Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 17. Capitel.

Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen, und allen Kindern Israel, und sprich zu ihnen; Das ist es, das der HErr geboten hat: Welcher aus dem Hause Israel einen Ochsen, oder Lamm, oder Ziege schlachtet in dem Lager, oder außen vor dem Lager, und nicht vor die Thür der Hütte des Stifts bringet, daß es dem HErrn zum Opfer gebracht werde vor der Wohnung des HErrn: der soll des Bluts schuldig rein, als der Blut vergossen hat, und solcher Mensch soll ausgerottet werden aus seinem Volk. Darum sollen die Kinder Israel ihre Opfer, die sie auf dem freien Felde opfern wollen, vor den HErrn bringen, vor die Thür der Hütte des Stifts, zum Priester, und allda ihr Dankopfer dem HErrn opfern. Und der Priester soll das Blut auf den Altar des HErrn sprengen, vor der Thür der Hütte des Stifts, und das Fett anzünden zum süßen Geruch dem HErrn, und mit nichten ihre Opfer hinfort den Feldteufeln opfern, mit denen sie huren. Das soll ihnen ein ewiges Recht sein bei ihren Nachkommen. Darum sollst du zu ihnen sagen: Welcher Mensch aus dem Hause Israel, oder auch ein Fremdling, der unter euch ist, der ein Opfer oder Brandopfer thut, und bringet es nicht vor die Thür der Hütte des Stifts, daß ers dem HErrn thue, der soll ausgerottet werden von seinem Volk. Und welcher Mensch, er sei vom Hause Israel, oder ein Fremdling unter euch, irgend Blut isset, wider den will Ich Mein Antlitz setzen, und will ihn mitten aus seinem Volk rotten. Denn des Leibes Leben ist im Blut, und Ich habe es euch zum Altar gegeben, daß eure Seelen damit versöhnet werden. Denn das Blut ist die Versöhnung für das Leben. Darum habe ich gesagt den Kindern Israel: Keine Seele unter euch soll Blut essen; auch kein Fremdling, der unter euch wohnet. Und welcher Mensch, er sei vom Hause Israel, oder ein Fremdling unter euch, der ein Thier, oder Vogel fänget auf der Jagd, das man isset, der soll desselben Blut vergießen, und mit Erde zuscharren. Denn des Leibes Leben ist in seinem Blut, so lange es lebet; und Ich habe den Kindern Israel gesagt: Ihr sollt keines Leibes Blut essen. Denn des Leibes Leben ist in seinem Blut. Wer es isset, der soll ausgerottet werden. Und welche Seele ein Aas, oder was vom Wilde zerrissen ist, isset, er sei ein Einheimischer oder Fremdling, der soll sein Kleid waschen, und sich mit Wasser baden, und unrein sein bis auf den Abend; so wird er unrein. Wo er seine Kleider nicht waschen, noch sich baden wird, so soll er seiner Missethat schuldig sein.

Dies Capitel hebt Zweierlei hervor: Die Kinder Israel sollten die Opfer nur an der Einen heiligen Stätte bringen, und ihnen war verboten, Blut zu essen. Die Eine heilige Stätte war, so lange das Volk in der Wüste weilte, die Stiftshütte. Da sollte nur der verordnete Priester die Opfer darbringen, und weil (V. 4) der Uebertreter durch die Anwendung der Todesstrafe als Mörder behandelt ward, so muß dies Gebot von einer großen Wichtigkeit und Bedeutung sein. Wie haben wir es nun zu verstehen? Das ganze Opferwerk wies hin auf das Eine vollgültige Versöhnungswerk durch Christus; kein Zweiter konnte es ausführen, als der Eine Christus. Darum war in Israel nur Eine Opferstätte, darum durfte das Opfer Niemand verrichten, als der Eine geweihte Hohepriester. Warum ward der als Mörder betrachtet, der anderswo opferte, als vor der Stiftshütte? Nur wer in dem lebendigen Glauben an den Sohn Gottes eingehen will in das Reich Gottes, nur der kann seine Seele erretten, Jeder, der es auf eine andere Weise versucht, ist ein Seelenmörder, wird als solcher behandelt und geht ewig verloren. Das scheint eine harte Rede, und die Welt kann sie nicht vertragen, aber jeder begnadigte arme Sünder hat es an sich erfahren, daß es nicht anders geht. Casteiungen, sogenannte gute Werke helfen nichts; der Gedankengott der Heiden, Ungläubigen, Juden und Türken kann sie nicht erretten; es kann allein der menschgewordene Gottessohn, das alleinige Sühnopfer für unsere Schuld. Wie wäre es möglich, uns den Himmel zu erwerben durch eigene Verdienstlichkeit! Wir können ja kein Ding thun, was nicht Sünde ist, auch wenn es noch so schön aussieht. Darum, es gibt nur Einen Kreuzesaltar, nur Eine Opferstätte Golgatha.

