(2. Juli 1871.)
Text: Luk. 15,1-7.
Es nahten aber zu ihm allerlei Zöllner und Sünder, dass sie ihn hörten. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an, und isst mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis, und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat, und so er deren Eins verliert, der nicht lasse die neun und neunzig in der Wüste und hingehe nach dem Verlorenen, bis dass er es finde? Und wenn er es gefunden hat, so legt er es auf seine Achseln mit Freuden. Und wenn er heim kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn, und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, vor neun und neunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen.
Jesus nimmt die Sünder an!
Sagt doch dieses Trostwort Allen,
Welche von der rechten Bahn
Auf verkehrten Wegen, wallen!
Hier ist was sie retten kann:
Jesus nimmt die Sünder an.
Das ist, ihr Lieben, im Vers eines schönen Kirchenliedes zusammengefasst, der Inhalt unseres heutigen Evangeliums, welches uns einen tiefen Blick tun lässt in das Meer der Liebe und Erbarmung unseres Gottes und Heilands, darin uns aufgeschlossen wird der unergründliche Reichtum der Gnade Jesu Christi und seine unermüdliche Hirtentreue und Heilandsliebe vor Augen gemalt wird. O, dass unser Auge sehen möchte die Freundlichkeit und Leutseligkeit unseres Gottes, und unser Ohr hören möchte auf die Hirtenstimme Jesu! O dass unser Herz, das oft noch so kalt und tot und abgestorben ist, belebt und erwärmt, ja ganz durchdrungen würde von den Strahlen der Liebe Jesu! Jesus nimmt die Sünder an, das ist der Inhalt des heutigen Evangeliums. Ebenso ruft Paulus voll Anbetung aus: Das ist je gewisslich wahr und ein teures wertes Wort, dass Christus Jesus gekommen ist in die Welt, Sünder selig zu machen. Darum lasst uns fröhlich sein und uns freuen! Lobt den Herrn und preist seinen hochheiligen Namen; singt unserem Gott uns spielt ihm auf Harfen, Hallelujah! Denn Er hat also die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Ach was wären wir ohne Christus! Wie sollte uns armen Sündern, wie sollte mir und dir geholfen werden ohne Christus? Wie sollte die arme Welt mit ihren Sünden und Schanden, mit ihren Gebrechen und Krankheiten, mit ihrer Traurigkeit und Schwermut, mit ihrem Zweifel und ihrer Verzweiflung, die an vielen Herzen nagen - wie sollte unsere arme Welt geheilt werden ohne einen Sünderheiland? Wie sollte das Rätsel der Welt, das zu allen Zeiten die denkenden Geister und fühlenden Herzen tief bewegt hat, gelöst werden ohne Christus? ohne Gethsemane und Golgatha, ohne Erlösung und Versöhnung, ohne das Blut des Lammes, das der Welt Sünde trägt, ohne den guten Hirten, der sein Leben lässt für die Schafe, und sucht das Verlorene, die verlorene Seele und die verlorene Welt, bis dass er sie findet. O Welt, o Welt! O Christenheit, o Christenheit! siehe, hier ist dein Heil, in Christo, und außer ihm ist kein Heil. Es bleibt dabei und ist ewig wahr: es ist in keinem Andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen wir sollen selig werden, als allein der Name Jesus..
Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden;
Komme, wen dürstet, und trinke, wer will!
Holet für euren verderblichen Schaden
Heilung aus dieser unendlichen Füll'!
Alle Verlornen sind hieher geladen:
Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden.
Jesus ist kommen, sagt's aller Welt Enden;
Eilet, ach eilet zum Gnadenpanier!
Schwöret ihm Treue mit Herzen und Händen,
Sprechet: wir leben und sterben mit dir!
Amen, o Jesu, du wollst uns vollenden!
Jesus ist kommen, sagt's aller Welt Enden!
So wollen wir denn in dieser stillen Stunde heiliger Andacht nach Anleitung unseres Textes unter dem Beistande des heiligen Geistes mit einander reden von der hohen und seligen Wahrheit:
Jesus nimmt die Sünder an.
