Gehalten am 6. Oktober 1861,
Meine Lieben! Weil wir am künftigen Sonntage das Heilige Abendmahl zu halten gedenken, so schien es mir gut, euch von Neuem vor Augen zu stellen, wie dasselbe den Bedürfnissen unserer Seele entgegenkommt und abhilft. Solche Mitteilung wird darum nötig und ersprießlich sein, weil wir aus uns selbst nicht eben geneigt sind, uns Rechenschaft zu geben von dem, was wir tun, und unfähig sind, darüber nachzudenken, was wir denn im heiligen Abendmahle bekommen.
Das heilige Abendmahl ist von Christo selbst am letzten Abend seines Lebens auf Erden eingesetzt.
Wie wir lesen im Evangelio Matthäi Kap. 26, V. 26-28: „Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach es, und gab es den Jüngern, und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch, und dankte, gab ihnen den, und sprach: Trinkt Alle daraus, das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für Viele, zur Vergebung der Sünden.“
Die Jünger haben dies nicht als eine einmalige Handlung, welche bloß für sie geschehen wäre, ansehen können; denn nach dem Evangelio von Lukas Kap. 22, V. 19, hatte der Herr gesagt: Tut das zu meinem Gedächtnis. Daher kam es, dass auch alsbald, wo nur immer eine Gemeinde entstand, das Brot in der Gemeinde gebrochen, d. i. der Gemeinde das Abendmahl in den Versammlungen1) ausgeteilt wurde. So lesen wir Apostelgeschichte Kap. 2,42: „Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre, und in der Gemeinschaft, und im Brotbrechen, und im Gebet.“
Die Mitteilung der Worte der Einsetzung durch die drei Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas ist eine verschiedene, je nachdem der Geist ihnen dieselbe eingab, und gleichfalls verschieden, wiewohl vollständiger, lesen wir die Worte der Einsetzung bei dem Apostel Paulus 1. Kor. 11,23-26. So schreibt er: „Der Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte, brach es, und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnis. Desselbigen gleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl, und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut; solches tut, so oft ihr es trinkt, zu meinem Gedächtnis.“
Wir haben also vor allen Dingen die Gewissheit, dass wir dieses Abendmahl von Christo haben, dass er es eingesetzt, und uns durch seine Apostel übergeben hat.
Was tat der Herr? Er gab seinen Jüngern gebrochenes Brot zu essen und Wein zu trinken. Gegen den leiblichen Hunger tat er das wohl mitnichten, denn sie hatten bereits gegessen, nämlich das Osterlamm und das dazu gehörige ungesäuerte Brot; auch hatten sie bereits getrunken. Es heißt: Er nahm den Kelch nach dem Abendmahl.
Was gab ihnen der Herr, als er ihnen Brot und Wein gab? Er sprach: Das ist mein Leib, - das ist mein Blut. Er gab ihnen demnach seinen Leib zu essen, sein Blut zu trinken. Und was tun wir, wenn wir das Abendmahl halten? Wir essen Brot und trinken Wein nicht etwa zur Stillung des leiblichen Hungers und Durstes. Denn alsdann würden wir nicht nach der Meinung der Worte handeln, welche der Herr beim Abendmahle sprach. Wir essen vielmehr des Herrn Leib und trinken sein Blut.
Wie mögen nun aber die Apostel dies verstanden haben, als sie Brot aßen und sagen hörten: Das ist mein Leib, - und als sie sodann Wein tranken und sagen hörten: Das ist mein Blut, und wie haben, nach der Apostel Vorbild, wir es zu verstehen?
Von dem Leibe des Herrn, wie sie denselben sichtbar vor Augen hatten, von dem wirklichen Blute, das diesen Leib durchströmte, konnten die Apostel es, und können also auch wir es nimmermehr verstehen. Denn der Herr saß unversehrt in ihrer Mitte, als er solches sagte; und wie damals, so bleibt er auch jetzt unversehrt mit seinem verherrlichten Leibe im Himmel.
Es haben demnach die Apostel die Worte des Herrn nach Geist verstanden, und auch wir haben sie nach Geist zu verstehen.
