person, wenn man Komödien spielt, und so wie man überhaupt weltliche Gerechtigkeit gebraucht. Aber dass sie in die Theologie gemengt werde, gleich als gehöre sie auch drein, das tut's nicht, das kann man nicht leiden. Auch das gefällt mir gar nicht, dass man den Glauben ein Accidens oder eine Qualität und Geschicklichkeit, oder ein zufälliges Ding heißt; denn das sind lauter philosophische Worte, die man in den Schulen und sonst in weltlichen Händeln gebraucht, welche die Vernunft begreifen kann. Und die Philosophie denkt, der rechte Glaube bleibe in uns, wie die Farbe sei an der Wand; allein der Glaube ist ein Ding im Herzen, das sein Wesen vor sich selbst hat von Gott, dessen eigen Werk er ist, aber eine solche Substanz und selbstwesend Ding, ut in praedicamentis corpus est substantia, wie man in den Schulen die Knaben lehrt, dass ein leibliches Ding, das man sehen, greifen und betasten kann, eine Substanz und selbstwesend Ding sei.
Dr. Martin Luther seufzte einmal um der Rotten und Sekten willen, die Gottes Wort verachteten, und sprach: Ach, dass ich ein guter Poet wäre, so wollte ich gern ein köstlich Carmen, Lied oder Poema von dem Nutzen, der Kraft und Frucht des göttlichen Wortes schreiben und machen; denn ohne Gottes Wort ist Alles nichts und vergebens, sonderlich was man in Glaubenssachen vornimmt und tut. Darum hat uns Gott an sein mündlich Wort gebunden, da er spricht, Luk. 19, 16: Wer euch hört, der hört mich. Da redet er von dem mündlichen Wort, das aus dem Munde eines Menschen geht, und in anderer Leute Ohren klingt, und redet nicht vom geistlichen Wort, das vom Himmel, sondern das durch der Menschen Mund klingt. Das hat der Teufel von Anfang der Welt angefochten und sich dawider gelegt, und wollte es gerne ausrotten; darum lasst uns bei diesem Mittel bleiben, und das Wort in Ehren halten. Ich zwar hab' nun etliche Jahre her die Bibel jährlich zweimal ausgelesen: und wenn sie ein großer, mächtiger Baum wäre, und alle Worte wären Ästlein und Zweige, so hab ich doch an allen Ästlein und Reislein angeklopft, und gerne wissen wollen, was daran wäre und was sie vermöchten, und allezeit noch ein Paar Äpfel oder Birnlein herunter geklopft.
Gottes Wort muss man recht wissen zu lehren und zu verteilen; denn es gibt zweierlei Leute, nach denen man sich dabei zu richten hat. Die Einen sind im Gewissen erschreckt, betrübt, fühlen ihre Sünden und Gottes Zorn, und haben Reue und Leid darüber; die soll man trösten mit dem Evangelio. Die Andern sind harte, böse, verstockte, halsstarrige Herzen, denen muss man das Gesetz predigen, sie strafen, und ihnen Beispiele des göttlichen Zorns vorhalten, z. B.: Eliä Feuer, die Sündflut, Sodoms und Gomorras Untergang, und die Zerstörung der herrlichen Stadt Gottes, Jerusalems. So muss man die hartnäckigen Köpfe mit Schrecken angreifen.
Die Zuhörer des göttlichen Wortes sind vorher verpflichtet und schuldig, die Diener zu ernähren und zu unterhalten, als sie nach dem ernstlichen Befehl in den zehn Geboten verpflichtet sind, nicht zu huren, zu ehebrechen, zu töten, zu stehlen; denn von dem Predigtamt handelt die erste Tafel der zehn Gebote Gottes, sonderlich das dritte Gebot. So sagt auch S. Paulus zu den Korinthern, dass, wer dem Altar dient, der solle vom Altar auch leben; und dem Ochsen, der da drischt, solle man das Maul nicht zubinden. 1. Kor. 9, 9.
Aber wie unterhält die Welt das Predigtamt? Dr. Martin Luther redete zu Eisleben kurz vor seinem Tode davon und sprach: Man teilt jetzt wunderlich mit den armen Predigern. Denn, haben sie jetzt bei ihren Pfarren einen Flecken Holz, schönen Wiesenwachs, Ackerbau oder Weinberge, so zwackt man es ihnen ab. Man teilt mit ihnen, gleichwie Jener in der Fabel Äsops mit dem Merkur einen Pakt machte, dass er von Allem, was er fände, dem Merkur die Hälfte geben wolle. Als er nun einen Sack mit Datteln und Mandeln fand, fuhr er zu, und schälte die Mandeln, und legte die Schalen von Mandeln auf eine Seite, samt den Kernen aus den Datteln und tat die Mandel- und Dattelkern auf eine Seite, und gab so die Hälfte der Schalen und Dattelkern dem Merkur, aber die Kern von Mandeln und Datteln behielt er für sich. Also besteht auch der Teil, den die Bauern den armen Predigern und Pfarrherren geben, aus nichts anderem als ledigen Schalen, Spreu, Raden10) und solchen geringen Dingen.
Die heilige Schrift hält uns auf das Allerklarste und Kürzeste vor, wie man recht leben soll, und wie ein Jeglicher in seinem Stande sich halten möge, dass es Gott gefalle. In Beziehung auf das Christentum und die Religion lehrt sie also, dass man Gott fürchten, sein Wort hören, an Christum glauben, und dann den Nächsten auch lieben solle wie sich selbst. In Beziehung auf das weltliche Regiment lehrt Gottes Wort, und spricht zu allen Untertanen: Seid der Obrigkeit gehorsam. In Beziehung auf das Hausregiment spricht es: Ihr Männer, liebt eure Weiber, und das Weib sei ihrem Mann untertan; und ihr Eltern, zieht eure Kinder auf in der Zucht und Ermahnung zu dem Herrn. Aber der Papst verachtet dieses Alles, und hält's für schlechte, gemeine und weltliche Dinge.
Da über Tisch eines Abends eines Schwarzkünstlers, Namens Faust, gedacht wurde, sagte Dr. Martin Luther ernstlich: Der Teufel gebraucht der Zauberer Dienst wider mich nicht; denn wenn er mir hätte Schaden tun können, so hätte er es lange getan. Er hat mich wohl oftmals schon bei dem Kopf gehabt, aber er hat mich dennoch müssen gehen lassen. Ich habe ihn wohl versucht, was für ein Gesell er ist. Er hat mir oft so hart zugesetzt, dass ich nicht gewusst habe, ob ich tot oder lebendig sei. Er hat mich auch wohl in Verzweiflung gebracht, dass ich nicht mehr wusste ob ein Gott sei, und an unserm lieben Herrn Gott ganz und gar verzagte. Aber mit Gottes Wort hab ich mich seiner erwehrt. Es ist sonst auch keine Hilfe noch Rat, als dass Gott (mit einem Wörtlein durch einen Menschen gesprochen, oder das einer sonst ergreift,) einem hilft. Hat man aber Gottes Wort nicht, so ist's bald um uns geschehen, denn da kann er die Leute nach seinem Willen reiten und treiben.
Die Wiedertäufer sind in ihren Irrtum um keiner andern Ursache willen kommen, als weil sie Gottes Wort und Werk nicht in Ehren und Würden halten, wie sie sollten. Denn sie meinen, die Taufe sei gegründet auf ihren Glauben, legen Gottes Werk auf die Menschen, meinen, es sei anfänglich und in der Erste nicht da, weil man es dafür nicht annehme und halte. Allein Gott lässt sein Werk zunichte machen und weicht durch unsern Unglauben, das lässt Gott, und wird's auch in Ewigkeit wohl lassen. Bin ich ohne Glauben oder im Unglauben getauft, so soll mein Unglaube verwandelt werden in Glauben; Gottes Wort, das an sich selbst vollkommen ist, soll darum nicht geändert werden. Doch ich kann es durch Exempel klar anzeigen, z. E., wenn ich vor zehn Jahren die zehn Gebote predigen hörte, und ihnen dazumal nicht geglaubt habe, nun aber anhebe ihnen zu glauben, als Gottes Gesetzen und Worten, so kann man wahrlich nicht sagen, dass die zehn Gebote Nichts sein, oder dass sie in einerlei Weise wären geändert worden, sondern mein ungläubig Herz ist geändert worden. Ebenso musste, wenn mein Herz vor zehn Jahren mir Etwas befohlen hat und ich ihm nicht gehorsam gewesen bin, mein Ungehorsam geändert werden, und nicht des Herrn Gebot und Befehl.
Also soll auch der Kinder Taufe geachtet werden. Ich bin nicht der Ansicht, als sollten die Kinder ohne Glauben sein, wenn sie getauft werden; sondern weil sie Christo nach seinem Befehl zugetragen werden, und die Kirche für sie bittet, wird ihnen der Glaube gegeben, obgleich wir's nicht sehen und nicht verstehen mit unserer Vernunft. Auf ihre Behauptung, es sei Unrecht, den zu taufen, der nicht glaube; daher man nur diejenigen taufen solle, welche glauben, antworte ich: Heißt das nicht irren und betrogen werden? Also sage bei Leib und Leben nicht, du seist darum getauft, weil du geglaubt hast, sondern Gott habe dich mit seinen Händen getauft. Willst du aber noch einmal getauft sein, so verleugnest du, dass dich Gott getauft hat, welches Gott nicht wird leiden, der befohlen hat in seinem Namen zu taufen.