Wir unterscheiden an der Hand unseres Evangeliums drei Punkte:
Herr Jesu, du bist die Liebe, die erbarmende Liebe selbst! Du nimmst die Sünder an. O nimm auch uns Alle an. Gehe uns nach, bis du uns gefunden hast, und wir von Herzen sprechen können: Herr Jesu, dir leb' ich, dir leid' ich, dir sterb' ich, dein bin ich tot und lebendig; mach' mich, o Jesu, ewig selig! Amen.
Unser Evangelium entrollt vor unsern Augen ein herrliches Bild. Der Herr steht im Kreise seiner Jünger. Scharen des Volkes kommen zu ihm von allen Seiten. Darunter find viele Zöllner und Sünder. Diese schuldbeladenen Leute kommen aber nicht in böser Absicht, um zu richten, oder den Herrn in der Rede zu fangen, oder um zu spotten und zu lachen und allerhand Bemerkungen zu machen; sondern heilsbegierig kommen sie, um Jesum zu hören. Darum bleiben sie auch nicht in der Ferne stehen, sondern drängen und nahen sich heran, um ja recht nahe beim Herrn zu sein, zu dem sie ein großes Zutrauen haben; nicht als wären sie die Würdigsten, sondern sie sind die Unwürdigsten und wissen das; aber gerade darum wollen sie in die Nähe des Herrn, er ist der rechte Mann für sie. Doch siehe, was geschieht? Auf der Seite stehen Pharisäer mit tugendhafter Miene und eingehüllt in das Gewand scheinheiliger Frömmigkeit, und Schriftgelehrte mit ernstem, ehrfurchtgebietendem Antlitz - doch ihr Herz ist ferne von Gott. Es entsteht ein Murren in ihren Kreisen, und einer spricht zum andern missbilligend: dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen Jesus aber, voll Milde und Liebe und heiligen Ernstes, weist die murrenden Pharisäer zurecht in dem wunderschönen Gleichnis, das wir gelesen haben. Ihr Lieben, wollen wir es auch so machen wie die Pharisäer und Schriftgelehrten? nein, lasst uns vielmehr den schuldbeladenen Zöllnern und Sündern gleichen, und lasst uns auch wie sie heilsbegierig zum Herrn nahen, um sein Wort zu hören, das teure und selige Evangelium: Jesus nimmt die Sünder an! und zwar
Ach hört es doch, das wunderbare Wort, und lasst dasselbe in eure Herzen hineinfallen, dass ihr's nimmer vergesst, dass es euch begleite auf Schritt und Tritt, auf allen Wegen und Stegen, in eurem ganzen Tun und Lassen. Jesus geht hin nach dem Verlorenen, bis dass er es findet. Wer ist denn dieser Jesus? Wäre er ein gewöhnlicher, aber heiliger Mensch, so wäre seine Liebe, Herablassung und Treue schon zu bewundern. Nun aber ist Jesus Gott über Alles gelobt in Ewigkeit. So hört es denn, ihr Seelen: der Gott Himmels und der Erde, der König aller Könige und Herr aller Herren, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoße ist, die selige Gemeinschaft und den ewigen Liebesumgang mit dem Vater genießt, der Alleinselige, der Nichts und Niemand bedarf - dieser Jesus geht hin nach dem Verlorenen! der unendliche Gott nach dem endlichen Wesen, der Schöpfer und Herr der Kreatur nach dem abgefallenen und rebellischen Geschöpfe, der Heilige und Reine, der lauter Licht und Leben ist, nach dem Unheiligen, Sündigen und Toten; ja Jesus geht hin nach dem Verlorenen, nach der verlorenen Welt und der verlorenen Seele. Er ist Mensch geworden und hat Knechtsgestalt angenommen; er hat einen blutigen Leidens- und Todesweg erwählt; er hat sich martern, plagen und kreuzigen lassen, um eine ewige Erlösung zu stiften und das Verlorene zu retten und selig zu machen.
O ewiger Abgrund der seligsten Liebe,
In Jesu Christo aufgetan!
Wie brennen, wie flammen die feurigen Triebe,
Die kein Verstand begreifen kann!
Wen suchest du? Sünder, die schnöde Zucht.
Wen liebest du? Kinder, die dir geflucht.
O gutes, o seliges, heiliges Wesen!
Du hast dir was Schlechtes zum Lustspiel erlesen.