Diesem wahrhaftigen Gottesdienst entgegen wird der Feldteufeldienst gestellt; Feldteufel, das sind die bösen Geister, die nicht nur in den Wolken, auch in der Wüste wohnen. Man darf der Welt nicht damit kommen, daß es Teufel gibt, und das die Menschen ihnen dienen und opfern; dazu glauben sie zu aufgeklärt zu sein. Die Schrift aber sagt deutlich, daß alle Opfer, die man Gott nicht bringt, dem Teufel gebracht sind. Wenn auch die Ungläubigen, die Juden und Türken es nicht wissen, so ist doch all ihr Thun Teufelsdienst, gerade wie das Leben der Heiden, weil sie nicht den dreieinigen Gott, sondern Götzen anbeten. Entweder - oder; man dient dem HErrn Christus, oder dem Teufel. Darum (C. 4-9), wer Opfer bringt auf irgend eine andere Weise, als vor der Thür der Stiftshütte, der dient dem Teufel. So scharf und bestimmt scheidet die Schrift. So wenig man einem andern Gott dienen kann, als dem dreieinigen, so wenig kann man an einen andern glauben. Die Welt sagt: Wer an den Teufel glaubt, ist abergläubisch. Ja, sie hat Recht. An Etwas glauben heißt: Sein ganzes Vertrauen darauf setzen, und das ist dem Glauben an den dreieinigen Gott schnurstracks entgegen. Wer aber bekennt, daß ein Teufel sei, der bekennt damit, daß Alle, die nicht Gott dienen, dem Teufel dienen, bewußt oder unbewußt. Also umgekehrt: Die Welt glaubt an den Teufel, weil sie ihm dient, und ihr Aberglaube zeigt sich in allerlei Zauberwesen. Ihre Lehre ist nichts als Mord, und darum werden sie von Gott wie Mörder behandelt. -

Zweitens wird in unserem heutigen Capitel (V. 11) hervorgehoben das Verbot, Blut zu essen, auch nicht von den reinen, erlaubten Thieren. Das Blut gehörte dem Herrn allein an, und die Gründe sind uns sehr genau und bestimmt angegeben. Es ist also ein wunderbares Ding um das Blut, sowohl um das menschliche, wie das thierische. Es ist so genau mit dem Leben verbunden, daß das Blut selbst das Leben genannt wird; es verströmt mit der Seele, und die Seele gehört Gott. Der natürliche Mensch ist Gottes Zorn verfallen durch die Sünde, und die Folge der Sünde ist der Tod. Er ist das Getrenntsein von der Lebensgemeinschaft mit Gott. Sünde und Tod verhält sich wie Ursache und Wirkung zu einander. Soll der Mensch versöhnt werden mit Gott, so muß der Versöhner den Tod tragen, die Folge der Sünde. Dazu ist im alten Testamente vorläufig eingetreten das Thier. Der sündige Mensch legte sich gleichsam hinein in das Thier, um sinnbildlich durch dies Opfer sein eigenes Leben hinzugeben. Aber ob tausend Thiere geschlachtet wurden, sie waren kein Ersatz für eine Menschenseele; nur Christus konnte das Opfer sein, Christus, der die Menschheit angenommen hat; nur in Ihm konnte sich die Menschheit opfern, nur in und durch Ihn die Lebensgemeinschaft zwischen Gott und dem Sünder wieder angeknüpft werden. Darum mußte im Vorbild das Thier sein Leben verströmen durch sein Blut, und das Wichtigste, was Israel hatte, war das Blut als Vorbild auf Christi Opfertod, und wer Blut antastete, der tastete Christum an; es war ein Frevel, auch nur Einen Tropfen davon zu trinken. Für den armen Sünder ist nichts kostbareres, als Christi Blut. So betont ist in der ganzen heiligen Schrift das Blut, so viel Gewicht darauf gelegt, daß nicht nur sterben soll, wer Blut antastet, sondern deß Blut soll wieder vergossen werden. Darum ist der Unglaube solche Sünde, weil er Christi Blut verunehrt. Wer sich damit nicht loskaufen will, der muß ewig im Tode bleiben. Seit Christus gekommen, ist es umgekehrt geworden; nun gibt Er uns im Abendmahl Sein heilig Blut zu trinken. Wenn uns nun nicht nur erlaubt, sondern geboten ist, Christi Blut zu genießen, so ist auch Thierblut damit erlaubt, und es ist eine Verkennung seiner Bedeutung, wenn manche christliche Secten sich noch jetzt des Blutgenusses enthalten. Wie mit dem Blut, verhält es sich auch mit der Einen Opferstätte. Seit Christus gekommen, darf an jeder Stätte dem HErrn Opfer gebracht werden; jetzt gilt, was der HErr dem samaritischen Weibe am Brunnen sagte. Die Opferung des Blutes Christi auf Golgatha ist der große Wendepunkt, da das Vorbild in der Erfüllung aufgehoben ist, der Schatten in das Wesen sich aufgelöst hat. Für den begnadigten Sünder gibt es nichts Köstlicheres, als Christi Blut, weil er darin die Versöhnung und das ewige Leben hat, und in alle Ewigkeit können wir dem HErrn nicht genug danken für Sein heiliges Abendmahl; es ist unser Lebenstrank. Wir sehen aber auch an der Wichtigkeit, die für uns das heilige Blut hat, welch ernste strenge Vorbereitung dazu gehört, damit uns das heilige Abendmahl nicht zum Verderben gereiche. Auf Christi Opfer beruht Leben und Seligkeit. Darum dreht sich Alles. Die Kinder Israel konnten nur bleiben im Volk durch den Glauben an Eine Opferstätte, durch das Enthalten des Blutgenusses. So wir nur durch den Glauben an Christi Blut und Gerechtigkeit. Amen.