Luther, Martin - Sermon von dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi, wider die Schwarmgeister

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In diesem Sakrament sind zwei Dinge zu wissen und zu predigen. Zum ersten, was man glauben soll (was man auf lateinisch obiecturn fidei nennt, das ist das Werk oder Ding das man glaubt oder daran man hangen soll). Zum zweiten der Glaube selbst oder der Brauch, wie man dessen, was man glaubt, recht gebrauchen soll. Das erste ist außerhalb des Herzens, wird uns äußerlich vor Augen gehalten, nämlich das Sakrament an sich selbst, von dem wir glauben, dass im Brot und Wein wahrhaftig Christi Leib und Blut ist. Das andere ist inwendig im Herzen, kann nicht herauskommen, und besteht darin, wie sich das Herz gegen das äußerliche Sakrament verhalten soll. Nun habe ich bisher von dem ersten Stück nicht viel gepredigt, sondern alleine das andere, welches auch das beste ist, behandelt. Weil aber jetzt dasselbe von vielen angefochten wird und sich die Prediger, die auch für die besten gehalten werden, darüber spalten und rotten, dass bereits in anderen Ländern eine große Menge darauf fällt und meint, dass Christi Leib und Blut nicht im Brot und Wein sei, will es die Zeit fordern, davon auch etwas zu sagen.

Zum Anfang aber sage ich, wenn es so ist, dass jemand in solchem Irrtum gefangen ist, dem wollt ich treulich raten, dass er vom Sakrament so lange wegbliebe, bis er herauskäme und im Glauben stark werde. Denn wir haben für uns den dürren, hellen Text und das Wort Christi (Mat. 26, 26-28; Mark. 14,22-24; Luk. 11,19 bis 20): „Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird“; „Trinket alle daraus, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird zu Vergebung der Sünden. Das tut zu meinem Gedächtnis.“ Das sind die Worte, darauf wir pochen; die sind so einfältig und klar geredet, dass auch sie, die Widersacher bekennen müssen, es koste Mühe, dass man sie anderswohin ziehe, und lassen doch solche hellen Worte stehen und gehen ihren Gedanken nach, machen ihnen selbst Finsternis in das helle Licht.

Aber wer recht fahren und nicht anlaufen will, der hüte sich vor den spitzigen Gedanken, die der Teufel in Bezug auf dieses Stück in der Welt erregt, dass er ja das Ei aussaufen und uns die Schalen lassen wolle: das ist, den Leib und Blut Christi aus dem Brot und Wein nehmen, dass es nicht mehr als ein Gewöhnliches Brot bleibe, wie es der Bäcker backt. Und sie verspotten uns danach, wie sie gelüstet, dass wir Fleischfresser und Blutsäufer sind und einen gebackenen Gott anbeten, wie auch vorzeiten der abtrünnige verzweifelte Bube Averroes, der auch ein Christ gewesen war, der Gläubigen spottete und lästerte: es wäre kein ärger Volk auf Erden als die Christen, deshalb weil sie ihren eigenen Gott fräßen, welches kein anderes Volk je getan hätte. War das nicht ein köstlich, spitzig Wort? Eben solches treibt der Teufel wider uns jetzt allenthalben in der Welt.

Nun ist Gott ein solcher Mann, der da Lust hat zu tun was vor der Welt närrisch und untüchtig ist, wie Paulus 1. Kor. 1,23 sagt: „Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit“, ebenso V. 2l: „Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt zu retten, die daran glauben.“ Wohlan, wer's nun nicht glaubt, der glaube danach, es sei bloßes Brot. Wer den Glauben verfehlt hat, der mag danach glauben, was er will, das gilt ebensoviel, wie z.B.: wer ersaufen soll, der ersaufe in einem Bach oder mitten im Strom, so ist er ebensowohl ersoffen. Ebenso sage ich von diesen Geistern: wenn sie das Wort fallenlassen, so lasse sie immer glauben und sich spalten wielange sie wollen (wie bereits geschehen ist, dass sechs oder sieben Sekten über dem Sakrament aufgestanden sind, doch alle in dem Wahn, dass nicht Christi Fleisch und Blut da sei).

Das macht zum ersten, sage ich, dass sie nicht bei den Worten (Christi) geblieben sind; danach, dass sie mit ihren Gedanken hinterherfahren und gesehen haben: Sollte Christus im Brot und Wein sein und so weit in der Welt ausgebreitet werden, und ein jeglicher sollte den Christus essen? Das wäre ein ungereimt Ding. Solches haben sie als erstes begriffen, davon haben sie denn ein gemalet Glas vor den Augen, da müssen dann die Worte auch heißen, was sie denken. So tun alle Rottengeister: sie fassen als erstes eine eigene Meinung. Wenn ihnen die gefällt, unterstehen sie sich, die Schrift auch dahin zu zwingen. Wer aber den rechten Glauben aus den Worten der Schrift schöpft, der glaubt so: gleichviel, Christus begebe sich in Brot oder Kelch oder worein er will; wenn ich die Worte habe, will ich nicht weiter sehen noch denken; was er sagt das will ich halten. So wickelt er sich ins Wort, läßt sich davon nicht abweisen, wird auch dadurch erhalten.

Denn wir sind ja nicht solche Narren, dass wir die Worte nicht verstehen. Wenn solche Worte nicht klar sind, weiß ich nicht, wie man deutsch reden soll. Sollt ich nicht vernehmen, was das wäre, wenn mir jemand eine Semmel vorlegte und sagte: Nimm, iss, das ist weißes Brot? Ebenso: Nimm hin und trinke, das ist ein Glas mit Wein? Ebenso, wenn Christus sagt: „Nehmet, esset, das ist mein Leib“, versteht auch ein Kind gut, dass er von dem redet, was er darreicht. Es ist eine natürliche Rede, wenn man auf etwas weiset, dass man weiß, was einer sagt. Soll ich mir nun solches Wort noch dunkel machen und was Spitziges darüber erdenken, mache ich mich selbst irre. Es sind ja allzumal klare und deutliche Worte: Brot nehmen, danken, brechen, geben, essen, trinken, das ist mein Leib, das ist mein Blut. Darüber brechen sie sich mit großer Mühe, kommen mit ihrer eigenen Meinung zuvor; danach müssen die Worte bedeuten, was ein jeglicher erdacht hat. Darum bleiben wir stracks bei den Worten und tun danach Augen und Sinne zu, weil jedermann weiß was da heißt: „das ist mein Leib“, und besonders, dass er hinzusetzt: „der für euch gegeben wird.“ Wir wissen ja, was Christi Leib ist, nämlich von Maria geboren, der gelitten hat, gestorben und auferstanden ist.

Nun haben sie vornehmlich zwei Dinge, die sie wider uns bringen. Zum ersten sagen sie: es schickt sich nicht, dass Christi Leib und Blut im Brot und Wein sein soll. Zum andern: es sei nicht vonnöten. Das sind fast ihre besten Gründe, darauf sie bauen, die wollen wir besehen.

Aufs erste möchte ich gerade so gut sagen: Es reimt sich nicht, dass Gott vom Himmel herabsteigen und sich in den Mutterleib geben sollte, so dass der da alle Welt speiset, erhält und beschließt, sich von der Jungfrau speisen und beschließen läßt. Ebenso, dass Christus, ein König der Ehren, dem alle Engel zu Füßen fallen und alle Kreaturen vor ihm zittern müssen, sich so unter alle Menschen herunterwirft, und soll sich als einen allerschändlichsten Übeltäter, dazu von den ärgsten, verzweifeltsten Menschen ans Kreuz hängen lassen. So wollte ich auch daraus schließen, Gott wäre nicht Mensch geworden, oder der gekreuzigte Christus wäre nicht Gott. Ebenso sagen sie, es schicke sich nicht, dass Gott in dem Sakrament so viel Wunderwerke tun soll, die er sonst nirgend tut. Denn dass wir glauben, dass der eine Leib Christi an hunderttausend Enden sei, so viel (das) Brot gebrochen wird, und dass die großen Knochen da verborgen sein sollen, dass niemand sie sieht noch fühlt, das halten sie für ungereimt Ding, machen große Wunder(dinge) davon, sehen aber nicht, dass es eitel unnütze Gedanken sind. Denn wenn man's messen will, so dürfte man keine Kreatur bleiben lassen. Denn wenn ich die Kreaturen ausmessen und mit Worten darstellen sollte und könnte, solltest du ebenso große, ja noch größere Wunder darinnen sehen als in diesem Sakrament. Nimm vor dich die Seele, welches eine einzige Kreatur ist, und ist doch im ganzen Leibe zugleich, auch in der kleinsten Zehe; so dass, wenn ich das kleinste Glied am Leibe mit einer Nadel steche, so treffe ich die ganze Seele, dass der ganze Mensch zappelt. Kann nun eine Seele zugleich in allen Gliedern sein, wovon ich nicht weiß, wie es zugeht: sollte denn Christus das nicht vermögen, dass er zugleich an allen Orten im Sakrament wäre?

