1526
Dem gestrengen und ehrenfesten Assa von Kram, Ritter, usw., meinem gewogenen Herrn und Freunde - Martin Luther.
Gnade und Friede in Christus! Gestrenger, ehrenfester, lieber Herr und Freund! Als Ihr anlässlich des letzten kurfürstlichen Einzuges in Wittenberg mit uns über den Stand der Kriegsleute spracht, wurde eine Reihe von Dingen vorgebracht, die das Gewissen angehen. Daraufhin erbatet Ihr und andere von mir eine schriftliche, öffentliche Unterrichtung, weil es mehr gibt, die sich in diesem Stande belastet fühlen. Einige sind im Zweifel, andere aber erdreisten sich, überhaupt nicht mehr nach Gott zu fragen, und schlagen sowohl Seele wie Gewissen in den Wind. Ich habe selber solche Leute sagen hören, wenn sie daran denken sollten, dürften sie niemals mehr in den Krieg ziehen, gerade als wäre das Kriegführen eine so besondere Sache, dass man im Krieg weder an Gott noch an die Seele zu denken braucht, wo doch in Todesnöten und Gefahr am meisten an Gott zu denken und für die Seele zu sorgen ist. Damit nun, soviel an uns liegt, den schwachen, einfältigen und zweifelnden Gewissen geraten werde und die Skrupellosen eine bessere Unterrichtung erfahren, habe ich Eure Bitte angenommen und dieses kleine Buch zugesagt. Denn wer mit einem guten, wohlunterrichteten Gewissen kämpft, kann gut kämpfen. Denn es kann nicht misslingen: Wo ein gutes Gewissen ist, da ist auch großer Mut und ein tapferes Herz. Wo aber das Herz tapfer und der Mut getrost ist, da ist auch die Faust um so kräftiger und Mann und Ross frischer, alle Dinge geraten besser, und alle Ereignisse fügen sich auch besser zum Siege, den Gott dann auch gibt. Umgekehrt: Wo das Gewissen einfältig und unsicher ist, kann auch das Herz nicht tapfer sein, denn es ist nicht möglich, dass ein schlechtes Gewissen nicht feige und verzagt macht, wie Mose zu seinen Juden sagte: „Wenn du ungehorsam bist, wird Gott dir ein verzagtes Herz geben, so dass du, wenn du auf einem Wege gegen deine Feinde ausziehst, auf sieben Wegen zerstreut werden und kein Glück haben sollst“ (5. Mose 28, 20.25). So geschieht es, dass Ross und Mann faul und ungeeignet sind, dass kein Vorhaben gelingt und man zuletzt unterliegen muss. Mit den rohen, skrupellosen Gewissen aber, die dabei sind, die tollkühn und wagehalsig heißen, ergibt sich alles zufällig, entweder sie gewinnen, oder sie verlieren. Denn so, wie es denen geht, die ein gutes oder ein schlechtes Gewissen haben, geht es diesem rohen Vieh mit, weil sie eben mit in der Menge sind. Um ihretwillen wird kein Sieg gegeben. Sie sind die Schalen, aber nicht der richtige Kern des Heeres. Dementsprechend schicke ich Euch nun diese meine Unterrichtung, so viel mir Gott verliehen hat, damit Ihr und andere, die gerne Soldaten sein möchten, sich zuzurüsten und zu unterweisen wissen, um auch Gottes Huld und das ewige Leben nicht zu verlieren. Gottes Gnade sei mit Euch. Amen.
Zuerst ist eine Unterscheidung vorzunehmen: Es ist zu unterscheiden zwischen Amt und Person oder zwischen Tat und Täter. Ein Amt oder eine Tat kann an sich sehr wohl gut und richtig sein, aber doch böse und falsch, wenn die Person oder der Täter nicht gut oder richtig ist oder nichts richtig macht. Das Amt eines Richters ist hoch zu achten. Es ist ein göttliches Amt, ob er nun mit dem Munde Recht spricht oder es als Scharfrichter mit der Faust vollzieht. Wenn es aber einer an sich reißt, dem es nicht übertragen ist, oder wenn der, dem es übertragen ist, nach Geld und Gunst entscheidet, so ist es schon nicht mehr recht noch gut. Der Ehestand ist auch hoch zu achten und göttlich. Dennoch gibt es darin manchen Schuft und Spitzbuben. Und so ist es auch mit dem Stand, dem Amt und Tun eines Soldaten. Für sich genommen, ist es rechtschaffen und göttlich. Es ist aber darauf zu achten, dass auch die Person, die dazu gehört, rechtschaffen ist. Und darüber wird zu reden sein.
Zum anderen gilt die Einschränkung, dass ich diesmal nicht von der Gerechtigkeit rede, welche die Menschen vor Gott gerecht macht, denn das tut allein der Glaube an Jesus Christus, der uns ohne unser Zutun und Verdienst aus lauter Gnade Gottes geschenkt und gegeben wird, wie ich an anderen Stellen schon oft geschrieben und gelehrt habe. Sondern ich rede hiervon der äußerlichen Gerechtigkeit, die auf den Ämtern und dem Tun beruht und hier erlangt wird, d. h., um es ganz deutlich zu sagen: Ich behandele hier, ob der christliche Glaube, durch den wir vor Gott für gerecht erklärt werden, neben sich dulden kann, dass ich Soldat bin, Krieg führe, töte und verletze, raube und brenne, wie man es den Feinden in den Kriegsereignissen nach Kriegsrecht tut, ob solches Tun Sünde oder Unrecht sei, weswegen man sich ein Gewissen machen müsste vor Gott, oder ob ein Christ nichts dergleichen tun darf, sondern allein wohltun und lieben, keinen töten oder verletzen. Das nenne ich ein Amt oder Tun, welches, obschon es göttlich und recht ist, dennoch schlecht und unrecht werden kann, wenn die Person unrecht und böse ist.
Drittens: Auch darüber, inwiefern das Kriegführen an sich recht und göttlich ist, gedenke ich hier nicht ausführlich zu schreiben. Denn darüber habe ich in der Schrift „Die weltliche Obrigkeit“ ausreichend geschrieben. Ich möchte mich fast rühmen, dass seit der Zeit der Apostel das weltliche Schwert und die Obrigkeit noch nie so deutlich beschrieben und gerühmt worden ist wie durch mich. Sogar meine Feinde müssen das zugeben. Und dafür habe ich doch als Lohn den ehrlichen Dank verdient, dass meine Lehre aufrührerisch und als gegen die Obrigkeit gerichtet gescholten und verdächtigt wird. Dafür sei Gott gelobt! Denn weil das Schwert von Gott eingesetzt worden ist, um die Bösen zu bestrafen, die Gerechten zu beschützen und den Frieden zu bewahren, Römer 13, 4; 1. Petrus 2, 14, ist auch überzeugend genug bewiesen, dass Kriegführen und Töten von Gott eingesetzt sind und, was der Lauf des Krieges und das Kriegsrecht mit sich bringen. Was ist ein Krieg anderes als Strafe für das Unrecht und das Böse? Warum führt man Krieg, außer dass man Frieden und Gehorsam haben will?
Obwohl es nicht so aussieht, dass Töten und Rauben Werke der Liebe sind, weshalb ein einfältiger Mensch denkt, das sei kein christliches Werk und gezieme sich nicht für einen Christen, so ist es in Wahrheit doch auch ein Werk der Liebe. Es ist so, wie wenn ein guter Arzt, wenn die Krankheit so schlimm und gefährlich ist, Hand, Fuß, Ohr oder Augen abnehmen und entfernen muss, um den Körper zu retten. Wenn man auf das Glied sieht, das er entfernt, scheint er ein grausamer, unbarmherziger Mensch zu sein. Wenn man aber auf den Körper sieht, den er damit erretten will, ergibt es sich, dass er in Wahrheit ein trefflicher, treuer Mensch ist und ein gutes, christliches Werk tut (soviel es an ihm selber liegt). So ist es auch: Wenn ich das Amt ansehe, das Krieg führt, wie es die Bösen bestraft, die, die Unrecht haben, tötet und solchen Jammer ausrichtet, da scheint es ein durchaus unchristliches Werk zu sein und in jeder Hinsicht gegen die christliche Liebe. Sehe ich aber darauf, wie es die Gerechten beschützt, Frau und Kind, Haus und Hof, Gut, Ehre und Frieden damit erhält und bewahrt, so ergibt es sich, wie wichtig und göttlich das Werk ist. Und ich merke, dass es auch ein Bein oder eine Hand abhaut, damit nicht der ganze Leib stirbt. Denn wenn nicht das Schwert entgegentritt und den Frieden bewahrt, müsste alles, was es in der Welt gibt, im Unfrieden verderben. Deshalb ist ein solcher Krieg nichts anderes als ein kleiner, kurzer Unfriede, der einem ewigen, unermesslichen Unfrieden wehrt, ein kleines Unglück, das einem großen wehrt.
Was man nun oft schreibt und sagt, was für eine große Plage der Krieg ist, ist alles wahr. Daneben aber muss man auch bedenken, um wie viel größer die Plage ist, der man mit einem Kriege begegnet. Ja, wenn die Menschen rechtschaffen wären und gerne Frieden hielten, dann wäre der Krieg die größte Plage auf der Welt. Was meinst du aber dazu, dass die Welt böse ist und die Menschen nicht Frieden halten wollen, sondern rauben, stehlen, töten, Weib und Kind schänden und Besitz und Ehre nehmen? Diesem allgemeinen Unfrieden auf der ganzen Welt, der keinen Menschen verschont, muss der kleine Unfriede, der Krieg oder Schwert heißt, wehren. Darum ehrt auch Gott das Schwert mit so hohen Worten, dass er es seine eigene Ordnung nennt (Römer 13, 1) und nicht will, dass man sage oder denke, die Menschen hatten es erfunden und eingesetzt. Denn die Hand, die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke und sein Gericht.
Zusammengefasst: Man darf beim Soldatsein nicht darauf sehen, wie man tötet, brennt, schlägt und gefangen nimmt usw. Das tun die ungeübten, einfältigen Kinderaugen, die dem Arzt nicht weiter zusehen, als wie er die Hand abnimmt oder das Bein absagt, aber nicht sehen oder bemerken, dass es um die Rettung des ganzen Körpers geht. Ebenso muss man auch dem Amt des Soldaten oder des Schwertes mit männlichen Augen zusehen, warum es so tötet und grausam ist. Dann wird es selber beweisen, dass es ein durch und durch göttliches Amt ist und für die Welt so nötig und nützlich wie Essen und Trinken oder sonst ein anderes Tun. Dass aber einige dieses Amt missbrauchen, ohne Grund töten und schlagen, aus lauter Mutwillen, ist nicht die Schuld des Amtes, sondern der Person. Denn wo gibt es überhaupt ein Amt, ein Tun oder irgendeine Sache, die so gut ist, dass sie die mutwilligen, bösen Menschen nicht missbrauchen? Diese gleichen irgendwelchen tollen Ärzten, die ohne Not einem Menschen eine gesunde Hand abhauen wollen, aus lauter Mutwillen. Ja, sie gehören in den allgemeinen Unfrieden, den man mit einem gerechten Krieg und Schwert abwehren und zum Frieden zwingen muss. So geschieht es freilich auch überall und ist geschehen, dass die geschlagen werden, die ohne Grund den Krieg anfangen, denn sie können zuletzt doch nicht dem Gericht Gottes. d. h. seinem Schwerte, entrinnen. Er findet und trifft sie schließlich doch, wie es auch jetzt den Bauern in Aufruhr ergangen ist.
Dies bestätigt uns der größte Prediger und Lehrer nach Christus, nämlich Johannes der Täufer, der Lukas 3, als die Soldaten zu ihm kamen und fragten, was sie zu tun hätten, ihr Amt nicht verdammte, sie auch nicht anwies, es aufzugeben, sondern es vielmehr bestätigte und sagte: „Seid zufrieden mit eurem Solde, und tut niemandem Gewalt an oder Unrecht“ (Lukas 3, 14). Damit hat er das Amt, das Krieg führt, als solches gerühmt, gleichwohl aber dem Missbrauch gewehrt und ihn verboten. Denn Missbrauch betrifft nicht das Amt. Ebenso bekannte auch Christus, als er vor Pilatus stand, dass Kriegführen kein Unrecht sei, indem er sagte: „Wäre ich einer der Könige dieser Welt, so würden meine Diener dafür kämpfen, dass ich den Juden nicht ausgeliefert würde“ (Johannes 18, 36). Hierher gehören auch all die alten Kriegsgeschichten im Alten Testament z. B. Abraham, Mose, Josua, die Richter, Samuel, David und alle Könige des Volkes Israel. Sollte aber der Krieg und das Amt, das ihn führt, an sich unrecht sein oder Gott missfallen, so müssten wir Abraham, Mose, Josua, David und alle anderen heiligen Väter, Könige und Fürsten verdammen, die Gott auch darin gedient haben und wegen dieses Tuns in der Schrift sehr gerühmt werden, wie allen, die in der Schrift etwas belesen sind, wohl bewusst ist. Deshalb braucht es hier nicht weiter bewiesen zu werden. Hier möchte vielleicht jemand einwenden: Mit den heiligen Vätern hatte es eine andere Bewandtnis. Gott hatte sie von den anderen, den Heiden, durch seine Erwählung und sein Wort abgesondert und ihnen aufgetragen zu kämpfen; deshalb sei ihr Beispiel nicht hinreichend für einen Christen im Neuen Bunde; sie hätten Gottes Befehl für sich gehabt und im Gehorsam gegenüber Gott gekämpft; wir jedoch hätten keinen Befehl zum Kämpfen, sondern vielmehr zum Leiden und dazu, alles aufzugeben. Darauf ist durch den heiligen Petrus und Paulus deutlich genug geantwortet: Beide gebieten, auch im Neuen Bunde der menschlichen Ordnung und den Befehlen der weltlichen Obrigkeit gehorsam zu sein. Oben haben wir gehört, dass der heilige Johannes der Täufer als christlicher Lehrer die Soldaten christlich belehrte und sie dennoch Soldaten bleiben ließ, nur dass sie nicht missbrauchen dürften, niemandem Unrecht oder Gewalt antun, sondern mit ihrem Solde zufrieden sein sollten. Deshalb ist auch im Neuen Testament das Schwert durch das Wort und den Befehl Gottes bestätigt, und diejenigen, die es recht gebrauchen und im Gehorsam kämpfen, dienen damit Gott und sind seinem Worte gehorsam (vgl. Römer 13, 4). Bedenke selber: Wenn wir das zugeben, dass Kriegführen an sich schon unrecht ist, müssten wir entsprechend auch im Hinblick auf anderes einräumen, es sei unrecht. Denn wenn das Schwert im Kampfe eine unrechte Sache wäre, wäre es auch unrecht, wenn es die Verbrecher bestraft und den Frieden bewahrt. Kurz, alles was es ausrichtet, müsste unrecht sein. Denn was ist Krieg führen anderes, als Verbrecher bestrafen und den Frieden bewahren? Wenn man einen Dieb, Mörder oder Ehebrecher bestraft, so ist das eine Strafe an einem einzelnen Verbrecher. Wenn man aber einen gerechten Krieg führt, so bestraft man eine große Menge von Verbrechern auf einmal, die einen so großen Schaden anrichten, wie groß ihre Zahl ist. Ist nun ein Werk des Schwertes gut und gerecht, so sind alle gerecht und gut. Es ist doch ein Schwert und nicht ein Fuchsschwanz, und es heißt: Zorn Gottes, Römer 13, 4.
