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Harms, Claus - Winter- und Sommer-Postille - Am ersten Advent.

Heil euch, die ihr Kinder seid der Kirche Jesu Christi!

Heil und Segen über alle, die ihr anhangen mit treuer Liebe! Laßt uns uns freuen und fröhlich seyn an diesem Tage, da die Kirche ihr Neujahr feyern heißt, über das Glück uns freuen, das sie uns schenkt! Sprich, mein lieber Christ, hast du nicht ihre Segnung erfahren? sprich, hast du nicht ihre Freuden geschmeckt? Sprich und rede, bekümmerter, durch wen rief Gott dir zu: o Mensch, vertraue mir? und verdank' es der Kirche! Sprich und rede, du unschuldig Geplagter, wo erfuhrst du Tröstungen, die deine Seele ergötzten? und verdank es freudig der Kirche! Sprich und rede, du Geringster im Volk, wo empfandest du das Gefühl mehr zu seyn als die Creaturen? das Gefühl wieder geworden zu seyn, was du in frühern frömmern Tagen gewesen schon und nicht geblieben warst, nun wieder wardst, ein Kind Gottes, ohne Verdammliches an dir? wo setztest du dich, in diesem erhebenden Gefühl, den angesehensten auf Erden gleich? wer lehrte dich, durch ein rechtschaffnes Wesen in Christo und durch einen Wandel vor Gott, unter den Menschen dich aufschwingen, obwol du niedrig, arm und verachtet bist? Das kann dich nur die Kirche Christi gelehrt haben! Sprich und rede, der du im verflossenen Jahre Vorboten des bittern Todes erhalten und in das finstere Thal hinabgesehen hast, wer stärkte dich mit geistlicher Speise und geistlichem Trank auf den langen, grauenvollen Weg? wer ließ dich im Dunkel die goldenen Pforten der Ewigkeit sehn? wer zeigte dir die Krone des Lebens und rief: „Sey getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben ?“ - Ja, es ist ein Glück, Christi zu seyn, seinen Namen zu tragen, in seiner Kirche zu leben und ihr Jahresfest mit zu feiern!

Doch nicht alle, die Christi Namen führen, sind sein, nicht alle, die seiner Kirche geweiht worden durch das heilige Wasserbad, sind ihr treu geblieben, treu im Maaß, wie sie sollten und früher auch wollten, - und viele haben sie im Herzen verlassen, nicht wie erwachsene Kinder, die nun allein fort können in der Welt, ob sie dieß schon glauben, sondern als unartige Kinder, denen die mütterliche Aufsicht zuwider ist, oder als freche Kinder, die dem Verbot und der Drohung Hohn sprechen, oder als gefühllose, undankbare Kinder, ach, und so viele, so viele sind von dieser Art!

Von Alters her hat die Kirche, die treue Mutter, gerufen: Kommt herein! hat's gerufen durch ihre Diener, hat aufmuntern und locken lassen, dem Ruf zu folgen. Aber, wie es scheint, wollen die Menschen nicht bloß gerufen, sondern getrieben, nicht gelockt, sondern geschreckt werden. Die glücklichen Jahre, die friedlichen Zeiten, die Sicherheit und der Überfluß haben der Kirche viele Kinder abwendig gemacht und manches reuige von der Rückkehr abgehalten, manche unschuldige Seele verführt und manchem frommen Gemüth allmälig den herrschenden Kaltsinn mitgetheilt. Nun, dann lässet Gott einmal die Zeiten anders werden, läßt furchtbare Gegebenheiten kommen, läßt schreckliche Helden aufstehen, Thronen und Hütten untergehn, schickt Theurung und Kriegesnoth, Armuth, Elend und schnellen Tod. Auch diese Zeiten gehn wieder vorüber, - ach, die Menschen haben ein hartes Angesicht , Jer. 5,3. und ein kurzes Gedächtnis, und nach der Gefahr des Unglücks kommt die größere des Glücks von Neuem, aber durch allen Wechsel der Zeit und ihre Stimmen durchruft die Kirche: Kommt herein.