Ebenso kann meine Seele zugleich denken, reden, im Reden sehen, hören, fühlen usw., und indes auf die Speise verdauen in Blut, Fleisch, Knoten, Harn und Kot: das hält niemand für Wunder, weil wir's täglich sehen und gewohnt sind. Es fehlt den Leuten nichts, als dass sie jemals eine Kreatur recht angesehen haben, wie wir weiter hören werden.

Siehe ein Korn auf dem Felde an und sage mir: wie geht das zu, dass der Halm aus der Erde wächst, aus einem einzigen Korn, und so viel Körnlein auf der Ähre trägt und einem jeglichen seine Gestalt gibt? Es sind in einem Körnlein viel, viel Wunderwerke, deren sie keines wahrnehmen noch achten. Weiter, wie geht das zu: ich habe nur zwei Augen und fasse doch alle Häupter auf einmal in meine Augen, ja, ich kann gleich so gut mit einem Auge auf tausend Körnlein zielen, und umgekehrt können auf ein Körnlein tausend (Augen) zielen.

Weiter, nimm ein Exempel eben von dem Wort, das ich rede: das ist eine arme elende Stimme und so zu rechnen die geringste Kreatur, nichts mehr als ein Wind. Sobald der Mund aufhört, so ist es aus und nichts mehr, dass kein schwächeres, vergänglicheres Ding sein kann. Dennoch ist es so mächtig, dass ich mit der Stimme ein ganzes Land regieren könnte. Wo kommt nun das her, dass ich mit Worten so viele Herzen fange? Ich habe eine kleine Stimme, so sind da etliche hundert oder tausend Ohren, dennoch fasset ein jegliche Ohr die ganze und vollkommene Stimme. Die teile ich nicht so aus, dass je ein Ohr ein Stück davon hat, sondern ein jegliches hat sie ganz. Solches sehen sie und haltens für kein Wunder. Ja, wenn wir's nie gesehen hätten, wäre es das größte Wunderwerk. Kann nun meine Stimme das zuwege bringen, dass sie alle Ohren füllt und ein jeglicher so viel davon nimmt wie der andere, und das Wort sich so weit austeilt: sollte es Christus nicht vielmehr mit seinem Leibe tun können? Ein wieviel leichteres Ding ist's mit einem verklärten Leib als mit der leiblichen Stimme? Dergleichen findest du viel mehr Wunder in den Kreaturen, so dass, wer eine Kreatur recht ansieht, der wird sich in diesem Artikel durch nichts beirren lassen.

Weiter: Ich predige das Evangelium von Christus, und mit der leiblichen Stimme bringe ich dir Christus ins Herz, dass du ihn dir einprägst. Wenn du nun recht glaubest dass dein Herz das Wort fasst und die Stimme darin haftet so sage mir: was hast du im Herzen? Da musst du sagen, du habest den wahrhaftigen Christus; nicht, dass er so darin sitze, wie einer auf einem Stuhl sitzt, sondern wie er zur Redeten des Vaters ist. Wie das zugeht, kannst du nicht wissen. Dein Herz fühlt ihn aber gut, durch die Erfahrung des Glaubens, dass er gewisslich da ist. Kann ich nun abermals solches mit einem Wort ausrichten, dass der eine Christus durch die Stimme in so viel Herzen kommt und ein jeglicher, der die Predigt hört und annimmt, ihn ganz im Herzen erfasst (denn er läßt sich nicht in Stücke zerteilen und wird doch zur Gänze in alle Gläubigen ausgebreitet, so dass ein Herz nicht weniger und tausend Herzen nicht mehr kriegen als den einen Christus. Das müssen wir ja bekennen und ist ein täglich Wunder, ja so groß wie hier im Sakrament) warum sollte sich's denn nicht reimen, dass er sich auch im Brot austeile?

Wenn ich nun Christus ins Herz bringe, was geschieht dann? Gehets so zu, wie sie denken, dass er auf einer Leiter herabfährt und hinaufklettert? Noch sitzt Christus zur Rechten des Vaters und (gleichzeitig) auch in deinem Herzen, der eine Christus, der da Himmel und Erde erfüllt. Ich predige, dass er zur Rechten Gottes sitzt und über alle Kreatur herrscht: Sünde, Tod, Leben, Welt, Teufel und Engel - wenn du das glaubst, so hast du ihn bereits im Herzen. So ist dein Herz im Himmel, nicht in einem Schein oder Traum, sondern wahrhaftig. Denn wo er ist da bist du auch: so wohnet und sitzet er in deinem Herzen denn noch fällt er nicht von der Rechten Gottes. Solches erfahren die Christen und fühlens offenkundig. Aber jene sehen dieser Dinge keines, wie groß es ist, dass Christus so im Herzen wohnt und sich teilt in eines jeglichen Herz ganz und gar und durchs Wort ausgebreitet wird. Deshalb: Wer solches glauben kann, dem ist das auch nicht schwer zu glauben, dass sein Leib und Blut im Sakrament sei. Denn wenn du das Wunderzeichen so mit Vernunft und Gedanken messen willst, so würdest du zuletzt dahin kommen, dass du auch sagen müsstest, Christus wohne nicht im Herzen der Gläubigen.

Nun siehe (wie gesagt): vermag solches alles die schwache leibliche Stimme, dass sie zum ersten den ganzen Christus in die Ohren bringt, danach ins Herz aller, die zuhören und glauben: sollte das so wunderlich sein, dass er sich ins Brot und Wein bringet? Ist nicht das Herz viel subtiler als das Brot? Dass du nun solches ausmessen willst, wie es zugehe, wirst du wohl lassen. ebensolchen wie du sagen kannst, wie es zugehe, dass Christus in so viel tausend Herzen ist und drinnen so wohnet, wie er gestorben und auferstanden ist, und doch kein Mensch weiß, wie er sich drein bringet: so ist es hier auch unbegreiflich, wie es zugehe. Das weiß ich aber, dass das Wort (Luk. 22,12) da ist: „Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, das tut zu meinem Gedächtnis.“ Wenn wir die Worte über das Brot sprechen, so ist er wahrhaftig da und ist doch ein schlichtes Wort und Stimme, die man hört. Wie er nun ins Herz kommt, und nicht ein Loch hineinbricht, sondern allein durchs Wort und Hören gefasst wird, so kommt er auch ins Brot, dass er kein Loch hineinzumachen braucht.

Nimm ein anderes Beispiel: Wie ward seine Mutter Maria schwanger? Obwohl es ja ein so großes Wunder ist, dass ein Weib von einem Manne schwanger wird, hat sich Gott doch vorbehalten, dass er von der Jungfrau geboren werden wollte. Wie kommt nun die Mutter dazu? Sie weiß von keinem Mann, und ihr ganzer Leib ist geschlossen; dennoch empfängt sie ein rechtes, natürliches Kind im Leibe mit Fleisch und Blut. Ist da nicht mehr Wunder als im Brot und Wein? Wo kommt es denn her? Gabriel der Engel bringt (Luk. 1,31) das Wort: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären“ usw. Mit diesen Worten kommt Christus nicht allein in ihr Herz, sondern auch in ihren Leib, als sie es hört, fasst und glaubt. Da kann ja niemand anders sagen, als dass die Kraft durchs Wort kommt. Wie man nun das nicht leugnen kann, dass sie so durchs Wort schwanger wird, und niemand weiß, wie es zugeht, so ist es hier auch. Denn sobald Christus spricht: „das ist mein Leib“, so ist sein Leib da durchs Wort und Kraft des heiligen Geistes. Wenn das Wort nicht da ist, so ist es gewöhnliches Brot; aber so die Worte dazukommen, bringen sie das mit, davon sie sprechen.

