Wie der Prophet Jona als ein Auswurf der Hölle ans Land gekommen ist.
Gehalten am 16. Juli 1848. Gesungen wurden: Ps. 119, Vers 40-42. Lied 74, Vers 3. 4. - Ps. 146, Vers 4.
Nunmehr werdet ihr es aus dem Worte Gottes gerne vernehmen, meine Geliebten! wie Jona an's Land gekommen ist. Solches zu vernehmen ist auch herzerhebend, denn dem einen muß es zum Trost dienen, daß er dessen gewiß werde, er sei auch an's Land gekommen, dem anderen zum Trost, daß auch für ihn noch Hoffnung da ist, er werde doch einmal aus den Fluthen und aus der Hölle heraufgebracht werden, seinen Gott ewig zu loben, wenn auch jetzt noch alles ihm den Glauben und die Hoffnung rauben will. Deßhalb ist es mir sehr erwünscht, diesen Gegenstand mit euch zu behandeln.
Zum Eingang bringe ich euch darum folgenden Ausspruch aus dem Munde des Herrn: „Meine Hand hat alles gemacht was da ist, spricht der Herr. Und ich sehe an den Elenden und der zerbrochenen Geistes ist und der sich fürchtet vor meinem Wort“. Zwei Beispiele aus der heiligen Schrift, das eine einer Frau, das andere eines Mannes, mögen euch zum Belege dienen, wie theuer solches Wort des Herrn ist. Mirjam, die Schwester Mosis und Aaronis, sonst eine Prophetin, hatte sich in ihrem Eifer für das Gesetz der Werke, der Sünde und des Todes aufgelehnt gegen Mosen, weil er eine Mohrin zum Weibe genommen. Du Mirjam solches that, lehnte sie sich aber auf gegen das Gesetz der Freiheit, gegen das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu, und sie hatte darin Aaron zum Gehülfen. Darum ergrimmete der Zorn des Herrn über sie, die Gnade Christi wich von der Hütte, und Mirjam stand da geschlagen mit aller Plagen fürchterlichster: mit dem Aussatz, daß sie aussätzig war wie der Schnee. Moses, welcher aus Erfahrung wußte, was man leidet, wenn man sich nicht, so wie man ist, der Gnade Christi ergibt, schrie und sprach: Ach Gott, heile sie! Und der Herr wollte sie heilen; aber Mirjam mußte es selbst noch mal durch und durch erfahren, daß der Herr den Elenden ansieht; sie mußte darum, von ihrem Gesetz, wofür sie geeifert, verdammt, sieben Tage außer dem Lager verschlossen sein, wie Jona drei Tage verschlossen war in dem Bauche des Fisches. In diesen sieben Tagen mußte sie es lernen, in Gottes Sabbathsruhe hineinzugehen als eine Aussätzige. Selig sollte sie allerdings werden, darum zog auch das Volk nicht fürder, bis Mirjam aufgenommen ward, aber selig sollte sie werden als eine Aussätzige, als eine Elende, als eine …. ja, wie soll ich sie heißen? - das Gesetz, Aaron selbst spricht es am besten aus, wie sie hat selig werden müssen: als wie ein Todtes, spricht er, das von seiner Mutter Leibe kommt, es hat schon die Hälfte seines Fleisches gefressen.
Saulus, später hieß er Paulus, das ist deutsch: der wenig, gering ist, ein Gelehrter in der Schrift wie es keinen nach ihm gegeben, hatte sich auch in seinem Eifer für Moses, in seinem Eifer für das Gesetz der Werke, der Sünde und des Todes, aufgelehnt wider das Gesetz der Gnade; die Gemeine des Herrn war in seinen Augen eine Mohrin, die man verbannen oder tödten mußte; und da er so eiferte für das Gesetz, war es doch nichts anders, als daß er wüthete auch gegen Mosen, der gesagt: einen Propheten wie mich wird der Herr euch erwecken aus der Mitte eurer Brüder, denselben sollt ihr hören; und er wüthete gegen das Gesetz selbst, dessen Zweck eben dieser Prophet, Jesus von Nazareth, war. Nachdem er aber zu Boden geworfen war von dem Herrn und mit Blindheit geschlagen, erging es ihm wie Mirjam und wie Jona; drei Tage war er nicht sehend und aß nicht und trank nicht. Und wisset ihr, wie er sich in diesen drei Tagen hat kennen gelernt? O wie lieblich und tröstlich ist das Bekenntniß, welches er von sich selbst bekannt hat. Höret, womit er sich vergleicht, wenn er die Corinther lehren will, daß Jesus von den Todten auferstanden und nach seiner Auferstehung von seinen Jüngern ist gesehen worden: „Umsetzten nach allen, bezeugt er, ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden“. Was meint er mit diesen Worten „unzeitigen Geburt“? Er dachte an Mirjam. Da unser Herr Jesus mir erschien, will er sagen, und ich das Gesetz seiner Gnade erkannte, da war ich als wie ein Todtes, das wo es von seiner Mutter Leibe kommt, ist schon die Hälfte seines Fleisches gefressen.