Zu den Worten und dem Befehle Christi: Tauft alle Völker! kommt auch noch das Exempel der Kirche, die schon vor tausend Jahren die Kinder getauft hat, welches mich zwingt, den Wiedertäufern nicht zu glauben, noch wiederum taufen zu lassen. Die Taufe muss sein und bleiben; und wo Christen sind, da ist auch die Taufe, denn Gott lässt sein Werk nicht vergeblich und unnütze sein. Es ist ohne Frucht nicht, sondern tätig und kräftig. Wie sollte das göttliche Werk der Sakramente ohne Frucht sein? Ja, es müssen die Sakramente, die Bibel und gewisse Zeremonien sein, auch mitten unter den Ketzern, welche wider ihren Willen Gottes Namen dulden und leiden müssen; und ohne diese Stücke kann Niemand im Volk Gottes sein; und ein rechter Glaube und ein von Gott angeordnetes Werk kann ohne Frucht nicht sein. Ja, wo Gott die Taufe lässt bestehen und bleiben, und wo das Evangelium gepredigt wird, da geht's nicht leer ab; wie im Propheten Jesaja, Kap. 55. 10, 11, auch gesagt wird, dass sein Wort nicht wieder leer zu ihm kommen soll, sondern wie ein Platzregen das Land feuchtet und fruchtbar macht, also soll sein Wort auch ausrichten das, dazu es gesandt ist. Menschen Wort und Werk und falscher Glaube, die sind unkräftig und ohne Frucht, aber Gottes Werk und ein rechter Glaube, die können nicht ohne Frucht sein.
Dass Gott befohlen hat zu taufen, und das Sakrament des wahren Leibes und Blutes des Herrn Christi zu reichen, das ist nicht unser Werk; wir tun's auch nicht, sondern es ist Gottes Werk. Gott gründet sein Wort und Werk nicht auf unsere Frömmigkeit und Würdigkeit; ja, auch ein Schalk und Bube, wie jetzt im Papsttum geschieht, mag predigen oder Predigt hören, taufen oder getauft werden. Allein ein solcher Bube muss sich bekehren, will er selig werden, und seinen Unglauben und sündlich Leben ändern; Gottes Werk aber bleibt, wie es ist, für und für Gottes Werk.
Es fragte Einer über Dr. Luthers Tische, wie es zuginge, dass das Evangelium, von der Vergebung der Sünde durch den Glauben an Christum, von so wenig Leuten angenommen werde, und dass man es nicht sehr achte, sondern bloß Etliche hören es und zwar (wie es im Papsttum geschehen und die Messe gehört worden sei) der größte Teil nur aus Gewohnheit Gottes Wort höre, und wenn Solches geschehen sei, meine, es sei nun Alles ausgerichtet. Darauf antwortete Dr. Martin Luther und sprach: Dem Kranken ist der Arzt nütze und angenehm, die Gesunden achten sein nicht; wie man an dem Kananäischen Weiblein wohl sieht, Matth. 15, 22, die fühlte ihre und der Tochter Not, darum lief sie Christo nach, und wollte sich traun nicht lassen abweisen noch abschrecken. Also muss auch Moses vorhergehen, und die Sünde nur fühlen lehren, auf dass die nachfolgende Gnade süße werde.
Darum ist's verloren, wie freundlich und lieblich Christus auch vorgebildet werde, wenn nicht zuvor der Mensch durch Erkenntnis seiner selbst gedemütigt und begierig wird nach Christo, wie es auch heißt: Die Hungrigen füllt er mit Gütern, und lässt die Reichen leer, Luk. 2, 53. Das ist Alles uns zum Trost gesagt, und den elenden, armen, dürftigen, sündigen und verachteten Menschen zum Unterricht geschrieben, dass sie in aller ihrer Not wissen mögen, zu wem sie fliehen, und bei wem sie Trost suchen sollen.
Aber man muss allein am Wort fest hängen und glauben, dass es wahr sei, was es von Gott sagt, obgleich Gott mit allen Kreaturen sich anders stellt, als das Wort sonst von ihm sagt; wie man solches auch am Kananäischen Weiblein sieht. Dasselbige Wort ist gewiss und fehlt nicht, es muss eher Himmel und Erden vergehen; wie Christus sagt, Matth. 24, 35. Aber, wie wehe tut das der Natur und Vernunft, dass sie sich soll so nackt ausziehen, und verlassen Alles, was sie fühlt, und allein am bloßen Wort hängen, mit dem sie sich im Widerspruch fühlt. Gott helfe uns in Nöten und im Sterben zu solchem Mut und Glauben.
Über den Spruch Christi, Joh. 14, 32: Wer mich liebt, Der wird mein Wort halten, und mein Vater und ich werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen, sagte einmal Dr. Martin Luther: Himmel und Erde, auch alle Könige und Kaiser Schlösser vermögen Gott nicht zu bestimmen, dass er sich aus ihnen eine Wohnung mache; aber im Menschen, der sein Wort hält, da will er wohnen. Jesaja, C. 66, 1, nennt den Himmel seinen Stuhl, und die Erde seinen Fußschemel, aber nicht seine Wohnung. Wenn man nun lange sucht, wo Gott sei, so findet man ihn in denen, die Christi Wort hören, wie denn der Herr Christus hier sagt: Wer mich liebt, der hält mein Wort, and wir werden Wohnung bei ihm machen. Es könnte Keiner kindlicher und einfältiger reden als Christus, und macht doch alle Doktoren zu Schanden. Es ist nicht in sublimi, sed humili genere11) solche Art zu reden; und wenn ich ein Kind sollte reden lehren, so wollte ich's auch lehren: Wer mich lieb hat, der hält mein Wort. Es heißt nicht, sich enthalten von Speise, von Fleisch, von Weibern, von Gelde; dasselbige heißt den Teufel zum Gaste bitten mit aller seiner Gesellschaft.
Dr. Luther sprach: Gleichwie Gott Alles aus Nichts macht, und aus Finsternis schafft das Licht, also macht auch sein Wort, dass im Tode nichts als Leben sein muss. Darum, wer am Wort Gottes hängt und ihm folgt, der erfährt zuletzt, was David im Psalm sagt: Wenn Gott spricht, so ist's gemacht, und wenn er's heißt, so steht es da, Ps. 33, 9.; aber ehe man zu dieser Erfahrung kommt, muss man Etwas leiden; denn Gottes Art und Natur ist, aus Nichts Alles zu schaffen und zu machen.
Gott hat zweierlei Worte, davon das Eine schreckt und das Andere tröstet. Dawider setzt sich der Teufel und spricht: Weil du das Gesetz Gottes nicht gehalten noch fromm gewesen bist, darum bist du verdammt nach dem Gesetze. Darauf antworte du und sprich: Gott hat gesagt, ich soll leben, denn seine Barmherzigkeit und Gnade ist größer als die Sünde; und, dass im Ezechiel, C. 33, 11., geschrieben steht: Er wolle nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe; hab ich denn dieses oder jenes getan, so helfe mir Christus mit seiner Gnade. Aber es ist schwer dahin zu kommen, wenn die Anfechtung währt: es ward Christo selber sauer. Durch die Verheißung des Evangeliums werden wir wieder aufgerichtet.
Groß ist die Kraft des göttlichen Worts, darum heißt es die Epistel zu den Hebräern, C. 4, 12., ein zweischneidiges Schwert, denn es hat zweierlei Kraft, nämlich es schreckt und tröstet. Weil wir aber Gottes reines Wort nicht geachtet haben, noch das frische kalte Springwasser getrunken, so sind wir von den hellen Bornen zu den Pfützen geraten, und haben daraus warmes, faules, stinkendes Wasser gesoffen; haben die alten Skribenten und ungewissen Lehrer gelesen mit großer Mühe und Arbeit, aber mit kleinem Nutzen und Frommen. Chrysostomus schreibt fast nichts Reines, als von der jungen Kinder Taufe. Hieronymus handelt von Nichts als von seiner Andacht, wie er gelebt habe, und lobt die Jungfrauschaft und das Klosterleben über alle göttliche Stände und Orden. Ihrer Keiner lobt die weltliche Obrigkeit und Regiment, sondern sie gehen Alle mit ihren andächtigen Gedanken und ihren Spekulationen um wie die Mönche. Chrysostomus ist wohl bei Hofe gewesen, hat aber die Hofweise, Sitten und Leben nicht können dulden noch leiden, es hat Alles sollen mönchisch einhergehen. Kurz, wer ein Lehrer und Prediger in der Kirche sein will, der muss auch in der Welt gewesen sein, und derselbigen Händel gesehen oder je zum Teil erfahren haben; denn es ist Nichts, wenn ein Mensch mit Klostergedanken Etwas regieren will.
Ein andermal sprach Dr. Luther von der Kraft des göttlichen Wortes Folgendes: Die Worte des Herrn Christi sind am Kräftigsten, und haben Hände und Füße, übertreffen weit alle Anschläge, Gedanken und List der weisen Leute, wie man denn Solches im Evangelium sieht, dass Christus mit gar schlechten, einfältigen Worten zu Schanden gemacht hat der Pharisäer Weisheit, so dass sie nirgends hinaus wussten. Eine gar scharfe Schlussrede sind die Worte des Herrn, Matth. 22, 21.: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist! in denen er weder gebietet noch verbeut den Zins zu geben, sondern sie mit ihren eigenen Worten fängt. Er wollte sagen: Habt ihr des Kaisers Herrschaft so weit einreißen lassen, dass ihr seine Münze habt und gebraucht, so gebt ihm auch, was ihr ihm schuldig seid zu geben.
