Luther, Martin - Karfreitag

Lukas 23,32-43

Es wurden aber auch hingeführt zwei andere Übeltäter, daß sie mit ihm abgetan würden. Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte; kreuzigten sie ihn da selbst, und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten, und einen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun. Und sie teilten seine Kleider, und warfen das Los darum. Und das Volk stand, und sah zu, und die Obersten samt ihnen spotteten sein und sprachen: Er hat anderen geholfen, er helfe ihn selber, ist er Christ, der Auserwählte Gottes. Es verspotteten ihn auch die Kriegsknechte, traten zu ihm, und brachten ihm Essig, und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber. Es war auch oben über ihm geschrieben die Überschrift, mit griechischen, und lateinischen, und hebräischen Buchstaben: Dies ist der Juden König. Aber der Übeltäter einer, die da gehängt waren, lästerte ihn und sprach: bist du Christus, so hilf dir selbst und uns.

Da antwortete der andere, strafte ihn und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Und zwar sind wir billig darinnen; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeschicktes gehandelt. Und er sprach zur Jesu: Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst. Und Jesus sprach zu ihm: wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradies sein.

Der Heilige Evangelist Lukas meldet hier zwei Stücke, die sehr tröstlich sind. Darum, obwohl Matthäus und die anderen solche Stücke ausgelassen haben, wollen wir doch diese betrachten, auf das wir die Geschichte des Leidens Christi ganz haben. Das erste ist, daß Christus, wie er an das Kreuz geschlagen und das Kreuz mit ihm aufgerichtet worden ist, kurz danach anfängt zu beten, und spricht: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.» Das andere von dem Schächer, der solches Gebet gehört, und so viel daraus gelernt hat, daß dieser Jesus Gottes Sohn und der rechte Christ sei, begehrt darum, daß er sein nicht vergessen wolle, wenn er in sein Reich komme. Diese zwei Stücke wollen wir jetzt vor uns nehmen; denn sie sind sehr tröstlich, und können nicht von uns genügend bedacht und erklärt werden. Darum ist es nötig, daß wir nicht allein auf die Werke sehen, die dieser Mann tut, und auf sein Leiden, sondern auch seine Worte fleißig hören, die er predigt. Denn damit erklärte er sein Tun und Leiden, warum er da ist und was er macht.

Wir müssen aber vor allen Dingen dies Leiden unterscheiden von aller anderen Menschen Leiden. Nicht allein der Person wegen, daß Jesus Christus ewiger Gott ist, durch welchen Himmel und Erde erschaffen und alles gemacht ist; sondern auch der Ursache wegen seines Leidens, und den Nutzen oder der Frucht wegen, welche aus solchen Leiden, und sonst aus keines Menschen noch Engels, oder anderer Kreatur Leiden folgt. Denn er leidet (wie ihr gehört habt) nicht seinetwegen, sondern unseretwegen, daß wir dadurch von Sünde und Tod befreit werden sollen. Solches hören wir auch hier in seinen Worten, die ein jeder Christ merken, und in sein Herz, als den höchsten Schatz und Trost, einschließen sollte.

Denn daß er da am Kreuze spricht: «Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun»; diese Worte zeigen deutlich, daß er ist in seinem rechten priesterlichen Amt, und verbringe sein Werk, darum er auf Erden gekommen ist, nicht allein mit seinem Leiden, daß er sich selbst aufopfert, sondern auch mit dem Gebet. Denn beides sind priesterliche Werke, Opfern und Beten. Das Opfer geht aber eigentlich dahin, das, wie er Johannes 17,19 sagte, er sich selbst für uns hat heiligen wollen, auf das wir in der Wahrheit und recht geheiligt würden; also, Johannes 10,12, daß er sein Leben gebe für seine Schafe. Solche Sprüche findest du viel mehr, die alle bezeugen, daß sein Leiden ein Leiden für uns heißen soll, nicht für sich selbst oder seinetwegen. Dieses Werk des Opfers richtet er mit solchem Ernst aus, daß er auch bittet, der Vater wolle denen, so ihn kreuzigen, vergeben, die Sünde nicht strafen, sondern nachlassen; auf das jedermann sehe, warum er hierher an das Kreuz gekommen sei, und sich darüber tröstet.