Liebe Brüder und Schwestern, lasst mich frei und offen reden und an euer Herz kommen! Der Herr geht auch uns nach, und ist uns nachgegangen durch unser ganzes Leben. Aber wie Wenige, Wenige lassen sich finden, dass sie in der Tat und Wahrheit sagen können: wir waren weiland wie die irrenden Schafe, aber wir sind nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof unserer Seelen. Ach die Meisten geben sich damit zufrieden, dass sie getauft und konfirmiert sind, dass sie hie und da zum Abendmahl gehen und fleißig die Kirche besuchen und auch in die Stunden laufen, dass sie hie und da gute Rührungen und Vorsätze des Herzens haben, dass sie vielleicht auch Morgen- und Abendandacht halten und ihre Kinder christlich erziehen lassen. Aber damit ist noch nicht geholfen, damit bist du noch nicht gefunden vom guten Hirten. Es gilt eine gründliche Bekehrung und Wiedergeburt von oben; denn „es sei denn, dass jemand von neuem geboren. werde aus Wasser und Geist, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Das ist ein unverbrüchliches Reichsgesetz. O so wollen wir uns doch finden lassen und gründlich zum Herrn bekehren! Es ist Zeit, es ist Zeit, dass wir zum Herrn fleißig und inbrünstig beten: bekehre du mich, Herr, so bin ich bekehrt!
Jesu, frommer Menschenherden
Guter und getreuer Hirt,
Lass mich eins von denen werden,
Die dein Ruf und Stab regiert.
Ach du hast aus Lieb dein Leben
Für die Deinen hingegeben,
Und du gabst es auch für mich:
Lass mich wieder lieben dich!
Heute, da wir in Gottes Haus versammelt sind, werden aufs neue alle, die noch nicht wahrhaft gefunden sind, vom großen Gott und Heiland der Seelen gesucht. Darum will ich's ausrufen, so gut ich kann: heute, so ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht! Heute spricht der Sohn Gottes zu einem jeden von uns laut und vernehmlich durch das köstliche Evangelium: Lass dich finden, lass dich finden! Wie oft, wie lange habe ich dich gesucht von Kindheit an und nicht gefunden. Ich habe dich gesucht in der Taufe, aber wie bald bist du aus der Taufgnade gefallen; ich habe dich gesucht in der Schule, aber ich habe dich nicht gefunden; ich habe dich gesucht im Konfirmationsunterricht, aber ich habe dich nicht gefunden; ich habe dich gesucht beim Abendmahl, aber ich habe dich nicht gefunden; ich habe dich gesucht in der Predigt durch viele Prediger, aber du hast meine Stimme nicht gehört; ich habe dich gesucht durch die Stimme des Gewissens, in der Öde und Leere deines Herzens, aber du hast diese Stimme betäubt durch die eitle Weltlust und die Genüsse des Fleisches. O Christ! dein Gott hat dich gesucht durch Liebe und Güte, durch freundliche Tage, durch Glück und Wohlergehen; aber du hast dies Alles als Raub hingenommen und deinem Gott nicht gedankt, das Herz ihm nicht geschenkt. Dein Gott hat dich gesucht durch Krankheit, Kreuz und Leiden, als er dich selbst aufs Krankenlager legte, oder durch das Sterbebett deines Kindes, oder da er die teure Gattin von dir genommen. Du hast wohl gute Vorsätze gefasst, aber sie sind alle zu Wasser geworden. Ach, zu wie Vielen muss Gott also sprechen! Wie aber wollen wir entfliehen dem Gericht, wenn wir die treusuchende Liebe unseres Gottes also verachten? Alle, die sich nicht finden lassen und gründlich bekehren, sind ausgeschlossen vom Reiche Gottes. Ihr Teil wird sein, da ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht erlischt. Wer den sanften Hirtenruf Jesu in der Zeit nicht vernimmt, der muss in der Ewigkeit das schreckliche Wort hören: Geht hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.