Vertieft euch nicht in hohe Gedanken, und lasst euch von denselben nicht einnehmen, sagte Dr. Luther, sondern gesellt euch zu der christlichen Kirche und haltet euch zum Häuflein, bei dem Gottes Wort rein gelehrt wird; denn da ist Gott selber gegenwärtig, der da tröstet und hilft, wie denn auch der Herr Christus, Matth, 18, 22., sagt: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da will ich mitten unter ihnen sein. Darum sollt ihr gewiss glauben, was ich, Dr. Luther, oder ein anderer Diener des göttlichen Worts, oder sonst ein Christ aus der heiligen Schrift und dem göttlichen Wort mit euch redet, weil ich und ein jeder rechtschaffener Prediger Befehl und Gewalt von Gott habe, euch zu lehren und zu trösten, darum sollt ihr meinen Worten gewiss glauben, welch ein feines Ding ist's um die Beichte und Absolution.
Man glaubt leider noch auf den heutigen Tag nicht, dass meine Predigt Gottes Wort sei, oder dass Einer im Sakrament des Altars den wahren Leib und Blut des Herrn Christi empfange, und dass er in der Taufe abgewaschen und gereinigt werde von Sünden durch das Blut Christi. Aber dass ich das rechte und reine Wort Gottes lehre und predige, dafür setze ich meine Seele zum Pfand, und will auch darauf sterben. Denn was ich und ein jeder treuer Diener des Evangeliums oder Christi redet und tut in seinem Amt nach Gottes Befehl, mit Lehren, Predigen, Trösten, Strafen, Taufen, Abendmahlreichen und Absolvieren, dasselbe Alles tut Gott selber durch und in uns als seinen Werkzeugen. Glaubst du nun das, so wirst du selig, glaubst du es aber nicht, so wirst du verdammt. Ich soll deshalb im Glauben auf Gottes Wort mich fest verlassen und wissen, dass mein Unglaube solches Alles nicht umstoßen noch zunichte machen wird. Denn wenn ich dir schenkte und gäbe hundert Goldgulden, und legte sie dir unter den Tisch, du aber solches nicht glaubtest, sondern sprächst, es sei Blei oder Kupfer, so könnte ich Nichts dafür, ich hätte dir doch Gold gegeben. Es fehlte nur an dir, dass du es nicht glaubst; es wäre aber dennoch Gold, wiewohl du es nicht dafür hieltest. Also lügt Gott nicht. Wem er das ewige Leben zusagt, dem hält er's auch gewiss und trügt nicht; man sehe nur zu, dass man es glaube und für wahr halte.
Wo Gottes Wort oder das Evangelium rein und unverfälscht ist, da ist auch Armut; wie Christus sagt: den Armen das Evangelium zu predigen hat mich der Herr gesandt, Matth. 11, 5. Zuvor hat man den Klöstern und Stiften als unnützen, faulen, müßigen und gottlosen Leuten vollauf genug können geben, die uns doch um Leib und Seele, Gut und Ehre brachten: jetzt gibt man christlichen Lehrern nicht gerne einen Heller. Aberglaube, Abgötterei und Heuchelei gibt Geldes genug, die Wahrheit aber geht nach Hellern. Solches ist zu sehen an den Baalspfaffen, deren acht hundert die Königin Isabell von ihrem Tische speisen und ernähren konnte, 1. Kön. 18, 19. Dagegen Elias aus dem Königreich fliehen musste, und Niemanden fand, der ihn ernähren wollte, bis zuletzt die Witwe zu Zarpath ihn beherbergte und speiste 1. Kön. 17,10
Dr. Luther sagte: Ich habe einen Tischgänger zu Wittenberg gehabt, mit Namens Matthias de Vai, einen Ungar, welcher auch in meinem Hause zu Wittenberg gewohnt hat. Dieser wurde, nach seiner Heimkunft nach Ungarn, wo er ein Prediger ward, mit einem papistischen Prediger uneins. Als nun der Papist ihn vor dem Mönch Georg, des Woida Bruder, damals Statthalter und Regent zu Ofen verklagte, und in dem Verhör Einer den Andern hart verdammte, und der Mönch die Parteien nicht konnte Eins machen, weil Jeglicher Recht haben wollte, so sagte der Mönch Georg: Harrt, ich will bald erfahren, welcher Teil Recht habe oder nicht, und fuhr zu und setzte zwei Tonnen Pulver auf den Markt zu Ofen und sprach: wer seine Lehre verteidigen will, dass sie recht sei und das wahrhaftige Wort Gottes, der setze sich auf der Tonnen eine, dann will ich Feuer unterlegen: welcher dann lebendig bleibt, wenn das Feuer mit dem Pulver angeht, und nicht verbrennt, des Lehre ist recht. Da sprang Matthias von Vai flugs auf der Tonnen eine und setzte sich darauf, aber der Papist wollte mit seinem Beistand nicht auf die andere Tonne. Da sagte der Mönch Georg: Nun sehe ich, dass der Glaube und die Lehre des Vai recht, und euer, der Papisten Religion falsch ist, und strafte den papistischen Pfaffen und seinen Beistand um viertausend ungarische Gulden, und sie mussten ihm eine Zeitlang zweihundert Kriegsknechte besolden und unterhalten; aber den Matthias de Vai ließ er öffentlich das Evangelium predigen.
Darauf sagte Dr. Luther: Es will auf der Papistischen Seite Keiner ins Feuer sich wagen, aber unsere Leute gehen getrost ins Feuer, ja in den Tod; wie man vor Zeiten an den heiligen Märtyrern S. Agnes, S. Agatha, Vincentius und Laurentius erfahren hat. Würde man die Papisten jetzt um ihrer Lehre und Religion willen zum Feuer treiben, o wie Viele würden ihrer abfallen. Illi sunt Martyres active, non passive12). Kaiser, Könige, Fürsten und Herren verjagen und ermorden jetzt die Christen, der Türke aber nimmt sie an, verteidigt, schützt und handhabt sie. Die Papisten wollen das Reich Christi nicht haben, so mögen sie das Reich des Teufels haben. Solches redete Dr. Luther zu Eisleben Anno 1546, kurz vor seinem Tode, und sagte ferner: Wir sind in der Welt geachtet wie Schlachtschafe.
Unlängst sind zu Paris auf einmal Zwei von Adel und zwei Magister um des Evangeliums willen verbrannt worden, da haben die Theologen den König von Frankreich vermocht, dass er selbst das Feuer mit einem Strohwisch angezündet hat. Wir sind wie ein Haufen Schafe, die nicht auf die Weide gehen, sondern im Stall stehen, und warten, bis sie an den Spieß oder in den Topf gesteckt werden.
Wenn Gott sein Wort predigt, so folgt bei den Gottseligen und Christen bald das Kreuz darauf; wie solches auch S. Paulus bezeugt, da er, 2. Tim. 3, 12, spricht: Alle, die da wollen gottselig in Christo Jesu leben, die müssen Verfolgung leiden; und der Herr Christus spricht, Joh. 15, 20: Der Jünger wird's nicht besser haben, denn sein Meister: haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen. Darum so folgt das Kreuz gewiss, und im Kreuz wird dann Gottes Wort recht verstanden, wie denn solches der Herr Christus bezeugt, da er spricht, Joh. 16, 4: Solches habe ich zu vor gesagt, auf dass, wenn es nun geschieht, dass ihr glaubt. Das Werk, das darauf folgt, legt das Wort recht aus und erklärt's; wie auch der Prophet Jesaja sagt, Kap. 28, 19: Trübsal lehrt auf das Wort merken; und Sirach sagt: Wer nicht versucht ist, was weiß der? Die Schrift versteht man nicht, wenn man sie nicht im Kreuz erfährt.
Wenn unser Herr Gott den Leuten in der Welt Gaben gibt, so nimmt man ihm die Ehre davon; also rühmen sich die Leute ihres Guts, ihrer Gewalt, ihres Reichtums, ihrer Weisheit, ihrer Kunst rc. Das lässt unser Herr Gott also geschehen und leidet's, allein Gottes Wort. und Religion ist's (wenn sie anders rechtschaffen, rein und unverfälscht ist,) wovon er allein die Ehre haben und behalten will; wie billig. Darum hängt er uns, die wir rechtschaffene, treue Lehrer sind, an den Hals das liebe Kreuz, Schmach, Verfolgung, die Welt und den Teufel, damit sie uns in Demut erhalten, und er allein die Ehre behalte, und wir nicht hoffärtig werden. Deshalben reimt es sich eben, wenn einer in der Theologie und bei Gottes Wort will Ehre und Gut suchen, als wollte er Kohlen aus einem feurigen Ofen nehmen, der würde sich gewiss verbrennen. Danach wisse sich ein jeder Theologe zu richten, ja, ein jeder Christ; anders wird Nichts daraus, will er anders nicht ein falscher Lehrer und Maulchrist sein.
Gottes Wort ist zur Zeit des Herrn Christi und der Apostel ein Lehrwort gewesen, das man allenthalben in der Welt gepredigt hat. Danach, unter dem ganzen Papsttum, ist es nur ein leserlich Wort gewesen, das man allein gelesen und nicht verstanden hat. Aber nun ist es streitbar geworden, und schlägt um sich, und haut, und will seine Feinde nicht länger leiden, sondern räumt sie aus dem Wege.
Gleichwie in der Welt und im Hausregiment ein Kind zum Erben wird allein dadurch, dass das Kind ins Erbgut geboren wird, also macht der Glaube allein zu Gottes Kindern diejenigen, die da geboren werden durchs Wort, welches die Mutter ist, darinnen wir empfangen, geboren und erzogen werden; wie der Prophet Jesaja, Kap. 46, 3., davon sagt. Gleichwie wir nun durch solche Geburt, die Gott ohne unser Zutun ausrichtet, Gottes Kinder werden, also werden wir auch durch gleiche Weise Erben; nun wir aber Erben geworden, so sind wir frei, ledig und los von Sünde, Tod und Teufel, und haben das ewige Leben und Gerechtigkeit.