Darum sollst du aus solchen Gebet das lernen, daß unser lieber Herr Jesus ein Priester sei, und da am Kreuz sein Priesteramt verrichtet habe. Denn für die Sünder bitten gehört eigentlich zum Priesteramt. Fragst du nun, was er für einen priesterlichen Schmuck oder Kleid habe, oder Altar, so magst du hier an das Kreuz sehen; da hängt er nackend und bloß, voller Wunden, und hat nicht einen Faden an seinem Leibe. Und dennoch richtet er sein Priesteramt auf das beste und fleißigste aus, daß er auch für seine Feinde bittet. Denn es hat mit diesem Priester einer anderer Meinung, denn mit den mit Priestern bei Mose.

Also siehst du, wie über seinem Haupt die Überschrift steht, er sei der Juden König, die er vor Pilatus öffentlich und selbst klar bekannt hat. Dieser Titel reimt sich schlecht mit dem äußerlichen Ansehen. Denn anstatt eines schönen Kleides ist sein ganzer Leib blutig und voll Wunden und Striemen, und anstatt der goldenen Krone trägt er Dornen auf den Kopf geschlagen. Einen solchen Priester und König findest du da am Kreuz, daß die Welt sich schämt, verachtet ihn, will ihn weder für einen König noch für einen Priester halten; wie Jesaja sagt: «Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, daß wir sein hätten mögen begehren. Er war der Allerverachtetste und Unwertestste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, daß man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn nicht geachtet.» Nun mag man es mit fleischlichen Augen sehen wie man will, so soll es doch uns der liebste, schönste, beste Schmuck sein, daß dieser Priester seinen Leib selbst und sein Blut da am Kreuz geopfert, an einem verfluchtem Ort. Denn die Ochsen, Kühe, Kälber, die man im Tempel opferte, wurden auf einem geschmückten Altar geopfert. Christus aber opfert sich selbst auf einem ungeweihten und verfluchten Altar. Denn also steht in Mose: «Verflucht sei, der am Holz stirbt.»

Vor der Welt ist solches lästerlich und unehrlich, daß diesem Priester der Ort zu seinem Opfer nicht gegönnt werden soll, welchen Kühe und Kälber hatten. Aber es geschieht alles um unseretwegen und uns zu gut, auf das wir lernen, daß er ein völliges, genügendes Opfer für unsere Sünden getan habe. Denn wie unsere Sünden nicht versöhnt oder bezahlt werden konnten, denn allein durch diesen Priester, der ewiger Sohn Gottes war: also hat dieser Priester um unsere Sünden willen keinen ehrlicheren Altar noch köstlichen Schmuck haben können.

Aber solches hindert sein Amt nicht. Er opfert nicht allein seinen Leib und Leben, sondern bittet auch für die armen, unwissenden Sünder. Darum sollen wir uns über dieses Priesters und seines Amtes herzlich trösten. Denn gleichwie er leidet, also betet er auch, nicht allein für die, die damals dabei waren, und die Hände an ihn legten, und ihn an das Kreuz schlugen (solches wäre das Gebet Christi viel zu eng gedeutet), sondern auch für uns.

Denn jene sind nur unseren Sünden, Knechte und Diener gewesen. Wo deine und meine Sünden Christus nicht hätten an das Kreuz geschlagen, sie hätten ihn wohl müssen zufrieden lassen. Weil aber Christus als der rechte Priester und das Lamm Gottes da ist, für der ganzen Welt Sünde mit seinem Opfer oder Tod zu bezahlen, daß macht, daß Juden und Heiden Gewalt gegen ihn tun. Darum, wenn er für die betet, die ihn kreuzigen, betet er für uns Menschen alle, die wir mit unseren Sünden zu seinem Kreuz und Sterben Ursache geben.

