Als nun Hunger ihm kam,
nach seiner Menschheit ihn des Mahles gelüstete
nach den vierzig Tagen, da ging der Feind näher:
der finstre Meuchler meinte nun, Mensch allein
wär' er gewißlich, und mit solchen Worten
grüßt' ihn der Grimme: „Wenn du Gottes Sohn bist,
was heißest du nicht werden, wie du Gewalt hast,
der Gebornen Bester, Brot aus diesen Steinen?
Heile deinen Hunger!“ Da sprach der heilige Christ:
„Vom Brote mögen die Menschen allein nicht,
die Leute, leben! Der Lehre Gottes willen
weilen sie in dieser Welt, die Werke zu vollbringen,
die da laut erheischt die heilige Zunge,
die Stimme Gottes. Darin besteht der Menschen Leben,
aller der Leute, die da leisten wollen,
was des Waltenden Wort gebietet!“
Noch versucht' ihn näher gehend
der Ungeheure, zum andern Male
auf seinen Fürsten fahndend. Das Friedenskind ließ
dem Widersacher dem Willen und gab ihm Gewalt,
daß er seine Stärke versuchen durfte.
So ließ er sich leiten von dem Leuteschädiger,
sich in Jerusalem auf den Gottestempel setzen,
außen auf die alleroberste Spitze
des höchsten der Häuser. Höhnisch sprach dann
der Grimme mit großem Prahlen: „Bist du Gottes Sohn,
so schreite zur Erde, denn geschrieben steht,
in den Büchern verzeichnet, geboten habe
seinen Engeln all der allmächtige Vater:
Dein warteten Wärter auf jedem Wege,
die dich auf Händen hielten, daß nirgend
du mit den Füßen an Felsen stießest,
an harten Stein.“ Doch der heilige Christ sprach,
der Gebornen Bester: „In den Büchern steht auch,
du sollst zu hart deinen Herren nicht,
zu sehr versuchen, denn schlecht wird dir's frommen.“
Zum dritten Male ließ er sich den Verderber des Volks
auf hohen Berg bringen, wo der Verführer zum Bösen
ihn all überschauen hieß die Erdenlande,
den Wohnern wonnig, die Reiche der Welt,
alle das Erbe, das die Erde trägt,
süßes Besitztum. Der Versucher sprach da:
„Diese Güter alle will ich dir geben,
diese hohe Herrschaft, wenn du hinkniest vor mir,
fußfällig mich zum Fürsten erwählst
und zu mir betest. So laß ich dich gebrauchen
aller der Schätze, die du hier schauen magst.“
Da wollte nicht länger des Leidigen Worte
hören der heilige Christ; er versagt' ihm die Huld,
verscheuchte den Satanas und sprach sofort,
der Gebornen Bester: „Beten sollen wir
zu dem allmächt'gen Gott, ihm allein
in Demut dienen die Degen allzumal,
die Helden, um seine Huld; dann ist Hilfe bereit
den Menschen männiglich.“
Da ging der Meintätige,
schwergemut schied er von dannen, Satanas,
der Feind, zu Flammentiefen; doch ein großes Volk
der Engel Gottes von dem Allwaltenden droben
kam zu dem Christ, die da künftig sollten
im Amte eifern, ihm aufzuwarten,
demütig dienend, wie das Volk dient dem Gott,
dem Herrn um seine Huld, dem Himmelskönig.
Da weilt' im tiefen Walde des Waltenden Sohn
eine lange Zeit, bis ihm lieber ward,
seine große Kraft kundzutun
der Welt zum Wohl. Er verließ des Waldes Hülle,
der Einöde Raum und suchte der Menschen Umgang,
die Menge des Volkes und der Männer Treiben.
Er ging zum Jordan hin; Johannes fand ihn da,
den Friedenssohn Gottes, seinen Fürsten,
den heiligen Himmelskönig. Zu den Helden sprach da,
zu den Jüngern Johannes, da er ihn gehen sah:
„Das ist das Lamm Gottes, das erlösen soll
diese weite Welt von der Sünde Weh,
von Meintat die Menschen, der mächtige Herr,
der Könige Kräftigster.“