Ebenso: Wir glauben, dass Jesus Christus nach der Menschheit über alle Kreaturen gesetzt sei, Eph. Eph. 4,22 und alle Dinge erfülle, wie Paulus Eph. 4,10 sagt. Er ist nicht allein nach der Gottheit sondern auch nach der Menschheit ein Herr aller Dinge, hat alles in der Hand und ist überall gegenwärtig. Soll ich nun den Geistern folgen, die da sagen: es schicke sich nicht, so muss ich Christus verleugnen. Wir lesen von Stephanus Apg. 7,55, dass er sprach: „Ich sehe den Himmel offen und Jesus zur Rechten Gottes stehen.“ Wie sieht er Christus? Er braucht die Augen nicht hoch emporzuwerfen. Er ist um uns und in uns an allen Orten. Davon verstehen jene nichts, sagen auch, er sitze zur Rechten Gottes. Was es aber ist, dass Christus gen Himmel fährt und (zur Rechten des Vaters) sitzt, (das) wissen sie nicht. Es geht nicht so zu, wie du auf einer Leiter ins Haus steigst, sondern das ist's, dass er über alle Kreaturen und in allen und außer allen Kreaturen ist. Dass er aber leiblich hinaufgenommen ist, ist dessen zum Wahrzeichen geschehen. Darum hat er nun alle Dinge vor Augen, mehr als ich dich habe, ist uns näher als keine Kreatur der andern. So spekulieren sie also, dass er vom Himmel durch die Luft hinauf- und herabfahren müsse und lasse sich ins Brot herabziehen, wenn wir seinen Leib essen. Solche Gedanken kommen nirgend von her als von der närrischen Vernunft und (dem) Fleisch. Unsere Worte, die wir sprechen, brauchen ihn nicht herunterzuziehen, sondern sind uns zur Sicherung gegeben, dass wir wissen, ihn mit Sicherheit zu finden.

Denn obwohl er überall in allen Kreaturen ist, und ich ihn im Stein, im Feuer, im Wasser oder auch im Strick finden könnte (wie er denn mit Sicherheit da ist) will er doch nicht, dass ich ihn da ohne das Wort suche und mich ins Feuer oder Wasser werfe oder an (einen) Strick hänge. Überall ist er, er will aber nicht, dass du überall nach ihm tappest, sondern wo das Wort ist, da tappe nach, so ergreifst du ihn recht. Sonst versuchst du Gott und richtest Abgötterei an. Deshalb hat er uns eine zuverlässige Weise angegeben, wie und wo man ihn suchen und finden soll, nämlich das Wort. Solches wissen und sehen die Menschen gar nicht, die da sagen, es reime sich nicht, dass Christus im Brot und Wein sein sollte, weil sie auch nicht verstehen, was Christi Reich und zur Rechten Gottes sitzen sei. Wenn Christus nicht bei mir in Kerker, Marter und Tod wäre, wo wollte ich bleiben? Er ist mit dem Wort gegenwärtig, obwohl nicht so wie hier im Sakrament, wo er seinen Leib und Blut mit dem Wort im Brot und Wein anbindet, (beides) auch leiblich zu empfangen. Wenn wir solches glauben ist das auch leicht zu fassen und zu glauben. Himmel und Erde ist sein Sack: wie das Korn den Sack füllt, so füllt er alle Dinge. Und wie ein Korn solchen Halm, Ähren und viel Körnlein trägt, weiter, wie ein einziger Kirschkern, in die Erde geworfen, einen solchen Baum herausbringt, so viel Blumen, Blätter, Schalen, Bast. Kirschen trägt, weiter, wie meine Stimme sich in so viel Ohren gibt: Christus kann sich viel mehr in so viel Stücklein ganz und ungeteilt austeilen.

Weil nun jene das nicht sehen, stoßen sie mit ihrer Menschenmeinung an, was es verschlage, dass Gott solch Gaukelwerk damit mache. Nun, lasse sie (sich) nur getrost (als) Narren (gebärden), bleibe aber dabei, dass Christus so, wie gesagt, durchs Wort solches alles tut, (ebenso) wie der Wunder unzählig sind, die er täglich dadurch tut: sollte er denn nicht durch dieselbe Kraft hier auch solches zu tun wissen? Er hat sich ins Wort gegeben, und durchs Wort gibt er sich auch ins Brot. Kann er in Herz und Geist kommen und in der Seele wohnen, so kann ihm auf viel einfachere Weise das leibliche Ding offen stehen, sintemal das Herz viel subtiler ist. Aber er behält die kleinen Wunder so, dass er uns dadurch an die größeren erinnere. Denn es ist viel größer, dass er durch den Glauben ins Herz kommt, als dass er im Brot ist; ja, er gebraucht eben Brot oder Sakrament um des Glaubens willen. Wenn wir das ansähen, würden wir nicht so groß von Wundern reden. Wenn man ihm aber mit der Vernunft nachdenken und nachmessen will, so müssten wir auch vom Glauben sagen dass kein Mensch glauben könnte, denn er übertrifft zu weit alle Vernunft. Deshalb summa summarum: wenn jene viel davon reden, es reime sich nicht, darum sei es nicht so, so wollen wir es eben umwenden und das Gegenteil sagen: Gottes Wort ist wahr, darum muss deine Einbildung falsch sein. Soll sich's deshalb nicht reimen, weil dich dünkt, es reime sich nicht? Du meinst, das Wort dürfe nicht richtig sein, und was du dir denkst, soll gelten?

Der andere Grund, den sie anführen, ist der: es sei nicht vonnöten. Da muss sich Christus zur Schule führen und meistern lassen: der heilige Geist hat es nicht recht getroffen. Denn so sagen sie: Wenn ich an Jesus Christus glaube, der für mich gestorben ist: was ist nötig, dass ich an den gebackenen Gott glaube? Wohlan, er wird sie auch einmal backen, dass ihnen die Rinde verbrennen wird. Wer sagt nun das? Gott oder ein Mensch? Ein Mensch sagt es. Weshalb? Deshalb, weil sie der Satan besessen hat. Sie haben nicht mehr gelernt, als die Worte zu reden und zu predigen: Christus ist für uns gestorben (auferstanden, und dergleichen) usw., im Herzen aber fühlen sie nichts davon. Willst du nun Gott schulmeistern, was nötig und nicht nötig sei, und es nach deiner Einbildung beschließen lassen? Viel billiger kehren wir's um und sagen. Gott will es so haben, darum ist deine Einbildung falsch. Was Gott für nötig ansieht, wer bist du, dass du dagegen zu reden wagst? du bist ein Lügner, er ist wahrhaftig.

So sage mir auf, weil der Glaube alleine rechtfertigt, dass Christus nicht nötig sei; so wollen wir zu Gott sagen: Du hattest Sünde, Tod, Teufel und alles in deiner Gewalt, was war es von Nutzen oder nötig, dass du deinen Sohn herabsandtest, ließest ihn so gräulich behandeln und sterben? Du hättest ihn doch wohl droben bleiben lassen können. Es hätte dich nicht mehr als ein Wort gekostet, so wären Sünde und Tod zusammen mit dem Teufel vertilgt, denn du bist doch allmächtig. Ebenso wollen wir folgern, dass Christus nicht von der Jungfrau geboren sei und sagen: Was war es vonnöten? Konnte Gott ihn nicht ebensowohl von einem Mann geboren lassen werden und gleichwohl so erschaffen, dass er ohne Sünde empfangen und unschuldig geblieben wäre? Ja, weiter wollen wir sagen: es sei nicht nötig, dass Christus Gott sei, denn er hätte ebensowohl durch Gottes Kraft vom Tod wieder auferstehen und uns erlösen können, wenn er ein bloßer Mensch gewesen wäre. So verblendet der Teufel die Menschen, dass sie kein Werk Gottes recht ansehen können (und) zum andern, dass sie auch das Wort nicht ansehen, wollen danach alles mit ihrem Kopf erforschen. Solltest du ein Körnlein auf dem Feld ganz erforschen, solltest du dich so verwundern, dass du stürbest. Gottes Werke sind nicht unsern Werken gleich.