Wer sich aber irgend will retten und finden lassen, geht nicht verloren; denn die Treue und Liebe des guten Hirten ist unermüdlich. Davon redet unser Text, wenn es heißt: „Er geht hin nach dem Verlornen, bis dass er es finde.“ O ein köstliches Trostwort, eine süße Botschaft für Alle, die sich finden lassen wollen und doch noch nicht recht zum Frieden in Gott durchgedrungen sind. Wenn solche Seelen da sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit und noch nicht recht satt geworden sind, die aufgeweckt und aufgeschreckt sind vom Sündenschlafe, aber den Frieden Gottes noch nicht recht schmecken dürfen; denen ruft unser Evangelium zu: Seid getrost, fürchtet euch nicht! Bald wird auch euch die Sonne der Gerechtigkeit scheinen und ihr werdet Heil finden unter ihren Flügeln. Der gute Hirte hat gesagt, dass er hingehe nach dem Verlornen, bis dass er es finde; und er wird sein Wort halten. Haltet nur an im Gebet und Flehen, im Verlangen und in der Sehnsucht nach dem Heiland; ihr sollt satt werden; euer Friede wird kommen wie ein Strom und eure Gerechtigkeit wie die Wogen des Meeres. Ihr werdet vom guten Hirten gefunden!
Jesus nimmt die Sünder an, indem er hingeht nach dem Verlornen, bis dass er es findet, und
Der Hirte sucht nicht bloß, er findet auch. Und wenn er das Verlorene gefunden hat, da freut sich der Hirte, da freut sich das Schäflein. Und nicht einem Fremden vertraut er es an. Nein, der große Erzhirte der Schafe, der sein Leben gelassen hat für uns, da wir noch Feinde waren, der treue Hirte und Bischof der Seelen, den wir mit unsern Sünden aufs tiefste und furchtbarste betrübt haben, dem wir Arbeit und Mühe machen, bis er uns endlich findet, Er nimmt eine verirrte Seele, die sich finden lässt, auf seine Achseln mit Freuden. O stehe still und bete an, mein Herz, vor dem Abgrund dieser versöhnenden und vergebenden Liebe! Er hadert nicht lange mit dem Sünder, stellt nicht harte und schwere Bedingungen der Annahme, will nicht, dass wir zuerst rein und heilig werden; nein, zuerst schenkt er seine Vergebung und Gnade und nimmt das Verlorne auf seine Achseln mit Freuden. Ach ja wir habens gut! Die Scheidewand zwischen Gott und dem Sünder ist abgetan. Gläubige Christen liegen nicht nur in Ehrfurcht auf den Knieen vor ihrem Gott, sondern sie werden getragen von ihrem Gott durchs Leben; sie ruhen an der Brust und dem Herzen ihres Heilands, sie empfinden die unmittelbare selige. Nähe und Gemeinschaft ihres Gottes, sie dürfen schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist. Und nicht bloß
In den ersten Gnadentagen
Wird man von dem Lamm getragen,
sondern: Ich will euch tragen bis ins Alter und bis ihr grau werdet; ich wills tun, ich will heben, tragen und erretten, spricht der Herr, unser Gott.
Sagt selbst, meine Lieben, ist das wahre evangelische Christentum nicht etwas Seliges und Herrliches? Haben etwa die Recht, welche sagen, das Christentum mache betrübte, traurige Leute, Finsterlinge und Kopfhänger? Mitnichten! Es geht freilich durch eine heilsame Betrübnis hindurch, die sich niemand ersparen kann, durch eine Reue, die niemand gereut; aber das Ziel solcher Betrübnis ist Friede und Freude im heiligen Geist. Die Pforte ist nicht zu eng und der Weg zum Leben ist nicht zu schmal, dass nicht Raum wäre für die Freude im Herrn. In unserem Evangelium freut sich der Hirte, und das Schäflein freut sich, und die Engel Gottes im Himmel freuen sich - das ist eine selige Freudengemeinschaft. Ja, wahre Christen sind nicht finstere, trübe, sauersehende Leute, sondern sie heben ihre Häupter auf, wozu sie allen Grund haben. O glaubt es doch, ihr Lieben, und lasst euch durch keine Einwendungen irre machen - die es erfahren haben, werden es laut bezeugen: das Christentum hat Freuden, wovon die Welt keine Ahnung hat. O Welt, was sind deine Lustbarkeiten und Genüsse, deine Spiele und Theater, deine Tänze und Eitelkeiten? eine Hand voller Sand, Kummer der Gemüter! Dagegen:
Vor Jesu Augen schweben.
Ist wahre Seligkeit.
Ein unverrücktes Leben
Mit ihm schon in der Zeit,
Nichts können und nichts wissen,
Nichts wollen und nichts tun,
Als Jesu folgen müssen:
Das heißt im Frieden ruhn.
