Text: Matth. 28,18-20.
Das Trinitatisfest, oder Fest der Heiligen Dreieinigkeit ist in der evangelischen Kirche eingesetzt zur Erinnerung an die Wahrheit: dass Gott durch sein Wort sich als Vater, Sohn und heiligen Geist geoffenbart hat. Diese Wahrheit ist der Inbegriff des ganzen Christenglaubens, mit ihr steht und fällt das wahre Christentum; darum hat aber auch zu allen Zeiten das Antichristentum vorzüglich auf die Lehre von der Dreieinigkeit seine Angriffe gerichtet, und bis an das Ende der Tage wird wohl die Weisheit der Welt nicht aufhören, durch falsche Schrifterklärung diese Lehre anzufechten, um sie aus der Bibel wegzuleugnen, und mit Scharfsinn und Spott den Gläubigen zu entreißen.
Es ist unser Zweck nicht, die zahlreichen Einwürfe einzeln zu widerlegen, womit die Feinde des Kreuzes Christi den festen Grund Gottes1) zu erschüttern und umzustoßen meinen; zwar wäre es uns nicht schwer aus vielen deutlichen Schriftstellen nachzuweisen, dass die Lehre von der dreifachen Persönlichkeit des Einen Gottes in die ganze Bibel verwoben ist; ja wir könnten sogar beweisen, dass alles vernünftige Denken aufhören müsste, wenn man die Behauptung gelten ließ, es sei unmöglich an die Dreifaltigkeit des Einigen Gottes zu glauben. Indessen ziehen wir vor statt solcher Entwicklungen, die im Herzen doch keine Frucht schaffen, die Lehre nach ihrer Wirkung darzustellen, und zu zeigen, dass nur aus dem Glauben an den dreieinigen Gott die Frucht des lebendigen Evangeliums erwachsen kann.
Die Ursache, warum das hochheilige Geheimnis der Dreieinigkeit von so vielen bestritten wird, liegt nämlich nicht sowohl in der Unbegreiflichkeit desselben, als vielmehr darin, dass, wer diese Lehre als Wahrheit annimmt, eben dadurch genötigt wird die Gottheit Christi anzuerkennen. In diesem Punkt nun scheidet sich der bloß gesetzliche Glaube von dem evangelischen, oder der Deismus vom Christentum. Der Deist, welcher nur die Einheit Gottes gelten lässt, weiß zwar viel und hochtönend zu reden von Gottes Eigenschaften, von der Schöpfung und Fürsehung, auch schenkt er dem gesetzlichen Teil oder der Moral der heiligen Schrift in den meisten Stücken reinen lauten Beifall; aber die Person des Gottessohnes ist ihm anstößig, und alles was sich darauf bezieht sucht er aus der Bibel als unhaltbar auszuscheiden durch die falsch berühmte Kunst.2) Der Christ hingegen, welcher sich auf den Glauben an den Dreieinigen stützt, sieht darin das Kleinod seiner Seligkeit, die Gewissheit der Erlösung unseres armen Geschlechtes durch Jesum Christum, in welchem wir mit Gott versöhnt sind, und die Teile der heiligen Schriften, welche sich auf die Person des Heilands und sein Gnadenwerk beziehen, sind ihm nicht mehr dunkel, sondern ein klares freudenreiches Evangelium.3)
Ohne uns auf weitere Untersuchungen dieses Gegensatzes einzulassen, fragen wir nun: wer sind diejenigen, welche von jeher für die Verbreitung des Evangeliums etwas geleistet haben? Sind es die, welche meinen, Christus sei bloß ein ausgezeichneter Lehrer, vielleicht auch ein höheres Wesen, von dem man nicht wisse, was man daraus machen solle? oder sind es solche, die geradezu mit glaubensmutiger Zuversicht hingehen und predigen: Christus, der eingeborene Sohn Gottes, ist selbst der wahrhaftige Gott und das ewige Leben?4)
Eine Tatsache, die vor aller Augen steht, beantwortet unsere Frage; diese Tatsache ist das evangelische Missionswerk, welches, wie das ganze Christentum, seine Kraft und Stütze in dem Glauben an die Gottheit Christi hat, denn: „einen andern Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“5) Darum steht in der Schrift: „Siehe da, ich lege einen auserwählten köstlichen Eckstein in Zion, und wer an ihn glaubt, der soll nicht zu Schanden werden. Euch nun, die ihr glaubt, ist er köstlich; den Ungläubigen aber ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben und zum Eckstein geworden ist: ein Stein des Anstoßens, und ein Fels der Ärgernisse; die sich stoßen an dem Wort, und glauben nicht daran, darauf sie gesetzt sind.“ 6) Vor diesem Stein des Anstoßens fürchten sich nun manche Kluge dieser Welt, denn sie ahnen wohl bereits etwas von dem Gericht, das in dem ernsten Ausspruch des Herrn gedroht ist: „Wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf welchen er aber fällt, den wird er zermalmen.“7) Aber anstatt sich darauf zu erbauen, und dadurch mit der Welt zu brechen, die ihn hasst8), suchen sie behutsam den Stein zu umgehen und ihn auch für andere unzugänglich zu machen, damit sie gegen unangenehme Erinnerungen und Vorwürfe geschützt bleiben. Da ist nun das beste Mittel, wie sie denken, die Beseitigung der Fundamentalehre von Gottes Dreieinigkeit; denn es ist ja auch biblisch, wenn man von der Einheit Gottes redet; sagt nicht Christus selber: „Das vornehmste Gebot vor allen Geboten ist das: Höre Israel, der Herr unser Gott, ist ein einiger Gott!“9) Und ohne zu erwägen, dass er auch sagt: „Ich und der Vater sind Eins!“10) und: „wer mich sieht, der sieht den Vater!“11) spricht man bloß von Gott im Allgemeinen, und setzt das ganze Christentum darein, dass es die Menschen belehre über Gott, Tugend und Unsterblichkeit.