Darum sollen wir den Galgen und das Kreuz, daran Christus gelitten hat, anders nicht sehen, denn einen Altar, da Christus sein Leben opfert, und sein priesterliches Amt auch mit dem Beten ausrichtet, und uns mit Gott versöhnt, daß wir von Sünden frei und von dem ewigen Tode befreit werden. Denn wer die Sünde wegnimmt, der nimmt auch den Tod weg. Ursache, der Tod hat keine Macht mehr, wo die Sünde weg ist; also die Hölle auch. Solches hat Christus, unser einiger und ewiger Priester, ohne unsere Werke, durch sein eigenes Leiden, daß er für uns zum Fluch geworden und um unsere Sünden willen am Kreuz gestorben, und endlich noch für die Sünder gebeten hat. Da bedenke, das du ihm auch von Herzen dafür dankst.

Der Papst predigt solches auch. Aber sie verdrehen den Text, der doch eigentlich so klar und deutlich ist, daß Christus sich selbst am Kreuz opfert und für uns gelitten hat, da predigen sie, wir selbst sollen Priester sein, sollen selbst opfern, und durch eigene Werke das ewige Leben erwerben. Unsere Lehre aber, daß wir lehren, Christus, der einige, rechte Priester, habe uns von Sünden erlöst und das ewige Leben verdient, verfluchen und verdammen sie als Ketzerei.

Ist aber das nicht schrecklich? Ist solches nicht ein schrecklicher Zorn, Blindheit und Strafe über die undankbare Welt, daß die Katholiken predigen, Christus habe sich für uns am Kreuz opfert, und doch toben sie gegen uns, und vergießen unschuldiges Blut, darum das wir solche Lehre treiben und die Leute auf solchen Trost weisen? Das heißt ja (wie Jesaja den Verächtern des Wortes Gottes droht) mit sehenden Augen blind sein und mit offenen Ohren nicht hören, und ein verstocktes, unverständiges Herz haben. Denn wie könnte es sonst möglich sein, daß sie dieses Opfer so wenig achten, und dann Leben ihren Trost auf eigene Werke, auf Ablaß, und auf Mönchskappen setzen wollen? Warum tröstet man sich nicht dessen hier, daß Christus sein Leib und Leben opfert, und betet für uns, und spricht: Vater, hier bin ich, ein Mittler zwischen dir und den armen Sünden; ich sterbe für sie, ich opfere mich für sie, sei ihnen gnädig.

Solches hören und sehen unsere Widersacher; und dennoch sollen sie noch dagegen schreien und toben, und uns als Ketzer verdammen. Nun, es ist ein schrecklicher Zorn Gottes, da möchte Gott uns gnädiglich vor behüten. Will er uns aber einmal fallenlassen, so möchte er uns in solch eine Sünde fallen lassen, die wir fühlen und bekennen, und nicht in die, die der Gnade ganz und gar entgegen ist, und dennoch so geschmückt und für eine Heiligkeit gerühmt wird.

Darum laßt uns unsere Herzen auftun, und unseren Priester Christus in seinem rechten Schmuck anschauen. Mit den Augen wirst du keinen Schmuck an ihm finden; denn wie elend und jämmerlich hängt er da, das siehst du wohl. Aber siehe ihm ins Herz, da wirst du einen solchen Schmuck und Schatz finden, für den du in deinem Leben nicht genug danken kannst.

Denn erstens ist er geschmückt mit dem großen, herzlichen Gehorsam gegen seinen Vater, daß der ihm zu ehren sich also läßt geißeln und martern. Diesen Schmuck können wir in diesem Leben unmöglich sehen, aber dennoch, so viel können wir sehen, daß alle Perlen und aller Samt und goldene Stücke nichts dagegen sind.

Der andere Schmuck ist die große Liebe gegen uns, daß der Herr seines Lebens und Leidens so wenig gedenkt, sondern bedenkt nur unsere Sache und Not, bittet zuerst für uns eh er an sich selbst denkt. Wer kann solche Liebe genügend verstehen oder fassen, daß der Herr ein solches Herz gegen uns hat, so voll Feuer, daß er in seinem größten Leiden, Marter und Schmach sich stellt, als sehe oder fühle er nichts; er denkt aber, sieht und sorgt nur auf dein und mein Elend, Not und Herzeleid? Das muß doch eine große, ernste Liebe sein, daß er sich unser so annimmt, daß er seiner Gefahr, Schaden und Leiden ganz und gar vergißt. Das ist gleichwie es sich mit den Kindern verhält, daß Vater und Mutter durch ein Feuer laufen, sie zu erretten. Da ist die Liebe so groß, daß das Herz auf die eigene Not nicht denkt, und allein sich darum annimmt, wie dem Kind geholfen werden kann. Also, sehen wir, brennt unseren lieben Herrn Christus sein Herz auch, daß er durch das Leiden hindurch, wie durch ein Feuer, rennt und faßt uns in aller Liebe und Barmherzigkeit.

