In diesem Psalm wird uns geschildert das entsetzliche Verderben des menschlichen Geschlechts, und zugleich die, einzige Hülfe, dadurch es errettet werden kann. Dieses entsetzliche Verderben des menschlichen Geschlechts spricht David in folgenden Worten aus: Die Thoren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott. Sie taugen nichts, und sind ein Greuel mit ihrem Wesen; da ist Keiner, der Gutes thue. Der HErr schauet vom Himmel auf der Menschen Kinder, daß Er sehe, ob Jemand klug sei, und nach Gott frage. Aber sie sind Alle abgewichen, und allesammt untüchtig; da ist Keiner, der Gutes thue, auch nicht Einer. Seht, das ist die entsetzliche Schilderung des allgemeinen Verderbens aller Menschen, wovon auch nicht ein einziger ausgenommen ist auf der ganzen Erde. Dieses Verderben wurzelt in dem Einen Hauptpunkte: Die Thoren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott! Du denkst vielleicht, das habe ich doch noch von keinem Menschen aussprechen hören: Es ist kein Gott! das hat vor meinen Ohren noch keiner gesagt; und sollte es wirklich solche geben, die das sagen, so müssen das doch wohl nur einzelne sein, vielleicht in einem ganzen Lande zwei oder drei, die so tief gesunken sind. Ach, meine Lieben, was ihr da saget, das mag auf eure Weise ganz gut gemeint sein, aber ihr zeigt doch damit, daß ihr die Sache gar nicht kennt. Von den, Thoren, die da sprechen: Es ist kein Gott! ist die ganze Welt voll, in den Städten und auf den Dörfern, allenthalben könnt ihr sie finden. Habt ihr noch nicht von Menschen gehört, die sagen: Ich glaube auch an Gott, aber nur an einen Gott den Vater, welcher der Schöpfer ist; denn das ist Thorheit von einem Gott, dem Sohn, der die Menschen erlöset und von einem Gott, dem heiligen Geist, der die Menschen heiliget, zu sprechen? Das sind solche Thoren, die in ihrem Herzen sprechen: Es ist kein Gott! denn ohne den dreieinigen Gott giebt es keinen wahren Gott, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt, und wer den nicht anbetet, der hat gar keinen Gott. Und das ist so schlimm, in unserer Zeit, in der jetzigen Christenheit giebt es mehr Menschen, die nicht an den dreieinigen Gott glauben, als die daran glauben. Doch sehet euch einmal weiter um unter den Menschen, die noch sagen, daß sie an den dreieinigen Gott glauben, glauben die denn wirklich daran? Wir wollen ihren Wandel betrachten, der soll es uns lehren. Der Eine hurt, glaubt der an Gott? - was, kann man sich auch mit Gott ins Hurenbett legen? Der zweite stiehlt, glaubt der an Gott? - kann man auch mit Gott aufs Stehlen ausgehen? Noch ein Anderer behängt den ganzen Leib mit dem unsinnigsten Putz und Staat, glaubt der an Gott? - kann man sich auch im lebendigen Glauben putzen und schmücken, wie ein Schlittenpferd? Ein Anderer säuft und spielt, glaubt der an Gott? - kann man auch mit Gott saufen, spielen und um das goldene Kalb der Weltlust tanzen? Wieder ein Anderer sagt, ich glaube an Gott, und er ist sein ganzes Leben lang damit beschäftigt, Geld zu sammeln, ob mit Wuchern, Geizen oder Betrügen, das ist ihm einerlei, kann der an den Gott glauben, der da gesagt hat' Ihr sollt euch keine Schätze sammeln, die Motten und Rost fressen und wornach die Diebe graben und stehlen? So sehet ihr, die ganze Welt ist voll von den Leuten, die da sagen: Es ist kein Gott. Und der Menschen, die es mit der That und Wahrheit beweisen durch eine aufrichtige Bekehrung, daß sie an Gott glauben, sind so wenig, daß man sie am hellen Mittage auf allen Straßen mit der Laterne suchen kann, und man findet doch keine. Was sagt nun die heilige Schrift von den Leuten, die keinen lebendigen Gott haben? Sie taugen nichts, und sind ein Greuel mit ihrem Wesen; da ist Keiner der Gutes thue, auch nicht Einer. Denn was kann der Mensch taugen, der nicht an Gott glaubt? Und kein Mensch glaubt an Gott, er habe sich denn zuvor von ganzem Herzen zu Gott bekehrt und sein ganzes Leben nach Gottes Willen eingerichtet. Einen solchen Gott lassen sich die Menschen noch wohl gefallen, durch den sie Vergebung der Sünden haben, und mit dem sie dann thun und machen können, was ihnen gefällt. Aber höre, der du dich eines solchen Gottes rühmst, du hast gar keinen Gott. Von Natur sind alle Menschen so, auch wir, du und ich, und keiner kommt aus diesem Verderben heraus, wenn er sich nicht bekehrt. Bist du heraus gekommen aus diesem Verderben, so hast du dich bekehren müssen, und ich bin auch nur durch die Bekehrung davon frei geworden. Denn Gott schauet vom Himmel auf der Menschen Kinder, daß Er sehe, ob Jemand klug sei, und nach Gott frage. Aber was findet Er? Sie sind Alle abgewichen, und allesammt untüchtig geworden, da ist Keiner der Gutes thue, auch nicht Einer. Der allwissende Gott sieht sich vom Thron des Himmels nach den Menschenkindern um, ob Einer so klug sei und nach Gott frage; und mit Seinem