Dabei brauchen wir uns aber keiner Umschreibung zu bedienen und zu sagen: das Brot bedeutet den Leib; - sondern es sind die Worte des Herrn uns eine Verheißung2) zur Abhilfe geistlicher Bedürfnisse. Sie besagen demnach: so gewiss als ich euch mit diesem Brote speise, so gewiss speise ich euch mit meinem Leibe; und so gewiss ich euch diesen Wein zu trinken gebe, so gewiss gebe ich euch mein Blut zu trinken.
Wie wir nämlich leiblich der Speise und des Tranks bedürfen zur Stillung des Hungers und des Durstes, und um nicht zu sterben: so bedürfen wir auch geistlicher Nahrung zur Stillung des Hungers und des Kummers, welche uns unsere Sünden verursachen, um nicht des ewigen Todes zu sterben.
Nun aber ist des Herrn Leib und sein Blut diese geistliche Nahrung.
Dass der Herr seine Worte nach Geist verstanden wissen wollte und für die geistlichen Bedürfnisse sein Mahl einsetzte, erhellt daraus, dass er nicht allein gesagt: „Das ist mein Leib,“ sondern: „Das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird,“ - „Das ist mein Blut, das für euch und für Viele vergossen wird.“ So hat auch der Herr zu den Juden gesagt nach Ev. Joh. 6,53 u. ff.: „Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes, und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst, und trinkt mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken. Denn mein Fleisch ist die rechte Speise, und mein Blut ist der rechte Trank.“ - Der Herr, der so eben von dem Essen seines Fleisches gesprochen, nannte sich zuvor, wie auch danach: „das Brot des Lebens“, V. 48 u. ff.; und spricht V. 58: „Wer dies Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“ Und als seine Jünger darüber murrten, und auch die Juden untereinander gezankt und gesprochen hatten: wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben? da sprach er zu ihnen: „Ärgert euch das? wie, wenn ihr denn sehen werdet des Menschen Sohn auffahren dahin, wo er zuvor war?“ Dies lautet, als wollte er sagen: ihr werdet es alsdann noch weniger begreifen, wie ihr sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken habt. „Der Geist ist es, der da lebendig macht, das Fleisch ist kein Nütze.“ (Er meinte sein sichtbares Fleisch an sich). „Die Worte, die ich rede, sind Geist und sind Leben.“
Es sind, wie wir sagten, die Worte der Einsetzung: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“ als Verheißung zu nehmen, gleich wie es Heidelberger Katechismus, Fr. 77 heißt: „Wo hat Christus verheißen ….?“ Da ist nun die Handlung unseren geistlichen Bedürfnissen entsprechend, aber sie ist zugleich in eine unseren Sinnen wahrnehmbare Form gebracht, auf dass wir die Verheißung um so besser verstehen.3) Es kommt damit der Herr unserer Schwachheit entgegen, indem er uns eine Form gibt. Der Geist bedarf der Form nicht, aber das menschliche, in sich so schwache Fassungsvermögen, unser Vorstellungsvermögen, bedarf ihrer um so mehr. Christus redet und handelt nach unserem Begriffsvermögen, Christus verheißt und gibt nach den Bedürfnissen unserer Seelen.
Die Bedürfnisse unserer Seele sind, dass wir Leben, Leben aus Gott durch Christum, in uns haben, dass dieses Leben in uns erhalten werde, auf dass wir nicht in unserem Tode bleiben, nicht in denselben zurücksinken, nicht des ewigen Todes sterben.
Demnach bedarf die Seele der geistlichen Nahrung; ja sie muss, da Angst des Todes da sein wird, gegen Hunger und Nummer gesättigt werden; und das nicht allein, es bedarf die Seele zugleich auch des Unterpfandes, der Bestätigung, der Erinnerung und Versicherung, dass, wie wir nur durch das Fleisch und das Blut Christi das Leben in uns haben, so auch durch das Fleisch, oder den Leib und das Blut Christi dieses Leben in uns wird erhalten werden, und wir gewiss des ewigen Todes nicht sterben werden, falls wir glauben. Darum spricht Christus von seinem Leibe, der gebrochen, d. i. gekreuzigt wird, darum von seinem Blut, das vergossen wird zur Vergebung der Sünden.