Diese zwei Beispiele zum Eingang, wie elend die Elenden sind, welche der Herr ansieht, und welcher Art ihr Aussehen ist, wenn sie errettet ans Land kommen. Nun wollen wir es an Jona selbst noch näher in's Auge fassen.
Wir lesen im Buche Jona, Cap. 2, V. 11 folgende Worte:
Und der Herr sprach zum Fisch, und derselbe speiete Jona aus an's Land.
So ist denn Jona Gebet zu dem Gott seines Lebens nicht vergeblich gewesen, und unsere Geschichte ist ein neuer Beleg zu der Wahrheit, welche die tief bekümmerte Hanna, errettet aus ihrer Seelennoth, in ihrem Lobliede aussprach: Er tödtet, auch macht er lebendig, - er führt zur Hölle, er führt auch wieder heraus. Jona Gebet in dem Bauch des Fisches war von dem Herrn, und die Erhörung des Gebets war schon bereitet, bevor Jona noch geboren war. Es ist ein sicherer Beweis des Lebens, ein Beweis, daß die tiefbekümmerte Seele ihre Bitte, die sie bittet von dem Herrn, auch bekommen wird, wenn sie mal anfängt zu schreien, zu wimmern und zu girren, anfängt zu ringen und zu klagen, zu rufen ohne Rast: Laß mich leben, daß ich dich lobe; was hast du an meinem Tod? Wenn die Noth so arg ist, daß man es wohl für gewiß halten muß, hier ist in Ewigkeit keine Errettung möglich, wenn der Herr es nicht thut, so wird der Herr alsbald das Gelübde in das Herz legen: Ja, willst du mich noch aus dieser Noth erretten, - was ich freilich für unmöglich halte, denn was sollte ein so durchaus Ungerechter wie ich bin, bei einem solchen gerechten und heiligen Gott wie du bist länger verweilen, - willst du mich aber dennoch aus dieser meiner Hölle noch mal herausbringen, so wirst du mein Leben lang und in Ewigkeit mein Gott sein. Es muß mit allen Elenden, die hernach in der Herrlichkeit Gottes, in der Herrlichkeit seiner Errettung allein Herrlichkeit sehen, erst dahin kommen, daß sie bekennen: es ist mit mir ein Garaus, das Heil ist des Herrn. Dahin bringt es aber der Herr mit ihnen, auf daß sie seiner Heiligkeit und Seligkeit auf ewig theilhaftig seien und in Gottes Wegen bleiben, wie verkehrt und verdreht sie auch an und für sich selbst sind. Denn sollen wir in Wahrheit belehrt sein, daß das Heil nicht unser, nicht des Fleisches, nicht des Gewilltseins oder Laufens, sondern des erbarmenden Gottes allein ist, so werden wir wohl zuvor unsrer großen und schrecklichen Noth wegen es haben drauf und dran geben müssen, das Heil noch anderswoher zu erwarten. Es ist uns dann ergangen wie Jona; da er im Bauche des Fisches war, also in der Macht des Todes und der Hölle lag, da war keine Errettung mehr möglich, denn allein von demselben Gott, dessen Wogen und Wellen über ihn hergingen. Aber dieser Gott errettet auch zuletzt ganz wunderbarlich. Das thut er um seines lieben Sohnes willen, der gesagt: „Du wirst meine Seele in der Hölle nicht verlassen“; und wiederum sprach er: „Du thust mir kund den Weg zum Leben.“ Er, der den Brüdern in allem gleich gemacht wurde, auf daß er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester, zu versöhnen die Sünde des Volks, der allenthalben versucht wurde gleich wie wir, lernte es in den Tagen seines Fleisches von der Geschichte Jonä, das er für sein armes und elendes Volk drei Tage und drei Nächte in dem Herzen der von Gott verfluchten Erde als Fluch und Sünde, als des Todes und der Hölle Beute liegen müsse und alle die schrecklichen Anfechtungen für uns würde durchzumachen haben. Er wußte aber, daß er es für das erwählte Volk thun würde, welches in der Hölle, in der