Die Gnade unseres HErrn Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Text: Jesaias 38, 1-5. Über Zeit ward Hiskia todtkrank. Und der Prophet Jesaia, der Sohn Amos kam zu ihm und sprach zu ihm: So spricht der HErr: „Bestelle dein Haus; denn wirst sterben, und nicht lebendig bleiben,“ Da wandte Hiskia sein Gesicht nach der Wand, und betete zum HErrn, und sprach: Gedenke doch HErr, wie ich vor dir gewandelt habe in der Wahrheit mit vollkommnem Herzen; und habe gethan, was dir gefallen hat. Und Hiskia weinete sehr. Da geschah das Wort des HErrn zu Jesaia, und sprach: Gehe hin, und sage Hiskia: So spricht der HErr, der GOtt deines Vater Davids: Ich habe dein Gebet gehöret, und deine Thränen gesehen; siehe, ich will deinen Tagen noch fünfzehn Jahre zulegen.
Wir sind heute, meine Lieben, am Sylvesterabend wieder im Hause Gottes versammelt, um den letzten Abend im Jahre da zuzubringen, wo wir ihn am besten zubringen können, nämlich im Hause Gottes. Ich will es heute nicht wiederholen, warum dieser Abend Sylvesterabend heißt, ihr werdet es noch von früher wissen; ich will euch heute nur das ans Herz legen, was jedem Christen am Herzen liegen muß. Wie es möglich ist Sylvester zu verleben ohne an den Tod zu denken, das weiß ich nicht. Und doch ist es möglich, denn die meisten Christen verleben denselben in Saus und Braus bis um Mitternacht, und noch lange nachher hört man das Geklirr der Branntweingläser und die Musik auf dem Tanzboden, und diese Leute meinen, das sei die beste Weise aus dem alten in das neue Jahr zu gehn. Ja es finden sich sogar Menschen, die nicht nur selbst den Abend hinbringen mit Gläserklang und Tanzmusik, sondern die auch ihre Knechte und Mägde dazu anleiten. Nicht wahr, da wird doch der Gedanke an den Tod absichtlich verdrängt? Denn wer mag vom Tode hören, wer mag daran denken, wenn es in Saus und Braus geht? Gewiß müssen wir alle recht fleißig beten: HErr, mache uns nüchtern aus des Satans Strick. Damit wir sehen, daß es in der That nicht ein so leichtes Stück ist selig zu sterben, so habe ich euch die Geschichte vom König Hiskias vorgelesen. Der Mann wurde krank, todtkrank, da schickte Gott den treuen Propheten Jesaias zu ihm mit dem Auftrage: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht lebendig bleiben. Ich sage, im Namen des barmherzigen Gottes wurde ihm diese Botschaft gebracht; denn es giebt keine größere Unbarmherzigkeit, als einen Menschen im Sterben liegen zu sehn und ihm nicht zu sagen: Du wirst sterben. Es giebt keine größere Barmherzigkeit, als einem todtkranken Menschen zu sagen: Du wirst sterben und nicht lebendig bleiben. O wie mancher Mensch fährt unvorbereitet in die Ewigkeit. Wie herrlich und köstlich ist es doch, wenn man einen Menschen ermahnt hat zur Vorbereitung auf ein seliges Ende. In der Regel findet man aber bei den Leuten das Gegentheil. Da besucht z. B. einer einen Kranken und sieht, daß ihm der Tod auf der Zunge sitzt, und doch sagt er zu ihm: Du kannst genug wieder bester werden, warte nur noch ein paar Tage. Und sind diese Lügner fortgegangen, dann sagen sie: O der arme Mensch, der Tod sitzt ihm schon auf der Zunge, bald ists mit ihm vorbei. Aber warum sagst du ihm das nicht ins Gesicht? Nein, lautet die Antwort, der Kranke hört das nicht gern. Wer die Kranken an den Tod erinnert, der wird in unserer Zeit grob genannt; wer ihnen aber vorlügt, daß sie wieder besser werden, der gehört zu den Gebildeten. Ich bitte euch, macht euch nie dieser Unbarmherzigkeit schuldig, wenn ihr einen Kranken sehet, daß ihr ihm sagt: Du wirst wieder besser, obgleich ihr sehet, daß ihm der Tod auf der Junge sitzt. Das sage ich euch, ich würde es nicht ertragen können, wenn