Die Seele bedarf der geistlichen Speise und des geistlichen Tranks, und sie bedarf der Gewissheit, der Bestätigung und Versiegelung, ja auch der Erinnerung, dass diese geistliche Speise und Trank ihr zukommt, ihr gestern dargereicht ist und für heute dargereicht wird, auch zukünftig ohne Unterlass wird dargereicht werden. Die geistliche Speise und den geistlichen Trank selbst bekommt die Seele durch die Predigt des heiligen Evangeliums, indem der Heilige Geist den Glauben an dasselbige in ihr wirkt, - die Bestätigung, Versicherung und Versiegelung, dass diese Speise und Trank auf ewig ihre Speise und Trank ist und sein wird, gibt ihr der Heilige Geist im Abendmahl. Durch das Erstere wird ihr das Leben mitgeteilt, durch das Andere wird es ihr bestätigt und versiegelt.
Fassen wir es gut ins Auge, dass die Seele zweierlei bedarf: erstlich des Lebens und der Nahrung, sodann der Gewissheit: diese Nahrung ist für mich, sowie das Leben, und ist mir auch für die Zukunft zugesichert.
Christus verheißt dieses Leben und diese Nahrung auch für die Zukunft und zwar einem Jeden der Seinen, so dass er es für sich wisse; und da gefällt es ihm, den Seinen diese Verheißung in einem Zeichen, Bilde und Form zu geben, damit sie die Verheißung um so besser verstehen; darum gibt er uns im Abendmahl Brot und Wein, und spricht: das ist mein Leib, das ist mein Blut. Da will er ja sagen: wie dieses Brot und dieser Wein das zeitliche Leben erhalten, so wird mein gekreuzigter Leib, mein zur Vergebung der Sünden vergossenes Blut euer geistiges und ewiges Leben, das ihr in mir habt, erhalten; so gewiss ihr dieses Brot und diesen Wein empfanget, so gewiss bleibt ihr in mir, die ihr sonst sterben müsstet, und ich in euch, als euer Leben und als die Versöhnung für eure Sünden.
Das einzige Mittel, das den Bedürfnissen der Seele gegen ihren Tod abhilft, ist des Herrn Jesu gekreuzigter Leib und sein zur Vergebung der Sünden vergossenes Blut. Durch den Gebrauch des Abendmahles wird die Seele dieses Mittels für sich und auf ewig versichert. Damit wir die Versicherung dieses Mittels bekommen, bringt der Heilige Geist beim Genuss der Brotes und des Kelches im Abendmahl den gebrochenen Leib Christi und sein vergossen Blut in Erinnerung, damit es geschehe, was der Herr wiederholt gesagt: Tut Solches zu meinem Gedächtnis.
Indem uns der Heilige Geist den gebrochenen Leib Christi und sein vergossenes Blut in Erinnerung bringt, versichert er uns auch des Leibes Christi als für uns gebrochen und des Blutes Christi als für uns vergossen; so dass wir im Brot und Wein Unterpfand und. Wahrzeichen dafür empfangen: Christus ist auch für mich gestorben, hat auch zur Vergebung meiner Sünden sein Blut vergossen; und man wird seiner Zukunft aus dem Himmel froh und wird gestärkt zum ewigen Leben, um freudig von ihm als unserem einzigen Leben zu zeugen. So wird dem nachgekommen, was der Apostel Paulus befiehlt: So oft ihr von diesem Brot esst, und von diesem Kelch trinkt, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis dass er kommt. Weshalb man sagt und singt:
Hier ist die Liebe mein Panier,
Dein Liebesaltar brennt in mir.
Du hast mein Herz genommen.
Du hast mir Lebensbrot geschenkt,
Ich werd aus Edens Strom getränkt.
Du wirst Halb selber kommen,
Und mich Ewig Dir vereinen
In dem reinen Paradeise,
Wo du Manna gibst zur Speise.
Es wird uns also im Abendmahl durch den Heiligen Geist in Erinnerung gebracht und bestätigt, der Glaube wird durch den Geist des Glauben dessen versichert, dass wir Christi und aller seiner Wohltaten teilhaftig sind und teilhaftig bleiben; dass Gott uns, von wegen des einigen Opfers Christi am Kreuz vollbracht, Vergebung der Sünden und ein ewiges Leben geschenkt hat: so dass wir so gewiss das ewige Leben haben und behalten werden, als Christus uns das Brot gibt, und so gewiss Vergebung der Sünden für immer haben, als der Herr Jesus uns den Kelch geben lässt. Denn auf dass die, welche des Herrn sind, es zuverlässig wissen, dass sie in solchen Gnadenbund Gottes, wie er Jerem. 31, V. 34 u. 35 beschrieben wird, gehören, nahm unser Herr Jesus in der Nacht, da er verraten ward, das Brot und den Kelch nach dem Abendmahl, und sprach: Nehmt, esst, und trinkt Alle daraus.