Deshalb sage du so: Was liegt mir dran, ob es vonnöten sei oder nicht? Gott weiß es wohl, wie oder warum es so sein soll und müsse. Wenn er sagt, dass es nötig ist, so schweigen alle Kreaturen. Weil nun Christus hier mit klaren Worten sagt: „Nehmet, esset, das ist mein Leib“ usw., gehört es sich für mich, den Worten zu glauben, so fest wie ich allen Worten Christi glauben muss. Wenn er gleich nur einen Strohhalm reichte und solche Worte spräche, sollte ich's glauben. Darum muss man Mund, Augen und alle Sinne zutun und sagen: Herr, du weißt es besser als ich. Ebenso ist es auch mit der Taufe: das Wasser ist die Taufe, und in der Taufe ist der heilige Geist. Da möchtest du auch sagen: Was ist's vonnöten, dass man mit Wasser tauft? Der Geist sagt aber so: Hörst du, hier ist Gottes Wille und Wort, da bleibe bei und lass deine Einbildung fahren.

Siehe, das sind die zwei Ursachen, um derentwillen sie sagen, es sei nicht zu glauben, dass Christi Leib und Blut im Sakrament sei. Diese sind auch die besten, und besonders das zweite führen sie weit(läufig) aus. Das sind nun solche Gründe, die dennoch fromme Herzen bewegen könnten, und auch vorzeiten bewegt haben. Auch ich selbst habe mich durchaus deswegen bekümmert, was es vonnöten sei und wie da in so einem kleinen Stück Brot so ein grober Leib sei, (noch) dazu in einem jeglichen Stück (Brot) ungeteilt und ganz. Aber wenn sie ein Kernlein oder Kirschkern recht ansehen, der kann sie wohl eines Besseren belehren. Denn warum speist uns Gott durchs Brot oder unter dem Brot, obwohl er es doch ebenso gut durch das bloße Wort, ohne Brot tun könnte? Warum macht er nicht die Menschen in einem Augenblick, wie er Adam und Eva machte, geht so langsam damit um, dass Mann und Weib zusammen müssen und das Kind so lange mit Mühe und Arbeit aufziehen? Er sagt aber so: Was geht es dich an? Joh 21,22. Ich habe einst Adam und Eva so gemacht, jetzt will ich's so machen. Ich habe einmal einen Sohn von der Jungfrau geboren werden lassen, das will ich auch nicht mehr tun. So wollen die Menschen Gott mit ihren Gesetzen binden, welches gerade so viel ist, als ob ich spräche: Warum hast du diesem einen großen Leib gegeben und mir einen kleinen? Warum machst du diesem schwarze Haare dem andern blonde, diesem braune, jenem graue Augen? Darum sei das die Summe: Siehe nur, dass du auf Gottes Wort Acht habest und darinnen bleibest, wie ein Kind in der Wiege. Läßt du das einen Augenblick fahren, so bist du daraus gefallen. Und damit geht der Teufel allein um, dass er die Menschen herausreiße und sie dahin bringe, dass sie Gottes Willen und Werk mit der Vernunft messen.

Das, sage ich, sind nun noch vernünftige Herzen, welche die berührten zwei Stücke bekümmern, solchen ist noch zu raten. Die andern aber sind eitel Schwärmer, die da weiter gehen und die Worte Christi zerteilen und dehnen. Ja, es sind rechte Erzschwärmer, haben nicht einen (einzigen) Grund für sich; jene haben doch (wenigstens) vor der Vernunft ein Ansehen. Aber wie diese die Worte zerreißen und zwingen, kann Vernunft noch gut sehen, dass sie Narren sind. Es sind nur drei Worte „das ist mein Leib“: da macht einer dem Wörtlein „das“ eine Nase, und reissets von dem Brot, dass man's so deuten solle: „Nehmet, esset! - Das ist mein Leib“, gerade als wenn ich spräche: „Nimm und iss. Hier sitzt Hans mit der roten Joppe.“ Der andere nimmt das Wörtlein „ist“, das soll ihm so viel heißen wie das Wort: „bedeutet“. Der dritte sagt „das ist mein Leib“ heiße so viel wie: „das ist ein Abbild meines Leibes“; sie stellen solche eigenen Träume auf ohne allen Grund aus der Schrift. Diese Schwärmer fechten mich nicht an, sind auch nicht wert, dass man sich mit ihnen schlage, es sind grobe grammatische Schwärmer, die andern sind doch (wenigstens) subtile philosophische Schwärmer. Darum lasse sie fahren und uns bei den Worten bleiben, wie sie lauten, dass im Brot der Leib Christi, und im Wein wahrhaftig sein Blut sei. Nicht, dass er sonst nicht auch anderswo mit seinem Leib und Blut sei, denn er ist ganz, mit Fleisch und Blut, in der Gläubigen Herzen; sondern dass er uns gewiss machen will, wo und wie du ihn fassen sollst. Da ist das Wort, das sagt: wenn du das Brot issest, so issest du seinen Leib, für dich gegeben. Wenn das nicht da wäre, wollte ich das Brot auch nicht ansehen. Das sei genug vom ersten Teil.

Weil wir nun den Schatz erhalten haben, ist nun, damit wir uns nicht die Kerne aus der Schale nehmen lassen und die Spreu für das Korn behalten, vom zweiten Stück zu predigen, wie man des Sakraments gebrauchen und genießen soll. Denn es ist nicht genug damit, dass wir wissen, was das Sakrament ist, nämlich dass Christi Leib und Blut wahrhaftig da ist; sondern es ist auch notwendig zu wissen, warum er da ist und warum oder wozu es uns zu empfangen gegeben wird.

Da haben sie aber das Herzeleid anzurichten. Der Teufel kanns nicht lassen, er muss besudeln, was Gott macht und redet; kann er es nicht ganz hinwegreissen, so macht er wenigstens eine hohle Nuss draus. Der Papst hat uns eine Gestalt genommen, diese lassen uns zwar beide Gestalten, machen aber ein Loch in die Nuss, dass wir Leib und Blut Christi verlieren sollen. Dazu unterlassen sie auf beiden Seiten den rechten Gebrauch.

So sagen wir nun: Vorzeiten haben wir uns gemartert und geängstigt, wie wir würdig zu diesem Sakrament gingen. Das „würdig hinzugehen“ nennen wir nun den Gebrauch des Sakraments. Da hat man gelehret, sich mit vielen schweren Werken, Fasten, Beichten abplagen und sich so dazu bereitet, dass man's allein als ein Werk gebrauchte. So weit habens die Papisten getrieben, und (das Abendmahl) ist dennoch bestehen geblieben. Und (es ist) noch eine Gnade, dass Evangelium, Schrift, Taufe, Sakrament und die Sache geblieben ist, wie sie an sich ist. Aber den (rechten) Gebrauch haben sie uns zerrissen und hinweggenommen, den müssen wir wieder aufbringen und (aufrecht) erhalten, wie wir auch bisher getan haben. Denn als ich wider den Missbrauch gepredigt habe, habe ich mich der Ketzerei nicht versehen, die jetzt überhandnimmt und mich nur mit jenen über den rechten Gebrauch geschlagen.