ich einst am jüngsten Tage vor Gott stehe und es würde da einer sein, den ich mit falschem Trost gespeist hätte, wenn ich dann hören müßte die Anklage: Der greuliche Mensch hat es verschuldet, daß ich verdammt werde. Was sollte ich denn sagen zu Gott? O wahrlich, es ist schlimm und schwer genug für sich selbst Rechenschaft zu geben am jüngsten Tage; aber wie viel schwerer muß es sein auch noch für Andere Rechenschaft zu geben, die man in die Hölle gebracht hat. Sehet, als der Prophet Jesaias die Botschaft seines Gottes an den König Hiskias bestellt hatte, da heißt es: Hiskias wandte sein Angesicht zur Wand und betete; vorher lesen wir nicht, daß er gebetet habe. Er mag das gern gethan haben, ich glaube es auch, denn er war ein frommer Mann. Als er aber diese Botschaft erhält, da kann er beten, da wendet er sein Gesicht zur Wand. Ihr sehet da den Segen von der Botschaft, die ihm Jesaias gebracht: Hiskias nimmt zum Gebet seine Zuflucht. Mir däucht, das müßte ein ganz verstockter Mensch sein, dem diese Botschaft: Du mußt sterben, gebracht wird und der doch nicht betet. Was betet Hiskias? Wir hören da ein Gebet, darüber wir uns wundern müßten, wenn er nicht ein Jude gewesen wäre. Er betet: Gedenke doch, HErr, wie ich vor Dir gewandelt habe in der Wahrheit mit vollkommenem Herzen, und habe gethan, was Dir gefallen hat. Und Hiskias weinte sehr. Ihr sehet, ihn schüttelte der Todesfrost, ihm war bange vor dem Sterben. Und wenn er betet: Gedenke Gott, daß ich mit aller Aufrichtigkeit vor Dir gewandelt habe, so will er sagen: Warum soll ich jetzt schon sterben, da ich doch fromm und noch jung bin. Er fürchtet sich vor dem Tode und möchte gern noch länger leben. Ich sage, man müßte sich sehr über dies Gebet verwundern, wenn man nicht wüßte, daß Hiskias ein Jude gewesen sei. Ein frommer Christ kann nicht so weinen und beten, wohl aber ein frommer Jude. Auch die frommen Juden kannten Jesum noch nicht so genau, wie wir Ihn kennen; sie ahnten wohl die Herrlichkeit des Reichs Christi, aber dieselbe war ihnen noch nicht völlig klar; sie wußten wohl, daß Christus kommen - sollte, aber Christus war noch nicht gekommen. Einem frommen Christen ist nicht nur der ganze Rathschluß Gottes zu unserer Erlösung offenbar, sondern er hat die Gnade Gottes selbst an seinem Herzen erfahren, darum spricht er mit Paulo: Ich habe Lust abzuscheiden und daheim zu sein bei Christo Jesu, meinem lieben HErrn. Er kann nicht weinen, wenn der Tod kommt, sondern er spricht: Ich habe vielmehr Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, denn Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn. Erkennt daraus mit herzlicher Dankbarkeit, wie viel herrlicher es ist, ein frommer Christ zu sein, als ein frommer Jude. Weil nun der Sylvesterabend, der letzte Abend im Jahre, uns durchaus auffordert an unser Sterben zu denken, so können wir nicht anders, als mit ganzem Ernst vom Sterben zu predigen und zu hören. Dabei werde ich hingewiesen auf ein doppeltes Hauptgeschäft, welches ich einem jeden treuen Christen nicht genug empfehlen kann. Bestelle dein Haus, das läßt Gott Hiskias und auch uns sagen. Diesen Auftrag erfüllen wir ausfolgende Weise: Ich bestelle im Geistlichen mein Haus d. h. ich suche die Gewißheit zu erlangen, daß ich selig abscheiden kann; und ich bestelle im Leiblichen mein Haus, d. h. ich denke mit Sorgfalt darüber, nach, ob ich auch noch ein böser Schuldner bin, ob auch hier und da die Leute von mir etwas zu fordern haben und ob ich Jemand beleidigt habe. Wie schön ist es, wenn man so entledigt von leiblicher und geistlicher Schuld ins neue Jahr hinüber gehen kann; wenn man sagen kann: HErr, mein Haus ist im Geistlichen und