61. Gottes Wort soll allen Personen und Dingen vorgezogen werden.
Dr. Luther sagte: Eines der stärksten Argumente der falschen Apostel, das sie am meisten und heftigsten gegen S. Paulus anwandten, ist dies gewesen, dass sie sprechen: Die Apostel sind mit Christo selber drei ganze Jahre umgegangen und hin und her gewandelt, haben alle seine Predigten gehört und Wunderwerke gesehen, ja, die Apostel haben auch selbst gepredigt und Wunder getan, als der Herr Christus noch auf Erden ging. Solches Predigtamt haben sie längst vor S. Paulus geführt, welcher Paulus Christum selber nie gesehen hat, sondern allererst etliche Jahre nachher bekehrt worden ist. Welchem Teile solle man nun am meisten glauben? Dem einzelnen Paulus, welcher bloß ein Jünger, und dazu langsam und zuletzt zum christlichen Glauben bekehrt worden ist, oder aber den allerhöchsten und größten Aposteln, welche längst zuvor vor S. Paulus von Christus selber gesandt und bestätigt waren? Darauf antwortete nun S. Paulus im Brief an die Galater und sagte: Was ist's denn mehr? Dieses Argument schließt so viel als eben Nichts. Denn wenn sie gleich große Apostel sind, ja, wenn sie auch Engel vom Himmel wären, das bekümmerte mich gar Nichts. Es handelt sich hier von Gottes Wort und von der Wahrheit des Evangeliums, woran viel gelegen ist, dass es rein erhalten werde; darum soll das auch allein gelten, und den Vorzug vor allen Andern haben, sie mögen Apostel oder Engel heißen. Darum fragen wir Nichts danach, wie groß S. Petrus und die andern Apostel gewesen sind, oder wie viel und große Wunderwerke sie getan haben. Das ist's aber, darüber wir streiten und fechten, nämlich, dass die Wahrheit des Evangeliums bestehen möge; denn Gott achtet das Ansehen der Personen und Menschen nicht.
Dies und dergleichen Exempel, von denen die Schrift voll ist, ermahnen und warnen uns, dass wir an den Personen nicht hängen, noch gedenken sollen, wenn wir die Person oder Larven haben, dass wir danach sobald Alles hätten. Am Papsttum ist Solches wohl zu sehen, da tut und richtet man nur Alles nach dem äußerlichen Ansehen und nach den Larven; deshalben ist es aber auch ganz und gar anders Nichts als eine Mummerei und lauter Fastnachtsspiel, wobei allein auf die äußerlichen Larven gesehen wird.
Daher kommt's auch, dass Gott nicht haben will, ja, es ernstlich verboten hat, Jemands Person im Gericht anzusehen, und sich dadurch bewegen zu lassen. Das Gericht ist ein göttliches Werk und Geschäft, darum soll ich den Richter weder fürchten noch lieben; sondern meine Furcht und Vertrauen soll ich auf einen Andern setzen, der über den Richter, ja mehr als der Richter ist, nämlich auf Gott, welcher der rechte wahrhaftige Richter ist. Das will ich wohl tun, den weltlichen Richter, der unsers Herrn Gottes Larve und Werkzeug ist, fürchten und ehren um Gottes Willen; dass aber mein Gewissen auf seine Gerechtigkeit oder Frömmigkeit trauen und bauen, oder auch um seiner Ungerechtigkeit und Tyrannei willen sich also sehr fürchten sollte, dass ich deshalben wider Gott und sein Wort handeln und Gott wissentlich erzürnen sollte durch Lügen, durch falsch Zeugnis Geben, oder durch Verleugnung der Wahrheit, das will ich lassen; was ich aber sonst dem weltlichen Richter zu Ehren und Dienst erzeigen kann, ohne Gott zu erzürnen, das will ich gerne tun.
Also wollte ich auch wohl den Papst in gebührlichen Ehren halten, und seine Larven vor Augen haben, jedoch nur so ferne, als er mir mein Gewissen frei lassen, und mich nicht zwingen würde, Gott zu erzürnen und wider ihn zu tun. Aber das tut er nicht, sondern er will kurzum also geehrt und gefürchtet sein, dass dadurch die göttliche Majestät beleidigt und erzürnt, und mein Gewissen verletzt wird, und ich stracks zum Sündenknecht gemacht werde.
Wenn ich nun Einen von Beiden verlieren und lassen soll, so fahre die Larve immer hin, damit ich Gott behalte. Sonst wollten wir des Papstes Herrschaft gerne getragen und geduldet haben. Aber, weil er seine Gewalt und Herrschaft so sehr missbraucht, und uns stracks zwingen will, Gott zu verleugnen, und ihn zu lästern, dagegen ihn den Papst allein für einen Herrn zu erkennen, und weil er unser Gewissen wider Gottes Wort und den Glauben zwingen, drängen und gefangen nehmen lassen will, so werden wir durch Gottes ernstes Gebot gezwungen, dem Papst zu widerstehen, sintemal geschrieben steht: man solle Gott mehr gehorsam sein, denn den Menschen, Apostelg. 5, 29., und Gott der himmlische Vater vom Himmel herab sich also hören lässt, und spricht: Diesen (nämlich Christum, meinen lieben Sohn,) sollt ihr hören, Matth. 17, 5., was dieser sagt und befiehlt, das soll man tun, das ist des himmlischen Vaters Herz und Willen.
Unser Herr Gott wird sein Wort und Sprache auf Erden erhalten durch die Schreibfeder; die Theologen sind der Kopf oder der Kiel von der Feder; die Juristen aber der Strumpf. Wenn nun die Welt den Kopf oder Kiel von der Feder nicht will behalten, das ist, die Theologen und Prediger nicht hören, so muss sie doch den Strumpf, das ist, die Juristen behalten, und diese werden sie recht Mores lehren.
Wenn Gott ein Wort redet, so soll man Ohren und Herz auftun, schweigen, und dasselbige allein hören und ihm glauben, ungeachtet, dass wir's mit unserer Vernunft nicht fassen noch verstehen können. Aber es wird noch so böse werden auf Erden, dass man in allen Winkeln wird schreien: lieber Gott, komm mit dem jüngsten Tage! Und als Dr. Luther ein Paternoster von weißen Agathsteinen in der Hand hatte, sprach er: O wollte Gott, dass der Tag mir bald käme. Ich wollte das Paternoster jetzt essen, wenn er Morgen käme.
Das Testament ist ein edles Buch,
Groß Kunst, Weisheit es lehren. tut,
Wohl dem, der sich auch hält danach,
Dem wird Gott segnen all sein Sach.
Denn Gottes Wort bleibt ewig,
Und teilt uns mit das Himmelrich,
Wir müssen doch von dieser Welt,
Alsdann das Wort fest bei uns hält,
Und stärket uns in Sterbensnot,
Und hilft uns aus dem ewigen Tod.
Dies Wort gewiss bleibt wahr;
Wiewohl es hat so manche Gefahr,
Noch soll's nicht fehlen um ein Haar,
Es wird erfüllt ganz und gar,
Und soll'ns nicht wehren der Höllen Schar.
Verzeucht's sich dies und etlich' Jahr,
Gar bald die Zeit wird kommen dar,
Die es wird machen offenbar,
Und alle Ding so zeigen klar,
Dass man davon frei reden tar,
Dann wird man ja bekennen zwar,
Dass Gott erhält sein Wort und Lahr.
Dr. Martin Luther sagte: Man habe auf dem Reichstage zu Worms, der Anno 1521 von Kaiser Karl gehalten worden, ihm zugemutet und vorgeschlagen, er solle seine Sache der kaiserlichen Majestät heimstellen, die darüber entscheiden werde, was Recht oder Unrecht wäre. Aber er habe darauf geantwortet: Ehe er Solches tue, wolle er lieber das Geleit aufsagen. Da habe Herr Fabian von Feilitz, Kurfürst Friedrichs zu Sachsen vornehmster Rat zu dem Kaiserlichen gesagt: damit sei ja genug angeboten. Als nun die kaiserlichen Räte anhielten, und hart darauf drangen, und fragten: ob denn Luther nicht glaube, dass der Kaiser auch ein Christ sei, und diese Sachen neben andern Fürsten und Ständen des Reichs christlich erörtern und beurteilen werde, ob er sie denn nicht für Christen halte, hat er geantwortet, wie anderswo zu finden ist.
Zu unsern Zeiten war bös studieren, da die Theologie und alle guten Künste verachtet waren, und feine geschickte Köpfe mit der Sophisterei geplagt worden. Aristoteles, den Heiden hielt man in solchen Ehren, dass, wer ihn verneinte oder ihm widersprach, zu Köln für den größten Ketzer gehalten und verdammt wurde. Weil sie aber den Aristoteles doch nicht verstanden, darum haben die Sophisten ihn noch vielmehr verdunkelt; wie an dem Mönch zu sehen ist, der in der Passionspredigt zwei Stunden mit dieser Frage zubrachte: Utrum Quantitas realiter distincta sit a Substantia13)? Ob die Größe an sich selbst unterschieden wäre vom Wesen? Der gab dies Beispiel an, und sprach: Mein Haupt könnte wohl durch dies Loch kriechen, aber die Größe des Hauptes kann's nicht. Er sonderte also als ein Lappe und Narr das Haupt von seiner Größe. Ein schlechter Grammaticus hätte die Aufgabe also einfältig lehren und sagen können, die Größe des Hauptes, das ist, das größte Haupt.