Laßt uns hören den Ruf der Kirche, und nicht allein hören, sondern auch weiter bewegen im Herzen und uns ermuntern, dem Ruf zu folgen.

Text. Das Evangelium, Matth. 21,1-9.

Da sie nun nahe bei Jerusalem kamen - - - Hosiannah in der Höhe.

Jesus geht hin, den Grundstein zu seiner Kirche zu legen. Denn Christi blutiger Tod ist der Grundstein, auf welchem der weite, prächtige Christentempel ist errichtet worden. Als ob es kennte dessen künftige Herrlichkeit, ruft das Volk: Hosiannah, Hosiannah dem Sohne Davids. Aber Davids Sohn wollte nicht Davids Thron, den gefallenen, wieder aufrichten; als Gottes Sohn meinte er bloß, was göttlich war, als Herr des Himmels wollte er ein himmlisches, geistliches Reich errichten auf Erden, eine Kirche nach seinem Namen genannt, die Kirche Christi. Sie sollte aufnehmen die junge Welt und dieselbe weihen zum Dienst des Unsichtbaren; sie sollte den Sünder mit Gott versöhnen, sollte die Mächtigen der Erde Gottesfurcht lehren und den Reichen dieser Welt die Schätze des Himmels zeigen, sollte

mit Warnen, Dräuen, Bitten, Flehn,
die Menschenseelen zu sich rufen,
sie lehren, Gottes Wink verstehn
und zeitig seine Gnade suchen.
Wer's thut, wer's hört und geht hinein,
der wird allzeit geborgen seyn.

Ernstlicher, eindringlicher und wehmütiger rufet die Kirche an ihrem heutigen Jahresfeste: Kommet herein!

  1. Kommt herein, unschuldige Seelen! Die Verfügung wird immer größer.
  2. Kommt herein, laue Christen! der Kaltsinn ist aufs Höchste gestiegen.
  3. Kommt herein, Angesehene und Mächtige! die Thronen wanken.
  4. Kommt herein ihr Reichen und Begüterten! morgen könnt ihr Bettler seyn.

I.

Was sorgest du, Vater, wenn du deinen Sohn von dir schicken sollst? warum weinest du, Mutter, wenn dein Liebling aus deinen Augen weg in die weite Welt gehen muß? was seufzen auf ihren Sterbebetten zärtliche Eltern, und fürchten zu sterben, um ihrer unschuldigen Kinder willen? Sind sie gut erzogen, was Leides kann ihnen widerfahren?- Ach, sprechet ihr, die Verführung wird immer größer in der Welt. Ja, gröbere Sünder mag die Vorzeit gehabt haben, die jüngsten Sünder hat die verführerische Gegenwart. Die kaum gebrochene Rose duftet am lieblichsten, die ersten, frühen Früchte sind der Lüsternheit vor andern schmackhaft, und frevelnde Augen wählen, frevelnde Hände brechen das Jüngste und Schönste. Da wird eine gewisse Aufklärung getrieben, die man wol in eurer Jugend nicht kannte, ihr Bejahrten, eine gewisse unselige Ausklärung, welche Knaben Dinge lehrt, die sonst Jünglinge nicht kannten. In neuen Zeiten sind neue Laster entstanden, die nur der Unbärtige kennt und Mancher in grauen Haaren nicht ahndet und begreift. Die Strafe ist weggefallen, die Schande fast davon gekommen. was kann da die vorspringende Neigung zügeln! das auflodernde Feuer dämpfen! - Daß ich noch der Trunkliebe und Spielsucht gedenke. Hat sich nicht die Zahl der Häuser vermehrt, in welchen sie Reizung und Befriedigung zugleich finden? sind die Gelegenheiten nicht vielfältiger geworden, bey welchen man unerlaubte Freuden genießen kann? giebt es nicht Auflaurer und Nachschleicher, welche die Unschuld aufsuchen, anlocken, in ihr Netz ziehen und mit Angst und Schlauheit sie fest halten? bis die Jugend vor der Mannheit verwelkt ist, bis die Freude der Eltern dahin ist, bis die Hoffnung der Welt dahin ist, bis der Verführte Gottes Geschenk, die Gesundheit, zerstöret und den Nachlaß des Vaters bey Säufern und Spielern vergeudet hat.