Auf ihren Einwand aber, die Christen hätten keinen Befehl zu kämpfen und die Beispiele würden nichts ausrichten, weil sie von Christus die eine Lehre hätten, dem Bösen nicht zu widerstehen, sondern alles zu dulden, habe ich ausreichend in der Schrift über die weltliche Obrigkeit geantwortet. Denn freilich streiten die Christen nicht, noch gibt es bei ihnen eine weltliche Obrigkeit. Ihre Herrschaft ist eine geistliche Herrschaft, und dem Geiste nach sind sie niemandem als Christus allein unterworfen. Mit Leib und Besitz aber sind sie dennoch der weltlichen Obrigkeit unterworfen und Gehorsam schuldig. Wenn sie nun von der weltlichen Obrigkeit zum Kriege aufgerufen werden, sollen und müssen sie kämpfen, aus Gehorsam, nicht als Christen, sondern als Glieder und als untertänige, gehorsame Leute, dem Leibe und dem zeitlichen Besitze nach. Wenn sie kämpfen, tun sie es also nicht für sich noch um ihrer selbst willen, sondern im Dienst und Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, der sie unterstehen, wie der heilige Paulus an Titus schreibt: „Sie sollen der Obrigkeit gehorsam sein“ (Titus 3, 1). Weiteres kannst du in der Schrift über die weltliche Obrigkeit lesen. Denn das ist kurz zusammengefasst dessen Aussage: An sich ist das Amt des Schwertes recht und eine göttliche, nützliche Ordnung, und Gott will, dass sie nicht verachtet, sondern gefürchtet und geehrt wird und Gehorsam genießt. Anderenfalls soll es nicht ungerächt bleiben, wie der heilige Paulus Römer 13, 2 schreibt. Denn er hat eine doppelte Herrschaft unter den Menschen aufgerichtet: eine geistliche, durch das Wort und ohne Schwert, wodurch die Menschen fromm und gerecht werden sollen, so dass sie mit dieser Gerechtigkeit das ewige Leben erlangen. Solche Gerechtigkeit bewirkt er durch das Wort, das er den Predigern aufgetragen hat. Die andere Herrschaft ist weltlich durch das Schwert, damit diejenigen, die nicht durch das Wort fromm und gerecht für das ewige Leben werden wollen, dennoch durch diese weltliche Herrschaft gezwungen werden, fromm und gerecht zu sein vor der Welt. Und solche Gerechtigkeit bewirkt er durch das Schwert. Und wiewohl er diese Gerechtigkeit nicht mit dem ewigen Leben belohnen will, entspringt sie dennoch seinem Willen, dass der Friede unter den Menschen erhalten bleibe. Und er belohnt sie mit zeitlichen Gütern. Denn deshalb gibt er der Obrigkeit so viel Besitz, Ehre und Macht, so dass sie davon zu Recht mehr als andere besitzt, damit sie ihm dient, diese weltliche Gerechtigkeit auszuüben. Also ist Gott selber sowohl für die geistliche wie für die leibliche Gerechtigkeit Stifter, Herr, Meister, Förderer und Belohner. Und es ist keine menschliche Ordnung und Gewalt dabei, sondern nur etwas Göttliches.
Weil es nun bezüglich des Amtes und des Standes an sich keinen Zweifel gibt, dass alles recht und eine göttliche Sache ist, wollen wir nun von den Personen und dem Gebrauch dieses Standes sprechen. Denn daran liegt am meisten, dass man weiß, wer und wie man dieses Amt gebrauchen darf. Und hier zeigt es sich, dass sich, wenn man feste Regeln und Gesetze aufstellen will, so viele Einzelfälle und Ausnahmen einstellen, dass es schwer ist oder auch ganz unmöglich, alles ganz genau und gleichmäßig zu erfassen, wie es im Grunde in jeder Rechtsordnung der Fall ist, dass man sie niemals so fest und gleichmäßig aufstellen kann. Es treten Fälle ein, die eine Ausnahme nötig machen. Wenn man aber die Ausnahmen nicht gelten lassen wollte, sondern streng dem Recht folgte, wäre es das allergrößte Unrecht. So sagt es der Heide Terenz: „Das strengste Recht ist das allergrößte Unrecht!“ Und auch Salomo lehrt in seinem Predigerbuch, man dürfe nicht allzu gerecht sein, sondern solle zuweilen gerade nicht weise sein wollen (vgl. Prediger 7, 16). Ich will ein Beispiel dafür geben: Im Bauernaufstand kürzlich gab es wohl einige, die nur ungern mitgezogen sind, besonders die wohlhabenden Leute, denn der Aufstand galt den Reichen ebenso wie den Oberherren. Es ist deshalb mit Recht zu vermuten, dass der Aufstand keinem Reichen lieb war. Wohlan, ob sie wollten oder nicht, haben einige mitziehen müssen. Einige haben sich auch in diesen Zwang gefügt in der Meinung, dem tollen Haufen wehren und mit gutem Rate vielleicht ihr böses Tun verhindern zu können, damit sie nicht ganz so viel Schlimmes anrichten, der Obrigkeit zugute und auch für sich selber zum Nutzen. Etliche sind sogar mitgezogen mit Erlaubnis ihrer Oberherren, die sie zuvor darum gefragt hatten. Und von solchen Fällen können sich noch viel mehr zugetragen haben, denn niemand kann sie alle ausdenken noch im Gesetz erfassen. Nun gut. Hier steht das Recht und sagt: Alle Aufrührer sind des Todes schuldig. Diese drei verschiedenen Leute sind auf frischer Tat unter den Aufständischen gefunden worden. Wie soll man mit ihnen verfahren? Sollen hier keine Ausnahmen gelten, soll das strengste, härteste Gesetz angewendet werden, so wie es äußerlich über die Tat urteilt, so müssen auch sie mit den anderen sterben, die zusammen mit der Tat ein schuldbeladenes Herz haben und mit Willen dabei waren, wohingegen jene ein unschuldiges Herz haben und einen guten Willen der Obrigkeit gegenüber. Einige von unseren Junkerlein haben ja so gehandelt, besonders den Reichen gegenüber, in der Hoffnung, etwas zu erpressen. Wenn sie nur zu ihnen sagen konnten: Du bist auch bei dem Haufen gewesen, du musst hinweg. So haben sie vielen Leuten großes Unrecht getan, unschuldiges Blut vergossen, Witwen und Waisen gemacht und ihnen dazu noch den Besitz genommen. Und dennoch heißen sie „vom Adel“. Ja freilich, „vom Adel“. Aber auch der Dreck ist „vom Adel“ und kann sich wohl rühmen, aus des Adligen Leib zu kommen, obwohl er stinkt und ohne Nutzen ist. So gut können wohl auch diese „vom Adel“ sein. Wir Deutschen sind Deutsche und bleiben Deutsche, d. h. Säue und unvernünftige Bestien.
Und so sage ich nun: In solchen Fällen wie also in den Beispielen der drei genannten verschiedenen Leute muss das Recht zurücktreten und an seiner Stelle die Billigkeit regieren. Denn das Recht spricht mit dürren Worten: Aufruhr ist des Todes schuldig als crimen laesae maiestatis, als eine Sünde gegen die Obrigkeit. Aber die Billigkeit spricht so: Ja, liebes Recht, es ist so, wie du sagst, Aber es kann geschehen, dass zwei dasselbe tun, aber doch mit unterschiedlichem Herzen und in verschiedener Absicht. Als Judas den Herrn Christus im Garten küsste (vgl. Matthäus 26, 49), war das, äußerlich gesehen, ein gutes Werk, aber sein Herz war böse und verriet seinen Herrn mit diesem guten Tun, das Christus und seine Jünger sonst aus gutem Herzen einander zu erzeigen pflegten. Umgekehrt: Petrus setzte sich zusammen mit dem Diener des Hannas zum Feuer und wärmte sich zusammen mit den Gottlosen (vgl. Lukas 22, 55). Das war nicht gut usw. Wenn es hier nun streng nach dem Gesetz gehen sollte, müsste Judas ein frommer Mann, Petrus aber ein Bösewicht sein. Aber das Herz des Judas war böse, das des Petrus war gut. Deshalb muss hier das Recht der Billigkeit den Vortritt lassen.
Das bedeutet: Diejenigen, welche mit guter Absicht unter den Aufrührern waren, spricht die Billigkeit nicht nur frei, sondern hält sie einer doppelten Gnade für würdig. Denn sie sind ebenso wie der rechtschaffene Huschai von Arach, der sich dem aufrührerischen Absalom unterstellte und sich sehr gehorsam gab, aber auf Befehl Davids und alles mit der Absicht, David zu helfen und dem Absalom zu wehren, wie das alles 2. Sam. 15-16 gut beschrieben ist. Äußerlich gesehen war Huschai auch aufrührerisch zusammen mit Absalom. Aber er verdiente vor Gott und der ganzen Weit großes Lob und große Ehre auf ewig. Wenn nun David diesen Huschai als Aufrührer hätte hinrichten lassen, wäre das eine genauso löbliche Tat gewesen, wie sie jetzt unsere Fürsten und Junkerlein denselben unschuldigen, wohlverdienten Leuten antun. Diese Tugend oder Weisheit, die auf diese Weise das strenge Gesetz lenken und prüfen kann und muss, je nachdem, wie sich die Fälle ergeben, und das gleiche gute oder böse Tun mit Rücksicht auf die unterschiedliche Absicht und die Herzen richtet, heißt auf Griechisch „Epikia“, auf Latein „Equitas“. Ich nenne sie „Billigkeit“. Denn weil das Recht eindeutig mit klaren, kurzen Worten festgestellt werden muss, kann es gar nicht alle Zufälle und Hindernisse mit berücksichtigen. Deshalb müssen die Richter und Herren hier klug und gerecht sein und aus der Vernunft heraus die Billigkeit abwägen und entsprechend das Recht seinen Lauf nehmen oder aber zurücktreten lassen. Zum Beispiel gibt ein Herr seinem Gesinde bestimmte Anweisungen, was an diesem oder jenem Tage zu tun ist. Damit steht es dann fest: Wer das nicht tut oder einhält, wird bestraft werden. Nun kann es aber geschehen, dass einer krank wird oder sonst ohne seine Schuld verhindert wird. Da hört dann das Recht auf. Das wäre ein gar schlechter Hausherr, der seinen Knecht um dieser Unterlassung willen bestrafen wollte. In diesem Sinne müssen alle Gesetze, die sich auf eine Tat beziehen, der Billigkeit wie einer Herrin untergeordnet sein, um der mannigfachen, unzähligen und unsicheren Zufälle willen, die eintreten können und die niemand vorher beschreiben und erfassen kann.