Das habe ich nun gelehrt: man solle das Sakrament nicht wie ein Werk gebrauchen, wie sie gemeint haben: wer richtig gebeichtet hätte und keine Todsünde auf sich wüsste und so zum Sakrament ginge, der täte ein kostbar heilig Werk, mit dem er den Himmel verdiente. Wer (das Sakrament) recht gebrauchen will, darf es nicht so empfangen, dass er sage: das habe ich getan - gleich als hättest du gefastet oder gewacht - sondern du sollst glauben nicht allein dass Christus mit Leib und Blut da sei, sondern auch, dass er dir da geschenkt sei, und immer auf den Worten fußen: „Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; trinket, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird, das tut zu meinem Gedächtnis.“ In diesen Worten wird uns sein Leib und Blut geschenkt. So sind also zwei Stücke zu glauben: dass er wahrhaftig da sei (was die Papisten auch glauben), und dass es uns geschenkt sei (was sie nicht glauben) und wir sein so gebrauchen sollen wie eines Geschenks.

Da hörst du, dass es klar und deutsch geredet ist: er heisset dich seinen Leib und Blut nehmen. Wozu oder weshalb? Damit der Leib für dich gegeben und das Blut für dich vergossen wird. Da haben sie Jammer anzurichten, unsere neuen Prediger, dass sie uns das auch nehmen. Sie gehen so gräulich damit um, dass ich meine, dass der Teufel sein Höchstes versuche und der Jüngste Tag nicht ferne sei, dass ich auch lieber tot sein wollte, als bei ihnen Christus so schmähen und lästern hören. Sie sagen, es solle nur ein Zeichen sein, daran man die Christen erkennen und richten solle, damit wir ja nichts davon haben sollen als die Hülsen. Da kommen sie zusammen, essen und trinken, damit sie seinen Tod bedenken. In dem Bedenken soll ganz die Kraft bestehen, so dass Brot und Wein nicht mehr seien als ein Kennzeichen und (Landes) Farbe, daran man erkenne, dass wir Christen sind. Warum tun sie das? Deshalb, weil sie die Worte in den Wind schlagen: „Esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird.“ Die Wörter gelten ihnen nichts, sie fahren oben drüberhin. Es soll nichts mehr gelten als den Tod verkündigen und predigen. Ja freilich soll man seinen Tod verkündigen; wir habens auch gepredigt, herrlicher als sie es jemals taten. Und hätten sie es nicht von uns, sie wurden wohl nichts davon wissen, die Papisten haben ja nichts davon geredet. Darum brauchen sie uns das nicht zu lehren und groß davon zu rühmen, als hätten sie etwas Neues erdacht.

Darum predigen wir auch den Tod Christi, nach den Worten: „das tut zu meinem Gedächtnis.“ Es ist aber ein Unterschied da. Wenn ich seinen Tod predige, (dann) ist das eine öffentliche Predigt in der Gemeinde, darin ich (es) niemand besonders gebe, wer es fasst, der fassts. Aber wenn ich das Sakrament reiche; so eigne ich solches dem besonders zu, der es nimmt, schenke ihm Christi Leib und Blut, dass er Vergebung der Sünden habe, durch seinen Tod erworben und in der Gemeinde gepredigt. Das ist etwas mehr als die allgemeine Predigt. Denn obwohl in der Predigt eben das(selbe) ist, das im Sakrament da ist, und umgekehrt: ist (im Sakrament) doch der Vorteil darüber (hinaus), dass es hier auf eine bestimmte Person deutet. Dort bedeutet es und malt man keine (bestimmte) Person ab. Aber hier wird es dir und mir insonderheit gegeben, dass die Predigt uns zu eigen kommt. Denn wenn ich sage: „Das ist der Leib, der für euch gegeben wird; das ist das Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden“: da gedenke ich sein, verkündige und rede von seinem Tod, nur dass es nicht öffentlich insgemein geschieht, sondern allein auf dich bezogen wird.

So hat es Christus geordnet, dass wenn wir zusammenkommen, soll ein jeglicher von dem Brot und Kelch nehmen und danach von ihm predigen. Warum? Denn das soll man niemand geben außer denen, die Christen sind, die zuvor (von) Christus predigen gehört haben. Aber die Predigt oder Verkündigung gilt insgemein für jedermann, auch für die noch nicht Christen sind. Die Christen sollens allein genießen, aber doch daneben (dessen) denken, dass ihrer mehr werden.

Deshalb soll man's öffentlich ausschreien und solch öffentlich Gedächtnis halten, dass auf die herzukommen, die es noch nicht wissen. Dass sie aber solch Gedächtnis allein im Winkel machen, ist nichts wert. Es soll öffentlich vor der Gemeinde zugehen und bei der Messe allezeit gepredigt werden. Darum ist das Wort „das tut zu meinem Gedächtnis“ so viel gesagt: So oft ihre tut, so predigt von mir, wie es Paulus 1.Kor. 11,26 deutet, wo er es „den Tod des Herrn Verkündigen“ nennt. Er gebraucht eben das Wort „Verkündigen“ dazu, dass er anzeige, dass es nicht im Winkel allein unter den Christen geschehen soll, die es zuvor wissen, und nicht des Verkündigens sondern nur des Ermahnens bedürfen, sondern öffentlich in Haufen für die, welche es nicht wissen. So bedeutet beides: Gedächtnis und Verkündigung nichts anderes als die öffentliche Predigt von ihm tun, wie man denn in allen Predigten tut.

Solches, sage ich, soll man immer tun, wenn wir das Sakrament empfangen. Die aber zum Sakrament gehen, sollen glauben und sicher sein, nicht allein, dass sie Christi wahrhaftigen Leib und Blut darin nehmen, sondern auch, dass es ihnen da geschenkt werde und ihr eigen sei. Wozu? Nicht um des Geldes oder Verdienstes willen als ein Werk, wie die Mönche und Pfaffen Messe halten; sondern „für uns zur Vergebung der Sünden“. Nun wissen wir wohl, was „Vergebung der Sünden“ heißt. Wenn er vergibt, so vergibt er alles ganz und gar, läßt nichts unvergeben. Wenn ich nun von der Sünde los und frei bin, so bin ich auch von Tod, Teufel und Hölle los und bin ein Sohn Gottes, ein Herr Himmels und der Erden.

So soll ein jeglicher zu antworten wissen, besonders wenn er angefochten wird und die Verfolgung hergeht, dass er sagen könnte: so verstehe ich die Worte, dass mir da sein Leib und Blut zur Vergebung der Sünden geschenkt wird. Deshalb muss ein jeglicher Christ diese Worte Buchstaben für Buchstaben wissen: da hat mir mein Herr seinen Leib und sein Blut im Brot und Wein gegeben, die ich essen und trinken soll. Und (er) soll mein sein, damit ich sicher sei, dass mir meine Sünden vergeben sind und dass ich von Tod und Hölle frei sein und ewiges Leben haben, Gottes Kind und ein Erbe des Himmels sein soll. Deshalb gehe ich zum Sakrament, solches zu suchen. Ich bin ein armer Sünder, habe den Tod vor mir, da muss ich hindurch. Der Teufel ficht mich an und in stecke in aller Not und Fährlichkeit. Weil ich nun in Sünden bin, des Teufels und Todes Gefangener, fühle, dass ich schwach im Glauben bin, kalt in der Liebe, wunderlich, ungeduldig, neidisch, die Sünde klebt hinten und vorn an mir, deshalb komme ich dahin, da ich Christi Wort finde und höre, dass mir Vergebung der Sünden geschenkt sein soll. Wenn wir nun so das Geschenk hin haben, sollen wir denn solches verkündigen, auf dass wir andere Menschen auch dazu bringen. Siehe, so sollte man die Kinder und Einfältigen über das Sakrament unterweisen, dass sie wüssten, was sie da suchen sollten.

Das nennen wir nun den rechten Gebrauch; nicht so, dass es nur getan und der Kirche Gehorsam vollbracht sei. Denn so möchte auch wohl eine Sau hinzugehen. Es ist nicht um des Werks willen zu tun, sondern damit dein Herz gestärket werde, wie die Worte lauten: der „für euch gegeben“, das „für euch vergossen“ wird. Und wenn gleich die Worte nicht da ständen, wie Paulus sie auslässt, so hast du dennoch den Leib, der für deine Sünden gestorben, und das Blut, das dafür vergossen ist. Wenn dir aber Christus geschenkt wird, so ist dir auf Vergebung der Sünden geschenkt und alles, was durch den Schatz erworben ist. Wenn du den mit dem Herzen gefasst hast, wie er denn sonst mit nichts zu fassen ist, und glaubst, so musst du sagen: kein Werk, kein Tun hilft mir von Sünden sondern ich habe einen andern Schatz, meines Herrn Leib und Blut, mir zur Vergebung der Sünden gegeben. Das ist der einzige Schatz und Vergebung und (ist) kein anderer im Himmel noch auf Erden.