Die ihr noch unschuldig seyd, junge Seelen, die ihr das süße Gift des Verführers noch nicht genossen habt, die ihr noch nicht gefesselt seyd von den Zauberstricken der Verführerin - o höret den Ruf der Kirche: Kommet herein! daß ihr bewahret bleibt vor dem Bösen. Wollet nicht untreu werden dem Bunde, mit Gott geschlossen in der heiligen Taufe! wollet nicht lassen von Jesu, dem ihr geschworen in seinem Abendmahl! wollet nicht betrüben den guten Geist, der euch auf ebener Bahn leitet! Unschuldige Seelen, die Verführung wird immer größer. Suchet Schutz und Sicherheit, suchet Wehr und Waffe, damit ihr bestehen könnt wider die listigen Anläufe von allen Seiten. Die Kirche Christi ist eure treue Mutter, begebet euch unter ihren Schutz. Sie lehret euch Wahrheit, wenn die Welt euch Lug und Trug lehret, - die ewigen Warheiten von Gott gegeben. Sie verkündigt euch Gottes Wort - Menschenworten dürfet ihr nicht immer trauen, - das Wort, „welches eures Fußes Leuchte und das Licht auf eurem unsträflichem Wege seyn soll.“ Die Kirche lehrt euch leibliche Schönheit gering schätzen, der Seelen Unschuld aber hoch achten: „Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ Sie lehrt euch die Sünde verabscheuen, wenn die Welt sie euch lieben lehrt: Wie sollt' ich ein so groß Übel thun und wider Gott sündigen!“ und zeigt auf den Gekreuzigten hin, der unter Sünderhänden starb. Sie bewahrt euch vor neuen Fehltritten, wenn die Welt nach den ersten den zweyten schon fordert: „Sündige fort nicht mehr, daß dir nichts Ärgeres widerfahre,“ und zum Schüchternen spricht sie: „Sey getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“ Sie stärkt euren Glauben, indem sie hinzeigt auf den Anfänger und Vollender desselben; sie belebt eure Hoffnung, indem sie euch auf den Grund desselben blicken läßt, welcher ist in Gott und in seinem Sohne, Jesu Christo; sie erhält euch fröhlich und getrost, wenn ihr auch leiden müßt um eurer Tugend willen, denn sie lehrt „alles anheim stellen dem, der da recht richtet,“ und ruft euch zu: fürchtet euch nicht vor denen, die nur den Leib tödten!“ „Wer ists, der euch schaden kann, so ihr dem Guten nachkommet!“ - O wohl euch, unschuldige Seelen, wenn ihr treu bey der Kirche bleibt! wohl euch, wenn ihr Gottes Wort bewahret. Das ist der Schatz der Christenheit. Darum beten wir auch: „Allmächtiger, ewiger Gott, barmherziger, lieber Vater! Wir danken dir von Grund unsers Herzens, daß du uns das helle Licht deines Evangelii hast erscheinen lassen. Dein theures Wort wird uns bis auf diese Stunde verkündiget. Wir hören, wie du uns in demselben alle Wohlthaten deines Sohnes, Vergebung der Sünden und ewige Seligkeit antragen lassest. Ach, gieb denn, daß wir bedenken, was zu unserm Frieden dienet.“

II.

Ernstlicher, eindringlicher und wehmüthiger rufet die Kirche an ihrem heutigen Jahresfeste: Kommt herein, laue Christen! der Kaltsinn ist aufs Höchste gestiegen.