Leiblichen wohl bestellt, nun mag der Tod kommen, wenn er will, ich bin bereit. Das ist ein großer Krebsschaden unserer Zeit, die Leute kommen darüber nicht ins Klare, wie es mit dem himmlischen Rechenbuche bestellt ist, ob darin auch alle Schuld getilgt ist; und wie es im irdischen Rechenbuche aussieht, ob da auch alle Schuld bezahlt ist. Finde ich, daß ich noch ein böser Schuldner bei Menschen bin, so kann ich im neuen Jahre nicht eher Ruhe haben, als bis die Schuld bezahlt ist. Und könnte ich dieselbe nicht gleich bezahlen, so wollte ich dem Mann sagen: Das ist schlimm, daß ich noch ein böser Schuldner bin, aber ich will nicht eher ruhen als bis die Schulden bezahlt sind. Ich will von den irdischen Schulden nicht weiter sprechen, aber ich bitte euch, trachtet darnach mit allen Kräften, daß ihr dieselben los werdet. Wir sollen im Kleinen sowohl wie im Großen treu sein. Schulden machen ist eine Prasserwirthschaft, die nicht für Christen paßt. Der wahre Christ will lieber trocken Brot essen und Wasser trinken als Schulden machen; und hat er Schulden, so behilft er sich in allen Stücken bis dieselben getilgt sind. Dem Könige Hiskias wurden von Gott auf sein Gebet noch fünfzehn Jahre zu seinem Leben zugelegt, und das war eine große Gnade für ihn. Wir haben ja gesehen, daß er noch nicht bereit war zum Sterben, darum waren ihm diese fünfzehn Jahre eine Gnadenfrist, darin er sich bereiten konnte zum seligen Sterben. Mit Gottes Hülfe wird er das auch gethan haben, denn fünfzehn Jahre laufen bald dahin. Wir wissen nicht, ob wir noch fünfzehn Jahre zu leben haben, wir wissen nicht einmal, ob wir nicht schon im nächsten Jahre abgerufen werden: deßhalb wollen wir das Wort recht bedenken: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht lebendig bleiben. Darum soll diesen Abend die Rede sein
Zuvor aber laßt uns beten: Lieber HErr Jesu, das sind sehr schlechte Menschen, die andere Leute betrügen; aber ist der nicht noch viel schlechter, der sich selbst betrügt, und ist der nicht der Allerschlechteste, der sich um seine Seligkeit betrügt? Und siehe, Jeder betrügt sich um seine Seligkeit, der nicht mit ganzem Ernst an den Tod denkt. Darum heile uns doch, liebster Heiland, von solcher Sünde, und laß uns von uns thun das laute Weltwesen und das schändliche Sündenwesen, wodurch wir vom Schaffen der Seligkeit abgehalten werden. Denn wie ist es möglich, bei den rauschenden Weltgelagen an die Seligkeit zu denken? Darum hilf uns, dieselben mit Abscheu von uns zu weisen. Wie ist es möglich im Sündendienst nach der Seligkeit zu trachten? Darum hilf uns, daß wir uns von der Sünde fern halten. Und weil nur der selig werden kann, der sich bekehrt, so hilf uns, daß wir uns bekehren, auf daß, wenn es zum Sterben kommt, wir sagen können: Ich habe Lust abzuscheiden und daheim zu sein bei Christo Jesu, meinem lieben HErrn. Amen. 1. Was ist Sterben. Das Sterben ist Adam und Eva im Paradiese eine ganz unbekannte Sache gewesen. Als Adam und Eva im Paradiese waren, da wußten sie nichts vom Sterben, konnten auch nicht sterben, sondern hätten ewig gelebt, wenn sie ohne Sünde geblieben wären. Daher durch die Sünde erst der Tod kommen ist in die Welt. Es ist einmal in einer Gemeine von bekehrten Heiden darüber gepredigt worden, daß der Tod erst durch die Sünde gekommen sei, und daß kein Mensch hätte sterben können, wenn die Sünde den Tod nicht m die Welt gebracht hätte. Als die Predigt beendigt war, da besprachen sich die jungen Christen über das Gehörte und der Eine sagte: Ich habe an der Seite meinen Spieß; wenn nun Adam meinen Spieß gehabt und Eva damit durchstochen hätte, wäre sie dann wohl gestorben? Er wollte damit sagen - Wenn Eva auf