Dementsprechend reden wir nun auch vom Kriegsrecht oder vom Gebrauch des Kriegshandwerkes im Hinblick auf die Person: Zuerst dies: Krieg kann entstehen zwischen drei verschiedenen Personengruppen: Jemand kämpft gegen seinesgleichen, d. h., keiner von beiden ist dem anderen verpflichtet oder untertan, selbst wenn der eine nicht in gleicher Weise angesehen, prächtig und mächtig ist wie der andere. Ebenso ist es, wenn ein Höhergestellter gegen einen Untergebenen Krieg führt und auch, wenn der Untergeordnete gegen den Übergeordneten streitet. Die dritte Möglichkeit nehmen wir uns zuerst vor. Hier ist das Gesetz sehr deutlich und sagt: Niemand darf gegen seinen Oberherrn kämpfen oder streiten, denn der Obrigkeit ist man Gehorsam, Ehre und Ehrfurcht schuldig, Römer 13, 7. Wer über sich schlägt, dem fallen die Späne in die Augen, wie auch Salomo sagt: „Wer Steine in die Höhe wirft, dem fallen sie auf den Kopf“ (Sprüche 26, 27). Das ist, kurz gesagt, das Gesetz an sich, welches Gott selbst eingesetzt hat und von den Menschen angenommen ist. Denn es passt nicht zueinander, gehorsam sein und doch widerstreiten, untertänig sein und den Herrn nicht ertragen wollen. Nun haben wir jetzt aber gesagt, die Billigkeit müsse die Herrin des Gesetzes sein und da, wo es die Zufälle erfordern, das Gesetz lenken, fordern oder zulassen, es zu übertreten. Deshalb fragt es sich hier, ob es auch billig sein könne, d. h., ob vielleicht ein Fall eintreten könnte, dass man diesem Gesetz entgegen der Obrigkeit ungehorsam sein und sich gegen sie stellen könne, sie absetzen oder gefangensetzen. Denn in den Menschen lebt ein Laster. Das heißt „fraus“. Das bedeutet „List“ oder „Tücke“. Wenn das hört, dass Billigkeit über Recht geht, wie gesagt, so wendet es sich feindlich gegen das ganze Gesetz, sucht und grübelt Tag und Nacht, wie es unter dem Namen und mit dem Schein der Billigkeit zu Markte komme und sich verkaufe, damit das Recht zugrunde gehe und es selber das Liebe, Vertraute sei, das alles gut gemacht habe. Von daher kommt ein Sprichwort: „Inventa lege inventa est fraus legis“ „Wo das Recht anfängt, findet sich auch bald die 'Jungfrau fraus'.“
Die Heiden haben, da sie von Gott nichts wussten und auch nicht durchschaut hatten, dass die weltliche Herrschaft eine Ordnung Gottes ist (denn sie hielten sie für ein menschliches Glück und eine menschliche Tat), hier unbedenklich eingegriffen und es nicht nur für billig, sondern auch für lobenswert gehalten, nutzlose, schlechte Obrigkeiten abzusetzen, zu töten und zu verjagen, Deshalb sprachen die Griechen auch den Tyrannenmördern, d. h. denen, die Tyrannen erstachen oder umbrachten, durch öffentliche Gesetze Kostbarkeiten und Geschenke zu. Dem sind die Römer in der Kaiserzeit entschlossen gefolgt und haben wohl den größten Teil ihrer Kaiser selber ermordet, so dass in diesem löblichen Kaiserreich fast kein Kaiser je von den Feinden erschlagen worden ist. Sie selber aber haben nur wenige von ihnen im Bette und eines natürlichen Todes sterben lassen. Und ebenso haben auch die Völker Israel und Juda einige ihrer Könige getötet und umgebracht. Uns genügen solche Beispiele aber nicht. Denn wir fragen hier nicht danach, was die Heiden oder die Juden getan haben, sondern danach, was recht und billig ist zu tun, nicht nur vor Gott im Geiste, sondern auch in der göttlichen Ordnung der weltlichen Herrschaft. Denn wenn gleich noch heute oder morgen ein Volk aufstünde und seinen Herrn absetzte oder ihn tötete, bitte, was wäre geschehen? Die Herren müssten abwarten, ob es Gott zulässt. Daraus folgt aber noch nicht, dass es deshalb gerecht und billig ist. Mir ist auch noch kein solcher Fall vorgekommen, wo es billig wäre, und ich kann mir auch jetzt keinen vorstellen. Die Bauern gaben bei ihrem Aufruhr an, die Herren wollten das Evangelium nicht predigen lassen und schindeten die armen Leute, deshalb müsste man sie stürzen. Aber ich habe darauf geantwortet: Obwohl die Herren damit unrecht taten, sei es trotzdem weder billig noch recht, auch unrecht zu tun, d. h. ungehorsam zu sein und Gottes Ordnung zu zerstören, die nicht in unserer Verfügung steht. Sondern man müsse das Unrecht leiden. Und wo ein Fürst oder Herr das Evangelium nicht dulden will, da gehe man in ein anderes Fürstentum, wo es gepredigt wird, wie Christus sagt „Verfolgen sie euch in einer Stadt, so flieht in die andere“ (Matthäus 10, 23).
Es ist wohl billig, einen Fürsten, König oder Herren, der wahnsinnig wird, abzusetzen und einzusperren, denn er ist ja fernerhin nicht mehr für einen Menschen zu halten, weil er den Verstand verloren hat. Ja, sprichst du, ein wütender Tyrann ist doch bestimmt auch wahnsinnig oder vielleicht für noch schlimmer zu halten als einer, der den Verstand verloren hat, denn er richtet viel mehr Schaden an usw. Hier wird die Antwort schwierig, denn solche Rede scheint sehr einleuchtend und will mit Gewalt auf Billigkeit hinaus. Und doch sage ich meine Meinung darüber, dass es mit einem Wahnsinnigen und einem Tyrannen nicht dasselbe ist. Denn der Wahnsinnige kann nichts Vernünftiges tun noch dulden, es besteht auch keine Hoffnung, denn das Licht der Vernunft ist erloschen. Dagegen ist ein Tyrann noch zu vielem fähig, z. B. weiß er, wenn er Unrecht begeht. Er hat noch ein Gewissen und Erkenntnisvermögen, und es besteht auch Hoffnung, dass er sich bessern kann, sich etwas sagen lässt, dass er sich belehren lässt und dem folgt. Bei einem Wahnsinnigen gibt es davon nichts. Er ist wie ein Klotz oder Stein. Außerdem gibt es dabei noch böse Folgen oder Beispiele: Wenn es gebilligt wird, Tyrannen zu ermorden oder zu verjagen, reißt es bald ein. Und es entsteht ein allgemeiner Mutwille, als Tyrannen auch solche zu schelten, die keine Tyrannen sind, und sie auch zu ermorden, wie es dem Pöbel in den Sinn kommt, wie uns das die römische Geschichte deutlich zeigt, wo sie manchen guten Kaiser allein deshalb töteten, dass er ihnen eben nicht gefiel oder nicht ihren Willen tat und sie Herren sein ließ und sich als ihr Knecht und Maulaffe verhielt. So geschah es dem Galba, Pertinax, Gordian, Alexander und anderen. Man darf dem Pöbel nicht zuviel pfeifen, er wird sonst gern toll. Es ist billiger, ihm zehn Ellen abzubrechen, als ihm in einem solchen Falle eine Handbreit, ja, die Breite eines Fingers einzuräumen. Und es ist besser, wenn ihm die Tyrannen hundertmal unrecht tun, als dass sie dem Tyrannen einmal unrecht tun. Denn weil ja das Unrecht gelitten werden muss, so ist vorzuziehen, durch die Obrigkeit zu leiden, als dass die Obrigkeit durch die Untertanen zu leiden hat. Denn der Pöbel besitzt und kennt kein Maß. In jedem einzelnen stecken wohl mehr als fünf Tyrannen, So ist es besser, von einem Tyrannen, d. h. von der Obrigkeit, Unrecht zu leiden als von unzähligen Tyrannen, d. h. vom Pöbel. Man sagt, die Schweizer hätten vorzeiten auch ihren Oberherrn erschlagen und sich selber befreit usw., und die Dänen haben neulich ihren König verjagt. In beiden Fällen wurde als Ursache die unerträgliche Tyrannei angegeben, welche die Untertanen hätten erdulden müssen usw. Ich habe aber oben gesagt, dass ich hier nicht behandle, was die Heiden tun oder getan haben oder was jenen Beispielen oder Geschichten gleicht, sondern das, was man tun soll und mit gutem Gewissen tun kann, damit man sicher und gewiss ist, dass dieses Tun an sich und vor Gott nicht unrecht ist. Denn ich weiß auch einigermaßen und habe auch nicht wenige Geschichten gelesen, wie die Untertanen oft ihre Obrigkeiten getötet oder verjagt haben wie die Juden, die Griechen und die Römer. Und Gott hat es geschehen und sie trotzdem wachsen und zunehmen lassen. Zuletzt aber hat sich stets im Auskehricht gefunden! Denn die Juden wurden zuletzt durch die Assyrer, die Griechen durch König Philippus, die Römer durch die Goten und Langobarden unterworfen und ausgelöscht. Auch die Schweizer haben es bisher wahrhaftig mit viel Blut teuer bezahlt und bezahlen es noch immer. Wie es enden wird, kann man leicht absehen. Auch die Dänen sind noch nicht hindurch. Ich sehe aber keine beständigere Herrschaft, als wo die Obrigkeit in Ehren gehalten wird, wie bei den Persern, den Tataren und entsprechenden Völkern mehr, die sich nicht nur gegen die Römer und ihre ganze Macht behauptet, sondern die Römer und viele Staaten mehr zerschlagen haben. Für mich liegen Grund und Ursache für dies alles darin, dass Gott spricht: „Die Rache ist mein, ich will vergelten“ (Römer 12, 19), und ebenso: „Richtet nicht!“ (Matthäus 7, 1). Dazu wird im Alten Testament streng und oft verboten, der Obrigkeit auch nur zu fluchen oder schlecht über sie zu reden, 2. Mose 22, 28: „Du sollst dem Fürsten deines Volkes nicht fluchen.“ und Paulus lehrt 1. Timotheus 2 die Christen, für die Obrigkeit zu beten usw. Auch Salomo lehrt in seinen Sprüchen und im Predigerbuch überall, dem Könige zu gehorchen und untertan zu sein (vgl. Sprüche 24, 21 - Prediger 10, 20). Nun kann es niemand leugnen: Wenn sich die Untertanen gegen die Obrigkeit stellen, rächen sie sich selber und machen sie sich selber zum Richter. Und das ist nicht nur gegen Ordnung und Gebot Gottes, der sich Gericht und Rache selbst vorbehalten hat, sondern auch gegen jedes natürliche Gesetz und jede Billigkeit, wie man sagt: „Niemand darf sein eigener Richter sein“ und auch: „Wer zurückschlägt, ist im Unrecht.“
Hier will man vielleicht sagen: Ja, wie kann man von den Tyrannen alles leiden? Du räumst ihnen zuviel ein. Durch eine solche Lehre wird ihre Bosheit nur noch stärker und größer. Soll man es denn ertragen, dass eines jeden Frau und Kind, Leben und Besitz so gefährdet und geschändet wird? Wer kann etwas Redliches anfangen, wo man so leben soll? Ich antworte: Ich belehre doch nicht dich, der du tun willst, was dir gut dünkt und gefällt! Nur zu, tue, wonach dir dein Sinn steht, und töte alle deine Herren. Sieh zu, wie es dir gelingt. Ich belehre allein die, die gerne rechtschaffen handeln wollen. Solchen sage ich, dass der Obrigkeit nicht mit Ungesetzlichkeit und Aufruhr entgegengetreten werden darf, wie es die Römer, Griechen, Schweizer und Dänen getan haben. Sie haben wohl andere Möglichkeiten. Zuerst: Wenn sie sehen, dass die Obrigkeit ihrer eigenen Seele Seligkeit so gering achtet, dass sie wütet und unrecht tut, was kümmert es dich dann, dass sie dir deinen Besitz, dein Leben, deine Frau und dein Kind verderben? Deiner Seele kann sie doch nicht schaden. Sie schadet sich selber mehr als dir, weil sie ihre eigene Seele verdammt, worauf dann das Verderben ihres Lebens und Besitzes folgen muss. Meinst du nicht, dass es schon streng genug gerächt ist?
Zum anderen. Was wolltest du tun, wenn deine Obrigkeit Krieg führt, in dem nicht nur dein Besitz, deine Frau und dein Kind, sondern auch du selber zugrunde gehen müssen, gefangen, verbrannt und getötet werden um deines Herren willen? Wolltest du deshalb deinen Herren töten? Wie viele gute Leute hat wohl Kaiser Maximilian sein Leben lang in Kriegen verloren? Trotzdem hat man ihm deswegen nichts getan. Wenn er sie aber auf tyrannische Weise umgebracht hatte, wäre freilich nichts Grausameres je gehört worden. Wohlan, dennoch ist er aber die Ursache dafür, dass sie umgekommen sind, denn um seinetwillen sind sie erschlagen worden. Was ist nun ein Tyrann und Wüterich anderes als ein gefährlicher Krieg, wo es manchen guten, rechtschaffenen, unschuldigen Menschen kostet? Ja, ein schlimmer Tyrann ist noch erträglicher als ein schlimmer Krieg, was du zugeben musst, wenn du deine eigene Vernunft und Erfahrung befragst. Ich glaube wohl, dass du gern Frieden und gute Tage hättest. Was aber, wenn Gott sie dir durch Krieg und Tyrannen verwahrt? Nun wähle und schätze ab, ob du lieber Krieg oder lieber einen Tyrannen hättest. Denn verdient hast du wohl beides und bist es vor Gott schuldig. Aber wir sind solche Leute, dass wir Schurken sein und in Sünden bleiben wollen. Bloß die Strafe für die Sünde wollen wir vermeiden, dazu uns auch dagegen wehren und unsere Sünde verteidigen. Das wird uns gelingen wie einem Hunde, der in die Stacheln beißt.
Drittens. Ist die Obrigkeit nicht böse, wohlan, so ist Gott da, der Feuer, Wasser, Eisen, Steine und unzählige Möglichkeiten hat zu töten. Wie schnell hat er einen Tyrannen umgebracht. Und er würde das sicher auch tun. Aber unsere Sünden lassen es nicht zu. Denn so spricht er im Buche Hiob: „Er lässt einen Schurken regieren um der Sünden des Volkes willen“ (Hiob 34, 30). Und dass ein Schurke regiert, das können wir sehr deutlich sehen. Das er aber nicht aus seiner Schlechtigkeit heraus so regiert, sondern um der Sünde des Volkes willen, das will keiner sehen. Seine eigene Sünde bedenkt das Volk nicht, sondern meint, der Tyrann regiert so, weil er eben so schlecht ist. So verblendet, verkehrt und toll ist die Welt. Darum geht es auch so zu, wie es den Bauern im Aufruhr ergangen ist, welche die Sünde der Obrigkeit bestrafen wollten, als wären sie selber völlig rein und hätten keine Strafe verdient. Deshalb musste Gott ihnen den Balken in ihrem Auge zeigen, damit sie den Splitter des anderen vergessen (vgl. Matthäus 7, 5).