allsehenden Auge kann Er keinen einzigen finden. Das ist das namenlose Verderben der Erbsünde, damit wir geboren sind. Denn gerade die Erbsünde macht es, daß wir von Natur solche Thoren sind, die ohne Gott in der Welt leben. Von diesem Verderben ist Keiner ausgeschlossen, denn Alle sind von Natur in Zünden gezeugt und von der Mutter in Sünden empfangen, Alle sind darin geboren und groß geworden, böse ist das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens von Jugend auf. - Nun zeigt der Psalm weiter, daß von Seiten der Menschen für dieses Verderben keine Hülfe zu erwarten sei, er sagt: Will denn der Uebelthäter keiner das merken, die Mein Volk fressen, daß sie sich nähren, aber den HErrn rufen sie nicht an? Da sind diejenigen Leute gemeint, welche die Menschen geistlich und leiblich regieren, nämlich die Obrigkeiten. Die geistliche Obrigkeit, das sind die Prediger und Lehrer, und die weltliche Obrigkeit, das sind die Könige und Hauptleute. Und wie werden die in unserm Psalm genannt? Uebelthäter. Denn es heißt: Will denn der Uebelthäter keiner das merken? Alle, die leiblich oder geistlich über ein Volk regieren, können aus eigner Kraft weiter nichts, als das Volk fressen und sich vom Volk nähren, wahrhaft glücklich und selig können sie es nicht machen. Ist das nun schon sehr schlimm, so wird die Sache dadurch noch viel schlimmer, daß manche Obrigkeiten, die ein Volk geistlich oder leiblich zu regieren haben, es eben so machen. Wozu gebrauchen z. B. die Könige und Hauptleute das Volk? Dazu, daß sie sich davon nähren und einen guten Tag pflegen; Beschützer, Helfer und Väter des Volks wollen sie nicht sein, das Volk ist ihnen nicht mehr ans Herz gewachsen. Kommst du zu der Obrigkeit und fragst um Rath in dieser oder jener Sache, so kriegst du die Antwort: Rathgeber sind wir nicht; und dann kannst du wieder abtrollen. Eben so ist es bei der geistlichen Obrigkeit, bei den Lehrern und Predigern. Diese sind ebenfalls, wie es scheint, vielfach nur dazu da, um sich vom Volk zu nähren und das Volk zu fressen, zum ewigen Leben leiten sie es nicht. So verwaltet die geistliche und weltliche Obrigkeit, die sich nicht bekehrt hat, ihr Amt, sie sucht nicht das Wohl der Gemeinen, sondern nur die Wolle. Darum heißt es auch weiter von der Obrigkeit: Daselbst fürchten sie sich; aber Gott ist beidem Geschlecht der Gerechten. Was haben diese unbekehrten Fürsten und Prediger von ihrem Thun? Eine Zeit lang fressen sie das Volk und haben gute Tage; aber dann kommen die unruhigen Zeiten, und die gottlosen Fürsten und Prediger fangen an zu zittern und zu beben vor dem Volk. Warum denn? Vorher haben sie das Volk gefressen, nun will das Volk sie fressen, und ihr Gewissen sagt ihnen: So ist es recht, das haben wir verdient. Sie müssen sich fürchten, weil Gott nicht bei ihnen ist und sie preisgegeben sind der Wuth des Pöbelvolks. Von dieser Furcht kennt das Geschlecht der Frommen nichts. Nun kehrt sich das Spiel um, sagt David: Ihr schändet des Armen Rath; aber Gott ist seine Zuversicht. Vorher sind die Frommen von den gottlosen Obrigkeiten mit Füßen getreten, nun werden sie gestraft, aber nicht durch die Frommen. Die Frommen haben sich das Böse gefallen lassen und haben es Gott geklagt, darum sind sie es auch nicht, die sich wehren, sondern die Gottlosen fressen das Fleisch der Obrigkeiten; Gott ist der Frommen Zuversicht, und der rächt das Unrecht, was den Frommen widerfahren ist. Ihr sehet, weder bei den einzelnen Menschen oder Gemeinen, noch bei den unbekehrten Fürsten und Predigern ist Hülfe zu finden für dieses Verderben. Nur Eine Hülfe giebt es, und die zeigt uns der letzte Vers des Psalms: Ach, daß die Hülfe aus Zion über Israel käme, und der HErr Sein gefangen Volk erlösete! So würde Jakob fröhlich sein, und Israel sich freuen. Kennt ihr die Hülfe aus Zion? Das ist der HErr Jesus. Wenn der in das Herz einzieht durch Buße und Glauben, dann ist der Mensch erlöset, dann sind ihm alle seine Sünden vergeben und die Seligkeit gehört ihm. Mag es auf Erden hergehn wie es wolle, der HErr ist sein Schild und sehr großer Lohn; er hat diese drei Stücke: Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, mehr braucht er nicht. Mag es nun mit ihm ein plötzliches oder ein langsames Ende nehmen, er fürchtet sich nicht vor denen, die den Leib tödten und die Seele nicht mögen tödten, er fürchtet sich nur vor dem, der Leib und Seele verderben kann in die Hölle, das ist der HErr. Bei ihm heißt es: Lebe ich, so lebe ich dem HErrn; sterbe ich, so sterbe ich dem HErrn; darum ich lebe oder ich sterbe, so bin ich des HErrn, und aus Seiner Hand soll mich Niemand reißen Röm. 14, 8. Mit Jesu leben und sterben kann nur der, der sagen kann: Mir ist die Hülfe aus Zion zu Theil geworden, ich habe den lebendigen Gott gefunden, ich habe überwunden durch des Lammes Blut, was wünsche ich mehr? Amen.