Deshalb hat er sich uns ganz gegeben und will bei uns sein und bleiben bis an den Jüngsten Tag (Mat. 28,20), nicht allein deswegen, dass er da sei, wie ihn die Papisten haben und ohne Furcht herumtragen oder wie die andern sagen: „als Zeichen“, das ist nur als eine Losung, die uns keine Besserung noch Frucht brächte. Sollte Christus (ein) so großes Ding umsonst einsetzen, ohne Nutz und Frommen? Sondern das soll die Frucht sein, dass du deinen Glauben stärkest und das Gewissen sicher machest, auf dass du danach auch predigen könntest. So sagen sie, es sei allein ein unnützes Bedenken, das weder dir noch andern von Nutzen sein kann. Darum siehe dich vor, Gott behüte uns noch wie bisher. Der Teufel hat nirgend zu schaffen, als dass er dahin komme und beschmeiße, wo das Evangelium angefangen hat. Deshalb müssen wir uns gut auf die Worte gründen und darauf beharren, so können wir den Ketzern gut antworten. Denn sie sind klar und deutsch genug und die Summe besteht darin: Zum ersten, dass wir da Vergebung der Sünden als ein Geschenk holen, zum anderen dasselbe hernach predigen und verkündigen.

So hast du die Unterscheidung, was das Gedächtnis ist und wie man sein gebrauchen und genießen soll, nämlich nicht anders, als dass wir unsere Gebrechen und Fehler bessern. Mit andern Leuten haben wir allgemeine Gebrechen, für sich hat ein jeglicher besondere; um derer willen kommt man, hier Stärke zu suchen. Deshalb heißt dies Sakrament eine Speise der hungrigen und bedürftigen Seelen, die ihren Jammer fühlen und sich gern von Tod und allem Unglück helfen lassen wollten. Da haben die Papisten gelehrt: Hüte dich, gehe nicht hinzu, du seiest denn rein und habest kein böses Gewissen, dass Christus ja eine reine Stätte habe. Damit haben sie die armen Seelen so verzagt und erschrocken gemacht, dass sie vor dem Sakrament geflohen sind, und es doch aus Zwang haben nehmen müssen, mit solchem Zittern, dass einer ebenso gern in einen Feuerofen hätte gehen mögen. So sollen wir rein sein: dass uns unsere Sünden leid seien und wir sie gerne los wären und es uns verdrieße, dass wir so arme Menschen sind (sofern es nur Ernst sei, ohne Spiegelfechten). Dass wir aber ganz ohne Sünde sein sollten, da wird es niemand hin bringen. Wenn es auch (der Fall) wäre, brauchtest du dahin (zum Abendmahl) nicht zu gehen. Es ist eben um der Schwachen willen eingesetzt Das ist vom Gebrauch des Sakraments geredet das Gewissen wider alle Not und Anfechtung zu stärken.

Nun ist noch das Stück von der Frucht des Sakraments übrig, davon ich sonst viel gesagt habe, welches nichts anders ist als die Liebe. Das haben auch die alten Väter hoch und am allermeisten gelehrt, und das Sakrament deshalb „Communio“ genannt, das ist: eine Gemeinschaft. Das wird uns nun auch hierin auf zweierlei Weise zur Lehre vorgehalten. Zum ersten mit einen Exempel, danach mit einem Gleichnis oder Zeichen des Brots und Weins, dass ein jeglicher Christ, wie einfältig er sei, in dem Sakrament allhier die ganze christliche Lehre fassen könnte, was er glauben soll und was er durch den Glauben tun soll. Denn das ist einem jeglichen not zu wissen, dass Christus seinen Leib, Fleisch und Blut ans Kreuz hingegeben hat dazu, dass es uns ein Schatz sein und zur Vergebung der Sünde helfen soll, das ist, dass wir selig seien erlöst von Tod und Hölle.

Das ist das erste Hauptstück christlicher Lehre, welches uns in den Worten vorgetragen wird, und zum Wahrzeichen und zur Versicherung wird uns dazu sein Leib und Blut gegeben, leiblich zu empfangen. Er hat es zwar einmal getan, ausgerichtet und erworben am Kreuz, lässets uns aber täglich mit Predigen aufs neue vortragen, austeilen und einschenken, befiehlt dass wir sein immer gedenken und nicht vergessen. Dass andere Stück ist die Liebe. Sie ist erstlich damit angezeigt, dass er uns ein Exempel hinterlässt: wie er sich für uns mit Leib und Blut hingibt, uns aus aller Not zu erlösen, so sollen auch wir uns, womit wir können und vermögen, hingeben. Wer das weiß und so lebt, der ist heilig, braucht nicht viel mehr zu lernen, wird auch nichts mehr in der ganzen Bibel finden. Denn die zwei Stücke, die sind hier auf einem Haufen, wie auf einem Bild gemalt, das uns stets vor Augen und in täglichem Gebrauch ist.

Zum zweiten ist über das Exempel (hinaus) auch das Abbild oder das Vorbild da, welches die Lehrer fleißig angezeigt haben: dass er seinen Leib und Blut unter die Gestalt der Dinge hat geben wollen, die solch Wesen haben, dass sie aus vielen Dingen zusammengeschmolzen werden. So wird z.B. ein Brot aus vielen Körnlein zusammengebracht, daraus man einen Teig oder Klumpen macht, und ein Brot bedeutet nichts anderes, als viele Körnlein ineinandergebacken: „So sind wir viele (sagt Paulus 1. Kor. 10,17) ein Leib.“ So wie ein jegliches Korn seine Gestalt verliert, und gemeinsam mit den andern eine Gestalt wird, dass du keines vor dem andern sehen noch von ihm scheiden kannst, sie sind alle gleich und doch alle gesondert drinnen, so soll auch die Christenheit eines sein ohne Sekten, dass alles einig sei: wie der Glaube, Evangelium, Taufe, einerlei Herz, Sinn und Wille, Eph. 4,5.

So tut ein Christ, und weiß es nicht anders, als dass das Gut, das sein ist, seinem Nächsten gegeben ist; er macht keinen Unterschied, hilft jedermann mit Leib und Leben, Gut und Ehre, wie er kann. Solch Bild ist auch im Wein vorgemalt: da sind viele Beeren zusammengedrückt, daraus ein Saft wird und jegliches seine Gestalt verliert. Es sind wohl alle Beeren im Wein, es ist aber kein Unterschied dass man eine vor der andern erkennen könnte, es ist alles zusammengeflossen und ein Saft und Trank geworden.

So hat Christus das ganze christliche Wesen lieblich abgemalt und gleichsam geschnitzt, dass man nicht mehr Bücher braucht, nur dass es wohl weiter ausgeführt ist, damit man's richtig vernehme und fasse. Da haben wir eine Lektion, daran wir unser Lebenlang genug zu studieren haben; du brauchst dich nicht um etwas zu bekümmern, was andere nicht wissen, wie unsere neuen Sekten immer etwas Neues erdenken. Da hast du es alles: lerne, solange du willst, so bleibt doch immer Fleisch und Blut, dass du nicht vollkommen im Glauben, Liebe und Geduld bist. So ist dies Sakrament wohl ein Zuchtmeister, danach wir uns richten und (daran wir) lernen, solange wir leben. Was ist denn, dass du besondere Dinge vor anderen wissen willst, so du das nicht weißt, darauf es ganz und gar ankommt? Und wer das weiß, weiß alles, was er wissen soll, ohne welches alles andere, wie viel man (auch) wissen kann, nichts ist. 1.Kor. 13,2: „Wenn ich weissagen könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis usw., und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.“

So führt der Teufel die Menschen an der Nase, dass sie das Hauptstück nicht ansehen, oben hinaus und etwas Besonderes hervorbringen wollen und damit den höchsten und einzigen Schatz verlieren. Siehe, das ist aufs einfältigste davon geredet, dass es die Einfältigen recht vernehmen können, wie sie es brauchen sollen, und auch die Frucht, daran man sehe, ob man's recht gebraucht habe. Da gehe ein jeglicher nach, so wird er sehen, woran es ihm fehlt, und lasse andere fabeln und schwatzen, was sie wollen.