Mit solchem Narrenwerk wurden feine, geschickte Köpfe beschwert, und weder in guten Künsten, noch in der Theologie recht unterrichtet und gelehrt. Also haben sich Antipho, Chusa, Cardus, Bovillus und Andere jämmerlich geplagt und bemüht, wie sie das, was rund ist, in das Gevierte könnten bringen, auch die rechte Schnur oder gleiche Linie mit der krummen vergleichen. Jetzt haben wir selige Zeiten, wollte Gott, dass die Jugend die selbigen wohl gebrauchte, und studierte mit Fleiß in denen Künsten, die jetzt blühen und grünen.
Die Schwärmer, sagte Dr. Martin Luther, sind unsinnige Narren, und fehlen weit, und werden samt allen denen, die Gottes Wort aus den Früchten der Zuhörer beurteilen und richten wollen, schändlich betrogen. Denn also schreien sie: Ja, zu Wittenberg werden die Leute nicht frömmer durch die Predigt des Evangeliums, und dieweil die Leute nicht frömmer werden, so muss die Lehre nicht recht sein. Darum sprechen sie: Das Evangelium hören, ist nicht genug, sondern man muss auch etwas mehr tun, nämlich Weib und Kind verlassen, einen Hut und grauen Rock tragen, und eigene Gerechtigkeit erwählen. Das, sagen sie, ist die rechtschaffene Rechtfertigung, also wird man vor Gott fromm und gerecht. Sie verachten also Gottes Wort, dieweil es nicht in Allen Frucht bringt.
Da Einer einmal eine traurige neue Zeitung über Dr. Martin Luthers Tisch erzählte, sprach Dr. Martin Luther: Das Evangelium bringt gute neue Zeitung, und die ist gewiss, nämlich von Jesu Christo, unserem lieben Herrn und Heiland; sonst weiß ich wenig von guter neuer Zeitung in der Welt. Es ist und gibt kein größer Ding und Gnade, als den Glauben, dass Gott mit uns rede; wenn wir das glaubten, so wären wir schon selig.
Dr. Luther sagte, dass der größte Zorn Gottes sei, wenn er das Wort wegnehme von einem Ort, oder wenn mans verfälsche und nicht rein lehre, oder wenn er's die Leute lasse verachten. Den Griechen hat er das Wort genommen, da sie es verachteten, und hat ihnen dafür den Türken und Mahomet gegeben; uns Deutschen und den Wahlen14) hat er gegeben den Papst, und mit ihm allerlei Gräuel, als Verleugnung des Glaubens, und das ganze Widerchristentum. Es kann kein größerer Zorn Gottes kommen, als seines Wortes beraubt zu sein. Wir sollen, lieber alle Plagen, als, Türken und Pestilenz wünschen, als dass wir Gottes Wortes beraubt sein, oder dasselbige unrein und verfälscht haben sollten.
Als einmal davon die Rede war, wie Gottes Wort und seine Diener in der Welt verachtet werden, unter dem Adel und auch bei den Bürgern und Bauern, da sprach Dr. Luther: Diese Verachtung soll unser Trost, Ermahnung und Erinnerung sein, unserm Herrn Gott für diese große Gabe und Gnade zu danken, dass wir die sind, die sein Wort lieb haben, gerne hören, lernen, und Lust zu der heiligen Schrift haben. Denn es ist eine große Strafe und erschrecklich Gericht und Zorn Gottes, wenn ein Mensch Gott und seinem heiligen Wort so Feind ist, dass er's nicht will hören, und dazu des Worts Diener nicht ehret noch achtet, sondern sie verunehrt und verachtet.
Die heilige Schrift geht nicht viel mit groben Sündern um, als mit den Zöllnern und armen Härlein, denn die selbigen können auch die Heiden erkennen und beurteilen, sondern sie hat zu schaffen mit geistlichen Würmern und Skorpionen, die vor der Welt einen Schein der Heiligkeit und Gottseligkeit haben, und große Frömmigkeit vorgeben.
Die heilige Schrift, sonderlich im neuen Testament, hat den Brauch, dass sie pflegt aus einem besonderen Spruch einen allgemeinen zu machen. Wenn ich sage: man soll Mosen totschlagen; da mache ich aus einem einzelnen und besonderen Mose einen allgemeinen Mosen, der sich auf Alles erstreckt, und ein allgemeines Exempel, das auf alle Gesetze geht, welche die Gewissen wollen fangen und binden. Ein solcher Spruch steht im 69. Psalm, V. 26., da David sagt: Und seine Wohnung müsse wüste werden; welches ein besonderer Spruch ist, und von der Synagoge und dem Judentum redet. Diesen Spruch bezieht S. Petrus, Apg. 1, 20, auf den Verräter Judas, der ein Vorgänger ist der Synagoge, die Christum Jesum fing; er wollte sagen: Darum soll die Synagoge mit ihren Fürsten und großen Hansen vor tausend Teufeln zergehen.
Als Dr. Luther von Einem gefragt ward über das Wort des Glaubens, warum es wider die Vernunft und gemeine Erfahrung sei, und die Kirche in der Welt am Meisten vom Teufel geplagt und angefochten werde, da doch der Herr Christus sprach, Joh. 16, 33: Seid getrost, ich habe die Welt überwunden; warum doch bei der Kirche nichts Anders, als Traurigkeit, Kreuz und Verfolgung sei, so antwortete er und sprach: Wisst ihr nicht, dass Alles in der heiligen Schrift nach der Vernunft erlogen ist? Aber wir sollen glauben, dass Gott wolle seine Macht und Kraft in der Schwachheit beweisen, und seine Weisheit auch in der höchsten Torheit sehen lassen. Selig ist, der es glaubt!
Als Dr. Martin Luther zu einer gewissen Zeit im Psalter las, verwunderte er sich sehr, dass David einen solchen Geist gehabt, und sprach: Lieber Gott, welche hohe Leute sind das gewesen! Dieser David war ein Ehemann, König, Kriegsmann und ein Prediger, er ging mit weltlichen Sachen um, hatte mit weltlichen Händeln zu tun, und hat gleichwohl ein solch treffliches schönes Buch geschrieben. So ist das neue Testament von Männern geschrieben, die Juden gewesen; denn die Apostel waren Juden. Also hat Gott wollen anzeigen, dass wir sollen Gottes Wort anbeten, teuer und hehr, lieb und wert halten. Wir Heiden haben kein Buch, das in der Kirche regierte und herrschte, allein S. Augustinus ist in der Heiden Kirche vor den Andern ein Doktor und Lehrer; darum sind wir Heiden den Juden gar nicht gleich. Weswegen auch S. Paulus einen gar feinen Unterschied macht unter der Sara und Hagar, und den zweien Söhnen, Isaak und Ismael: Hagar war auch eine Frau, aber der Sara noch lange nicht gleich. Darum ist's eine große Vermessenheit, Hoffart und Mutwille vom Papst, dass er sich, als ein Mensch, ohne Schrift hat dürfen wider die Schrift also setzen, und sich über sie erheben.
Dr. Luther klagte einmal über die Menge der Bücher, dass des Schreibens kein Ende noch Maß sei, und ein Jeglicher Bücher machen wolle, und sprach: Die Einen tun's aus Ehrgeiz, um gerühmt zu werden, und einen Namen zu bekommen; Andere aber tun's um des Genusses und Gewinnes willen und fördern also solches Übel. Also wird durch so viele Kommentare und Bücher die liebe Bibel begraben und verscharrt, weil man den Text gar nicht achtet. Und doch sind in allen guten Künsten und Fakultäten Diejenigen die Allerbesten, die im Text wohl belesen und gegründet sind. So ist in Rechten der ein guter Jurist, welcher im Text wohl geübt und bekannt ist; jetzt aber halten sie sich bald auch an die Skribenten und Kommentare. Da ich jung war, gewöhnte ich mich an die Bibel, las dieselbe oftmals, und machte mir den Text gemein; da ward ich darinnen also bekannt, dass ich wusste, wo ein jeglicher Spruch stand und zu finden war, wenn davon geredet ward; also ward ich ein guter Textualis. Danach erst las ich die Skribenten. Aber ich musste sie zuletzt Alle aus den Augen stellen und wegtun, dieweil ich in meinem Gewissen damit nicht konnte zufrieden sein, und musste mich also wieder mit der Bibel würgen; denn es ist viel besser, mit eigenen Augen sehen, als mit fremden. Darum wollte ich auch wünschen, dass alle meine Bücher neun Ellen in die Erde begraben würden, um des bösen Exempels willen, weil mir sonst ein Jeglicher nachfolgen, viel Bücher schreiben, und dadurch berühmt werden will. Nein, Christus ist um unserer eitlen Ehre willen nicht gestorben, dass wir Ruhm und Ehre hätten, sondern er ist gestorben, auf dass allein sein Name geheiligt würde.
Ich halte dafür, dass der schönen Fabeln Etliche daher gekommen sind: Als der grausame Tyrann, Kaiser Julianus, ein Mameluck und Abtrünniger vom Christentum, ernstlich im Kaisertum verbot, die heilige Schrift und Gottes Wort öffentlich zu lehren, zu predigen und zu bekennen, waren zwei fromme Bischöfe, (wie in der Kirchengeschichte steht,) die wurden Schulmeister, und lehrten die jungen Knaben in den Schulen: die haben mit solchen Fabeln gespielt, mit verdeckten und verblümten Worten die Knaben unterrichtet.