Viertens. Die Tyrannen befinden sich in der Gefahr, dass sich, wie gesagt, aufgrund göttlicher Fügung die Untertanen erheben und sie töten oder verjagen. Denn wir lehren hier die, die das Rechte tun wollen, wovon sehr wenige gibt. Daneben bleibt gleichwohl die große Masse, Heiden, Gottlose und Nichtchristen, welche sich, wenn Gott es zulässt, zu Unrecht der Obrigkeit widersetzen und Unglück anrichten, wie es die Juden, Griechen und Römer oft getan haben. Deshalb brauchst du nicht zu klagen, dass die Tyrannen und Obrigkeiten durch unsere Lehre sicher werden, Böses zu tun. Nein, sie sind gewiss nicht sicher. Freilich lehren wir so, dass sie sicher sein sollten, Gott gebe es, sie mögen nun Böses oder Gutes tun. Wir aber können ihnen diese Sicherheit nicht geben noch verschaffen, denn wir können die große Masse nicht zwingen, unserer Lehre zu folgen, wenn Gott nicht seine Gnade gibt. Wir können lehren, was wir wollen. Die Welt tut trotzdem, was sie will. Gott muss helfen, und wir müssen die belehren, die das Gute und Rechte tun wollen. Vielleicht können sie helfen, die große Menge aufzuhalten. Und was unsere Lehre angeht, so sitzen die Oberherren ebenso sicher, wie sie ohne sie sitzen. Denn leider geht es so, dass deine Klage nicht nötig ist, weil der größte Teil der Menge nicht auf uns hört und es allein bei Gott und in Gottes Hand liegt, die Obrigkeit zu erhalten, so wie er sie auch allein angeordnet hat. Auch das haben wir wohl im Bauernaufstand erfahren. Darum lass dich nicht dadurch beirren, dass die Obrigkeit böse ist. Ihr liegt die Strafe und das Unglück näher, als du wünschen kannst, wie es der Tyrann Dionys bekannte, um sein Leben stünde es, als hinge ihm ein bloßes Schwert an einem Seidenfaden über dem Kopf, während unter ihm eine große Feuersglut brennte.
Fünftens. Gott hat noch eine andere Möglichkeit, die Obrigkeit zu bestrafen, so dass du dich nicht selbst zu rächen brauchst. Er kann eine fremde Obrigkeit erwecken, wie z. B. die Goten gegen die Römer, die Assyrer gegen Israel usw. So schwebt also überall Rache, Strafe und Gefahr genug über den Tyrannen und der Obrigkeit. Gott lasst sie nicht mit Freuden und in Frieden böse sein. Er ist kurz hinter ihnen, ja um sie herum, hat sie zwischen den Sporen und im Zaum. Christen verzichten darauf, sich gegen die Obrigkeit zu empören. Hierzu passt auch das natürliche Gesetz, das Christus Matthäus 7, 12 lehrt: „Was ihr wollt, dass die Leute es euch tun, das tut ihnen.“ Es will doch auch kein Hausvater von den Seinen aus seinem Hause gejagt, getötet oder zugrunde gerichtet werden um seiner bösen Taten willen, besonders wenn sie es aus selbst angemaßter Gewalt tun, um sich selbst zu rächen und selbst Richter zu sein ohne vorhergehende Klage vor einer anderen höheren Obrigkeit. Ebenso unrecht muss es auch für einen jeden Untertan sein, etwas gegen seinen Tyrannen zu unternehmen. Dafür muss ich ein Beispiel geben oder auch zwei, die gut zu merken sind und denen zu folgen nützlich ist. Man liest folgendes: Eine Witwe betete aufs andächtigste für ihren Tyrannen, Gott möge ihn lange leben lassen usw. Der Tyrann hörte das und wunderte sich, weil er wohl wusste, dass er ihr viel Leid angetan hatte und ein solches Gebet selten vorkommt. Denn im allgemeinen pflegt das Gebet für den Tyrannen nicht so zu lauten. Er fragte sie, warum sie so für ihn bete. Sie antwortete: Als dein Großvater lebte, hatte ich zehn Kühe. Er nahm mir zwei. Da betete ich gegen ihn, damit er stürbe und dein Vater Herr würde. Als das geschah, nahm mir dein Vater drei Kühe. Wieder betete ich, damit du Herr wurdest und er stürbe. Nun hast du mir vier Kühe genommen. Deshalb bitte ich nun für dich. Denn ich fürchte, wer nach dir kommt, nimmt mir auch die letzte Kuh mit allem, was ich habe. Ebenso berichten die Gelehrten von einem Bettler, der von Wunden bedeckt war, in denen viele Fliegen saßen, die ihn aussaugten und stachen. Da kam ein barmherziger Mensch, wollte ihm helfen und scheuchte die Fliegen alle von ihm weg. Er aber schrie und sagte: Ach, was tust du? Diese Fliegen waren nahezu voll und satt, so dass sie mir nicht mehr so viel Qual bereiteten. Nun kommen an ihrer Stelle hungrige Fliegen und werden mich viel mehr plagen. Verstehst du diese Fabeln? Die Obrigkeit ändern und die Obrigkeit bessern sind zwei verschiedene Dinge, so weit getrennt wie Himmel und Erde. Das Ändern kann leicht geschehen. Das Bessern ist schwierig und gefährlich. Warum? Weil es nicht unserem Willen und Vermögen anheim gestellt ist, sondern allein in Gottes Willen und Hand liegt. Der tolle Pöbel aber fragt nicht viel, wie es besser werde, sondern nur danach, dass es anders werde. Wenn es dann schlimmer wird, will er wieder etwas anderes haben. Und so bekommt er Hummeln für Fliegen und zuletzt Hornissen für Hummeln. Die Frösche wollten vorzeiten auch nicht den Klotz als Herren leiden. Dafür bekamen sie den Storch, der sie auf den Kopf hackte und fraß. Es ist eine verdammte, verfluchte Sache mit dem tollen Pöbel. Niemand kann ihn so gut regieren wie die Tyrannen. Die sind der Knüppel, der dem Hund an den Hals gebunden wird. Könnten sie auf bessere Art zu regieren sein, würde Gott auch eine andere Ordnung über sie gesetzt haben als das Schwert und die Tyrannen. Das Schwert zeigt deutlich an, was für Kinder es unter sich hat, nämlich nichts als verdammte Schurken, wenn sie es zu tun wagten. Darum rate ich, dass ein jeder, der hier mit einem guten Gewissen handeln und das Rechte tun will, mit der weltlichen Obrigkeit zufrieden sei und sich nicht an ihr vergreife. Er bedenke, dass die weltliche Obrigkeit der Seele keinen Schaden zufügen kann, wenn es die Geistlichen und die falschen Lehrer tun. Er folge hierin dem gerechten David, der vom König Saul so große Gewalt litt, wie du nur immer erleiden kannst. Dennoch wollte er nicht die Hand an seinen König legen, was er wohl oft hätte tun können, sondern überließ es Gott (vgl. 1. Samuel 24, 26). Er ließ alles gehen, solange Gott es so haben wollte, und duldete bis zum Ende. Wenn sich nun ein Krieg oder Streit erhebt gegen deinen Oberherrn, dann lasse kriegen und streiten, wer da will, denn, wie gesagt, wenn Gott nicht die Masse hält, können wir es auch nicht. Du aber, der du das Rechte tun und ein reines Gewissen behalten möchtest, lass Harnisch und Waffe liegen und kämpfe nicht gegen deinen Herrn oder Tyrannen. Leide lieber alles, was dir geschehen mag. Die Masse aber, die es tut, wird ihren Richter wohl finden.
Ja, sagst du, wenn sich ein König oder Herr seinen Untertanen gegenüber eidlich verpflichtet, nach vorgelegten Artikeln zu regieren, dies aber nicht hält und damit eigentlich schuldig wird, auch die Herrschaft niederzulegen usw., wie man sagt, dass der König von Frankreich nach Vorschriften der Parlamente seines Reiches regieren und der König von Dänemark auch auf besondere Artikel schwören müsse? Hier antworte ich: Es ist gut und billig, dass die Obrigkeit nach Gesetzen regiert und diese schützt und nicht nach eigenem Mutwillen. Darüber hinaus ist ferner zu bedenken, dass ein König nicht nur gelobt, sein Landrecht oder Artikel zu halten, sondern auch Gott selber gebietet ihm, gerecht zu sein, und er gelobt, auch das zu tun. Wohlan, wenn nun dieser König nichts hält, weder Gottes Recht noch sein Landrecht? Sollst du ihn deshalb angreifen, dieses richten und bestrafen? Wer hat es dir befohlen? Es müsste hier doch eine andere Obrigkeit zwischen euch treten, die euch beide verhört und den Schuldigen verurteilt. Sonst würdest du dem Urteil Gottes nicht entrinnen, der da spricht: „Die Rache ist mein“ (Römer 12, 19), und „Richtet nicht!“ (Matthäus 7, 1). Und weil hierauf gerade das Beispiel des Königs von Dänemark zutrifft, den die von Lübeck und der Seestädte zusammen mit den Dänen vertrieben haben, will ich auch meine Antwort dazu sagen um derer willen, deren Gewissen hierin vielleicht falsch orientiert ist, und damit sich vielleicht einige besser besinnen und zur Erkenntnis kommen. Wohlan, es sei allerdings so: Der König ist ungerecht vor Gott und der Welt, und das Recht liegt ganz und gar auf Seiten der Dänen und Lübecker. Das ist eine Sache für sich. Darüber hinaus nun die andere Seite, dass die Dänen und die Lübecker zugegriffen haben als Richter und Oberherrn des Königs und dieses Unrecht bestraft und gerächt haben. Damit haben sie sich das Recht und die Rache angemaßt. Und hier entsteht nun die Frage und geht es um das Gewissen: Wenn die Sache vor Gott kommt, wird er nicht fragen, ob der König ungerecht ist oder sie gerecht sind, denn das ist offenbar geworden. Sondern er wird so fragen: Ihr Herren von Dänemark und zu Lübeck, wer hat euch den Vollzug dieser Rache und Strafe befohlen? Habe ich es euch befohlen oder der Kaiser oder Oberherr? So legt Brief und Siegel vor und beweist es! Können sie das, so steht ihre Sache gut. Können sie es nicht, so wird Gott folgendermaßen urteilen: Ihr Aufrührer, die ihr mich bestehlen wollt, die ihr mir in mein Amt eingreift und anmaßend die göttliche Rache an euch gerissen habt, ihr seid schuldig laesae maiestatis divinae, d. h., ihr habt euch an der göttlichen Majestät versündigt und vergangen. Denn es ist zweierlei, im Unrecht sein und Unrecht bestrafen, ius et executio iuris, iustitia et administratio iustiliae, Recht und Unrecht haben ist jedermanns Sache. Aber Recht und Unrecht geben und sprechen ist Aufgabe dessen, der Herr ist über Recht und Unrecht. Und das ist Gott allein, der es an seiner Statt der Obrigkeit übergibt. Deshalb darf niemand es sich anmaßen, er sei denn gewiss, dass er dafür von Gott oder seiner Dienerin, der Obrigkeit (vgl. Römer 13, 4), einen Befehl hat.
Wenn es so gehen sollte, dass ein jeder, der recht hat, den, der unrecht hat, selber bestrafen könnte, was sollte daraus in der Welt werden? Da würde es dazu kommen, dass der Knecht den Herrn, die Magd die Herrin, Kinder die Eltern und Schüler den Lehrer schlagen. Das würde eine lobenswerte Ordnung werden! Wozu brauchte man dann Richter und eine von Gott eingesetzte Obrigkeit? Lasst sie es selbst, die Dänen und Lübecker, bedenken, ob sie es für rechtens ansehen, dass ihr Gesinde, ihre Bürger und Untertanen sich gegen sie stellen dürfen, sofern ihnen Unrecht geschieht. Warum verhallen sie sich anderen gegenüber nicht so, wie sie es erwarten, und verschonen einen anderen nicht damit, womit sie selber verschont werden möchten, wie es Christus und das natürliche Gesetz lehren (vgl. Matthäus 7, 12). Die Lübecker freilich und andere Städte können sich damit herausreden, dass sie keine Untertanen des Königs sind, sondern als Feinde einem Feinde und als gleiche einem gleichen gegenüber gehandelt haben. Die armen Dänen aber haben ohne Befehl von Gott als Untertanen gegen ihre Obrigkeit gehandelt. Und die Lübecker haben dazu geraten und dabei geholfen. Damit haben sie sich mit dieser fremden Sünde beladen und sich in den aufrührerischen Ungehorsam gegen die göttliche wie die menschliche Majestät gemischt, verwickelt und verbunden. Davon, dass sie auch das Gebot des Kaisers verachten, will ich gar nicht erst reden.
Dieses erzähle ich hier in diesem Falle als ein Beispiel, weil wir lehren, dass sich die „Unterperson“ nicht gegen die „Oberperson“ stellen darf. Denn es ist eine bemerkenswerte Geschichte mit dem vertriebenen König und kann gerade hier wohl dazu dienen, alle anderen zu warnen, damit sie sich vor diesem Beispiel in acht nehmen, und dass denen, die es getan haben, das Gewissen angesprochen wird, damit sich einige bessern und von ihrem unrechten Tun lassen, bevor Gott kommt und sich wiederum an seinen Räubern und Feinden rächt. Nicht, dass sich alle danach richten werden. Denn, wie gesagt, die große Menge richtet sich nicht nach Gottes Wort. Es ist ein verlorener Haufe, der nur für den Zorn und die Strafe Gottes vorgesehen ist. Sondern ich bin damit zufrieden, dass es sich einige zu Herzen nehmen und nicht mit den Dänen und Lübeckern gemeinsame Sache machen oder aber, wenn sie darin verwickelt gewesen sind, sich herauslösen und als an fremden Sünden beteiligt gefunden werden. Denn wir haben alle zusammen mehr als genug mit unseren eigenen Sünden zu tun.
Hier werde ich freilich wieder herhalten und meine Richte hören müssen, die da schreien: Oh, ich meine ja doch, das heißt getrost den Fürsten und Herren geschmeichelt. Kriechst du nun zu Kreuze und suchst Gnade? Fürchtest du dich? usw. Wohlan, diese Hummeln lasse ich brummen und vorüberfliegen. Wer es kann, der mache es besser. Ich habe mir jetzt nicht vorgenommen, den Fürsten und Oberherren zu predigen. Ich meine wohl auch, solche Schmeichelei sollte mir schlechte Gnade einbringen wie jene über solche Schmeichelei nicht sehr froh sein werden. Denn ich setze ja, wie man hören konnte, ihren Stand einer großen Gefahr aus. Außerdem habe ich es an anderen Stellen genug betont, und es ist ja auch leider allzu wahr, dass der größte Teil der Fürsten und Herren gottlose Tyrannen und Feinde Gottes sind, die das Evangelium verfolgen und dazu mir ungnädige Herren und Junker sind. Aber danach frage ich auch nicht viel. Sondern ich lehre das, damit ein jeder selbst weiß, wie er sich in dieser Sache der Obrigkeit gegenüber zu verhalten hat, damit er tut, was Gott ihm befiehlt, die Oberherren aber lasse ich auf das Ihre sehen und dafür einstehen. Gott wird die Tyrannen und Oberen nicht vergessen. Er ist auch ihnen hinreichend gewachsen, wie er es vom Anfang der Welt bis heute bewiesen hat.