solche Weise getroffen wäre, denn hätte sie doch sterben müssen. Darauf erhielt er folgende Antwort: Du dummer Mensch, waren Adam und Eva ohne Sünde, so gab es noch keine Spieße. Aber, sagt der Erstere wieder, wenn sie krank geworden wären, vielleicht an einem hitzigen Fieber, hätten sie da nicht sterben müssen? Du Narr, sagte der Andere, da gab es noch keine Krankheit. Sehet, meine Lieben, wo die Ursache nicht ist, da fehlt auch die Wirkung, Im Paradiese gab es weder Krankheit noch Tod, weil da keine Sünde war. Da gab es keine giftige Schlangen und keine reißende Löwen, keine Schwerter und keine Gewehre, der Tod war nicht möglich. Seit dem Sündenfall ist der Tod in die Welt gekommen, wie Gott das ausdrücklich sagt zu Adam und Eva, als Er ihnen verbot vom Baum der Erkenntniß des Guten und Bösen zu essen: Welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben. Ihr könnt auch leicht einsehen, daß der Tod nicht von der verbotenen Frucht selbst gekommen ist, sondern von der Sünde. Nun ist der Tod da, seitdem die Menschen gesündigt haben. Was ist nun Sterben? Sterben ist die Trennung des Leibes von Seele und Geist. Gott hatte, wie ihr wißt, den Menschen dem Leibe nach aus Erde gebildet, und ihm dann Seinen Geist gegeben, also ward der Mensch eine lebendige Seele. Der Tod löst nun dies Band. Was den Leib lebendig macht, das ist der inwohnende Geist; weicht der, so weicht damit das Leben, und der Leib wird wieder zur Erde, wovon er genommen ist. Wohin gehen denn Seele und Geist? Wäre kein Jesus gekommen, so müßten die Seelen aller Menschen in die Hölle. Da aber Jesus gekommen ist, so geht die Seele des Frommen an den seligen Ort des Paradieses, und nur für die Seelen der Gottlosen ist die Hölle bestimmt. Das ist Sterben. Daß das Sterben, wenn man nicht an Jesum glaubt, schrecklich ist, das läßt sich leicht denken. Es sollte ja der Mensch eigentlich nicht sterben, ewig sollten Leib und Seele mit einander verbunden sein. Alles war auf ewige Vereinigung berechnet; nun hört diese Vereinigung auf, ja sie wird gewaltsam zerrissen, das muß ja schwer sein. Darum kann bei den Gottlosen das Sterben nie lieblich sein. Bei den Frommen ist es aber immer lieblich; und kann man an dem Sterbebette eines Frommen stehen, so wird man sicher reich gesegnet von dünnen gehen. Bei vielen Menschen sieht man's, wie schwer sich der Leib vom Geist trennt. Welche Zuckungen, welche Angst, welcher Todesschweiß tritt da vor die Augen, so daß man beten muß: O HErr, HErr, mache ein Ende der Noth! Es ist nicht so leicht das Sterben. Nun merke, du wirst auch sterben, es wird die Zeit nicht mehr fern sein, da liegst du auch auf dem Sterbebette. Da wollen Geist und Seele auch die Herberge verlassen, die sie bisher bewohnt haben und das wird so leicht nicht gehen. Und ist das geschehen, so fällt alles Irdische weg. So lange du im Leibe wandeltest, hattest du die Beschäftigung mit irdischen Dingen. Wie wird es dir vorkommen, wenn der Leib todt ist und nun alle Beschäftigung mit dem Irdischen aufgehört hat? Wird dir dieser Zustand nicht unerträglich vorkommen? Dann kannst du nicht mehr mit Louisdorn oder mit blanken Thalern spielen, kannst keine Obligationen mehr zum Wechsler tragen, kannst im Kruge nicht mehr tanzen, spielen, saufen, kannst nicht mehr huren und andere Fleischessünden treiben; das alles ist vorbei. Als du auf Erden lebtest, da hattest du die geistlichen Dinge vernachlässigt; nun ist deine Seele so arm, so arm. O was hilft es dir nun, wenn du rufst: O mein Gold und Silber, meine Perlen und Edelsteine, mein Essen und Trinken!