Ich bitte und ermahne treulich einen jeglichen frommen Christen, dass er sich nicht ärgere noch stoße an den einfältigen Reden und Geschichten, die in der Bibel stehen, und zweifle nicht daran; wie schlecht und albern es immer sich ansehen lässt, so sind es doch gewiss eitel Worte, Werke, Geschichten und Gerichte der hohen göttlichen Majestät, Macht und Weisheit. Denn dies ist das Buch, das alle Weisen und Klugen zu Narren macht, und allein von den Albernen und Einfältigen kann verstanden werden, wie Christus sagt, Matth. 11, 25. Darum lass deinen Dünkel und Fühlen fahren, und halte viel von diesem Buch, als von dem allerhöchsten, edelsten Heiligtum, als von der allerreichsten Fundgrube, die nimmermehr genug ausgegründet noch erschöpft werden mag: auf dass du darinnen die göttliche Weisheit finden mögest, welche Gott in der Bibel so albern und schlecht vorlegt, um aller Klüglinge Hochmut zu dämpfen und zu Schanden zu machen. In diesem Buch findest du die Windeln und die Krippe, darinnen Christus liegt, dahin auch der Engel die Hirten weist. Es sind wohl schlechte und geringe Windeln, aber teuer ist der Schatz, Christus, der darinnen liegt.
Dass in der heiligen Schrift Ein Ding und Eine Rede mit einerlei Worten so oft wiederholt und angezeigt wird, das ärgert die kluge Vernunft sehr: z. B. dass in den Büchern Mosis, und sonderlich im fünften Buch, fast Nichts so oft verkannt wird, als dies: Ich, der Herr, bin dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat. Die Ursache davon gab Dr. Martin Luther in Folgendem an: Der heilige Geist, sagte er, hat wohl gesehen das gottlose Herz und die Undankbarkeit der Menschen, dass sie der größten Gaben und Wohltaten Gottes bald vergessen. Nun hat Gott uns in unsern Zeiten auch große Gaben und Wohltaten erzeigt, aber bald sind sie vergessen. Er hat von des Papsts, des Antichrists Tyrannei uns erlöst, die Rotten und Sekten, Ketzer und Schwärmer gestürzt, als Münzer, Zwingeln, Oecolampadius, Carlstad und Andere dergleichen mehr. Diese gräulichen Fälle sollten uns billig schrecken, aber auch trösten, dass wir in der Furcht Gottes lebten, und sein Wort gerne hörten und lernten, und beteten: denn es ist bald mit uns geschehen, dass wir dahinfallen und in schädliche Ketzerei geraten, wie wir es jetzt sehen und erfahren mit großem Herzeleid. Also groß ist unsere Undankbarkeit, dass wir Gottes Wort längst vergessen haben.
Dr. Luther redete von der Größe der Sonne und von ihrem schnellen, behänden Lauf. Wenn man früh Morgens ihren großen Körper allein für sich selbst ansehe, so steige sie in einer Stunde nicht zehn Sonnen hoch, und laufe doch auf das Allerschnellste in zwölf Stunden vom Aufgang bis zum Niedergange; und wenn man gleich etliche tausend Sonnen an einander zusammensehen würde, so hätten doch kaum zweihundert Sonnen Raum im Zirkel des Zodiakus, vom Aufgang bis zum Niedergang. Solche sichtliche und leibliche Dinge sehen wir alle Tage, dennoch können wir sie nicht verstehen, sondern müssen sagen: Ich glaube an Gott Vater, all mächtigen Schöpfer Himmels und der Erden. Doch wollen wir Narren Gott meistern, und in die Schule führen, wie er soll selig machen die Leute, und sie regieren. Wir wollen disputieren von der Kindertaufe und Wiedergeburt, und von der Heimlichkeit der Sakramente, obgleich wir arme Narren nicht einmal wissen noch verstehen, wo der große Junker Bombart, crepitus ventris15) herkommt. Es heißt also: wenn Gott nur ein Wort redet, so soll die ganze Welt erzittern, und es hören, glauben und ihm gehorchen.
Die gottlosen Papisten, welche die erdichtete Autorität der Kirche dem göttlichen Wort vorziehen, mögen immer hinfahren, wohin sie gehören, denn ihr Argument und Fürgeben, als sollte die Kirche über Gottes Wort sein, ist die höchste Gotteslästerung, die nicht zu dulden ist, mit welcher sie Gott ins Angesicht unverschämt speien. Es ist wahrlich Gottes Geduld groß, aber es ist allezeit also ergangen: denn der falsche Gott zu Bethel stand beim Volk Gottes, den Israeliten, in einem größeren Ansehen, als der Gott, von welchem Jeremias predigte, welchen sie für gar Nichts hielten. Also viel Arbeit kostet's unserm Herrn Gott, dass er aufs Wenigste bei Etlichen seine Macht und Barmherzigkeit erhalte. Er muss viel Könige zu Boden schlagen, auf dass man sich ein wenig vor ihm fürchte; so muss er sich über viel Huren und Buben auch erbarmen, ehe man ihm ein wenig lernt trauen, dass wir bei dem mündlichen Wort bleiben, und bei dem Gott, der Mensch worden ist, und sich in das äußerliche mündliche Wort hat wickeln und verfassen lassen; denn außer diesem Wort sind wir verloren, und werden alsbald und von Stund an vom Teufel verschlungen.
Wir Narren können mit unserer Vernunft nicht begreifen, wissen noch verstehen, wie es zugehe und woher es komme, dass wir mit dem Munde reden, und woher die Worte kommen, und dass eines einigen Menschen Wort und Stimme in so viel tausend Ohren erschallt; desgleichen nicht, wie unsere Augen sehen, und wie das Brot, die Speise und der Trank im Magen verdaut, und in Blut und Mist in uns verwandelt wird. Dennoch aber wollen wir außer und über uns steigen, und spekulieren über die hohe Majestät Gottes, obgleich wir nicht einmal wissen können, was bei und in uns täglich geschieht. Darum soll man in göttlichen und geistlichen Sachen nur glauben und hören, was Gottes Wort sagt.
Es legte einmal ein Ungar Dr. Luther seltsame, wunderbarliche, läppische und gar unnötige Fragen vor; da sprach der Doktor: Ach! dass wir blieben bei dem geoffenbarten Wort und Willen Gottes, denn Gott hat uns Alles, was wir wissen sollen, in Christo offenbart und gezeigt. Den sollt ihr hören: der weiß diese Aufgaben alle wohl aufzulösen. Ja, Gott will uns in Christo Alles schenken und geben, dass er soll unser eigen sein, wenn wir uns in rechtem Glauben vor ihm demütigen. Aber wir wollen nicht, und darum sind wir außer und ohne Christo lauter Narren, und gehen mit dem Quare16) um, warum Gott das also macht, dieses Alles nachgibt und geschehen lässt: denn wir wollen auch Etwas mit im Spiel sein.
Groß ist der Leute Torheit: wir arme Menschen wollen über Gottes Wort urteilen, und darüber richten, dem wir doch stracks sollten gehorsam sein. Es ist gerade, als wenn die Kachel den Töpfer lehren wollte, wie er sie machen und zubereiten solle; gerade so wollen wir uns Gott auch vorziehen, und wir Kreaturen den Schöpfer meistern. Es heißt aber wie Matth. 17, 5.: Den sollt ihr hören; und im 45. Psalm V. 11. Höre Tochter, und siehe, neige deine Ohren, und vergiss deines Vaters Haus!
Ja, wenn gleich Adam nicht im Paradies gefallen wäre, dennoch hätten wir uns nach dem göttlichen Wort richten müssen. Und wir wollens nun nach dem Fall in solche Finsternis verachten? Darum ist des Papsts Kirche gar läppisch und närrisch, ja gottlos, und allein nach der Vernunft, ohne Gottes Wort, auf den Sand und auf Menschen gegründet, mit den äußerlichen Kinderpossen und dem Narrenwerk; daran soll unsere Seligkeit gebunden sein. Wenn es nur Sittensprache, Moral oder juristische Überlieferungen gewesen wären, die zu äußerlicher guter Zucht und Ehrbarkeit dienten, dann wäre es ein wenig hingegangen.
Zur Zeit der Apostel und unserer jetzt ist das Evangelium und göttliche Wort viel gewaltiger gepredigt, und weiter ausgebreitet worden, als zur Zeit Christi; denn Christus hat nicht ein solch Ansehen, noch so eine große Anzahl der Zuhörer gehabt, als sie, die Apostel, und wir jetzt haben. Christus selber sagt ja zu seinen Jüngern, Joh. 14, 12: Ihr werdet größere Werke tun, denn ich. Ich bin nur ein Senfkörnlein, ihr aber werdet sein wie die Weinstöcke, und Äste oder Zweige, auf welchen die Vögel werden nisten. Als sollte der Herr Christus sagen: Ich hab im Winkel, nur im jüdischen Lande gepredigt, ihr aber werdet auf den Dächern und öffentlich in der ganzen Welt durchaus predigen, und das Evangelium allen Menschen verkündigen und fortpflanzen.
Dr. Luther sagte einmal, es stehe mit Gottes Sache in der Welt so schlimm, dass er ihr nicht mehr raten könne; denn bei uns, mit welchen Gott aufs Allerbarmherzigste und mit allen Gnaden handle, bleibe doch Nichts unverdorben und unverfälscht. Das erfahren wir denn auch jetzt, seit uns Gottes Wort offenbart ist. Dasselbige ist uns von ihm zur Seligkeit gegeben, aber es wird von uns verachtet, gemeistert, verfälscht, verspottet und verfolgt. Darum wird's eben also gehen und geschehen, wie vor Zeiten, dass Alle, die jetzt der Welt Gottes Gnade, Heil und Seligkeit predigen, noch in die Wälder und Wüstungen werden weichen müssen um der Leute großer und gräulicher Undankbarkeit willen, welche allezeit verderbet und umgekehrt hat Alles, was gut ist.