Über das hinaus ist auch von der Beichte zu predigen die Einfältigen wieder zu unterrichten, weil man weiß, wie wir uns bisher mit dem Beichten mit solcher Mühe haben martern und schänden lassen, dass kein schwerer Gebot gewesen ist, solange die Welt besteht.

Es gibt aber, wie ich früher mehr gesagt habe, dreierlei Art von Beichte: eine vor Gott. Denn zum ersten ist vor allen Dingen not, dass ich mich vor Gott als einen Sünder erkenne, wie das Evangelium folgert, Röm. 3, 23 und Joh. 3. S: „Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Wer nun bekennt, dass er vom Weibe geboren sei, muss Gott die Ehre geben und sagen: Ich bin nichts als ein Sünder, wie David in Psalm 51,7 singt: „Siehe, ich bin in sündlichem Wesen geboren und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen“, als wollte er sagen: Ich muss wohl ein Sünder sein, es ist mir angeboren; sobald ich im Mutterleibe gemacht ward, war ich ein Sünder. Denn Fleisch und Blut, davon ich gemacht bin, war Sünde, wie man sagt: Wo Haut und Haar böse ist da wird kein guter Pelz draus. So ist der Ton, aus dem wir gemacht werden, nicht gut; was Mutter und Vater dazu tut und bringt, ist schon Sünde.

Wer nun das nicht bekennen noch ein Sünder sein sondern noch einen freien Willen haben will, dass noch etwas Gutes an ihm sein soll, der lästert und straft Gott Lügen und muss ewig verdammt sein, wie billig. Denn er will recht haben, und Gottes Urteil nicht leiden. Darum sagt abermals der Prophet (Ps. 51,6): „An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan, auf dass du recht behaltest in deinen Worten und rein bleibest, wenn du gerichtet wirst“, als wollte er abermals sagen: Ich will nicht mit dir hadern, sondern dein Wort recht sein lassen und mich als unrecht bekennen, auf dass du wahrhaftig bist. Aber die dich tadeln, wollen ein Licht an der Vernunft haben und etwas, wodurch sie Gnade bekommen; vor denen wirst du wohl rein bleiben.

Nun diese Beichte müssen wir immerdar tun, solange wir leben, dass wir immer sagen: Herr, vor dir bin ich ein Bube in der Haut. Es ist aber ein Unterschied. Denn es kann solches auch wohl ein Bube und Unchrist sagen, er lügt aber gewiss. (Denn das kann) niemand von Herzen sagen als ein rechter Christ, wie Psalm 32,5 f. sagt: „Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Missetat meiner Sünde. Um des willen werden alle Heiligen zu dir beten zur rechten Zeit.“ Alle Heiligen, so viel ihrer sind, haben die Tugend an sich, dass sie Gott ihre Sünde bekennen und dafür bitten. Darum tut niemand solch Bekenntnis als die, welche Christen und heilig sind. Nun ist's ein wunderlich Ding, dass der vor Gott fromm ist und den heiligen Geist hat sagen soll, er sei ein Sünder. Es ist aber recht; er bekennt, was er gewesen ist und was er auch noch ist. Er hat den heiligen Geist, ist aber dennoch noch ein Sünder um des Fleisches willen. Deshalb schreien alle Heiligen über das Fleisch. Auch ist der Teufel nicht weit davon, der schürt zu, dass er das Fleischs in Sünde bringe. Darum ist es ein hohes und großes Bekenntnis.

Die andern sagen auch, sie seien Sünder. Aber wenn es andere Leute von ihnen sagen, wollen sie es nicht hören. Die Heiligen aber, wenn man's ihnen sagt, oder wenn sie Gott um der Sünde willen tadelt, so sagen sie: Ja, es ist recht. Jene Heuchler können sich wohl selbst ducken, hören aber auf, wann sie wollen: aber von andern Leuten wollen sie ungetadelt und geehrt sein, wie jetzt Pfaffen und Mönche tun. Die sagen auch, sie seien Sünder, wollen aber nicht hören, dass wir's sagen. Darum fragt Gott nichts nach solcher Beichte. Diese Beichte ist nun geboten und nötig, und die ganze Welt wäre schuldig, sie zu tun, es tut sie aber niemand als die Christen.

Die andere Beichte ist die, die man nicht Gott sondern dem Nächsten tut, wovon Christus Mat. 5,23 ff. und 6,12 redet. Davon schreibt auch Jakobus 5,16: „Bekennet einer dem andern seine Sünden“, das ist: haltet euch so, dass sich ein jeglicher vor dem andern demütige und seine Schuld bekenne, wo er jemand beleidigt hat. Das Beleidigen aber ist mancherlei, allgemeine und im Besonderen.

In der allgemeinen (habe ich Sorge) sind wir allzumal, dahinein bringt uns das Vaterunser. Das ist, dass wir den Nächsten nicht helfen, wie wir schuldig sind zu helfen: mit Worten, Predigen, Raten, Trösten, mit Geld, Gut, Ehre, Leib und Leben. Das ist so hoch gespannt, dass keiner so heilig ist, er bleibt in der Schuld. Deshalb müssen wir alle zueinander sagen: Ich bin (an) dir schuldig, du bist (an) mir schuldig. Besonders aber er, wem Gott viel gegeben hat, der ist auch viel schuldig. Ich bin auch mehr schuldig als sonst vielleicht zwanzig oder wohl hundert. Er wird's auch von mir fordern, da wird nichts anderes draus. Er wird es auf den letzten Heller (nach)rechnen, wie ich's angelegt und damit geworben habe. Diese Schuld geht nun insgemein hindurch, dass sie niemand besonders trifft: Ich bin (an) jedermann schuldig; so ist jedermann (an) mir wieder Trost und Beistand schuldig, wo ich Not leide und Hilfe bedarf. Wir sind aber nicht fleißig genug, dass wir die Leute suchen, die unser bedürfen, und Dienst anbieten wird uns auch zu viel.

Wenn wir nun das Register ansehen, wie viel wir schuldig sind, müssen wir zappeln und zagen und finden keinen Rat, als dass wir sagen: Man ist wieder an mir schuldig ich habe mit andern auch zu rechnen. Das will ich ihnen allzumal schenken, darum bitt ich, Herr, du wollest mir auch vergeben. Damit mache ich einen Strich dadurch und lösche es aus. Hätten wir den Rat nicht, so ständen wir übel. Darum bleibt es bei dem Vaterunser. Es ist auch not, dass wir unsern Schuldigern vergeben, solle uns unsere Schuld vergeben werden; wie Christus im Evangelium Mat. 18,22 ff. lehret. Das ist die eine Beichte, dass man öffentlich vor den Menschen beichten und die Schuld bekennen muss. Vor Gott bin ich nicht fromm; vor der Welt auch nach der allgemeinen Schuld, da hat jeglicher an den andern Anspruch, es tut keiner genug. Darum muss einer den andern bitten, dass er ihm vergebe.