2. Ein wievielfaches Sterben giebt es? Diese Frage habe ich einmal einer Versammlung Menschen vorgelegt, die mit lauter weltlichen, übelklingenden, garstigen Gesprächen beschäftigt waren. Ich wollte sie gern davon abbringen, was mir auch gelang. Der Eine antwortete: Es giebt ein fünfzigfaches Sterben, der Andere kannte ein hundertfaches. Ich ließ mir das weiter erklären, und sie sagten: Der Eine stirbt an der Schwindsucht, der Zweite am Typhus, der Dritte an der Wassersucht rc., und was der Reden mehr waren. Nun wollten sie aber auch wissen, ein wievielfaches Sterben ich annehme. Ich antwortete, daß ich nur ein zwiefaches kennte, nämlich ein seliges und ein unseliges; sonst sei Sterben immer Sterben und darum, im Grunde genommen, sei es auch ganz einerlei, ob man an der Schwindsucht oder Wassersucht, auf dem Lande oder im Wasser sterbe. Selig sterben könnten nur die Frommen, unselig müßten die Gottlosen sterben; das erstere sei köstlich, denn dann ginge es mit Seele und Geist in's Paradies; das letztere sei schrecklich, denn ein unseliger Tod brächte Geist und Seele in die Hölle. Die Leiber der Gottlosen und Frommen werden in das Grab gelegt, wo sie bleiben bis zum jüngsten Tage, der Leib des Frommen muß eben so gut zu Staub und Asche werden, wie der Leib des Gottlosen; aber bei der Auferstehung wird der Unterschied sein: Der Leib des Frommen ist ähnlich dem verklärten Leibe Jesu Christi, während der Leib des Gottlosen Aehnlichkeit hat mit dem Teufel. Bei der Seele tritt aber der ganze Unterschied von fromm und gottlos, von selig und unselig scharf hervor. Leset einmal die Geschichte Luc. 16 vom reichen Mann und armen Lazarus.: Lazarus wird getröstet, der reiche Mann in der Hölle und Qual wird gepeinigt. Seliges Sterben bringt unsere Seele zu Jesu in's Paradies, unseliges Sterben bringt unsere Seele zum Teufel in die Hölle. Das Paradies ist der Aufenthaltsort der Frommen bis zum jüngsten Tage. Das sehen wir aus der Geschichte von Pauli Entzückung, 2. Cor. 12. Paulus ward entzückt bis in den dritten Himmel, und diesen dritten Himmel nennt er selbst das Paradies Gottes, darin Jesus wohnt. Im alten Paradiese hatte Er auch schon Seine Wohnung, denn es wird uns erzählt, daß Jesus, d. h. Gott der Sohn, des Abends, wenn es kühl wurde, Adam und Eva besuchte. Die Frommen gehen gleich nach dem Tode in's Paradies. Fragt nicht, wie sie den Weg dahin finden. Um das Bett eines jeden wahren Christen stehen die heiligen Engel und warten, bis die liebe Seele ausgerungen habe; und hat sie endlich ausgerungen, so wird sie von ihnen in's Paradies geleitet. Gern dienen uns die Engel im Leben, aber ihr seligstes Geschäft ist es, uns in's Paradies zu geleiten. Und was wird das für eine Freude sein, wenn wir dort ankommen! Dort finden wir unsere Verwandten. Da sterben etwa Vater oder Mutter, die schon vier oder fünf Kinder vorangeschickt haben in die Ewigkeit, - haben wir doch erst in der letzten Woche vier Kinder begraben, von denen wir gewiß wissen, daß sie selig gestorben sind, weil sie noch in der Taufgnade standen -, von denen werden sie nun bewillkommt; was muß das für ein Jubel sein, wenn die Eltern gläubig und selig gestorben sind. Oder Vater und Mutter, Großvater und Großmutter sind vorangegangen, und die Kinder kommen eins nach dem andern nach. Aber die Freude wird noch viel größer; denn nicht bloß die Blutsverwandten finden sich dort wieder, sondern alle Gläubigen, die in Christo gestorben sind. Was wird das für eine Freude sein, wenn uns Adam und Eva die Geschichte vom Paradiese erzählen, oder Noah die Geschichte von der Sündfluth, wenn wir mit den Erzvätern oder mit den Aposteln und Propheten sprechen, wenn uns Vater Luther und die heiligen Märtyrer die Wunderwege erzählen, die Gott sie geführt hat. Aber die seligste Freude ist