Wir wollen bei dem mündlichen Wort Gottes bleiben, bei welchem Mittel der Teufel nicht bleibt. Gott ist um unsertwillen Mensch worden, hat Fleisch und Blut und einen natürlichen Leib an sich genommen: den können die Ketzer und Schwärmer nicht leiden, und wollen nur einen geistlichen Gott haben, und rühmen viel vom Gebrauch und Nutzen, da doch der Gebrauch ohne das Wesen eines Dinges nur etwas Erdichtetes, nur eine Fabel ist. Die Sendung des Sohnes ist Fleisch, ist ein wesentlich Ding vor sich selber, wie auch die Taufe und das Sakrament des Altars; aber sie, die Schwärmer, unterscheiden nicht das Wesen vom Gebrauch: Das Wesen ist ein Ding für sich, und Nichts mehr: Fleisch ist nichts nütze, wenn es nur Fleisch ist und bleibt. Brot ist Brot, ein Prediger ist ein Mensch, und Wasser ist Wasser; sie verwerfen also das Wesen, sehen aber nicht, dass allda Gottes Fleisch, Gottes Brot, Gottes Wasser, und ein Mensch des göttlichen Worts Prediger ist.
Dagegen aber haben ihrer viel das wesentliche Ding, aber den Gebrauch, Nutzen und die Frucht haben sie nicht; so hat der Papst das Wort, die Taufe und das Sakrament, aber den Nutzen, die Frucht und den Gebrauch hat er nicht. Weil der ganze Christus, wie er geboren, gelitten, gestorben, vom Tode wieder auferstanden und gen Himmel gefahren, ein wesentlich Ding mit einander ist, darum soll man das Wesen und den Gebrauch wohl unterscheiden.
Ich wollte gern einen Schwärmer fragen, wie er gewiss in seinem Herzen sein wollte und könnte aus seinen eigenen Gedanken und sichtlichen, philosophischen Argumenten, außerhalb Gottes Wort? Wir haben gewisse Zeugnisse, als, die heilige Schrift, Wunderzeichen und Werke, sowie die Sakramente, dass Gott seinen Sohn ins Fleisch gesandt hat und lassen Mensch werden, welchen wir haben gesehen, gehört, betastet und begriffen; dabei wollen wir bleiben. Werden wir aber den, der in Gottes Namen gekommen ist, nicht hören, so werden wir einen Andern hören müssen, der in seinem eigenen Namen kommen wird. Wohlan, die Welt will die Wahrheit nicht glauben, darum wird sie müssen den Lügen glauben. Also soll es ihr gehen, weil sie es anders nicht haben will. Wirst du nun Gottes Wort verachten, so verlachest und verachtest du nicht mich, deinen Doktor und Lehrer, sondern Gott selber.
Die Lehre des Evangeliums hat große Wunderzeichen auch in unsern Zeiten getan. Es hat danieder geworfen und zu Schanden gemacht die Klostergelübde, und die gräuliche Abgötterei der Winkelmessen, die doch ein großes Ansehen und Schein haben. Ach! wenn wir doch Gott auch dafür dankten und zurück dächten, in was für gräulichen Finsternissen wir im Papsttum gewesen sind, daraus uns Gott also gnädiglich, ohne alles unser Verdienst erlöst hat durch sein Wort, welches wir doch so schändlich verachten und damit Gott zum Zorn reizen, dass er uns strafen muss. Aber es will jetzt ein Jeglicher Meister über die Schrift sein, und ein Jeder meint, er verstehe sie sehr wohl, ja, habe sie gar ausstudiert; wie auch S. Hieronymus in seiner Vorrede über die Bibel darüber klagt, dass fast jeder alte Narre, jede närrische Vettel, jeder wäschige Sophist Meister der Theologie zu sein sich vermessen, und sie zerrissen hätte.
Ale andern Künste und Handwerke haben ihre Lehrer und Meister, von denen man sie lernen muss, auch ihre Ordnung und Gesetze, danach man sich richten und halten muss. Allein die heilige Schrift und Gottes Wort muss eines Jeglichen Hoffart, Dünkel, Mutwillen und Vermessenheit unterworfen sein, und sich meistern, drehen und deuten lassen, wie es ein Jeder versteht und nach seinem Kopf will; daher auch so viel Rotten, Sekten und Ärgernisse kommen. Gott wehre ihnen!
Lasst uns fleißig beten für Gottes Wort, auf dass Gottes Name allein geheiligt werde; denn wenn die Lehre nicht reformiert wird, so ist alles Reformieren mit dem Leben umsonst. Ich scheiße in alle Zeremonien ohne Gottes Wort. Freilich haben die Papisten niemals Etwas von rechtschaffenen Zeremonien gesagt oder gelehrt. Wer eine rechte Kirche will haben, der halte sich an das Wort, durch welches Alles erhalten wird.
Dr. Luther sprach einmal: Meine Theologie habe ich nicht gelernt auf einmal, sondern ich habe immer tiefer und tiefer danach forschen müssen. Dazu haben mich meine Anfechtungen gebracht; denn die heilige Schrift kann man nimmermehr verstehen ohne Praxis und Anfechtungen. Solches fehlt den Schwärmern und Rotten, dass sie den rechten Widersprecher, nämlich den Teufel nicht haben, welcher es Einen wohl lehrt. Also hat S. Paulus auch einen Teufel gehabt, der ihn mit Fäusten geschlagen und durch Anfechtungen getrieben hat, fleißig in der heiligen Schrift zu studieren. Also habe ich den Papst, die Universitäten und alle Gelehrten, und durch sie den Teufel mir am Halse kleben gehabt: die haben mich in die Bibel gejagt, dass ich sie habe fleißig gelesen, und so ihr rechtes Verständnis endlich erlangt. Wenn wir einen solchen Teufel nicht haben, so sind wir nur spekulative Theologen, die nur mit ihren Gedanken umgehen, und mit ihrer Vernunft allein spekulieren, dass es so und also sein solle, wie etwa die Mönche in den Klöstern auch getan haben.
Andere gute Künste oder Handwerke kann man jetzt nicht lernen ohne Übung. Was wäre das doch für ein Arzt, der stets für und für allein in Schulen bliebe und lesen würde? Er muss wahrlich die Kunst in Anwendung bringen, und anfangen sie zu praktizieren, und je mehr er dann mit der Natur umgeht, desto mehr sieht und erfährt er, dass er die Kunst noch nicht recht und vollkommen hat. Also muss auch ein Jurist und ein jeglicher Handwerksmann und Künstler tun: was sollte denn Solches in der heiligen Schrift nicht sein, da unser Herr Gott gar einen gewaltigen Widersacher hat?
Es ist auch eine große Gnade Gottes, dass man einen gewissen Text der Bibel vor sich haben und davon sagen kann: Das ist recht, das weiß ich gewiss. Die Leute meinen, sie können bald Alles, wenn sie eine Predigt gehört haben. Zwingli meinte auch, er wüsste es wohl, es wäre keine große Kunst. Ich weiß aber, dass ich das Vater Unser noch nicht recht kann, da ich doch ein gelehrter, alter Doktor sonst bin oder sein sollte. Ohne Übung und Erfahrung kann Niemand gelehrt sein. Deshalben hat jener Bauer wohl gesprochen: Harnisch ist gut, wer ihn weiß recht zu gebrauchen. Also ist die heilige Schrift auch gewiss für sich selbst genug, aber Gott gebe, dass ich den rechten Gebrauch auch erhasche und treffe. Wenn der Satan mit mir disputiert, ob mir Gott auch gnädig sei, so darf ich diesen Spruch wider ihn nicht führen, dass, wer Gott liebe von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit allen Kräften rc., Gottes Reich besitzen werde. Denn der Teufel wirft mir bald vor, und rückt mir auf und spricht: du hast Gott nicht geliebt; und davon überzeugt mich auch mein Gewissen. Vielmehr muss ich den Spruch ergreifen, und wider den Teufel gebrauchen, dass Jesus Christus für mich gestorben ist, denn durch den habe ich einen gnädigen Vater, derselbige hat mich ihm versöhnt, und wie S. Paulus, 1. Kor. 1, 30, sagt, so ist er mir von Gott gegeben zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung.
Dr. Luther sagte: Unsere Kirche wird durch der Tyrannen Verfolgung nicht so große Not und Gefahr leiden, als durch uns selbst, und durch unsere große Sicherheit, unsern Witz und unsere Unachtsamkeit. Denn, wiewohl der Papst Allerlei wider uns versuchen und sich unterstehen, und seinen Schutzherren viel nachlassen, schenken und geben wird, in der Meinung und Hoffnung, dass, wenn diese unsere Sekte (dafür er's hält) und Lehre unterdrückt würde, er alles bisher Verlorene wieder bekommen würde, so wird das, so Gott will, doch nicht geschehen, es müsste denn das Wort Gottes im deutschen Lande gar untergehen, alsdann aber würde Gott mit dem jüngsten Tage nicht lange ausbleiben, und mit demselben zuletzt in diese gräuliche Nacht einbrechen, und dem Fass den Boden gar ausstoßen. Ohne das treiben uns die Tyrannen, Schwärmer und Ketzer nur in die Bibel, dieselbige desto fleißiger zu lesen, und das Gebet desto ernster zu schärfen.
Dr. Luther sagte zu Eisleben, dass alle Weisen der Welt dafür halten, die Lehre des Evangeliums, weil sie also plötzlich aufgegangen sei, werde nicht lange bestehen, sondern von selber wieder fallen. Darum hat der jetzige Bischof von Magdeburg, Hans Albrecht, das Sprichwort: Man muss viel der Zeit befehlen. Er hoffte, es sollte wieder das Papsttum im deutschen Lande aufgehen: er ist zu Rom recht unterwiesen, darum fragt er Nichts nach unserer Lehre. Die Weltkinder sagen nicht anders, als: wenn die dicke Wolke vorüber ist, so wird's wohl anders wittern.