Diese Beichte tut nun auch kein anderer Mann als ein Christ. Denn das leiden die Unchristen nicht, dass sie solches für Sünde rechnen. Sie führen das geistliche Recht an, das da sagt: Jedermann gebührt das Seine. Sie meinen, dass sie die Güter, die sie haben, um ihretwillen haben, deshalb brauchen sie auch allerlei Güter nur zu ihrer Ehre und Lust, wie Salomo Spr. 10,16 sagt: „Der Gerechte braucht sein Gut zum Leben, aber der Gottlose braucht sein Einkommen zur Sünde.“ Der Gottlose braucht eines Guts, seiner Klugheit, Kunst, Ehre, dass er Lust und Nutz davon haben will. Das ist alles Sünde, und so Sünde, dass er noch meint, es sei keine Sünde, sondern Recht. Gott hat uns dazu geschaffen, dass wir des Nächsten Fürsorger sein sollen, wir bleiben aber alle wohl dran schuldig. Aber das haben wir zuvor, dass wir's erkennen und es uns leid ist, wir streben danach, dass wir alle Tage mehr und mehr tun, fürchten uns vor Gott, tun so viel wie wir können und der (alte) Adam zulässt. Was wir nicht darüber tun, da macht Gott einen Strich durch, wie gesagt: wir trauen uns nicht, es zu zahlen, es ist zu viel, drum sagen wir: Vergib mir, ich will wieder vergeben.

Ober diese allgemeine Schuld hinaus gibt es nun auf eine besondere, davon Christus Mat. 5,25 redet. Wenn eine besondere Person beleidigt, belogen, beschädigt, gescholten oder am Ruf geschändet wird, das soll man auch beichten und sagen, man habe unrecht getan, und dem Nächsten abbitten. O das tut auf wehe, den (alten) Adam so zerbrechen und sich zu einem armen Menschen herunterlassen, den man verachtet, und dem recht und die höchste Ehre zu geben und sich selbst die größte Schande. Das war vorzeiten in Klöstern auch Gewohnheit, dass man die Mönche dazu zwang; es war aber Büberei. Ein Gottloser demütigt sich nicht so tief, dass er sich selbst schändet; er sieht nicht, dass (es) ihm vor Gott und vor frommen Menschen eine große Ehre wäre. Vor dieser Schuld können sich die Christen ja etlichermaßen bewahren, sowohl sich wie andere, dass man sie zudecke und bestrafe, wo es einer von andern höret und sieht. Der allgemeinen (Schuld) aber kann niemand wehren.

Von den zwei Beichten reden wir hier aber nicht, denn diese gehen durch das ganze Jahr immerdar, und nicht allein, wenn du zum Sakrament gehen willst. Hier redet man aber von der Privatbeichte, von welcher ich meine, dass sie aus der öffentlichen Beichte gekommen ist. Das ist so zugegangen, dass die Christen die vorigen zwei Beichten zusammengetan haben, so dass ein jeglicher, ehe er zum Sakrament gegangen ist, vor Gott und Menschen öffentlich (seine Sünde) bekannt hat. Da der Christen wenig geworden sind, hat es ein jeglicher einem besonders gesagt. Danach hat man's dahin gebracht, dass man die Sünden hat ordnen und zählen wollen. Sie wollen aber wohl ungezählt bleiben, du wirst nimmermehr ausrechnen, wie viel du tun solltest, was du unterlässt.

Von dieser reden wir nun so: Wenn jene zwei öffentlich geschehen, ist man nicht schuldig, diese (dritte) zu tun. Gott kennt doch deine Sünde gut. Wenn du sie nur vor ihm und danach vor dem Nächsten bekennst, sind die Sünden vergeben. Aber doch ist sie mitnichten zu verwerfen, um derer willen, die sie gerne gebrauchen wollen. Ursache dafür ist: in der heimlichen Beichte ist viel Nutzen und köstlichen Dings: Zum ersten die Absolution, dass dich dein Nächster an Gottes Statt freispricht, was gleich viel ist, als wenn Gott selbst spräche; das sollte uns ja tröstlich sein. Wenn ich wüsste, dass Gott an einem Ort wäre, und mich selbst freisprechen wollte, wollte ich's nicht einmal noch an einem Orte, sondern so oft ich immer könnte daselbst holen. Solches hat er nun in Menschenmund gelegt. Darum ist es gar tröstlich, besonders den beschwerten Gewissen, solches da zu holen.

Zum andern dienet sie für die einfältigen Kinder. Denn weil die große Menge unfleißig ist, hört sie immerdar Predigt und lernt nichts, hält auch in den Häusern niemand an, dass man's tue. Wenn darum die Privatbeichte gleich zu nichts gut wäre, so ist sie wenigstens dazu gut, dass man die Menschen unterweist und hört, wie sie glauben, beten, lernen usw., sonst geht's dahin wie das Vieh. Deshalb habe ich gesagt, man soll das Sakrament niemand geben, er wisse denn Bescheid zu geben, was er (dort) hole, und warum er hingehe. Solches kann nun am füglichsten in der Beichte geschehen.

Zum dritten ist aber ein Trost darin: wer ein böses Gewissen oder sonst ein Anliegen oder Not hat und gerne Rat haben wollte, dass er da um Rat bitte. Deshalb können wir die Beichte nicht verachten. Denn es ist da Gottes Wort, das uns tröstet und im Glauben stärkt, dazu unterrichtet und lehrt, was uns fehlet, dazu auch Rat in Nöten gibt. Darum tut diese Beichte auch niemand recht als frommen Christen. Denn es müssen solche Menschen sein, die so fühlen, dass sie gerne Rat und Trost holen wollten. Das ist aber der Fehler daran, dass man nicht Acht auf die Absolution gehabt hat, sondern auf unser Werk, wie man gut und rein beichtete. Dazu hat man die Sünden zählen wollen, welches man nicht tun kann, wird auch zu viel und (gibt) große Arbeit mit Zuhören. Darum wäre das die beste Weise, dass man kurz davon komme: Lieber Bruder, ich komme und will meine Sünde klagen, dass ich ein Sünder bin vor Gott und Menschen. Besonders liegt mir an das und das Stück usw. (Ob du es sagen willst oder nicht, steht bei dir). Danach geschlossen: Darum bitte ich, gebt mir guten Trost und stärkt meine Seele usw. So würde es keine Mühe und Arbeit haben, nur dass es köstliches Werk ist, welches niemand tut als ein frommer Christ.

Aus dem allen siehst du, dass des Papsts Gebot des Teufels ist, dass er jedermann bei Gehorsam und Todsünde (dazu) zwingt, und die es nicht tun, dem Teufel (über)gibt; obwohl doch solches nicht in unserer Macht steht, weder zu nehmen noch zu geben, sondern eine Gabe vom Himmel herab ist. Weil es nun Gott nicht geboten hat, soll es kein Mensch gebieten. Wenn ich gleich alle dahin treibe, wie viel sind ihrer, die gerne beichten, dass sie ohne alle Not hingezwungen werden? Unter zwanzigtausend nicht einer. Mit den andern macht man nicht mehr, als dass man Gottes spottet und gräulich lästert. Denn da spricht der Priester ein Urteil an Gottes Statt, das geht fehl und wird nicht wahr. Denn er beichtet nicht gerne und hört die Absolution nicht gerne, glaubt auch nicht daran. Die Schuld ist nicht am Priester, sondern an dem, der da beichtet, der da betrügt und die Absolution nicht von Herzen begehrt.

Nun hat Gott keine Lust dazu, dass man sein Wort vergeblich führe, 2.Mose 20,7. Hast du nicht Lust dazu, so lass es anstehen, auch alle drei Beichten. Es gehört nur frommen Leuten zu, sonst ist's besser, man lasse es anstehen; es ist doch nicht Rechtschaffen, sondern verdammlich. So haben wir bisher nur dem Papst zu Dienst gebeichtet, nicht unsern Seelen, und das heißt recht des Papstes oder der Kirche Gehorsam. Er hat Nutzen und Ehre davon gehabt, die andern aber Verdammnis ihrer Seelen.

So hat du einen kurzen und klaren Unterricht über die zwei: Sakrament und Beichte, dass es alles freiwillig und aus Freude geschehe, so dass du von dir selbst herkommest und deine Sünde vortragest, holest Trost und Stärke, so ist es von Nutzen und zur Seligkeit. Und es wäre not, dass man die Kinder und das einfältige Volk so dazu hielte und das lehrte und unterrichtete, doch nicht mit Zwang, sondern mit guten Worten. Denn es dient auch dazu besonders, wie gesagt ist, und soll darum im Schwang gehen. Amen.