doch die, Jesum zu schauen, Seine Stimme zu hören, Seine Kniee zu umfassen und Ihn anzubeten. Und das Alles in dem Paradiese, wo Niemand mehr letzt oder verdirbt, wo keine Sünde, keine Welt, kein Teufel mehr ist. Seht, das bringt das selige Sterben dem gläubigen Christen. Wie furchtbar ist dagegen die Verdammniß, die das unselige Sterben der Gottlosen bringt. Die Ungläubigen werden in die Hölle geworfen, von der es heißt, daß ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlischt. Die Hölle ist der Ort der Qual, wo die Gottlosen ewig Pein leiden; kein Lazarus darf zu ihnen hinüber, um ihre Qual zu mildern, denn es ist eine große Kluft zwischen beiden Orten. Die Gottlosen haben ihr Gutes schon empfangen in diesem Leben und die ewige Herrlichkeit haben sie nicht gewollt. Selbst wenn die Seelen der Frommen aus dem Paradiese und die Seelen der Gottlosen aus der Hölle und Beider Leiber aus den Gräbern am jüngsten Tage hervorgehen, so können sie doch höchstens nur auf wenige Augenblicke bei einander bleiben. Die Frommen gehen dann, an Leib und Seele selig, mit Jesu auf die neue Erde, und die Gottlosen kommen in den Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt ewiglich. In der Hölle ist Jesus nicht, sondern der greuliche Satan; da sind nicht die heiligen Engel, sondern die bösen Geister; da sind nicht die frommen Christen, sondern lauter gottlose Teufelskinder. O, wie furchtbar, wenn man in dieser schrecklichen Gesellschaft ewig sein muß und nie heraus darf. Dazu kommt die fürchterlichste innerliche und äußerliche Qual. Man sollte denken: Wer das einmal gehört hat, der kann es nie wieder vergessen.
3. Wie werde ich sterben? Das ist die wichtigste Frage. Die muß sich ein Jeder selbst vorlegen, wenn er nicht zu den Wahnsinnigen gerechnet werden will. Denn in die Ewigkeit gehen, wo es keine Veränderung giebt, und sich doch diese Frage nicht vorlegen, das ist der vollständige Wahnsinn. O, könnte ich den Leichtsinn wegnehmen, worin die meisten Menschen ersoffen sind, ich bin überzeugt, es würden nur wenige überbleiben, die sich nicht bekehrten. Es hat vor nicht gar langer Zeit eine fromme Person gegeben, die eine leichtfertige, weltlichgesinnte Schwester hatte. Die fromme Schwester hatte sich von allen weltlichen Lustbarkeiten zurückgezogen, der leichtsinnigen Schwester größtes Vergnügen bestand in denselben. Die fromme Schwester wollte die leichtsinnige von ihrem Leichtsinn abbringen, konnte es aber nicht und mußte deßhalb oft die Worte einstecken: Du bist verrückt, ich bin noch jung und will erst mein Leben genießen. Da geht die weltlichgesinnte Schwester eines Tages zu einem großen Ball. Die Balltage sind ja die Himmelstage für die Weltkinder. Fragt man sie: Willst du auch in den Himmel? so antworten sie: Was soll ich da? Heißt es aber: Heute ist ein Ball, dann hüpfen sie halb so hoch als die Stube. Da sagte die fromme Schwester: Willst du mir einen Gefallen thun? Ja, war die Antwort, warum nicht? Nun, wenn du heute Abend vom Ball kommst, so frage dich einmal, ob du so wohl sterben möchtest? und wenn du in dem Augenblick sterben müßtest, wie du dann wohl stürbest? Sie versprach das Alles, dachte aber den ganzen Abend nicht wieder daran. Als der Ball zu Ende war, setzte sie sich in den Wagen und fuhr nach Hause. Beim Auskleiden dachte sie an die Fragen der Schwester. Sie fragt sich ernstlich und aus ihrem Innern kommt die Antwort: Wenn du jetzt sterben solltest, so müßtest du zum Teufel fahren. O, ich wollte, daß alle Tänzer, Säufer, Spieler und Hurer sich am Abend, wenn sie zu Hause kommen, fragten: Kann ich so wohl selig sterben? Sollte da wohl Einer sein, der nach einer Nacht, die mit Saufen, Spielen, Tanzen