Zudem möchte ich, dass das, was ich hier schreibe, nicht als nur auf die Bauern bezogen verstanden wird, als wären sie allein die „Unterperson“, der Adel aber nicht. So nicht! Sondern was ich über die „Unterperson“ sage, gilt sowohl Bauern wie Bürgern, Edelleuten, Herrn, Grafen und Fürsten. Denn sie alle haben auch Oberherren und sind „Unterperson“ eines anderen. Und wie man einem aufrührerischen Bauern den Kopf abschlägt, so soll man auch einem aufrührerischen Edelmann, Grafen und Fürsten den Kopf abschlagen, einem wie dem anderen, so dass niemandem Unrecht geschieht. Kaiser Maximilian hatte einem wohl, glaube ich, ein Lied singen können von ungehorsamen, aufrührerischen Fürsten und einem solchen Adel, die sich alle sehr gern zusammengerottet und gegen ihn verschworen hatten. Und wie oft hat der Adel wohl geklagt und geflucht, gewünscht und versucht, den Fürsten zu trotzen und sich zu verbünden. Zum Beispiel hat doch der fränkische Adel den Ruf, dass er wenig auf den Kaiser und die Bischöfe gibt. Solche Junkerlein darf man nicht aufgewiegelt oder aufrührerisch nennen, wenn sie es gleich sind. Der Bauer muss es leiden. Der muss herhalten. Wenn meine Sinne aber mich nicht trügen, ist es doch so, dass Gott durch die aufrührerischen Bauern die aufrührerischen Herren und den Adel gestraft hat, einen Schuft durch den anderen, weil Maximilian sie ertragen musste und nicht bestrafen konnte, obwohl er, solange er lebte, derjenige sein musste, der aufhielt. Und ich möchte wetten: Wenn der Bauernaufstand nicht dazwischengekommen wäre, hätte sich unter dem Adel ein Aufstand gegen die Fürsten und vielleicht auch gegen den Kaiser erhoben. So sehr stand es in Deutschland auf des Messers Schneide. Nun aber die Bauern dazwischengekommen sind, müssen allein sie schwarz sein. Der Adel und die Fürsten sind fein heraus, sind ohne Schuld und haben noch nie etwas Böses getan. Gott aber lässt sich auf diese Weise nicht täuschen, und er hat sie mit diesem Beispiel gewarnt, ebenso ihrer Obrigkeit gehorsam zu sein. So sieht meine Heuchelei den Fürsten und Herren gegenüber aus.
Hier sagst du: Soll man das denn von einem Oberherren ertragen, dass er ein rechter Bösewicht ist, uns Land und Leute verderben lassen ? Um in der Sprache des Adels davon zu reden: Teufel, Veitstanz, Pest, Sankt Anton, Sankt Quirin! Ich bin vom Adel! Wer will es zulassen, dass mir ein Tyrann Frau Kind, Leben und Gut elendiglich zugrunde richte? Ich antworte: So höre doch! Ich belehre dich doch nicht! Fahre nur immer fort, du bist doch klug genug. An mir soll es nicht liegen. Es kostet mich nicht mehr Mühe, als dass ich dir zusehe, wie du ein solches hohes Lied heraussingst. Den anderen, die sich gern ihr gutes Gewissen bewahren wollen, sagen wir folgendes: Gott hat uns in der Welt der Herrschaft des Teufels unterworfen. Wir haben hier also kein Paradies, sondern müssen zu jeder Stunde auf alles Unglück gefasst sein an Leib, Weib, Kind, Gut und Ehre. Und wenn in einer Stunde nicht zehn Unglücksfälle eintreten, ja, wenn du eine Stunde leben kannst, sollst du sagen: Oh, welch große Güte erweist mir Gott, dass mir in dieser Stunde nicht alles Unglück zustößt! Wie geht das zu? Dürfte ich doch unter der Herrschaft des Teufels nicht eine selige Stunde erleben, usw. So belehren wir die Unseren. Du aber kannst für dich etwas anderes machen: Baue dir ein Paradies, wo der Teufel nicht hinkommen kann, damit du von keinem Tyrannen solches Wüten zu erwarten brauchst. Wir wollen zusehen. Ach, uns geht es viel zu gut. Uns sticht der Hafer. Wir kennen Gottes Güte nicht und glauben weder, dass Gott uns so behütet, noch dass der Teufel so böse ist. Nichts als böse Kerle wollen wir sein und doch von Gott nur Gutes haben.
So viel sei über den ersten Punkt gesagt, dass gegen die „Oberperson“ kein Kampf noch Streit rechtmäßig sein kann. Und obwohl es oft geschehen ist und täglich die Gefahr besteht, dass es geschieht, so wie alle anderen Sünden und alles Unrecht auch geschehen, wenn Gott es zulässt und nicht verhindert, so geht es zuletzt doch nicht gut aus und bleibt nicht ungerächt, und wenn man gleich eine Zeitlang Glück hatte.
Nun wollen wir uns dem zweiten Punkt zuwenden, ob man als gleicher gegen einen gleichen kämpfen und streiten darf. Und das möchte ich so aufgefasst wissen: Nicht, dass es gerechtfertigt ist, nach eines jeden tollen Herren Laune Krieg anzufangen. Das möchte ich vor allen Dingen zuvor gesagt haben: Wer Krieg anfängt, der ist im Unrecht, und es ist gerecht, dass er geschlagen oder doch zuletzt bestraft wird, welcher als erster das Messer zieht. Gemeinhin ist es auch so geschehen und zugegangen in allen Geschichten, dass die den Krieg verloren haben, die ihn anfingen, und ganz selten diejenigen geschlagen worden sind, die sich wehren mussten. Denn die weltliche Obrigkeit ist von Gott nicht dazu eingesetzt worden, den Frieden zu brechen und Krieg anzufangen, sondern dazu, den Frieden zu schützen und denen, die Krieg suchen, zu wehren, wie Paulus Römer 13, 4 sagt, es sei die Aufgabe des Schwertes, zu schützen und zu strafen, die Gerechten im Frieden zu schützen und die Bösen mit Krieg zu bestrafen. Und Gott, der das Unrecht nicht duldet, fügt es auch so, dass die, die Krieg suchen, bekämpft werden müssen, so wie das Sprichwort lautet: „Noch nie war einer so böse, der nicht einen noch Schlimmeren gefunden hat.“ So lässt auch Gott von sich singen, Psalm 68, 31: „Dissipa gentes que bella volunt“-„Der Herr zerstört die Völker, die Freude am Kriege haben.“ Davor hüte dich! Gott lügt nicht! Und lass dir gesagt sein, dass du Wollen und Müssen, Lust und Notwendigkeit, Freude am Krieg und Kampfeswillen sehr weit auseinanderhalten musst, Lass dich ja nicht in die Versuchung führen, du seist dem türkischen Kaiser gleich. Warte so lange, bis die Not und das Muss kommen, ohne die Lust und den Willen. Du wirst dennoch genug zu tun haben und genug zu kämpfen bekommen; damit du sagen kannst und dein Herz sich rühmen kann: Wohlan, wie gerne wollte ich doch Frieden haben, wenn meine Nachbarn wollten. Dann kannst du dich mit gutem Gewissen wehren. Denn da steht Gottes Wort: „Er zerstreut, die Freude am Kriege haben“ (Psalm 68, 31 ). Achte auf die richtigen Krieger, die bei dem Spiel dabei gewesen sind. Die ziehen nicht schnell, trotzen nicht, haben keine Lust zum Schlagen. Wenn man sie aber zwingt, so dass sie müssen, so hüte dich vor ihnen! Da spaßen sie nicht! Ihr Messer steckt fest. Wenn sie es aber ziehen müssen, kommt es nicht ohne Blut wieder in die Scheide! Umgekehrt ist es mit den tollen Narren, Die führen den Krieg zuerst mit Gedanken, beginnen trefflich, fressen die Welt mit Worten und ziehen als erste das Messer. Sie sind aber auch die ersten, die fliehen und das Messer einstecken. Rom, das mächtige Kaiserreich, hat am allermeisten dadurch gewonnen, dass es gezwungen war, Kriege zu führen. Denn ein jeder wollte sich mit ihnen anlegen und dabei Lorbeeren ernten. Deshalb mussten sie sich wehren und schlugen denn auch weidlich um sich. Hannibal, der Fürst aus Afrika, tat ihnen immerhin sehr weh, so dass er sie beinahe zunichte gemacht hatte. Aber, was soll ich sagen? Er hatte angefangen, und er musste auch aufhören. Der Mut blieb bei den Römern, obwohl sie verloren. Wo aber der Mut bleibt, da folgt bestimmt auch die Tat. Denn es ist Gott, der da handelt. Und der will Frieden haben und ist feind denen, die Krieg anfangen und den Frieden brechen. Ich muss hier an Herzog Friedrich, Kurfürst von Sachsen, als Beispiel denken. Es ist ja auch schade, dass die Worte eines solchen klugen Fürsten zusammen mit seinem Leibe sterben sollen. Als er manche tückischen Anfeindungen sowohl von seinen Nachbarn wie auch sonst überall ertragen musste und insofern hinreichend Grund gehabt hätte für einen Krieg, dass ein anderer, toller Fürst, der Freude am Kriegführen hat, zehnmal angefangen hätte, ließ er dennoch sein Schwert stecken, gab immer gute Worte und verhielt sich, als fürchte er sich sehr und fliehe geradezu. Er ließ die anderen trotzig auftreten und blieb gleichwohl vor ihnen sitzen. Als er darauf angesprochen wurde, warum er sie so machen ließe, antwortete er: Ich will nicht anfangen. Wenn ich aber Krieg führen muss, so sollst du sehen, dass das Aufhören von mir abhängen wird. Und so blieb er ungebissen, obwohl viele Hunde ihre Zähne zeigten. Er sah, dass es Narren waren, und konnte ihnen das zugute halten. Hätte der König von Frankreich nicht den Krieg gegen Kaiser Karl angefangen, er wäre nicht so mit Schande geschlagen und gefangengenommen worden. Und noch jetzt, wo sich Venedig und die Welschen gegen den Kaiser stellen (wiewohl er mein Feind ist, bin ich doch kein Freund des Unrechts) und anfangen - gebe Gott, dass endlich auch sie als erste aufhören und den Spruch wahr bleiben lassen müssen: „Gott zerstreut, die Freude am Kriege haben“ (Psalm 68, 31 ). Dieses alles bestätigt Gott mit treffenden Beispielen in der Schrift. Deshalb ließ er den Königreichen der Amoriter und Kanaaniter zuerst durch sein Volk Frieden anbieten und wollte nicht, dass sein Volk zu kämpfen begann, damit diese seine Lehre bestätigt würde. Allerdings: Als dieselben Königreiche anfingen und das Volk Gottes zwangen, sich zu wehren, mussten sie alle zugrunde gehen (vgl. 4. Mose 21, 21 ff.). Oh, Sichwehren ist ein redlicher Grund zum Kämpfen. Deshalb billigen auch alle Rechtsordnungen, dass Notwehr unbestraft bleiben soll. Wer aus Notwehr jemanden erschlägt, ist vor jedermann unschuldig. Umgekehrt: Als die Kinder Israel ohne Notwendigkeit die Kanaaniter schlagen wollten, wurden sie geschlagen, 4. Mose 14, 45. Und als Joseph und Asarja kämpfen wollten und Ehre suchten, wurden sie geschlagen, 1. Makkabäer. 5, 55 ff. Amazja, der König von Juda, wollte auch aus Lust gegen den König von Israel Krieg führen. Wie es ihm aber erging, das lies im 2. Buch der Könige, Kapitel 14. Ebenso fing der König Ahab gegen die Syrer an zu Ramoth. Aber er verlor und fand den Tod, 1. Könige 22. Und die von Ephraim wollten Jephthah fressen und verloren 42 000 Mann (Richter 12). Und immer so weiter findest du, dass fast immer die verloren haben, die angefangen hatten. Der heilige König Josia musste erschlagen werden, weil er Streit gegen den König von Ägypten begann (vgl. 2. Könige 23). Er musste den Spruch wahr bleiben lassen: „Der Herr zerstreut, die Freude am Kriege haben“ (Ps. 68, 31). Von daher haben auch meine Landsleute, die vom Harz, ein Sprichwort: „Ich habe doch wahrhaft gehört: Wer schlägt, wird wieder geschlagen.“ Und warum das? Doch deshalb, weil Gott die Welt mit Strenge regiert und das Unrecht nicht unbestraft lässt. Wer Unrecht begeht, es aber nicht büßt und seinem Nächsten dafür keine Genugtuung verschafft, der erhält seine Strafe von Gott, so gewiss er lebt. Ich meine, der Müntzer musste das mit seinen Bauern auch bekennen.