Macht der Sünde und des Todes sich befand; er wußte auch, daß es der Wille des Vaters war, daß durch sein von der Hölle Verschlucktsein die Hölle und der Tod selbst sollten verschluckt werden zum Siege, und errettet sein auf ewig seine Armen, die in den Banden des Todes und der Hölle lagen: - darum sprach er durch ewigen Geist zu seinem Vater: „du wirst meine Seele nicht in der Hölle verlassen“, als wollte er sagen: Du weißt es, daß ich nach deinem Willen, um die Elenden zu erretten zur Hölle fahre, darum wirst du wohl mitten in solcher Hölle meine Seele bewahren; darum traue ich es dir auch zu, daß ob ich gleich den Pfad nicht weiß, aus solcher Macht und Banden des Todes wieder hinwegzukommen, du aber den Pfad zum Leben mir dann wirst kund thun, daß ich meine Erlösten, die da liegen in Schatten und Banden des Todes, mit mir hinaufgebracht habe.
Und dieses „du wirst meine Seele nicht in der Hölle verlassen“ und „du thust mir kund den Weg zum Leben“ wirkt er durch seinen Geist hinein in das Herz aller Seelen, die mit seinem theuren Blut erkauft sind, so daß sie auch solchen Glauben bekommen, um es in Ihm, dem mit Sieg gekrönten Haupte, wenn auch mit Zittern und Beben, mitten im Bauch der Hölle auszusprechen: „Du wirst meine Seele nicht verlassen; dennoch werde ich den Tempel deiner Heiligkeit wiedersehen.“ Da können sie denn auch nicht anders, als daß sie anfangen zu schreien zu dem Herrn; und bekommt man dann, wenn man alle Hoffnung auf Errettung drangegeben hatte, den Herrn wieder zu Gesicht, so ist es auch der Herr allein, in dem man den Weg zum Leben, zum Ausgang aus dieser Macht der Bande des Todes erblickt; und indem man es gewahr wird, daß das Heil allein des Herrn ist, erfährt man auch dasselbe was Jona erfuhr: „Der Herr sprach zu dem Fisch.“ - Konnte denn das Ungeheuer, das gar kein Organ für Gottes Stimme zu haben scheint, dennoch Gottes Stimme vernehmen? O gewiß, so gut wie ein Hund seines Herrn Stimme vernehmen und seinen Willen verstehen kann, eben so konnte das Seeungeheuer die Stimme seines Schöpfers vernehmen und seinen Willen verstehen. - Prächtig lautet es, wie es die Züricher Bibel überfetzt: Es hat nach dem der Herr dem Fisch geheißen. Dieses „nach dem“ spricht das Ende des Streits aus und des Leidens, welches Jona gelitten, das Ende seines Ringens, seines Verzagens, seiner namenlosen Angst, seiner Ratlosigkeit, ja Verzweiflung worin er gewesen, da ihm das Wasser des Zornes bis an die Seele gestiegen ist. Dieses „nach dem“ ist wie ein Lichtstrahl in der Finsterniß zum Trost aller Angefochtenen. Jesus Christus ist gestern und heute derselbe bis in alle Ewigkeit. Also wenn Streit und Leiden da ist, wenn Noth, wenn Angst, wenn Rathlosigkeit und Verzweiflung sich aufthürmen, und die Glieder wie zusammengebunden liegen in der Macht der Hölle, so daß der Elende gekrümmt ist in dem Bauch seiner Noth, und es kommt dann, wo nun gar alle Aussicht auf Errettung verschwunden ist, ein Hülferufen zu dem allmächtigen Erbarmer, der doch inmitten des Zorns der Gnade kann eingedenk sein: - alsbald müssen Thore und Riegel zerspringen, alsbald muß der Teufel seinen Fang wiedergeben, die Hölle ihre Beute lassen, und es muß eine vom Satanas gebundene Tochter Abrahams wieder aufrecht gehen in der Gesundheit ihres Erretters, dessen Händeauflegung zur Wiederherstellung gar keine andere Macht hat als die Macht der ganzen Hölle zur Vernichtung; und hat er die Sünden vergeben, wer wird noch Sünden vorrücken können?