und Huren verbracht ist, sterben möchte? Ein Schauder würde die Menschen ergreifen bei dem Gedanken an den Tod nach einer solchen Nacht. Ich weiß, daß eine weltlichgesinnte Familie mit Einem Schlage zur Besinnung gebracht wurde, als es eines Tages zum Tanz gehen sollte. Die Eltern wollten ihre Kinder begleiten, der Wagen stand schon vor der Thür, nur die eine Schwester fehlte noch. Sie sollte von den andern Schwestern gerufen werden, und als diese auf ihr Zimmer kamen, was fanden sie da? Sie fanden ihre Schwester auf einem Stuhle vor dem Spiegel sitzend mit Blumen in den Haaren, mit einem weit ausgeschnittenen Kleide und anderm Flitter. Sie riefen: Komm, Schwester! aber sie erhielten keine Antwort. Die Schwester saß todt auf dem Stuhle, dem Spiegel gegenüber, mit ihren Balllumpen am Leibe. Das hat die ganze Familie so erschüttert, daß sie von dem Augenblicke an ihre Seligkeit schafften mit Furcht und Zittern. Ich frage dich, möchtest du so sterben, wie dies junge Mädchen? Oder meinst du, daß es mit dem Tode plötzlich anders wird? Sage mir, was soll Gott mit solchen Weltkindern im Himmel? Im Himmel giebt es keine Bälle, keine Wirthshäuser, keine Karten, keine Hurenbetten, keinen Putz und Staat; die Weltkinder kennen aber weiter nichts. Frage dich: Wie werde ich sterben, wenn ich heute noch sterben muß? Das aber meine Lieben, ist noch lange nicht genug, wenn wir uns fern halten von dem lauten Weltwesen, wenn wir bewahrt bleiben vor groben Sünden; das Alles kann uns nicht verhelfen zum seligen Sterben. Schon mancher Selbstgerechte, schon mancher Kopf- und Maulchrist ist zum Teufel gefahren. Eins ist es, darauf es ankommt, nämlich, ob man sich aufrichtig bekehrt hat. Nur der Verehrte kann antworten: Ich werde selig sterben. Und fragst du ihn: Wie weißt du das so gewiß? so antwortet er: Da ist mir mein HErr Christus gut dafür, der alle meine Sünden abgewaschen und mir ein neues Herz geschenkt hat, an den ich von Herren glaube und dem ich zu Ehren wandele. Nur da. wo der Mensch seine Hoffnung allein auf Jesum Christum setzt, weil er an Ihn glaubt und Ihn lieb bat, nur da ist die sichere Antwort zu finden: Ich werde selig sterben. So antwortete Paulus, als er sprach: Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn. Das ist das Bekenntniß Petri, da er sagt: Gelobt sei Gott und der Vater unsers HErrn Jesu Christi, der uns nach Seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten, zu einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel. Johannes jubelt: Wir haben eine Freudigkeit zum Tage des Gerichts. Wer sich als ein armer Sünder zu dem Jesus bekehrt, von dem es Weihnachten heißt: Er wird Sein Volk selig machen von ihren Sünden, der wird gewiß selig sterben. Wer sich aber nicht bekehrt, der muß zum Teufel fahren. Hast du dich zu Jesu, bekehrt, hast du Vergebung der Sünden empfangen, dann mußt du selig sterben, so gewiß und wahrhaftig, als Jesus Christus die Auferstehung und das Leben ist.
Laßt uns beten: Lieber HErr Jesu, es ist gewiß, daß wir Alle sterben missen, es ist ebenso gewiß, daß wir entweder selig oder unselig sterben werden, einer von diesen beiden Wegen steht uns Allen bevor. Aber nun bitten wir Dich, lieber HErr, was wir können, Laß uns keinen Tag die Frage vergessen: Wie werde ich sterben? damit wir nicht zu den Menschen gehören, die sich selbst um ihre Seligkeit betrügen. Das laß uns besonders diesen Abend bedenken. Haben wir uns bekehrt, so muß unser ganzes Herz jubeln, wir wollen bleiben auf diesem Wege und es soll immer besser mit uns werden. Haben wir uns noch nicht bekehrt, so wollen wir noch heute damit anfangen. Dazu gieb uns die Kraft durch Deinen heiligen Geist. Amen.