Das ist nun der richtige Schmuck, dar unser hoher und ewiger Priester mit geschmückt ist. Äußerlich sieht man solchen Schmuck nicht; aber inwendig sieht man ihn, wie denn seine Worte genügend bezeugen.

Also soll man zuerst in allen Stücken des Leidens auf die Hauptsache sehen, dieselbe fest fassen, und uns nicht nehmen lassen, daß Christus für uns geopfert hat, auf das er uns errette, greift nach uns, und läuft uns nach, durch alles Leiden, wie durch ein Feuer. Dieses bedürfen wir nicht allein, um uns damit zu trösten, sondern auch zu stärken gegen des Teufels Gift, welches der Papst in die Leute gießt, und sie durch eigene Gerechtigkeit, Werke und Verdienst in den Himmel bringen will. Aber wenn wir mit unseren Werken solches ausrichten könnten, warum sollte Christus, der Sohn Gottes, gelitten haben? Nun aber steht er hier, bringt sein Opfer, seinen eigenen Leib und Leben, in allem Gehorsam und Geduld, und bittet noch dazu seinen Vater, daß er wolle gnädig sein und vergeben. Das ist ein Zeichen, daß wir mit unseren Werken nichts ausrichten können; denn Vergebung der Sünden ist ein Handel, der nicht so leicht zugeht, wie die Katholiken meinen. Es ist bald geschehen, daß du eine Kappe anziehst, viel fastest, singst, solches ist alles noch wohl zu tun: aber Vergebung der Sünden bekommen, da gehört weit mehr und größeres dazu, denn deine eigenen Werke; Gott wird dein Fasten, Wachen, Beten wegen langsam erhören; sondern also heißt es, wie Jesaja sagt: «um unsere Missetat willen ist er verwundet, und um unsere Sünden willen zerschlagen. Er hat unserer aller Krankheit getragen.»

Nun müssen ja die Katholiken selbst bekennen, daß des Herrn Christi Leiden und Sterben etwas anderes ist, denn mein Gebet, meine guten Werke, meine Marter, mein Almosen geben, mein Fasten. Wer nun solches anstatt der Sünde setzen will, der wird es nicht ausrichten. Es gehört ein anderer Mann, andere Werke und Verdienst dazu, wie Jesaja klar sagt. Wer aber seine eigenen Verdienste geben und gegen die Sünde gebrauchen will, der lästert der Sterben, Opfer und Gebet Christi; besonders weil er von seinem Opfer und Gebet genauso viel hält, als vom Opfer und Gebet unseres Herrn Jesus Christus. Vor diesem Greuel soll man sich fleißig hüten.

Nun betet aber der Herrn nicht schlecht in den Haufen hin, sondern setzt einen Unterschied derer, für die er bittet, und spricht: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.» Will also damit zweierlei Sünder anzeigen. Etliche wissen, daß sie Unrecht tun, und tun es dennoch und aller Scheu. Solches heißt dann wider den Heiligen Geist gesündigt, wenn man in solcher wissentlichen Sünde beharren, sie nicht bekennen, davon nicht ablassen, noch Vergebung derselben bitten will; wie die Katholiken, jetzt tun. Die wissen, daß unsere Lehre recht ist, daß Christus das Sakrament ganz empfangen befohlen hat, die Ehe nicht verboten, und dennoch verdammen sie uns um solcher Stücke willen als Ketzer, und Strafen ihre Untertanen, wo sie wissen, daß sie unsere Lehre und Sakrament brauchen.

Diese sündigen nicht unwissend. Darum ist die Natur solcher Sünden so, daß sie nicht vergeben werden kann; denn sie geht gegen die Vergebung der Sünden, besonders weil man nicht davon ablassen und sie nicht bekennen will. Denn Vergebung der Sünden will beides haben, daß man das Unrecht bekennen und davon Abstand nimmt.