Kein Seeungeheuer, keine Hölle, kein Tod, keine Gebundenheit in Sünde hat weiter Macht oder Gewalt, wenn der Herr spricht: Laß meine Gefangenen los; die Hölle muß bersten oder wiedergeben. Das sollte doch für immer uns gutes Muthes machen, daß wir mögen ein fröhliches, vergnügtes Leben führen, da wir wissen, daß es der Hölle ganz übel dabei wird, wenn sie die Elenden Gottes verschluckt hat, sie taugen einmal nicht in dem Bauche der Hölle, die mit Christi Blut von Ewigkeit erkauft sind. Die Hölle denkt wohl einen guten Fang an ihnen zu haben, aber sie kann den lebendigen Heiland so wenig in ihrem Bauche ausstehen, daß sie, ob auch der Sünder wohl ihr munden möchte, eines losgekauften Sünders wegen doch mehr Angst des Todes im Leibe haben wird, als der Elende selbst dabei mag geängstet sein, und fängt er erst an zu schreien und zu bekennen: das Heil ist des Herrn, so wird es ihr gar übel zum Tode; und spricht dann Er, dessen Name ist: Ihr Erlöser ist stark: Gib wieder deine Beute, alsbald krümmt sich zu seinen Füßen der mächtige Leviathan, bittet für sich selbst um das Leben und speit den mit Gott Ringenden aus, sei's auch mit Widerwillen und starkem Sträuben. Aber er muß, denn das Wort ist erschallt: Ich will sie erlösen aus der Hölle, ich will sie erretten vom Tode; Tod, ich will dir ein Gift; Hölle, ich will dir eine Pestilenz sein.
Aber was sage ich: „er speiet ihn aus“? Ja doch, so lesen wir: Und er (der Fisch) speiete Jona aus an's Land. - So vernehmen wir denn, wie Jona an's Land gekommen ist, nämlich ebenso wie Mirjam, das heißt deutsch: „Ihre Widerspenstigkeit“, aufgenommen wurde in's Lager Gottes; sie wurde aufgenommen, als hätte ihr Vater ihr in's Gesicht gespieen, was wohl die äußerste Schmach ist. Jona befand sich, wie Paulus sich befand, da ihm der Herr erschienen war. Jona, Miriam und Paulus, und alle die zu dem Häuflein der Heiligen Gottes gehören, kommen an's Land wie ein Todtes, daß ich es wiederhole, wie ein Todtes, das von seiner Mutter Leib kommt, es ist schon die Hälfte seines Fleisches gefressen. Jona kam an's Land als ein Ausgespieener, als ein Auswurf aus der Hölle. Wie verschieden war dieser Jona von dem vorigen Jona. Früher war er fett und stark, früher konnte er so heilig, so gravitätisch einhergehen, er konnte mit dem Haupte in den Wolken wandeln; wie hübsch waren früher seine Kleider, da konnte er goldene Schellen der Heiligkeit an dem Saum seines Rocks tragen, daß alle den Klang höreten und von ihm sagten: da geht er, da kommt er. Und ach wie sah er jetzt aus: hatte er noch Gestalt oder Schöne? Hätte sein ganzes Volk der Juden ihn in diesem Zustande erblickt, sie würden sich gewiß gefragt haben: Ist das Jona, ist das ein Prophet Gottes, ist das ein Christ? Dahin war seine ganze Zierde, alle seine Herrlichkeit. Wie war er so ganz verändert binnen drei Tagen und drei Nächten! Seine Gestalt war zerfallen und wie von einer Motte zerfressen; abgehärmt und abgemagert von dem Fasten und der Angst des Todes, kam er zum Vorschein; er sah aus wie einer der aus dem Grabe gekommen, alle seine Kleider, der ganze heilige Prophet war ein Schlamm und Speichel, dazu überschüttet von einer großen Wasserwoge, womit die Hölle ihn ausgeworfen. So sah er denn schlimmer aus als noch je zuvor; sündiger