So kommt der Herr den Bedürfnissen unserer Seele zuvor, und hilft der Geist unserer Schwachheit auf, indem durch das heilige Abendmahl, wie durch das Wort Gottes, wir dahin gerichtet werden, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz, als auf den einigen und bleibenden Grund unserer Seligkeit zu gründen, auch uns dessen zu erinnern, dass wir, ein Jeder für sich selbst, am Opfer Christi am Kreuz und an allen seinen Gütern Gemeinschaft haben.
Denn so ist es unsern Bedürfnissen angemessen, und so kommt uns der Herr zuvor. Wir müssen nicht allein erstens fortwährend daran erinnert, fortwährend dessen versichert werden: dass der Leib Christi für uns am Kreuz geopfert und sein Blut für uns vergossen sei; sondern zum anderen auch dessen eingedenk gemacht und versichert werden, dass er selbst unsere Seele zum ewigen Leben mit seinem gekreuzigten Leib speiset, und mit seinem vergossenen Blut tränkt.
Nicht dass Christus solches ausschließlich im Abendmahle tut, sondern er ist das Leben der Seinen und speist und tränkt sie ihr Leben lang mit seinem gebrochenen Leib und seinem vergossenen Blut. Er weiß aber wohl, wie wenig wir des eingedenk sind, und welch ein verhärtetes Herz wir haben; darum hat Er nach seiner Liebe und Gnade das Abendmahl eingesetzt, dass wir durch dasselbe daran erinnert und dessen versichert würden durch geeignete äußere Wahrzeichen, dass er uns fortwährend mit seinem gekreuzigten Leib speist und mit seinem vergossenen Blut zum ewigen Leben tränkt.
Wenn du nun zu Tische sitzt, so sollst du, der du Nichts siehst oder hast, denn Sünde und Tod, es dafür halten, unser Herr Jesus sitze mit am Tisch, nicht leiblich, sondern mit seinem Geist, das ist, dem persönlichen Heiligen Geist; und Er, Jesus Christus selbst, gebe dir dein leben lang und auch augenblicklich seinen gebrochenen Leib zu essen, sein vergossenes Blut zu trinken. Und auf, dass du solches zuverlässig weißt, so nimmst du und isst das Brot und trinkst aus dem Kelch.
So nimmst du das Stück Brot, und sprichst: das hat mir mein Herr und Heiland gegeben; so nimmst du den Kelch, und sprichst: „Diesen Kelch habe ich aus der Hand meines Herrn und Heilandes; so gewiss ich dies Brot esse, so gewiss esse ich seinen gebrochenen Leib; so gewiss ich aus diesem Kelch trinke, so gewiss trinke ich sein Blut; dieses Stück Brot und diesen Kelch halte ich dir, meinem zagenden Herzen, dir, meinem verklagenden Gewissen, euch, meinen nichts glauben könnenden Augen vor, auch euch Teufeln allen, die ihr mir zuraunt: der Herr sei meiner Sünden wegen von mir geschieden und wolle meiner nicht mehr,“ - und dann iss und trink mit dem leiblichen Munde das Brot und den Wein; Wahrzeichen sind's, welche dir der Herr gibt.
Du isst und trinkst mit dem leiblichen Munde, du isst und trinkst mit dem Munde der Seele. Die Seele hat aber einen andern Mund als der Leib, sie ist und trinkt nicht leiblicher, sondern geistlicher Weise. Was will also das Essen und Trinken sagen, wie die Seele es tut, und was ist der Seele Mund? Der Seele Mund ist der vom Heiligen Geist erleuchtete Verstand und geheiligte Wille, und der Seele Essen und Trinken geschieht in der Weise, dass sie das ganze Leiben und Sterben Christi, als für sie geschehen zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben, in sich aufnimmt; und indem sie dieses Leiden und Sterben in sich aufnimmt, haftet das Herz nicht an dem Wahrzeichen, an dem äußerlichen Brot und Wein, sondern der Heilige Geist, der zugleich in Christo und in uns wohnt, verbindet uns mit Leib und Seele als durch Trauung mit Christo, der zur Rechten des Vaters sitzt, macht uns eins mit ihm, dass wir des inne werden durch den Glauben, wie wir Fleisch von unseres Herrn Jesu Fleisch, und Bein von seinen Beinen sind, und wie sein Geist auch unser Geist ist, und wir so von ihm ewig Leben und regiert werden.