Die anderen Sünder sind, die unwissend sündigen. Nicht also, als wüßte David nicht, daß es Sünde wäre, dem Uria sein Weib nehmen und ihn erschlagen lassen. Er weiß es sehr wohl. Aber da treibt und jagt ihn die Sünde und der Teufels so heftig, daß er in solche Sünde fällt, ehe er es denn recht bedenkt, was er tut. Danach aber bekennt er es, läßt es sich leid sein, wollte, er hätte es nicht getan, und begehrt Gnade.

Solche Sünde tragen wir alle am Halse, daß wir leicht und unversehens betört werden, und fallen häufig aus Furcht, wie Petrus, aus Unvorsichtigkeit und Schwachheit, oder aus Vermessenheit. Solche Sünde hat Christus mit sich an das Kreuz getragen und dafür gebeten; denn es sind Sünden die nicht wider die Gnade sind; besonders wenn man sie erkennt und bekennt, und bittet um Vergebung. Also sieht man, daß oft Huren und Buben, Mörder und andere böse Leute zu Gnaden kommen; denn sie wissen, daß sie Unrecht getan haben, und wollen es nicht verantworten. Solche bekannten Sünden haben das Opfer Christi zwischen sich und Gott; darum will Gott diese uns nicht zurechnen. Jene aber, die wissend unwillig nicht wollen anderes tun und ihre Sünden noch verteidigen, die sündigen wider den Heiligen Geist und verleugnen die Gnade Gottes. Für diese bittet Christus hier nicht, sondern für die, die nicht wissen, was sie tun, und aus Schwachheit fallen. Die soll dieses Opfer und Gebet trösten, und wissen, daß ihnen die Sünden vergeben sind. Denn um solches hat Christus hier gebeten, und ist gewiß vom Vater erhört worden; da sollen wir nicht daran zweifeln, sondern uns darüber trösten und freuen.

Dieses sei in Kürze gesagt von dem Gebet Christi am Kreuz, damit er anzeigt, warum er da leide, daß diese Sünder, die unwissend sündigen und lassen es sich leid sein, sollen um des Herrn Christi willen einen gnädigen Gott haben, der ihnen ihre Sünde vergeben will.

Nun wollen wir auch ein wenig die Geschichte mit den Schächer zur rechten Hand betrachten. Das ist so ein schönes Beispiel, wie man es sonst nirgends findet. Denn erstens muß man sich darüber wundern, der arme Mensch kann seine Sünden nicht leugnen, er weiß, daß er gesündigt und wegen seiner Sünden den Tod leiden soll. Darum kann er sich gegen Gott keines guten Werkes noch Verdienstes rühmen; wie er zu seinem Gesellen sagt, der mit dem Herrn Jesus Christus übel redet: «wir», spricht er, «sind billig in solcher Strafe; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind. Dieser aber hat nichts Ungeschicktes gehandelt.» Hier hörst du, was er von sich selbst bekennt, daß er diesen Tod wohl verdient habe. Das ist eines, darüber man sich wundern kann, daß er seiner Sünden wegen Ursache hat, sich vor Gott zu fürchten; und dennoch faßt er, wie wir hören werden, den Gedanken, er werde noch in Gottes Reich kommen.

Zum anderen ist das auch ein großes Wunder, daß dieser Mensch sich durch das große Ärgernis nicht anfechten läßt, daß der ganze Rat zu Jerusalem, weltliches und geistliches Regiment, des Herrn Christi spottet und ihn lästert. Die Obersten im geistlichen Regiment sprachen: «Er hat anderen geholfen, er helfe ihm selbst, so er Christus ist, der Auserwählte Gottes.» Die Kriegsknechte tun auch so: «bist du der Juden König, so hilf dir.» Denn das stand die Überschrift über ihm: «der Juden König.» Also der eine Mörder, der mit ihm gekreuzigt wurde, sprach auch: «bist du Christus, so hilf dir und uns auch.» Dieses redet er nicht nach der Meinung, daß er Hilfe begehrte, sondern daß er Christus spotten wollte. In der Summe, alle Welt ärgert sich an diesem Christus, der am Kreuz hängt, und hält nichts von ihm. Denn die Jünger selbst, ob sie wohl ein Teil bei dem Kreuz standen, hatten sie doch keine Hoffnung mehr.