Also ist in diesem Punkte das erste, dass Kriegführen nicht gerechtfertigt ist, auch wenn sich Gleichgestellte gegenüberstehen, es sei denn, dass es unter der Rechtfertigung und mit einem guten Gewissen geschieht, das da sagen kann: Mein Nachbar zwingt und drängt mich zum Kriege. Ich wollte lieber verzichten, damit der Krieg nicht nur Krieg, sondern auch pflichtmäßiger Schutz und Notwehr heißen kann. Denn man muss beim Kriege Unterschiede machen: Die einen werden mit Lust und Willen angefangen, bevor ein anderer angreift, der andere aber wird einem aus Not und mit Gewalt aufgedrängt, nachdem man von einem anderen angegriffen worden ist. Der erste kann wohl ein „Lustkrieg“ heißen, der andere ein „Notkrieg“. Der erste ist vom Teufel - Gott gebe ihm kein Glück! Der andere ist menschliches Unglück - Gott helfe ihm! Deshalb, ihr lieben Herren, lasst euch sagen: Hütet euch vor dem Krieg, es sei denn, - dass ihr euch wehren und schützen müsstet und euch das euch auferlegte Amt zum Kriege zwingt. Dann lasst es geschehen und schlagt dazwischen, seid Männer und beweist die Kraft eurer Waffen. Dann darf man nicht nur mit Gedanken kämpfen. Die Sache selbst wird genug Ernst mit sich bringen, so dass den zornigen, trotzigen, stolzen Eisenfressern die Zähne so stumpf werden sollen, dass sie nicht einmal mehr frische Butter beißen können. Und das aus dem Grunde: Ein jeder Herr und Fürst ist verpflichtet, die Seinen zu beschützen und ihnen Frieden zu verschaffen. Das ist sein Amt. Dafür hat er das Schwert, Römer 13, 4. Das soll auch seines Gewissens sein, worauf er sich verlassen kann, damit er weiß, dass dieses Tun vor Gott recht und von ihm aufgetragen ist. Denn ich lehre jetzt nicht darüber, was die Christen tun sollen, denn uns Christen geht eure Herrschaft nichts an. Aber wir dienen euch und sagen, was ihr in eurer Herrschaft vor Gott tun sollt. Ein Christ ist eine Person für sich. Er glaubt für sich selbst und für sonst niemanden. Ein Herr aber und Fürst ist keine Person für sich, sondern er ist für andere da, um ihnen zu dienen, d. h., sie zu beschützen und zu verteidigen. Freilich wäre es gut, wenn er dazu auch noch Christ wäre und an Gott glaubte. Dann wäre er wohl glückselig. Aber Christsein ist nicht fürstlich. Deshalb können wenige Fürsten Christen sein, so wie man sagt: „Ein Fürst ist Wildbret im Himmel.“ Wenn sie nun gleich nicht Christen sind, sollen sie dennoch rechtschaffen und richtig handeln gemäß der äußeren Ordnung Gottes. Das verlangt er von ihnen. Ein Herr oder Fürst aber, der dieses Amt und diesen Auftrag nicht wahrnimmt, sondern meint, er sei nicht um seiner Untertanen willen, sondern wegen seiner schönen blonden Haare Fürst, Gott habe ihn zum Fürsten gemacht, damit er sich seiner Macht, seines Besitzes und seiner Ehre freue, dass er Spaß daran habe und auch die Möglichkeit, trotzig aufzutreten und sich darauf zu verlassen, der gehört unter die Heiden, ja, der ist ein Narr. Denn dieser selbe dürfte auch um einer tauben Nuss willen einen Krieg anfangen und auf nichts anderes sehen als darauf, wie er seinen bösen Willen befriedigt. Solchen tritt Gott entgegen dadurch, dass auch andere Fäuste haben und jenseits des Berges auch Leute wohnen. So hält ein Schwert das andere in der Scheide fest. Ein vernünftiger Fürst aber sieht nicht auf sich selber. Es genügt ihm, dass seine Untertanen gehorsam sind. Wenn seine Feinde oder Nachbarn trotzig auftreten und viele böse Worte verlieren, so denkt er „Narren schwätzen allezeit mehr als Weise“, und: „Viele Worte gehen in einen Sack“ und: „Mit Schweigen beantwortet man vieles.“ Deshalb fragt er nicht viel danach, bis er sieht, dass man seine Untertanen angreift, oder bis er das Messer schon zur Tat gezückt findet. Da leistet er dann Widerstand, so gut er kann, darf und muss. Anderenfalls - wer eine solche Memme ist, dass er alle Worte ernst nehmen will und nach Gründen sucht, der will gewiss den Wind mit dem Mantel fangen. Was er damit aber für Ruhe oder Nutzen erreicht, das lass ihn zuletzt selber beichten, so wirst du es wohl erfahren.
Das sei nun also das erste Stück in diesem Punkte. Das andere ist genauso nötig zu merken: Wenn du gleich gewiss und sicher bist, dass nicht du anfängst, sondern zum Kriege gezwungen wirst, musst du dennoch Gott fürchten und vor Augen haben und darfst nicht einfach darauf los handeln - Ja, ich werde gezwungen, ich habe gute Gründe, Krieg zu führen -, dich darauf verlassen wollen und tollkühn hineinspringen. Das führt zu nichts. Es ist wahr, du hast gute Gründe für den Krieg und dafür, dich zu wehren. Deswegen hast du aber noch nicht Brief und Siegel von Gott, dass du gewinnen wirst. Ja, eben dieser Trotz sollte wohl der Grund für deine Niederlage werden, obwohl du gerechte Gründe für den Krieg hast. Denn Gott kann weder Stolz noch Trotz leiden, es sei denn von dem, der sich vor ihm demütigt und ihn fürchtet. Dass man sich vor Menschen und vor dem Teufel nicht fürchtet, dass man tapfer und trotzig, mutig und entschieden ihnen gegenüber ist, wenn sie anfangen und unrecht haben, das gefällt ihm gut. Dass damit aber gewonnen sein soll, als wären wir es, die alles tun oder ausrichten, daraus wird nichts. Sondern er will gefürchtet sein und hören, dass von Herzen dieses Lied gesungen wird: „Lieber Herr, mein Gott, du siehst, dass ich Krieg führen muss. Ich möchte es lieber lassen. Ich baue auch nicht auf die gerechte Sache, sondern auf deine Gnade und Barmherzigkeit. Denn ich weiß, wenn ich mich auf die gerechte Sache verlasse und darauf poche, könntest du wohl mich billig fallen lassen als einen, der gerechterweise fällt, weil ich mich auf mein Recht und nicht auf deine Gnade und Güte allein verlasse.“ Hier höre, was die Heiden, wie die Griechen und die Römer, die von Gott und Gottesfurcht nichts wussten, in einem solchen Falle sagten: Sie meinten, sie wären es, die da Krieg führten und siegten. Aber auch aus mannigfachen Erfahrungen, dass oft große, gerüstete Heere von wenigen und Ungerüsteten geschlagen wurden, mussten sie lernen und bekannten es auch freimütig, dass es im Kriege nichts Gefährlicheres gäbe, als sich sicher zu fühlen und trotzig zu sein, und sie schlossen daraus, man dürfe auf keinen Fall den Feind verachten, wie gering er immer sein möge; ferner: man dürfe keinen Vorteil aufgeben, wie geringfügig er auch sein möge; und schließlich: man dürfe keinen Schutz, keine Wache und keine Vorsicht unterlassen, wie klein sie auch immer seien, fast so, als sollte man alles mit der Goldwaage abwiegen. Narren, trotzige, unachtsame Leute taugen im Kriege zu nichts, als dass sie Schaden anrichten. Das Wort Non putassem - ich habe es nicht so gemeint - halten sie für das schlimmste Wort, das ein Soldat sagen kann. Denn es zeigt einen sicheren, trotzigen, lässigen Menschen, der in einem Augenblick, mit einem Schritt, mit einem Worte mehr verderben kann, als zehn wiederherstellen können, und der dann noch sagen will, so habe ich das wahrhaftig nicht gemeint. Wie vernichtend schlug Fürst Hannibal die Römer, solange sie trotzig und sicher gegen ihn waren. Und von solchen Geschichten gibt es unzählig viele. Sie stehen auch uns täglich vor den Augen. Nun, die Heiden haben es erfahren und gelehrt. Sie wussten aber keine Ursache und keinen Grund dafür anzugeben, außer dass sie dem Glück die Schuld gaben, vor welchem sie sich gleichwohl fürchten mussten. Grund und Ursache dafür sind aber, wie ich gesagt habe, dass Gott in allen und durch alle diese Geschichten bezeugt haben will, dass er auch in diesen Dingen gefürchtet sein will, dass er keinen Trotz, keine Verachtung, keine Vermessenheit oder Sicherheit leiden kann und will, bis wir lernen, alles, was wir haben wollen und dürfen, durch lauter Gnade und Barmherzigkeit aus seinen Händen zu nehmen. Es ist deshalb eine wunderliche Sache: Ein Soldat, der einen gerechten Grund hat, muss gleichzeitig mutig und verzagt sein. Wie will er kämpfen, wenn er verzagt ist? Streitet er aber unverzagt, so schwebt er erneut in großer Gefahr. Er verhalte sich aber so: Vor Gott sei er verzagt, furchtsam und demütig, ihm befehle er seine Sache, damit er es nicht nach unserem Rechte, sondern nach seiner Güte und Gnade füge, damit man zuvor mit einem demütigen, furchtsamen Herzen Gott gewinne. Den Menschen gegenüber sei man mutig, frei und trotzig, weil sie ja unrecht haben. Sie soll man also mit trotzigem, getrostem Gemüte schlagen. Denn warum sollen wir uns nicht unserem Gott gegenüber so verhalten wie die Römer, die größten Krieger auf Erden, zu ihrem Abgott, dem Glück, vor dem sie sich fürchteten? Und wo sie das nicht taten, kämpften sie in großer Gefahr und wurden schwer geschlagen.
So sei an diesem Punkte festgestellt: Kriegführen gegen einen Gleichgestellten muss eine aufgezwungene Sache sein und mit Gottesfurcht unternommen werden. Gezwungen aber heißt, wenn der Feind oder Nachbar angreift und anfängt und nicht das Seine dazu tun will, dass man sich dem Rechtsweg stellt und einen Vertrag anbietet sowie mancherlei böse Worte und Übergriffe erträgt und verzeiht, sondern einfach mit dem Kopf hindurch will. Denn ich erkläre immer, dass ich denen predige, die gerne vor Gott rechtschaffen handeln wollen. Diejenigen aber, die den Rechtsweg weder anbieten noch annehmen wollen, gehen mich nichts an. Gottesfurcht heißt, sich nicht auf seine gerechten Gründe verlassen, sondern besorgt, besonnen und vorsichtig sein auch in der allergeringsten Sache, und wenn es nur eine Pfeife wäre. Mit dem allen hat Gott seine Hand nicht gebunden, dass er nicht gebieten könnte, gegen die zu kämpfen, die uns keinen Grund dafür gegeben haben. So befahl er den Kindern Israel, gegen die Kanaaniter zu kämpfen (vgl. 4. Mose 33, 50 ff.). Und da ist nun freilich Grund genug für den Krieg, nämlich Gottes Gebot. Aber auch so ein Krieg darf nicht ohne Furcht und Sorgen geführt werden, wie Gott Josua 7 zeigt, wo die Kinder Israel in sorgloser Sicherheit gegen die Leute von Ai zogen und tatsächlich geschlagen wurden. Derselbe Grund besteht, wenn die Untertanen auf Befehl der Obrigkeit kämpfen. Denn Gott befiehlt, der Obrigkeit gehorsam zu sein (vgl. Römer 13,1 ), und sein Gebot setzt eine Notwendigkeit. Dennoch muss auch das mit Furcht und Demut geschehen. Darüber wollen wir nachher noch weiter reden.
Der dritte Punkt: Darf ein Höhergestellter mit Recht gegen einen Untergebenen Krieg führen? Oben haben wir gehört, dass die Untertanen gehorsam sein und von ihren Tyrannen auch das Unrecht leiden sollen. Wenn es rechtmäßig zugeht, hat die Obrigkeit mit ihren Untertanen nichts anderes zu tun, als das Recht zu bewahren, Gericht zu halten und Urteile zu fällen. Wenn sie sich aber empören und auflehnen, wie es jüngst die Bauern taten, ist es recht und billig, gegen sie mit Gewalt vorzugehen. Ebenso darf auch ein Fürst gegenüber seinem Adel und der Kaiser den Fürsten gegenüber handeln, wenn sie sich auflehnen und Krieg anfangen. Aber auch das muss mit Gottesfurcht geschehen. Man darf sich nicht zu trotzig auf das Recht verlassen, damit Gott es nicht so fügt, dass die Oberherren - auch durch Unrecht - von ihren Untertanen bestraft werden, wie es oft geschehen ist. Wir haben es oben gehört. Denn im Recht sein und das Recht vollstrecken sind nicht stets beieinander, ja niemals, wenn Gott es nicht gibt. Wenn es deshalb auch rechtens ist, dass sich die Untertanen ruhig verhalten, alles dulden und sich nicht empören, so liegt es doch nicht in der Menschen Hand, dass sie es auch tatsächlich tun. Denn Gott hat es für die „Unterperson“ so eingerichtet, dass sie einzeln, ganz für sich allein steht. Er hat ihr das Schwert genommen und es unter Verschluss gelegt. Wenn sie sich also zusammenrotten, andere an sich binden und das Schwert an sich reißen, so sind sie vor Gott des Gerichts und des Todes schuldig.
Andererseits ist es für die „Oberperson“ so eingerichtet, dass sie eine öffentliche Person ist und nicht für sich allein steht, dass die Untertanen ihr folgen und sie das Schwert führt. Wenn sich also ein Fürst an den Kaiser wendet als an seinen Oberherrn, so ist er nicht mehr Fürst, sondern eine Privatperson im Gehorsam gegenüber dem Kaiser wie alle anderen, ein jeder für sich. Wenn er sich aber seinen Untertanen zuwendet, eben als zu seinen Untertanen, so vertritt er so viele Personen, wie viele Häupter er unter sich hat und ihm folgen. Ebenso der Kaiser: Wendet er sich zu Gott, so ist er nicht Kaiser, sondern eine einzelne Person, wie vor Gott alle anderen. Wendet er sich aber seinen Untertanen zu, so ist er so viele Male Kaiser, wie viele Untertanen er unter sich hat. Und genauso ist auch von allen anderen Obrigkeiten zu reden. Im Verhältnis zu ihrem „Oberherrn“ sind sie keine Obrigkeit, sind sie jeder obrigkeitlichen Würde entkleidet. Nach unten aber sind sie mit aller Würde der Obrigkeit ausgezeichnet. So gelangt schließlich alle obrigkeitliche Würde zu Gott, dem sie allein zukommt. Denn er ist der Kaiser, Fürst, Graf, Edelmann, Richter und alles. Er teilt sie aus, wie er will, den Untertanen gegenüber, und hebt sie wieder auf, sich selbst gegenüber. Deshalb darf sich keine Privatperson gegen die Allgemeinheit stellen noch die Allgemeinheit an sich binden. Sie schlägt damit nach oben, so dass ihr gewiss die Späne in die Augen fallen. Und hieraus siehst du, dass sich die, die sich der Obrigkeit widersetzen, der Ordnung Gottes widersetzen, wie der heilige Paulus Römer 13, 2 lehrt. Auch 1. Korinther 15, 24 spricht er davon, dass Gott alle Obrigkeit aufheben wird, wenn er selbst regieren und alles zu sich ziehen wird.