So essen und trinken die Gläubigen mit dem Munde ihrer Seelen ihr Leben lang; aber sie sind dessen nicht immer eingedenk, sind dessen nicht immer gewiss; das macht ihr harter Unglaube, ihre Herzenshärtigkeit. Darum gibt uns der Herr das Abendmahl, und lehrt uns damit: verstehe, du Alberner, es doch, verstehe es, du Angefochtene, du Trostlose: gleichwie Brot und Wein das zeitliche Leben erhalten, so erhält mein gekreuzigter Leib und mein vergossenes Blut das ewige Leben und ist deiner Seele Speise und Trank.
Auch gibt uns der Herr die Versicherung durch Brot und Wein im Abendmahl, als durch ein sichtbares Pfand und Zeichen, dass, so wahrhaftig als wir das Brot und den Wein, gehorchend seinem Befehle, mit dem leiblichen Munde empfangen, ebenso wahrhaftig wir seines wahren Leibes und Blutes, nicht mit dem leiblichen Munde, sondern durch Wirkung des Heiligen Geistes teilhaftig sind und teilhaftig werden unser Leben lang, und dass all sein Leiden und Gehorsam so gewiss unser eigen sei, als hätten wir selbst in unserer eigenen Person Alles gelitten und genug getan.
Darum lasst uns unsere Herzen und Glauben über uns in den Himmel erheben, da Christus Jesus ist, unser Fürsprecher, und nicht zweifeln, dass wir unser Leben lang so wahrhaftig durch die Wirkung des heiligen Geistes mit unseres Herrn Jesu Leib und Blut an unsern Seelen gespeist und getränkt werden, als wir bei dem von ihm eingesetzten Abendmahl das von ihm als Wahrzeichen verordnete Brot und Trank zu seinem Gedächtnis empfangen.
Das ist nun die wahre Lehre aller nach Gottes Wort reformirten Kirchen vom heiligen Abendmahl; die wahre Lehre und der Heilsame Unterricht, wie dasselbe den Bedürfnissen unserer Seelen entgegenkommt und abhilft. Und wir werden wohltun, dass wir diese Lehre in unseren Herzen aufbewahren, derselben nachdenken, und uns in derselben üben, auf dass wir nicht als Abgöttische uns der Einsetzung Christi bedienen, wie diejenigen tun, die da behaupten, das Brot und der Wein werden im Abendmahl in den wesentlichen Leib und Blut Christi verwandelt; oder in, mit und unter Brot und Wein erteile der Herr seinen wesentlichen Leib und Blut, wie er es nach seiner angenommenen menschlichen Natur trug und trägt; oder der verklärte Leib und das verklärte Blut Christi sei im Abendmahl, und zwar darin ausschließlich, gegenwärtig, und Christus gebe uns wirklich seinen verklärten Leib und sein verklärtes Blut mit dem leiblichen Munde zu essen und zu trinken; welches Alles abgöttische und tödliche Gedanken des Herzens und der Augen sind, welchen man also nachbuhlt und womit man sich schwer versündigt wider den Heiligen Geist. „Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben,“. spricht der Herr. Das sind nicht geistige Bedürfnisse, wenn der Mensch sich etwas Fleischliches denkt und glaubt ein fleischliches Unterpfand zu bekommen. Bedürfnissen des Geistes, Bedürfnissen der Seele kann nur der Heilige Geist abhelfen. Dieses Geistes bedient sich der Herr, es den Seinen beizubringen, was er für sie ist und wie er in ihnen ist, leibt und lebt; und nur durch den Heiligen Geist kommt er und macht Wohnung in dem Herzen und in dem ganzen Menschen, persönlich samt Allem, was er mit seinem Leib und Blut für uns erworben hat, und was sein Leib und Blut für uns ist, die wir sonst des Todes sind. Was er nun für uns Sünder mit seinem Leib und Blut ist, und was sein Leib und Blut für uns ist, das sagt er uns im heiligen Abendmahl, versichert und versiegelt uns dies unter den Zeichen von Brot und Wein. Vermittelst des Brotes und des Weines, von ihm verordnet, erteilt er