Auf den Achseln des guten Hirten, in der Gemeinschaft des Herrn haben die Christen Freuden- und Wonnestunden. Freilich ist die Freude nicht immer überströmend; das wäre zu viel für unsern schwachen Leib, das ist der Ewigkeit aufbewahrt. Aber die Christen haben doch eine stille gelassene Freude, ein sanftes Herzensglück; es ist nicht mehr bei ihnen das schmerzliche Unbefriedigtsein der Welt, sondern sie sind glücklich in Gott. Und müssen wir auch nach der Ordnung Jesu durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen, so rühmen wir uns auch der Trübsale; dieweil wir wissen, dass Trübsal Geduld bringt, Geduld aber bringt Erfahrung, Erfahrung aber bringt Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zu Schanden werden. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist. Der innere Freudengrund der Seele kann zwar verdunkelt, aber nie zerstört werden, so lange du beim Heiland bleibst. So müssen auch die Trübsale und Kümmernisse zum Besten dienen, und werden eine Quelle neuer Freude und neuen Friedens, so dass wir endlich bekennen müssen :
Du hast mich auf Adlersflügeln
Oft getragen väterlich,
In den Tälern, auf den Hügeln
Wunderbar errettet mich;
Schien mir Alles zu zerrinnen,
Ward ich doch der Hilfe innen.
Tausend, tausendmal sei dir,
Großer König, Dank dafür.
Jesus nimmt die Sünder an, indem er hingeht nach dem Verlornen, bis dass ers findet; und wenn er es gefunden hat, nimmt ers auf seine Achseln mit Freuden; und
Der gute Hirte kommt mit dem verlorenen und wiedergefundenen Schafe heim, und bringt es wieder zur Herde. Der Christ steht nicht allein in der Welt, er wird eingefügt der Kirche des Herrn, einem Kreis von Brüdern und Schwestern, der Herde Christi. Da ist sein Vaterland, da ist er zu Hause, da fühlt er sich daheim, da ist er glücklich und zufrieden; nicht mehr draußen in der Irre, sondern daheim bei den Schafen Jesu, die wandeln im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung, bei denen das Eine Gebot gilt: Kindlein, liebt euch unter einander! O ein seliges Daheim! Und in seiner Freude, wieder eine Seele heimgebracht zu haben, ruft der Hirte seine Freunde und Nachbarn, die Engel, zur Mitfreude auf: Freut euch mit mir! Sein Ruf findet Anklang. Es ist Freude im Himmel bei den Engeln Gottes über Einen Sünder, der Buße tut, vor neun und neunzig Gerechten, die schon gefunden sind und der Buße nicht bedürfen. Die Rückkehr einer Seele zur Herde Christi ist eine Festfreude für die himmlischen Geister. Es besteht eine große Verbindung zwischen Erde und Himmel. In den ewigen Hütten nehmen die Seligen liebend Anteil an dem Heil der Menschen auf Erden; sie freuen sich, wenn ein Sünder die Bahn des Verderbens verlässt und auf dem schmalen Pfade wandelt, der zum Leben führt. Und vollends, wenn er ganz heimkommt zur oberen Gemeinde, zur Stadt des lebendigen Gottes, zum himmlischen Jerusalem, zu den Geistern der vollkommenen Gerechten: was für eine Freude wird das sein bei den seligen Engeln Gottes!
Dann ist's ausgerungen!
Ja dann sind wir da,
Droben wird gesungen
Ein Hallelujah!
Jesus nimmt die Sünder an, nicht nur in dieser Welt in seine selige Gemeinschaft, sondern hinauf in den Himmel. Dann sind wir ganz daheim. Dann geht der 23. Psalm ganz in Erfüllung: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf einer grünen Aue, und führt mich zu frischen Wassern, er erquickt meine Seele. Uns wird nicht mehr hungern und dürsten, auch wird nicht auf uns fallen die Sonne noch irgend eine Hitze; das Lamm mitten im Stuhl wird uns weiden und leiten und führen zu den lebendigen Wasserbrunnen, und Gott wird abwischen alle Tränen von unsern Augen.
Jesus nimmt die Sünder an!
Sagt doch dieses Trostwort Allen,
Welche von der rechten Bahn
Auf verkehrten Wegen wallen!
Hier ist was sie retten kann:
Jesus nimmt die Sünder an.
Amen.