Soll man nur dann klagen, wenn Hoffnung da ist, durch klagen zu bessern? Wer das meint, kennt die Klage nicht, weiß nicht, wie jegliche Klage, auch die vergebliche, das Herz erleichtert. Nein klage, mein Herz, über den Kaltsinn, den sie hegen, über den Spott, den sie ausgießen, über den Frevel, welchen sie üben an dem, was dir heilig auf Erden, und theuer bis in Ewigkeit ist! Was hält man von Gottes Wort? Es wird nicht vernommnen. Wie ehrt man die Sacramente? So viel man muß. Was dünket sie von Christo? Sie achten ihn. Was halten sie von der Buße? Wird angesehn als ein langsames, so Gott will, Besserwerden. Vom Glauben? ist wenig bekannt. Vom Glauben an ein ewiges Leben? Den möchten sie festhalten aus Todesfurcht, aber Zweifel beunruhigen sie. Vom Glauben an eine weise Vorsehung in dieser, an eine gerechte Vergeltung in jener Welt? Die Glücklichen sprechen, wir sinds also zufrieden! die unglücklichen hoffen so fernhin nicht. Das gilt, wahrlich, das gilt von Vielen. Darum will ich klagen, in stiller Einsamkeit es meinem Gott klagen , der mich berufen hat, in der Kirche zu dienen, - und öffentlich klagen vor der Gemeine, um der lauen Christen willen. Ihnen rufe ich heute, im Namen der Kirche, ernstlich und wehmüthig zu: Kommt herein! der Kaltsinn ist aufs Höchste gestiegen. Wer ist lau? Der das Wort Gottes noch nicht verachten, aber es auch nicht lieb gewinnen und sine Freude daran haben kann. Wer ist lau? Der die Sacramente noch nicht verspotten, sie aber auch nicht verehren und als Denkmäler Unterpfänder des Himmlischen betrachten kann. Wer ist lau? Der Jesum freilich nicht für einen gewöhnlichen Menschen erklären, aber ihn auch nicht anbeten kann als Gottes Sohn; der freylich die Buße für etwas mehr hält als für ein gemächliches, durch Zeit und Umstände verursachtes Besserwerden, aber auch nicht die Entschlossenheit hat zuzugreifen, sich selber Einhalt zu thun und anders umzurichten; der den Glauben zwar kennt, aber seine läuternde, regsame, zu allem Guten treibende Kraft nicht an seiner Seele erfährt; der zwar vom ewigen Leben überzeugt ist, aber den Wandel im Himmel nicht versteht; der zwar die Vorsehung im Großen annimmt, aber im Kleinen dieselbe nicht finden kann; der zwar an eine gerechte Vergeltung glaubt, aber nicht mit einem Glauben, der Leiden ohne Murren erduldet, Weltundank leicht verschmerzt, sich selber vergißt und Thaten thut. Prüfe sich jeder nach diesen Bezeichnungen, ob er lau oder warm sey , und wer sich lau findet, der entferne sich zeitig von der Welt, daß sie ihn nicht mit ihrer Todtenhand berühre. Dann stürbe Lust und Verlangen nach höherer Einsicht, nach reinerer Tugend, nach festerem Glauben ab. Wer sich lau findet, der höre den ernsten, eindringlichen, wehmüthigen Ruf der Kirche: Kommet herein! und ich ermahne euch bey allem, was euch theuer ist, bey eurem Gewissen: es würde euch bittere Vorwürfe machen, - bey eurer Seelenruhe: ihr würdet sie auf immer verscherzen, - um eurer Kinder willen, denen ihr ein gutes Beyspiel und kein Ärgerniß geben sollt, - bey der Gnade Gottes, die euer Ende leicht machen soll, - bey der Liebe Christi, die euch getrost machen soll zum Richter der Todten, - bey allem, was euch theuer ist, ermahne, bitte und flehe ich euch: Folget dem Ruf der Kirche! säumet nicht, einzugehen in ihre unsichtbaren, heiligen Mauern! Nahet euch zu Gott. so nahet er sich zu euch. Eilet Jesu entgegen! Er will zu euch kommen, will sich kund thun dem Herzen, das warm für ihn schlägt, will mittheilen seine Gaben, theurer als Silber, köstlicher als Gold und Edelstein.