uns durch seinen Geist , der den Glauben wirkt und bestätigt, nicht allein die Zusicherung, sondern eben das, was er den Seinen ihr ganzes Leben lang und nicht ausschließlich im heiligen Abendmahl erteilt, nämlich die Gemeinschaft an ihm, seinem Leiden und Tod und allen dessen Folgen zum ewigen Leben. Das Abendmahl hat der Herr aber eingesetzt unserer Bedürfnisse wegen, weil wir seiner so vergessen, und so trägen Herzens sind, und gibt sichtbare Zeichen, die in Gemeinschaft stehen mit ihm, dem Unsichtbaren, und mit seinen unsichtbaren Gütern, als da sind: Vergebung von Sünden und das Anrecht auf das ewige Leben aus Gnaden. - Daher haben wir uns selbst wohl zu prüfen, ob unsere Seele die Bedürfnisse hat, welche der Herr bei seinen Jüngern kannte, als er das Abendmahl einsetzte. Welche Seele diese Bedürfnisse nicht hat, die isst und trinkt sich selber ein Gericht, indem sie nicht unterscheidet den Leib und das Blut des Herrn. Ein solcher Mensch hat aber diese Bedürfnisse nicht, welcher sich mit seinem Bekenntnis und Leben als einen Ungläubigen und Gottlosen erzeigt; weshalb Solche auch ermahnt werden, bis zu ihrer Besserung von dieser Speise und Trank sich zu enthalten; und werden Solchen beim Verlesen des Formulars ihre Laster und Sünden vorgehalten auf dass sie sich erst davon bekehren, wenigstens mit wahrhaftiger Reue und aufrichtigem Hass aller Sünden zu dem heiligen Abendmahl kommen, wohl bedenken, das Abendmahl sei nicht ein Gnadenmittel, das ist, eine Einsetzung, welche uns Gnade vermittelt, als ob wir dadurch Vergebung der Sünden bekämen, weil wir gegessen und getrunken haben.
Das sind aber die Bedürfnisse des Geistes oder der Seele, welchen der Herr entgegenkommt mit dem Gebrauch des Abendmahls, wie er sie auch bei seinen Jüngern kannte: sie würden sich bald Alle schwer an dem Herrn versündigen, ihn verlassen, fliehen, ihn aus Menschenfurcht verleugnen, nichts, gar nichts von seinem Leiden und Sterben für sie verstehen, ihn für immer für sie tot halten, und so alle in des Teufels Sieb geraten, als Beute allerlei inneren Zweifels und Herzensbetrübnis darüber, dass sie ihren Heiland nicht mehr hatten. Sind unsere Sünden und Bedürfnisse anderer Natur, wenn sie auch sich anders gestalten? Gegen alle diese Schwachheit des Fleisches gab der Herr ihnen und uns in der Nacht, da er verraten ward, Brot und Wein, und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gebrochen, das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Hat es gewirkt? wird es wirken? Es hat gewirkt, wie die Abendspeise gegen eine schreckliche Nacht. Man kommt durch das Grauen der Nacht, durch die Speise gestärkt, hindurch; das Grauen sieht und empfindet man, nicht mehr die Speise, aber: dass man gegessen und getrunken hat, wer, der an diesem Tische saß oder sitzt, kann es verneinen? - So helfe uns diese Speise und Trank hinüber in das ewige Leben, durch jede Nacht des Lebens und durch die Nacht des Todes hindurch, nachdem wir mit unseren Sünden und Bedürfnissen und wegen derselben, mit allen Missfallen an uns selbst, zu dem Tisch des Herrn gekommen sind, in dem Vertrauen, dass, wiewohl wir ihm nichts bieten können, Er dennoch seinen Bund der Gnaden uns halten wird.
Der Herr stärke uns durch den Geist seiner Gnade, dass wir es dafür halten, dass solches gewiss und wahr ist, weil sonst der Herr uns das Bundeszeichen nicht würde verordnet und gegeben haben. So werden wir nicht unwürdig gegessen und getrunken haben, nein, sondern nach des Herrn Herzen, womit er, als unser einziger und gnädigster König, uns zu Seinem Tisch befohlen hat.
Amen.