Allein der arme Mörder zur rechten Hand reißt durch das ganze Ärgernis hindurch, und darf Christus, der neben ihm am Kreuz hängt, einen Herrn und König nennen. Dieser straft die ganze Welt lügen, sieht nicht an, was andere Leute von ihm halten oder sagen, und ruft ihn für einen ewigen König aus. Denn so lauten seine Worte: «Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst.» Er heißt ihn einen «Herrn», und sagt, er habe ein «Reich»; und begehrt, wenn er im selben Reich werde sein, daß er sein gedenken wollen. Nun war es ja um die Zeit, daß von ihnen keiner den Abend mit dem Leben erreichen konnte. Darum glaubt er, Christus sei ein Herr eines anderen und ewigen Lebens. Das nenne ich einen großen, trefflichen Glauben und ein herrliches Bekenntnis, weil sonst alle Welt an Christus verzweifelt und nichts von ihm hält.

Hier gedenke bei dir selbst: Wo doch diesem Mörder so einer reichliche und klare Erkenntnis hergekommen ist, daß er Christus für einen Herrn des ewigen Lebens erkennt und ausruft, und vom wem er solches gelernt hat? Aber da ist kein Zweifel, er hat es allein aus dem Gebet, daß der Herr am Kreuz getan hat, gelernt. Im Propheten Jesaja, im 53. Kapitel, ist es beides geschrieben, daß der Messias leiden und den Übeltätern gleich gerechnet werden, und viele Sünden tragen und für die Übeltäter beten werde. Da nun solches am Kreuz geschehen ist, er hängt da, der fromme Herr, der nichts Böses getan hat, zwischen zwei Mördern, und fängt an zu beten und spricht: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun «: da faßt der eine Schächer das Wort «Vater.» Denn auf diese Weise pflegen die Leute mit Gott nicht zu reden; Christus ist es allein, der mit Gott so reden kann, und hat es uns auch so gelehrt. Darum schließt der Schächer, daß er Gottes Sohn sei. Und weil er für die Sünder bittet, erkennt er ihn für den rechten Messias. Und es werden ihm ohne Zweifel diese Sprüche von Jesaja, und andere Prophezeiungen eingefallen sein, die er vielleicht in der Kirche gehört, da aber noch nicht verstanden hat. Diese faßt er nun zusammen, und der Heiligen Geist macht diese Weissagung in seinem Herzen licht und klar, daß er nun nicht mehr an sich halten kann; er muß mit dem Mund bekennen, wie er im Herzen glaubt, und spricht: «Herr, gedenke mein, wenn du in dein Reich kommst.» Das ist als wollte er sagen: Du bist Gottes Sohn; hier auf Erden leidest du für unsere Sünde und muß unserer Sünden wegen sterben; aber danach wirst du auferstehen in ein ewiges Reich, und ein Herr sein über alles. Oh Herr, da gedenke mein. Ich will den Tod jetzt gern leiden; denn ich habe ihn wohl verdient: laß mich nur nicht, wenn du in dein Reich kommst. Siehe, so eine reiche Erkenntnis des Herrn Christi schöpft dieser Mensch aus dem kurzen Gebet des Herrn; das ist die Predigt, da er diese Kunst von lernt. Gleichwie nun dieser Mörder am Kreuz Christus erkennt und bekennt: also will Gott auch noch heute seine christliche Kirche erhalten. Wenn auch gleich alles zu Trümmern geht, Kaiser, Könige, Papst, Bischöfe, so will doch Gott einen kleinen Haufen erhalten, die seinen Geist haben und ihn vor der Welt bekennen sollen. Wollen die Jünger, mit anderen, die mit dem Herrn Christus verwandt, nicht bekennen noch glauben, sondern aus Furcht leugnen und davon laufen: so muß ein Mörder kommen, diesen Christus bekennen, von ihm predigen, und andere Leute lehren, was man von ihm halten und warum man sich sein trösten soll; denn unser Herr Gott will Christus nicht ohne Leute lassen, sollte es gleich nur ein Dieb am Galgen, oder ein Mörder sein.