Mit Ernst, o Menschenkinder,
bereitet euch dem Herrn!
Er kommt, das Heil der Sünder.
Er rettet sie so gern.
Er kommt, den Gott allein
Aus Gnaden und zum Leben
Versprochen hat zu geben,
Ihr könnt nun selig seyn.

So weihe denn mich Armen
Zu deiner Wohnung dir.
Mit Liebe, mit Erbarmen
Erscheine, Jesu, mir.
Zeug in mein Herz hinein.
Ich eile dir entgegen,
Ich will für deinen Segen
Dir ewig dankbar seyn.

III.

Ernstlicher, eindringlicher und wehmüthiger rufet die Kirche: Kommt herein, Angesehene und Mächtige! die Thronen wanken.

Im Anfang waren die Angesehenen und Mächtigen keine Freunde der Kirche Christi. Sie glaubten ihrer nicht zu bedürfen, denn sie dünkten sich selbst genug. Geehrt und gefürchtet überall, dachten sie nicht an ihre innere Unehre und Schwachheit. Aber in Zeiten der Noth und Gefahr, wenn kein Helfer war als Gott, und kein Rath als bey ihm, so suchten sie wohl, selbst in den sichtbaren Kirchen, durch Gebete und Bußübungen Hülfe, Auskunft und Zuversicht, so fragten sie nach dem Allmächtigen droben und ehrten den Niedrigen auch als ihren Bruder. Ihr wißt es, Freunde, in solchen Zeiten leben wir jetzo. Zwar jener gewaltige Thronenbrecher ist todt, hat selber sich von seinem Thron verjagt gesehen, ist gestorben auf einer Klippe, aber andere Könige und Herzöge, gewesene, leben noch und rufen aus ihren Verborgenheiten, da sie stecken, gewaltig in die Welt hinein: Sicher ist nichts. Ja, menschliche Roheit bleibt unsicher immerdar, welchen Grund sie auch habe. Und geht es bey den obern Mächten so, wie unsicher stehen die niedern, welche über sich Richter, unter sich Neider, zur Seite gefährliche Nebenbuhler haben. Es rufet die Kirche: Kommt herein! kommt herein und demüthiget euch vor dem Herrn des Himmels und der Erden: in seiner Hand ist der Fall und die Erhebung. Lernet erkennen, daß weltliche Hoheit und Macht wenig ist gegen die hohe Würde und himmlische Bestimmung des Christen! Knüpft eure Ehre an den Thron, der in Ewigkeit stehet. Suchet die Freundschaft dessen, der zwar nicht Länder, Ämter, Titel verschenkt, aber dagegen mit geistlichen Gütern erfreut. Suchet hier die erhebende Kenntniß, daß ihr Gottes Kinder seyd. Schätzet hier, wie segenreich Jesu Christi Werk ist. Freuet euch hier des guten Geistes. der euch auf ebener Bahn leitet - der Weltlauf ist so gefährlich! - endlich hinan an das goldene Ziel der Hoffnungen, in das herrliche Erbe, nach welchem der Glaube steht, in die Wohnungen Gottes. Das künftig, droben auch irdisch glücklich sind wir vor Vielen in diesen Zeiten, um den Thron her, von Gottes Gnaden in Dännemark aufgerichtet, und beten für ihn: Nimm in deine gütige Obhut unsern theuren König Christian den Achten und segne ihn mit allen den Freuden, die nur immer die süßesten und seligsten sind für einen gerechten, sein Volk liebenden Fürsten. Leite ihn bey allen seinen Unternehmung, die zur Sicherheit und Wohlfahrt seiner Reiche abzielen, befördere und unterstütze seine guten Veranstaltungen, und laß unser aller Liebe und Vertrauen seine reichste Belohnung seyn.

IV.

Kommt herein, ihr Reichen und Begüterten! rufet die Kirche. Morgen könnet ihr Bettler seyn.