war er als je zuvor, elender und hülfloser, unreiner und besteckter, als da er zum ersten Mal bekehrt wurde. Ach er konnte vor Scham und Schande seinen Mund nicht aufthun. Er war wie ein kahler unfruchtbarer Baum, zweimal erstorben und ausgewurzelt, und was Paulus von einer Wittwe sagt, die in Wollüsten lebt, daß sie lebendig todt ist, ein ähnliches mußte er zu seiner Beschämung von sich bekennen. Daß einer zuerst, wenn er bekehrt wird, todt liegt in Sünden und Missethaten, daß ein solcher gelegen hat in den Stricken des Todes in der Hölle, das ist einmal nicht anders; das aber ein Wiedergeborner, ein Bekehrter so weit von dem Felsen verschlagen wird, daß er in eine Tiefe hinabstürzt, die er nie zuvor gekannt, ja daß er in den Bauch der Hölle hinein geräth und als ein Gebundener des Satans sich nicht rühren noch bewegen, sich selbst mit all seinem Thun und Wollen, wie gerne, er auch möchte, nicht mehr erretten kann, - das gereicht doch wohl zu seiner äußersten Schmach und Schande.
Jona kam also an's Land als ein Ausgespieener, als ein Auswurf der Hölle; er hatte seine Heiligkeit in der Hölle lassen müssen und lag da auf dem Trockenen wie eitel Speichel und Schlamm. Die Hölle hat ihn nicht freigeben wollen, sie mußte es aber, denn das Gebot des Lebens war gekommen zu dem Gebet des Elenden, so stieß sie ihn denn aus, überwarf ihn aber dabei noch am Ende mit ihrem ganzen Geifer; da lag er denn wie eine Frucht aus der Geburt geworfen, nicht werth ein Mensch zu heißen, wie ein Junges der Hindin, dahingeworfen aus der Mutter, von der Gebärerin, die sich davon gemacht, verlassen, wie ein hülfloses Kind, das nicht weiß was anzufangen; - aber nein, ein Kind denkt nicht, - er lag da, ein weiser, ein verständiger, ein denkender Mann, ein Mann der Gott kannte, der mit dem Herrn, mit den Engeln Umgang gepflogen, der erleuchtet war, der den Geist Gottes empfangen hatte, - und dieser denkende Mann war überworfen, überdeckt mit allem Schlamm des Abgrundes, so daß er vor den Menschen sich schämen und davon machen mußte, oder mit allen Gefühlen: Ich bin es unwerth, daß sie mich aufnehmen, ihre Hülfe anrufen, wie der elendeste Bettler es nicht braucht zu thun. Wo er auch hinkommen mochte, mußte er seine Kleider ausziehen, nackt da stehen und froh sein, wenn man ihm mit etwas Wasser zur Reinigung, mit einem Kleide zur Bedeckung in Liebe entgegen kam.
Ich hätte seine Gespräche hören mögen, die er mit Frommen und Gottlosen, mit Reichen und Armen am Geiste, mit Heuchlern und Aufrichtigen, mit Ketzern und Irrenden, mit hohen Heiligen und kleinen Kindern in der Gnade gehalten haben mag, nachdem er so wunderbar erlöst war aus dem Rachen des Todes; gehört möchte ich haben sein Zeugniß von sich selbst und von der Gnade Jesu, auch die Antworten die er den Leuten gegeben, da er so schrecklich verunstaltet zum ersten Male wieder Menschen sah. Sie haben ihn natürlich gefragt: wie heißt du, und wo kommst du her, und wodurch bist du so zugerichtet? da hat er denn die ganze Wahrheit sagen müssen, auch bekennen wie er hat heilig sein wollen, wie er aber dabei gesündigt, wie er also nicht mehr heilig sei, sondern Gott allein sei heilig, - und daß er deßhalb nunmehr in Wahrheit heilig sei, wie er auch aussehe, weil das Heil des Herrn ist.