Das sei zu diesen drei Punkten gesagt. Nun kommen die Fragen dazu. Kein König oder Fürst kann ja allein Krieg führen. (Er braucht Leute und Truppen dazu, die ihm dienen, so wie er ja auch nicht selber Gericht halten und das Gesetz durchsetzen kann, sondern dazu Räte, Richter, Rechtsgelehrte, Aufseher, Henker und was zum Gericht gehört, braucht.) Man fragt, ob es recht sei, dass jemand Sold annimmt oder, wie sie es nennen, Dienstgeld oder Manngeld und sich damit anstellen lässt, sich also verpflichtet, dem Fürsten zu dienen, wenn es die Zeit erfordert, wie es der Brauch jetzt ist. Um hierauf zu antworten, teilen wir die, die im Kriege dienen. Einerseits sind es Untertanen, die ohnehin ihrem Oberherren verpflichtet sind, ihm mit Leben und Eigentum beizustehen und ihrem Aufgebot zu folgen. Vor allem der Adel und die, weiche von der Obrigkeit Lehensgüter besitzen. Denn die Güter, welche Grafen, Herren und die Adligen besitzen, sind früher durch die Römer und die römischen Kaiser in der Weise verteilt und verliehen worden, dass diejenigen, die sie innehaben, stets gerüstet und bereit zu sein hatten, der eine mit soundso viel Pferden und Männern, der andere mit so viel, je nach der Größe des Besitzes. Die Güter waren ihr Sold, für den sie angestellt waren. Deshalb heißen sie auch Lehensgüter, und aus dem Grunde sind sie noch mit solchen Verpflichtungen verbunden. Der Kaiser lässt solche Güter vererben. Und das ist im Römischen Reiche auch alles recht und geordnet. Der Türke aber lässt, wie man sagte, keine Erbfolge zu. Er duldet kein erbliches Fürstentum, keine Grafschaft, kein Rittergut oder Lehensgut, sondern setzt ein und vergibt, wann und wem er will. Deshalb besitzt er auch so übermäßig viel an Gold und Reichtümern und ist der absolute Herr im Lande oder vielmehr ein Tyrann. Deshalb dürfen die vom Adel nicht meinen, sie hätten ihren Besitz umsonst, so als hätten sie ihn gefunden oder im Spiel gewonnen. Die darauf liegenden besonderen Belastungen und die Lehenspflicht zeigen deutlich, woher und wozu sie ihn haben, nämlich geliehen vom Kaiser oder vom Fürsten, und das nicht, um darauf zu prassen und damit groß zu tun, sondern um gerüstet bereit zu sein zum Kampfe, um das Land zu beschützen und den Frieden zu bewahren. Wenn sie sich nun rühmen, wie sehr sie sich um die Pferde zu kümmern hatten und den Fürsten und Herren dienen müssten, während andere Ruhe und Frieden haben, so sage ich: Ei, mein Lieber, dafür lasst euch danken! Ihr habt euren Sold und das Lehensgut und seid damit für diese Aufgabe angestellt und auch gut bezahlt. Haben die anderen nicht auch Arbeit genug um ihr geringes Gut? Oder seid ihr es allein, die Arbeit haben? Euer Einsatz wird doch seitens gebraucht, andere aber müssen sich täglich mühen. Willst du das aber nicht oder dünkt es dich zu schwer und ungerecht, so gib doch dein Gut auf. Man findet wohl, die es gern übernehmen und dafür das leisten, was es erfordert. Aus diesem Grunde haben die Gelehrten alle menschliche Arbeit in zwei Arten eingeteilt: in die agricultura und die militia, d. h. in Ackerbau und Kriegsdienst, so wie es sich auch von selbst und natürlich einteilt. Der Ackerbau soll ernähren, und der Kriegsdienst soll wehren. Und diejenigen, weiche im Dienst der Verteidigung stehen, sollen ihre Abgaben und Nahrung haben von denen, die die Aufgabe der Ernährung haben, damit sie verteidigen können. Umgekehrt sollen diejenigen, die für die Ernährung sorgen, ihren Schutz von denen haben, denen die Verteidigung aufgetragen ist, damit sie für die Ernährung sorgen können. Und der Kaiser oder Fürst im Lande muss auf beide achten und darüber wachen, dass die mit der Verteidigung Beauftragten gerüstet und bereit sind und die anderen im Dienst der Ernährung rechtschaffen handeln, um die Nahrung zu vermehren. Unnütze Leute aber, die weder zum Wehren noch zum Ernähren taugen, sondern nur verzehren, faulenzen und untätig sein können, soll man nicht dulden, sondern aus dem Lande jagen oder zum Arbeiten anhalten, so wie es die Bienen tun, welche die Drohnen wegstechen, die nicht arbeiten und den anderen Bienen ihren Honig wegfressen. Deshalb nennt Salomo in seinem Predigerbuch die Könige „Bauleute, die das Land bauen“ (Prediger 5, 8), denn das soll ihre Aufgabe sein. Gott aber behüte uns Deutsche davor, nicht zu schnell klug zu werden und so zu handeln, damit wir noch eine Weile gute Verzehrer bleiben und Ernährer und Wehrer sein lassen, wer eben Lust dazu hat und es nicht umgehen kann. Dass diese ersten nun mit Recht ihren Sold und ihr Lehensgut besitzen und auch recht daran tun, ihren Herrn im Kriege zu helfen und ihnen auf diese Weise zu dienen, so wie sie es schuldig sind, das hat Johannes der Täufer bestätigt Lukas 3, 14: Als die Soldaten ihn fragten, was sie zu tun hatten, antwortete er: „Begnügt euch mit eurem Sold.“ Denn wäre ihr Sold unrecht oder ihr Dienst widergöttlich, so hätte er ihn nicht so bleiben lassen, erlauben und bestätigen dürfen, sondern als ein göttlicher, christlicher Lehrer hätte er sie tadeln und davon abhalten müssen. Und damit ist denen geantwortet, die aus einem engen Gewissen heraus (obwohl es das in diesem Volke jetzt selten gibt) behaupten, es sei gefährlich, um zeitlichen Gutes willen einen solchen Dienst anzunehmen, der in nichts anderem besteht als im Blutvergießen und darin, seinem Nächsten Leid zuzufügen, so wie es der Lauf des Krieges mit sich bringt. Diejenigen müssen nämlich ihr Gewissen so unterrichten, dass jene solch ein Amt nicht aus Leichtsinn, Lust oder Hass versehen, sondern weil es ein Auftrag von Gott ist und sie es ihrem Fürsten und Gott gegenüber schuldig sind. Und weil es ein rechtes Amt ist, von Gott angeordnet, gebührt jedem sein Sold und Lohn dafür, wie Christus Matthäus 10, 10 sagt: „Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.“ Freilich ist es wahr: Wenn einer mit keiner anderen Regung im Herzen und keiner anderen Absicht im Kriege dient, wenn er nichts anderes sucht und an nichts anderes denkt als daran, Besitz zu erwerben, das zeitliche Gut sein einziger Beweggrund ist, so dass er es nicht gern sieht, wenn Friede herrscht, und es ihm leid ist, dass kein Krieg ist, der tritt freilich aus der Bahn und ist des Teufels, wenn er gleich im Gehorsam und durch das Aufgebot seines Herrn im Kriege steht. Denn er macht aus einem guten Werke für sich selbst ein böses durch den Zusatz, dass er nicht viel darauf gibt, wie er aus Gehorsam und Pflicht dient, sondern er sucht allein das Seine. Deshalb hat er kein gutes Gewissen, das da sagen könnte: Wohlan, wenn es um mich ginge, würde ich gerne zu Hause bleiben. Weil mich aber mein Herr fordert und ruft, so komme ich in Gottes Namen und weiß, dass ich Gott damit diene, und will meinen Sold verdienen oder annehmen, was mir dafür gegeben wird. Denn ein Soldat muss ein solches Gewissen haben und den Trost, dass er das schuldig ist und es tun muss, damit er die Gewissheit hat, Gott damit zu dienen, und sagen kann: Hier schlage, steche und töte nicht ich, sondern Gott und mein Fürst, deren Diener jetzt meine Hand und mein Leib sind. Denn genau das bedeutet auch die Losung und das Kampfgeschrei „Hier Kaiser“, „Hier Frankreich“, „Hier Lüneburg“, „Hier Braunschweig“. So schrien auch die Juden im Kampf gegen die Midianiter, Richter 7, 20: „Hier Gottes und Gideons Schwert!“ Ein solcher Habgieriger verdirbt wohl auch alle anderen guten Werke. Wer z. B. um vergänglichen Gutes willen predigt, ist ebenso verloren, und doch spricht Christus, ein Prediger soll durch das Evangelium ernährt werden (vgl. Matthäus 10, 10). Etwas um des vergänglichen Gutes willen tun ist nicht böse, denn Zins, Sold und Lohn sind auch vergängliches Gut, sonst dürfte niemand arbeiten oder etwas tun, um sich zu ernähren, weil das alles für vergängliches Gut geschieht. Aber gierig nach vergänglichem Gute trachten und einen Mammon daraus machen, das ist immer und in allen Ständen, in jedem Amte und bei allem Tun unrecht. Lässt du die Habsucht und andere schlechte Absichten, so ist der Kriegsdienst keine Sünde. Nimm dafür deinen Sold und was dir gegeben wird. Deshalb habe ich oben gesagt, dass dieses Werk an sich recht und göttlich ist. Wenn aber die Person unrecht ist oder ihren Auftrag nicht rechtschaffen wahrnimmt, wird auch das Werk unrecht.
Eine andere Frage: Was wäre, wenn mein Herr unberechtigt Krieg führte? Die Antwort: Wenn du sicher bist, dass er unrecht hat, so sollst du Gott mehr fürchten und gehorchen als den Menschen, Apostelgeschichte 5, 29, und sollst nicht mitkämpfen noch dienen, denn du kannst ja kein gutes Gewissen vor Gott haben. Ja, sagst du, mein Herr zwingt mich, er nimmt mir mein Lehen, gibt mir mein Geld, den Lohn und Sold nicht, außerdem würde ich verachtet und verleumdet als einer, der sich fürchtet, ja, der treulos ist vor der Welt, der seinen Herrn in der Not verlässt usw. Die Antwort: Das musst du riskieren und um Gottes willen fahrenlassen, was dir genommen wird. Er kann es dir wohl hundertfältig wiedergeben, wie er es im Evangelium verheißt: „Wer um meinetwillen Haus, Hof, Frau und Besitz verlässt, der soll es hundertfältig wiederbekommen“ (vgl. Markus 10, 29 f.). Solcher Gefahr muss man doch bei allem anderen Tun ebenfalls gewärtig sein, wo uns die Obrigkeit zwingt, unrecht zu handeln. Weil Gott aber will, dass man um seinetwillen auch Vater und Mutter verlässt, so muss man freilich um seinetwillen auch den Herrn verlassen usw. Wenn du aber nicht weißt oder nicht erfahren kannst, ob dein Herr unrecht hat, sollst du den klar gebotenen Gehorsam nicht um des nicht sicher feststellbaren Rechtes willen in Frage stellen, sondern, wie die Liebe es tut, das Beste von deinem Herrn vermuten. Denn „die Liebe glaubt alles“, und „sie denkt nichts Böses“, 1. Korinther 13, 7.5. So bist du sicher und handelst auch recht vor Gott. Verleumdet man dich deswegen und schilt dich treulos, so ist es besser, wenn Gott dich treu und redlich preist, als wenn die Welt es tut. Was könnte es dir helfen, wenn die Welt dich für Salomo oder Mose hielte, du aber vor Gott für so böse giltst wie Saul oder Ahab?