War nicht von jeher der Mammon untreu und unzuverlässig? hat man nicht von jeher an den irdischen Gütern ihre Vergänglichkeit bedauert? Nun zumal, Freunde, und diese Wahrheit ist uns vor einigen noch unvergessenen Jahren auf eine betrübende Weise nahe getreten. Sie kam über den Rhein, Revolution mit Namen, vor einigen noch unvergeßnen Jahren, verkündigte sich schrecklich unter unsern Stammbrüdern, den Deutschen, und ging schweigend dräuend hart vor uns vorüber. Denkt einmal an die hundert verlassenen Schlösser, an die tausend verlassenen Paläste und Hütten, an die zahllosen Familien, die unversehens ihrer Kostbarkeiten und Kleinodien beraubt, unversehens aus ihrem Gewerbe und Wohlstande geworfen, die unversehens brodlos gemacht worden sind. Es drang der Krieg in Festungen und Bauerhöfe, verheerte Dörfer und Äcker, überfiel mit Schrecken und Tod die Sorglosen zur Nachtzeit. Darum rufet die Kirche ernstlicher: Kommt herein, ihr Reichen und Begüterten! morgen könnet ihr Bettler seyn. Hier findet ihr den, der euch nicht verläßt, wenn euch jeder verläßt, des Eignen bekümmert, den ewig treuen Gott, und höret seine Verheißung: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen.“ Kommt herein! Hier findet ihr das, was euch nicht verläßt, wenn euch alles verläßt in seiner Flüchtigkeit und Vergänglichkeit, die Gottseligkeit, welche spricht. „Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde, und wenn mir auch Leib und Seele verschmachten, so bist du doch meinem Herzens Trost und mein Theil.“ Seyd ihr ängstlich besorgt, um euer Brod zu kommen; so lasset hier euren Blick leiten zu dem hinauf, „der die Vögel speiset, die jungen Raben, die ihn anrufen: sollte er nicht viel mehr euch thun?“ Kommt herein und suchet hier die Waffe wider den plötzlichen Tod, daß ihr sprechen könnt: „Soll ich durch's finstre Tal des Todes wandeln, so fürchte ich dennoch nichts, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Fürchtet ihr den Tod um euer Unversorgten, Unerzogenen willen, kommt herein und höret zu eurem Trost von „dem Herrn, der die Kinder aufnimmt, von Vater und Mutter verlassen“ Dünken euch Gottes Wege wunderlich, wie sie es sind, kommt herein und fasset den Glauben, „daß er es herrlich hinausführe.“ „Siehe, wir kommen.“ - Ach, wäre das wahr! Du, der du alle Dinge trägst mit deinem kräftigen Wort, hilf ihnen, heilige sie in dieser Wahrheit! Dich flehet deine Kirche hier, dich flehet auch ihr Diener heute, und laß mein Flehen Segen seyn, Erhörung über Diese, - so einzuweihn das neue Kirchenjahr. Wenn unser Ziel im Himmel steht, kann man auf Erden immer rufen: Kommt! zu denen auch, die schon gekommen sind. Segen dann über Alle, die sich mit hungriger Seele um diesen Lehrstuhl versammeln, die betend und singend hier stillen ihr Herz vor Gott. Segen über Alle, die den Trost des Beichtstuhles suchen und des Altares hohen Frieden in Jesu Christo. Segen und Gottes gnädige Obhut über die Kinder, welche in diesem Jahre zu Christo gebracht werden. - Gottes heiliger Geist leite die Jugend auch, die ihren Taufbund erneuern wird. Ach, wer doch möchte nicht gesegnet werden? Was jeder wünscht zu seiner Seelen Freude und ewigem Heil – bey dir, o Gott, ist alle Fülle – das schenke ihm! mir auch, - du siehest, was – und hätt' ich's nicht verdient, aus Gnaden, aus deinen Gnaden. Vater! wir beten ferner noch: „Nimm dich aller Wittwen an. Sey der Waisen Vormund. Hilf den Verlassenen. Erbarme dich aller Kranken. Nimm der im Glauben Sterbenden letzten Seufzer an und mache ihre Seelen der ewigen Freude teilhaftig. Amen. Erhöre unser Gebet um Jesu willen. Amen!“

Quelle: Harms, Claus - Winter- und Sommer-Postille