Man kann nicht, wie es der Welt recht ist, predigen. Lehrt man des Papsts und Menschen Satzungen, so wird Christus beleidigt und das Gewissen betrübt und verführt. Predigt man aber Christum, so wird Fleisch und Blut, der Papst und die Welt geärgert. Darum, wer Christum predigt, der ärgert Fleisch und Blut: wiederum, predigt er, was dem Fleisch wohlgefällt, so beleidigt und erzürnt er Christum.
Liebe Herren (sprach Dr. Luther zum Pfarrherrn und Kaplan, und die bei ihnen waren), lasst uns der Kirche warten mit Predigen, reiner Lehre und Sakramente reichen. Wer nicht zum Sakrament gehen will, noch den Katechismus lernen, zu dem sollt Ihr nicht gehen in seiner Krankheit, wenn er sterben soll; sondern lasst ihn liegen, wie eine Sau, nehmt Euch auch seiner nicht an, und lasst ihn nicht auf den Kirchhof begraben, den Andern zum Schrecken und Abscheu.
Dr. Martin Luther ward gefragt: Wie Gott mit den Erzvätern geredet hätte, so doch Johannes sagt, Joh. 1, 18.: Niemand hat Gott jemals gesehen; und dawider spreche der Patriarch Jakob 1. Mos. 32, 30.: Ich habe den Herrn von Angesicht zu Angesicht gesehen? Darauf antwortete der Doktor: Gott hat mit den Vätern durch Gesichte und Erscheinungen geredet, also haben sie Gottes Angesicht gesehen, und nicht Gott selber; wie wir Gottes Angesicht haben und ihn sehen durchs Wort, Sakrament, der Kirchen Schlüssel, in der Eltern und Obrigkeit Ordnung. Das sind Gottes Angesichte und Larven. Denn Angesicht in der Schrift heißt Gottes Erscheinung, Gegenwart und Barmherzigkeit; wie David sagt: Herr, verwirf mich nicht von deinem Angesicht! Dagegen Gottes Hintern und Rücken sehen heißt, Gottes Zorn sehen. Das heißt nach der Grammatik Gottes Angesicht und Rücken. Aber geistlicher Weise haben die alten Lehrer Gottes Rücken gedeutet von Christi Menschheit. Also wollte Moses Gottes Angesicht, das ist, seine Herrlichkeit sehen, auf dass ihm das Volk glaubte; darum hat Moses als einer Gemeinde Person, die im öffentlichen Amt war, begehrt zu sehen Gottes Angesicht, das ist, seine Allmacht, Weisheit und Güte, welche drei Eigenschaften nicht unterscheiden, noch von einander sondern, noch trennen die Person, sondern werden zugeeignet und gegeben den Personen, Gott dem Vater, Gott dem Sohn, Gott dem heiligen Geist. Aber Gott scheint dagegen in unsern Augen schwach, närrisch und böse. Das heißt Gottes Rücken, und ihn von hinten sehen; wie Paulus redet von der Schwachheit des gekreuzigten Gottes, vom törichten und närrischen Wort.
Dr. Martin Luther sagte zu Eisleben über Tisch kurz vor seinem Absterben, dass auf dem Reichstage zu Augsburg, Anno 1530, der Bischof von Salzburg vier Wege und Mittel zur Einigkeit unter den Papisten und Lutherischen vorgeschlagen habe. Einer sei, dass wir wichen; dazu sagten wir, dass wir's nicht könnten tun. Der Andere sei, dass sie, die Papisten, wichen; aber das wollten sie nicht tun. Der Dritte sei, dass man mit Gewalt geböte einem Teil, dass er wiche. Weil aber daraus eine große Empörung entstehen möchte, so wäre das der vierte Weg, dass Einer den Andern aushübe, und, welcher es vermöchte, den Andern in den Sack steckte. Dies sind gute Wege gewesen zur Einigkeit, von einem christlichen Bischofe vorgeschlagen, bemerkte Dr. Martin Luther.
Ferner sagte er: Herr Conrad Hoffmann habe wohl vor drei und zwanzig Jahren zum Bischof von Mainz, Albrecht, Kardinal, gesagt, er solle dem Religionszank zur Zeit steuern und wehren, damit nicht ein großer Brand daraus entstünde. Da habe der Bischof von Mainz erwidert: es ist ein Mönchhandel, sie werden ihn wohl selbst vertragen - Seit der Zeit aber hat er es wohl erfahren, sprach Luther. Damals erzählte auch Doktor Luther, dass zu Rom des Papst Narr einmal bei etlichen Kardinälen gewesen sei, die beratschlagt haben, auf welche Weise man doch die Lutherischen am Besten ausrotten könnte? Als sie gesagt haben, dass die Lutherischen die heilige Schrift und S. Paulum also gewaltig wider sie zitieren, und in ihren Büchern und Schriften anziehen, das liege ihnen im Wege, dass sie die Lutherischen nicht dämpfen können, habe der Narr zu ihnen gesagt: er wisse guten Rat, wie man des Paulus los werden könne, so dass seine Lehre nicht wider sie wäre. Der Papst habe ja Macht, Heilige zu erheben, man solle S. Paulus auch erheben, und aus der Apostel Zahl unter die Heiligen versetzen, dann seien seine Worte nicht mehr apostolisch.
Graf Albrechts zu Mansfeld Kanzler, Herr Georg Lauterbeck, kam vom Tage zu Frankfurt Anno 1546 wieder heim, und erzählte Dr. Martin Luthern über Tisch zu Eisleben, dass der Kaiser Karl und der Papst so schnellen Prozess mit dem Bischof Herrmann von Köln machen, und ihn von Land und Leuten verjagen wollen. Darauf sagte Dr. Luther: Sie haben die Sache verloren, sie können uns mit Gottes Wort und der heiligen Schrift Nichts tun, darum wollen sie mit Weisheit, Zwang, List, Kunstgriffen, Betrug, Gewalt und Waffen wider uns streiten. Sie selbst geben uns das Zeugnis, dass die Weisheit, Wahrheit und das Wort Gottes bei uns sei. Aber hier sagen die Papisten: Wie sollen wir ihm tun, dass wir Christum und sein Evangelium unterdrücken? Lasst uns Betrug, Gewalt und List anwenden, damit wir dessen Fortgang hindern. Und es geht denn, wie der andere Psalm, V. 2., sagt: Die Könige im Lande lehnen sich auf, und die Herren ratschlagen mit einander? Was wollen sie machen wider den Herrn und seinen Gesalbten? Diesen andern Psalm wollen sie wahr machen. Aber es folgt bald darauf: Der im Himmel wohnt, lacht ihr. Denn Gott denkt: Ich will vor den zornigen Junkern doch wohl bleiben, das danke ihnen der Teufel, dass sie mich armen Mann in ihre Ruten nehmen wollen; ich bin doch nun secheinhalbtausend Jahr im Rat gewesen, und habe regiert und alle Gesetze gemacht. Darum, liebe Junker, werdet nicht so zornig, lauft von der Wand weg, dann zerstoßt ihr den Kopf nicht. Lasst euch weisen, ihr Könige und Richter auf Erden! Nehmt den Herrn Christum an, oder der Teufel soll euch beschmeißen: dass ihr nicht umkommt auf dem Wege. Ich glaube, Gott will den Papst stürzen, damit der jüngste Tag komme. Das ist ein rechter hoffärtiger Psalm wider diese Gesellen. Er fängt albern an, geht aber stolz aus: Dass ihr nicht umkommt auf dem Wege. Es wird ein Feuer angehen, darum wohl Allen, die auf ihn trauen! Es ist ein stolzer hoher Psalm. Er spricht traun: Seht, was ihr Herren tut, der im Himmel wohnt, dieser nimmt sich unsrer Sachen an, und fasst die großen Herren weidlich zwischen die Sporen, und reitet sie ins Wasser. Noch wills nicht helfen.
Auch sagte Dr. Martin Luther, dass wider die großen geschwinden Weltkünste wir keinen andern Trost haben, als den, dass unser Gott heißt, nicht ein Gott der ferne, sondern ein Gott, der nahe ist; Jes. 23, 23. und danach ein Gott der Barmherzigkeit. Derselbige sieht alle diese Künste: er vergisst ihrer nicht, denn er hat ein großes Gedächtnis. Was sagt aber unser Herr Gott dazu? Er denkt, er sei ein armer Schüler; und. denkt: Wie wird's meinem Sohn und mir gehen! Die Engel alle sind erschrocken, und denken: Wo nun hinaus? wo wollen wir nun bleiben? Wenn aber Gott sagt: dieser Anschlag oder Kunstgriff gefällt mir nicht, so darf Nichts daraus werden. Denn ob sie gleich Dies und Jenes vorhaben, und obgleich alle vier Winde und vier Elemente wider uns sind, so müssen wir doch fest an Gott halten. Will er uns nicht lebendig haben, so habe er uns tot; wir wissen's aber anders, denn die Toten werden dich, Herr, nicht loben.
Ich habe den Papst mit den bösen Bildern sehr erzürnt. O wie wird die Sau den Berzel17) in die Höhe recken! Aber wenn sie mich gleich töten, müssen sie doch Dreck fressen, den der Papst, welcher auf der Sau reitet, in der Hand hat. Ich habe dem Papst eine goldene Schale in die Hand gegeben, da soll er's erst kredenzen. Ich habe einen großen Vorteil, mein Herr ist es, der sagt: Ich werde euch am jüngsten Tage auferwecken. Er wird dann also rufen: Doktor Martin, Doktor Jonas, Herr Michael Cälius, kommt hervor, und wird uns Alle bei unsern Namen nennen, wie der Herr Christus bei Johannes sagt, Kap. 10, 8.: Er ruft sie mit Namen. Wohlan, seid unerschrocken!