Meine Geliebten! Ich habe euch mitgetheilt, wie Jona an's Land gekommen ist. Er ist an's Land gekommen als ein Auswurf der Hölle. Jona ist sehr glücklich dran gewesen, daß er über Bord geworfen und von der Hölle für eine Zeit verschluckt worden ist, denn es ist doch besser für eine Zeit als ewig. Er ist sehr glücklich dran gewesen, daß es ihm aufgedeckt wurde, wie alles Fleisch, und sei es auch das eines Propheten Gottes, sich nicht beugen will unter das Wort von Gnade, denn in solchem Wege ist er mit der seligen Herrschaft der Gnade bekannt und unter diese Herrschaft geborgen worden. Wie schrecklich es ihm auch in der Hülle des Fisches gewesen, so hat er es doch mitunter noch gut gehabt in dieser Hölle, denn mitten in seiner Angst rief er es einmal aus: Dennoch werde ich den Tempel deiner Heiligkeit wiedersehen; sodann aber hat er eben in aller Angst und Beklemmung den Geist des Gebets, des unaussprechlichen Seufzens zu Gott reichlich empfangen, und hat es also gelernt und erfahren, daß die Gnade ihren Thron mitten in unsrer Verlorenheit aufgerichtet hat. Er ist auch sehr glücklich dran gewesen, daß er so hart ausgestoßen und mit allem Schlamm überwerfen an's Land gekommen ist, denn diese Schmach und Schande hat er sein Lebtage nicht wieder vergessen können; aus war es mit seinem Ruhm und Gott hatte die Ehre.
Er war aber auch glücklich, daß er so an's Land kam, wie er an's Land kam, nämlich daß es geschah auf des Herrn Befehl zu dem Fische, denn so hatte er gelernt, daß wir, wer wir auch seien, zu unsrer Seligkeit nichts beitragen können; von nun an war er der rechte Mann zu predigen: der Herr thut's allein, Gott allein macht selig aus freiem Wohlgefallen, wir aber wollen seine Seligkeit nie und nimmer, und fahren ihm immerdar in die Quere mit unserm Rath.
Es ist das aber nicht um Jona willen allein geschrieben, daß er an's Land gekommen ist wie ein Auswurf der Hölle, sondern auch um unseretwillen. Wer meint, nach seiner Bekehrung hange seine Seligkeit von seiner eignen Heiligkeit und seinen guten Werken ab, lasse solchen Stolz fahren; und wer meint, er könne mit Gott anfangen was er will und laufen wie er will, Gott müsse ihn dennoch selig machen, der wisse, daß Einer dort oben stärker ist als er. Derjenige aber welcher in der Hölle der Noth liegt, der Sünde und der Anfechtung, er verstehe es, daß der Gott, der Jona aus dem Bauche des Fisches errettete, annoch lebt, und daß er das Schreien wohl hört und selbst alle Freiheit gibt in solcher Hölle zu beten: „Erlöse mich von Blutschulden, o Gott, der du mein Gott und Heiland bist“ und es, wenn auch in einem Schrei der Ohnmacht, auszurufen: „Dennoch werde ich ihn loben; freue dich nicht, meine Feindin, daß ich darnieder liege, ich werde wieder aufkommen! und so ich im Finstern sitze, so ist doch der Herr mein Licht. Ich will des Herrn Zorn tragen, denn ich habe wider ihn gesündiget, bis er meine Sache ausführe und mir Recht schaffe; er wird mich an das Licht bringen, daß ich meine Lust an seiner Gnade habe.“ Und ihr, die ihr versteht, was es heißt, wie ein Auswurf der Hölle ans Land gekommen zu sein, laßt euch dadurch, daß der Teufel euch fortwährend auf eignem Ruhm festhalten will, den Ruhm nicht nehmen der gewaltigen Gnade, die sich an unsren Tod nicht kehrt, sondern gnädig ist, weil sie gnädig ist. Gotte und dem Lamme sei der Ruhm unsrer Seligkeit jetzt und immerdar. Amen.