Die dritte Frage: Kann sich ein Soldat mehr als nur einem Herrn zum Dienst verpflichten und von jedem Sold oder Dienstgeld annehmen? Die Antwort: Ich habe oben gesagt: Habsucht ist Unrecht, gleichgültig ob in einem guten Werke oder in einem bösen. Der Ackerbau ist wahrhaftig eine der höchsten Aufgaben. Dennoch ist ein habsüchtiger Bauer unrecht und vor Gott verdammt. So auch hier: Sold nehmen ist billig und recht, dafür dienen ist auch recht. Aber Habsucht ist nicht recht, auch wenn der Sold jährlich kaum einen Gulden betrüge. Umgekehrt: Sold nehmen und verdienen ist an sich recht, es sei von einem, von zwei oder drei Herren oder wie viele es sein mögen, sofern dem Erbherren und Landesfürsten nicht entzogen wird, was ihm gebührt, und der Dienst mit seiner Erlaubnis und seinem Einverständnis geschieht. Denn so wie ein guter Handwerker seine Kunstfertigkeit jedem, der sie haben will, verkaufen kann und jedem damit dienen kann, sofern es nicht gegen die Obrigkeit und die Allgemeinheit gerichtet ist, so: Weil ein Soldat von Gott das Geschick zum Kämpfen bekommen hat, kann er damit wie mit seiner Kunst und seinem Handwerk jedem dienen, der ihn haben will, und dafür seinen Lohn wie für seine Arbeit annehmen. Denn das ist auch ein Beruf, der aus dem Gesetz der Liebe quillt: Wenn mich jemand braucht und ruft, dass ich seinem Willen folgen und dafür annehme, was mir gebührt oder was mir gegeben wird. Denn so spricht der heilige Paulus 1. Korinther 9, 7: „Niemand leistet Kriegsdienste für eigenen Sold.“ Damit billigt er dieses Recht. Solange also ein Fürst den Untertanen eines anderen braucht und ihn für den Krieg haben möchte, kann jener ihm wohl mit Erlaubnis und Wissen seines Fürsten dienen und dafür Sold annehmen. Wie aber, wenn von den Fürsten und Herren einer gegen den anderen Krieg führte und ich beiden verpflichtet wäre, aber lieber dem dienen möchte, der unrecht hat, weil er mir mehr Gnade oder Gutes erwiesen hat, als dem, der recht hat, weil ich von dem geringeren Nutzen habe? Hier lautet die schnelle, kurze Antwort: Recht (und das ist Gottes Wohlgefallen) muss über Besitz, Leben, Ehre und Freund, Gnade und Nutzen gehen. Hier darf nicht auf eine Person gesehen werden, sondern allein auf Gott. Hier ist auch um Gottes willen ein weiteres Mal zu ertragen, dass einer für undankbar gehalten und verachtet wird. Denn es gilt hier die wirkliche Entschuldigung, nämlich Gott und das Recht, und die dulden nicht, dem, der uns am liebsten ist, zu dienen und den, der uns unwert erscheint, zu verlassen. Obwohl der alte Adam das nicht gerne hört, soll es dennoch so sein, wenn anders es recht sein soll. Denn gegen Gott ist nicht zu streiten. Wer aber gegen das Recht kämpft, der kämpft gegen Gott, der alles Recht setzt, ordnet und schützt.
Die vierte Frage: Was soll man von einem sagen, der nicht nur um des Besitzes willen, sondern auch um vergänglicher Ehre willen Kriegsdienste leistet, um ein tüchtiger Mann zu sein und auch als solcher angesehen zu werden? Die Antwort: Ehrsucht und Geldgier ist alles beides Habsucht. Eines ist genauso unrecht wie das andere. Wer Kriegsdienste leistet, getrieben von diesem Laster, der verdient sich die Hölle. Denn wir sollen allein Gott die Ehre lassen und geben und uns mit Sold und Nahrung begnügen (vgl. Lukas 3, 14). Deshalb ist das eine heidnische und keine christliche Art, die Soldaten vor der Schlacht auf folgende Weise zu ermahnen: Liebe Leute, liebe Soldaten! Seid frisch und getrost, wir wollen, so Gott will, heute Ehre erwerben und reich werden. Sondern so, auf folgende Weise soll man sie ermahnen: Liebe Leute, wir sind hier versammelt im Dienst, in Pflicht und Gehorsam unserem Fürsten gegenüber, so wie wir es nach Gottes Willen und Ordnung schuldig sind, unserem Herrn mit Leben und Gut beizustehen, wie wohl wir vor Gott ebensolche armen Sünder sind wie unsere Feinde. Weil wir aber wissen oder doch nichts anderes wissen, als dass unser Fürst in dieser Sache recht hat, so sei ein jeder frisch und unverzagt und denke nichts anderes, als dass seine Faust Gottes Faust und sein Spieß der Spieß Gottes sei. Ein jeder schreie mit Herz und Mund: Hier Gott und Kaiser! Gibt uns Gott den Sieg, so sollen Ehre und Ruhm nicht uns zukommen, sondern ihm, der durch uns arme Sünder handelt. Die Beute aber und den Sold wollen wir nehmen als uns Unwürdigen durch seine göttliche Güte und Gnade geschenkt und gegeben und ihm dafür von Herzen danken. Und nun walte Gott und dran mit Freuden! Denn wenn man die Ehre Gottes sucht und sie ihm lässt, wie es billig und recht ist und auch sein soll, so wird ohne Zweifel mehr Ehre zuteil werden, als man suchen kann, weil Gott 1. Samuel 2, 30 verheißen hat: „Wer mich ehrt, den will ich wieder ehren. Wer mir aber die Ehre nimmt, dem soll sie auch genommen werden“, so dass er es wahrhaftig nicht unterlassen kann, dieser Verheißung entsprechend: Er muss die ehren, die ihn ehren. Seine eigene Ehre suchen ist eine der größten Sünden. Das ist nichts anderes als Crimen laesae maiestatis divinae: Ein Raub an der göttlichen Majestät. Darum lass andere rühmen und Ehre suchen. Sei du gehorsam und still. Deine Ehre wird sich schon finden. Es ist manche Schlacht verloren worden, die sonst gewonnen worden wäre, wenn die eitle Ehre nicht im Spiele gewesen wäre. Denn solche ehrsüchtigen Krieger glauben nicht, dass Gott mit im Kriege ist und den Sieg gibt. Darum fürchten sie auch Gott nicht und sind nicht kühn, sondern frech und toll und werden zuletzt auch geschlagen.
Das aber sind mir die allerbesten Gesellen, die sich vor der Schlacht ermahnen und ermahnen lassen durch die lobenswerte Erinnerung an ihre Buhle und sich sagen lassen: Ha, nun denke ein jeder an seine Liebste. Ich sage, hätte ich nicht von zwei glaubwürdigen, in diesem Spiel erfahrenen Männern gehört, dass so etwas geschieht, ich hätte nicht geglaubt, dass das Menschenherz in einer so ernsten Sache, die Todesgefahr vor den Augen, so vergesslich und leichtfertig sein kann. Wer allein mit dem Tode kämpft, tut das wahrhaftig nicht. Aber hier in der Menge reizt einer den anderen, so dass keiner an das denkt, was ihm geschehen kann, weil es vielen ebenso geschehen kann. Für ein christliches Herz aber ist es erschreckend zu denken und zu hören, dass man sich in der Stunde, wo man das Gericht Gottes und die Gefahr des Todes vor Augen hat, zu allererst mit fleischlicher Liebe reizt und tröstet. Denn die in dieser Verfassung erstochen werden oder sterben, schicken gewiss ihre Seelen frisch in die Hölle ohne jeden Verzug. Ja, sagen sie, wenn ich an die Hölle denken sollte, dürfte ich niemals mehr in den Krieg ziehen. Und das ist noch schrecklicher. Dass man sich mutwillig Gott und sein Gericht aus dem Sinn schlägt und nichts davon wissen, denken noch hören will. Deshalb ist ein großer Teil der Soldaten Eigentum des Teufels und einige so ganz von Teufeln besessen, dass sie ihre Kühnheit nicht besser zu beweisen wissen, als verächtlich über Gott und sein Gericht zu reden, als seien sie damit die richtigen Eisenfresser, dass sie abscheulich bei Christi Leiden schwören und fluchen und Gott im Himmel zu trotzen wagen. Es ist ein verlorener Haufe und die Spreu, so wie es auch in allen anderen Ständen viel Spreu und wenig Korn gibt.
Daraus folgt, dass die Landsknechte, die in den Ländern umherirren und Krieg suchen, wo sie doch gut arbeiten und ein Handwerk ausüben könnten, bis sie gerufen werden, und also aus Faulheit oder getrieben durch ihr rohes, wildes Gemüt die Zeit verlieren, vor Gott nicht gut dran sein können. Denn sie können vor Gott für dieses Umherziehen weder Gründe vorbringen noch ein gutes Gewissen beweisen, sondern haben nichts als eine tollkühne Lust oder Leichtsinn zum Kriege oder zu einem freien wilden Leben nach Art solcher Leute. So müssen teilweise zuletzt auch Spitzbuben und Räuber aus ihnen werden. Wenn sie sich aber zur Arbeit bequemen oder in ein Handwerk begeben und ihr Brot verdienen würden, wie Gott es allen Menschen geboten und auferlegt hat, bis sie der Landesfürst aufbietet für sich selber oder erlaubt und wünscht, dass sie für einen anderen in den Krieg ziehen, so könnten sie sich mit gutem Gewissen aufmachen als solche, die wissen, dass sie diesen Dienst ihrem Oberherren zu Gefallen leisten, welches gute Gewissen sie sonst nicht haben könnten. Denn das soll doch für alle Welt ein Trost und eine Freude, ja auch ein gewichtiger Grund sein, die Obrigkeit zu lieben und zu ehren, dass uns Gott, der Allmächtige, die große Gnade erweist und uns die Obrigkeit als ein äußerliches Mal und Zeichen seines guten Willens hinstellt, wo wir gewiss sind, dass wir seinem göttlichen Willen gefallen und das Rechte tun, sooft und wenn immer wir nach dem Willen und Wunsche der Obrigkeit handeln. Denn er hat sein Wort und seinen Willen an sie geheftet und gebunden, wenn er spricht: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört“ (Matthäus 22, 21 ), und Römer 13, 1: „Ein jeder sei der Obrigkeit untertan.“
Schließlich gibt es unter den Soldaten im Kampfe auch viel Aberglauben. Der eine befiehlt sich dem heiligen Georg, der andere dem heiligen Christophorus, der eine diesem, der andere jenem Heiligen. Einige können Eisen und Geschosse beschwören, einige können Ross und Reiter segnen. Einige tragen das Johannesevangelium oder sonst etwas bei sich, worauf sie sich verlassen. Sie alle zusammen sind in einer sehr gefährlichen Lage. Denn sie glauben nicht an Gott, sondern versündigen sich vielmehr mit Unglauben und falschem Glauben an Gott. Wenn sie so sterben, müssen sie auch verloren sein.
Sie sollten sich vielmehr so verhalten: Wenn es zur Schlacht kommt und die Ermahnung so, wie ich es oben beschrieben habe, erfolgt ist, soll man sich einfach der Gnade Gottes befehlen und sich in dieser Sache als Christ verhalten. Denn in dieser vorigen Ermahnung ist allein ein Beispiel dafür gegeben, wie man sich äußerlich im Kriege mit gutem Gewissen verhalten soll. Weil aber kein gutes Werk selig macht soll ein jeder nach solcher Ermahnung bei sich selber im Herzen oder mit dem Munde sprechen: Himmlischer Vater, nach deinem göttlichen Willen stehe ich hier in diesem äußerlichen Tun und im Dienste meines Oberherrn, wie ich es schuldig bin zuerst vor dir und um deinetwillen diesem Oberherrn. Ich danke deiner Gnade und Barmherzigkeit, dass du mich in dieses Werk gestellt hast, wo ich sicher bin, dass es keine Sünde ist, sondern Recht und ein deinem Willen entsprechender Gehorsam. Weil ich aber weiß und es durch dein gnadenreiches Wort gelernt habe, dass uns keines unserer guten Werke helfen kann und niemand als ein Soldat, sondern allein als Christ selig werden kann, will ich mich auch gar nicht auf diesen meinen Gehorsam und solches Tun verlassen, sondern das alles einfach in Erfüllung deines Willens tun. Und ich glaube von Herzen, dass mich allein das unschuldige Blut deines lieben Sohnes, meines Herrn Jesu Christi, erlöst und selig macht, das er im Gehorsam gegen deinen gnädigen Willen für mich vergossen hat. Dabei bleibe ich, darauf lebe und sterbe ich. Dafür kämpfe ich und tue alles. Lieber Herr, Gott und Vater, erhalte und stärke mir diesen Glauben durch deinen Geist. Amen.
Willst du darauf das Glaubensbekenntnis und ein Vaterunser sprechen, so kannst du es tun. Und damit lass es genug sein. Damit befiehl Leib und Seele in seine Hände. Und dann ziehe vom Leder und schlage dazwischen in Gottes Namen.
Wenn es viele solcher Soldaten in einem Heere gäbe, Lieber, wer, meinst du, würde ihnen etwas tun? Sie fräßen wohl die Welt ohne einen Schwertstreich. Ja, wenn nur 9 oder 10 von ihnen in einer Truppe wären, oder nur 3 oder 4, die mit rechtem Herzen so sprechen könnten, sollten sie mir lieber sein als alle Geschütze, Spieße, Rosse und Harnische. Und ich wollte den Türken mit aller seiner Macht kommen lassen. Denn der christliche Glaube ist kein Spaß noch ein geringes Ding, sondern, wie Christus im Evangelium sagt (Markus 9, 23): „Er vermag alles.“ Aber, Lieber, wo sind sie, die so glauben und so etwas tun können? Und wenn es die Menge nicht tut, müssen wir es dennoch lehren und wissen um derer willen (wie wenige es von ihnen auch gibt), die es tun werden. Denn „Gottes Wort geht nicht umsonst aus“, sagte Jesaja 55, 11. Es bringt doch einige zu Gott. Die anderen, die diese heilbringende Lehre, die zu ihrer Seligkeit dient, verachten, die haben ihren Richter, dem sie antworten müssen. Wir sind entschuldigt und haben das Unsere getan.
Hiermit will ich es jetzt bewenden lassen. Wollte ich auch über den türkischen Krieg noch etwas sagen, weil er uns so nahe gekommen war. Einige haben mir auch meine Worte vorgeworfen, ich hätte von einem Kriege gegen die Türken abgeraten. Nun wusste ich freilich längst, dass ich noch türkisch werden muss und es mir nicht hilft, dass ich so deutlich darüber geschrieben habe. Dazu habe ich auch in dem Büchlein „Die weltliche Obrigkeit“ gelehrt, dass man als gleicher gegen einen gleichen sehr wohl Krieg führen darf. Weil der Türke aber wieder heimgezogen ist und unsere Deutschen nun nicht mehr danach fragen, ist es jetzt noch nicht Zeit, darüber zu schreiben.
Diese Unterrichtung, mein lieber Herr Assa, hätte ich schon lange fertig stellen sollen. So lange hat es sich verzögert, dass wir inzwischen aus Gottes Gnaden Gevatter geworden sind. Bitte, wollt mir diese Verzögerung zugute halten. Ich weiß selbst nicht, wie es sich hat so lange hinziehen können, hoffe aber, es möchte keine unfruchtbare Verzögerung gewesen sein und die Sache desto besser gefördert haben. Damit Gott befohlen.