Darum ist dies eine tröstliche Geschichte, an der wir sehen können, was Christus für Leute hat, die sich zu ihm finden, und denen er alle Gnade beweisen will, nämlich, die Sünder sind, und ihre Sünde bekennen und um Gnade bitten; diese sollen Gnade und Barmherzigkeit finden. Denn eben wie er vorher gebeten hat, also beweist er es hier mit der Tat, daß er darum da sei und will Sünden vergeben. Und dieses ist nun sein erstes Werk, daß er einen Mörder von Sünden und ewigen Tod erlöst und selig macht, auf das wir ja gewiß werden und nicht zweifeln, weil er sich am Kreuz selbst geopfert, solches geschieht nicht um der Heiligen und Frommen willen, sondern um der Sünder willen. Denn um der Sünder willen ist er gekommen, sie zur Buße zu rufen, und nicht um der Gerechten willen; wie er und selbst sagt, Matthäus 9,13.

Darum, wer da denkt, er will in den Himmel kommen als ein Heiliger Mensch und ohne alle Sünde, der wird betrogen. Denn wer nicht ein Sünder sein will, der bedarf des Herrn Christi nicht; denn er ist nicht um sein selbst willen, sondern um der Sünder willen gestorben.

Darum soll man diese Geschichte für ein Beispiel halten, in der Christus mit der Tat bewiesen, was er mit seinem Leiden gesucht und erworben hat, besonders weil er einen Mörder am Galgen zum Heiligen macht, und will ihn nicht in Sünden bleiben noch verderben lassen. Dieses aber tut er nicht darum, als hätte er ein Wohlgefallen an den Sünden, oder daß wir in Sünden bleiben und darin fortfahren sollten. Nein, weil er für die Sünder leidet, will er, daß sie nicht mehr so bleiben, sondern fromm und heilig sind und sich bekehren sollen. Wie man hier an dem Schächer sieht: der kehrt um, und beschuldigt sich selbst seiner Sünden wegen; hofft aber, er werde des Herrn Christi genießen, daß seine Sünden am ewigen Lebens ihm nicht schaden sollen.

Also wird ein ganz anderer Menschen aus ihm, und sein Tod, den er verdient hat, wird jetzt ein Gottesdienst, daß er ferner nicht mehr leidet als ein Mörder, sondern als ein rechter Heiliger. Denn er stirbt in rechten Bekenntnis und herzlichen Vertrauen auf die Gnade Gottes durch Christus, und läßt sich seine Sünde von Herzen leid sein; und wo Gott ihn noch länger auf Erden ließe, würde er es nicht wieder tun, was er zuvor getan hat. Dieser Glaube an Christus macht ihn nicht allein zum Heiligen, sondern bringt ihn ins Paradies und zum ewigen Leben; wie der Herr Christus ihm sagt: «Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du bei mir sein im Paradies.»

Diesem Beispiel sollen wir folgen, und nicht denken, wie rohe, gottlose Leute pflegen: Ich will sündigen, auf das mich Christus erlöse, und seine Gnade an mir beweise. Nein, so nicht; sondern denke so: Ich bin in Sünden geboren, ich bin voll böser Lüste, muß nicht zuerst noch anfangen zu sündigen, daß ich mich für einen Sünder rühmen möchte; ich bin schon vorher ein Sünder, ich liege immer in Sünden und dem Tod. Darum will ich mich an den halten, er durch sein Leiden für die Sünder bezahlt, und durch seinen unschuldigen Tod mich vom verdienten und längst verschuldeten Tod erlöst und mit Gott versöhnt hat.

Wer aber solche Gnadenpredigt mißbrauchen, von Sünden nicht ablassen, diese nicht bekennen, noch sich dieses wollte leid sein lassen will, der mag mit dem Mörder zur Linken, die Obersten der Juden und die Kriegsknechte besehen, und bedenken, was ihnen geschehen und was sie mit dem unbußfertigen Leben verdient haben. Denn willst du des Herrn Christi und seines Leidens und Gebets genießen, so mußt du des anderen Schächers Weise folgen, der seine Sünden bekennt, um Gnade bittet, und den Herrn Christus bekennt, er sei ein Herr und König des ewigen Lebens. Das verleihe uns unser lieber Herr Christus, Amen.