Der Klang dieser Worte, welche dem Ohr schmeicheln, da sie der stolzen Selbstgerechtigkeit nicht zu nahe treten, hat schon manche Seelen betört, und ein großer Teil der sogenannten christlichen Welt ist dadurch irre geführt und von dem Grund des Evangeliums weit abgeleitet worden. So entstand jenes falsche Christentum, jenes marklose Wesen einer vernünftelnden Gesetzlichkeit, welches die Menschen zu Tode tröstet, und gar fügsam in die Menge der anderen falschen Religionen verschwimmt. Wie oft hört man die Scheinchristen sagen: Mir ist es einerlei welche Religion du hast, wenn du nur ein rechtschaffener Mensch bist! Unter einem rechtschaffenen Menschen verstehen sie aber einen Solchen, der ihnen nicht schadet, sie nicht in ihrer Ruhe stört, und ihnen die Dienste erweist, die sie von ihm erwarten; mehr begehren sie nicht, denn um die Seligkeit der Seelen ihrer Mitmenschen sind sie so unbekümmert, als um ihre eigene. Gehen doch manche sogar so weit, dass sie behaupten, die Christen hätten weder die Pflicht noch das Recht den Heiden das Evangelium zu bringen, denn sonst müsste man ja auch den beiden das Recht zugestehen Missionare unter die Christen zu senden. In solchen Unsinn versinkt der gesetzliche Unglaube.
Unterdessen wurde, ohne dass die Widerchristen durch Verleumdungskünste und allerlei feindselige Anfälle es hindern konnten, die Botschaft des Friedens während den verflossenen vierzig Jahren zu den entferntesten Völkern getragen, und der Herr hat sich zu dem Werk des Amtes bekannt, und die Aussaat des Wortes vom Kreuz in allen Gegenden der Erde so gesegnet, dass jetzt schon die Erstlingsfrüchte hin und wieder mit Freuden eingesammelt werden. Auch haben die Widersprüche und Vorurteile gegen die evangelischen Missionen sich merklich gemildert und beseitigt, weil sie stets durch die Tat widerlegt werden.
Allein, während die merkwürdigen Ereignisse, welche die Predigt des Evangeliums unter den Heiden hervorruft, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wird nur allzuoft der eigentliche Grund gar nicht beachtet, worauf das großartige Missionswerk unserer Tage so wie der frühesten Zeiten der Christenheit herangewachsen ist. Diesen Grund auf das Bestimmteste zu erkennen tut aber deswegen Not, weil wir sonst aus Unkunde könnten verleitet werden auf den lockeren Sand der Menschenlehre zu bauen, und am Ende mit Bedauern sehen müssten, dass unsre Arbeit vergebens war. Darum wollen wir aus unserem Text die Überzeugung schöpfen:
Dass die Lehre von Gottes Dreieinigkeit der eigentliche Grund des evangelischen Missionswerkes ist,
denn auf diese Lehre stützt sich:
Möge die Frucht dieser Betrachtung sein, dass auch wir uns stets lebendiger auf diesem Grund erbauen, und unsre Berufung und Erwählung fest machen12) im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen!
Dass in der Lehre vor der Dreieinigkeit der Grund des evangelischen Missionswerks liege, tritt schon bei der Aussendung der Boten des Heils deutlich hervor. Als nämlich unser Herr nach seiner Auferstehung auf einem Berg in Galiläa seine Jünger versammelt hatte, sprach er zu ihnen: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden; darum geht hin!“
Wer ist der, welcher mit solcher Gewalt seinen Aposteln befiehlt, in alle Welt zu gehen, zu predigen das Evangelium aller Kreatur?13) Wer hat ihm dazu das Recht gegeben, und womit wollen seine Gesandten ihre Vollmacht beweisen? Die Antwort liegt in der Wahrheit: Vater, Sohn und Geist sind Eins! “Der Vater hat den Sohn lieb, und hat ihm alles in seine Hand gegeben;14) auf dass sie alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren,15) und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters.16) Der Herr ist aber auch der Geist;17) und der heilige Geist, welchen der Sohn vom Vater sendet, zeugt von dem Sohn.“18)
In diesen Schriftworten liegt die ewig gültige Urkunde, auf welche jeder evangelische Missionar sich berufen darf und muss, wenn er hingeht. Fragt ihn Einer im fernen Land: Warum kommst du zu mir, und wer hat dich dies geheißen? so antwortet er: Ich komme nicht in meinem Namen, noch im Namen irgend eines irdischen Herren, sondern im Namen dessen, dem der Vater gegeben hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden; und, wisse es, auch über dich hat der Gottessohn alle Gewalt, doch nicht um dich zu verderben, sondern um deine Seele vom Verderben zu erlösen, worin sie gebunden ist. Wenn du das Zeugnis des heiligen Geistes annehmen willst, so wirst du an dir selber erfahren, dass dieses Zeugnis Wahrheit ist;19) denn das Evangelium von Christo ist eine Kraft Gottes, die da selig machet alle die daran glauben.20) „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.“21)
Dies war die Predigt der Apostel, als sie mit der frohen Botschaft ausgingen in alle Welt; dies ist jetzt noch die Predigt aller apostolischen Friedensboten, wenn sie ein Volk oder ein Haus begrüßen, nach dem Befehl dessen, der sie gesandt hat.22) Nehmt ihr den Missionaren den Glauben an die Dreieinigkeit Gottes, so nehmt ihr ihnen zugleich die Beglaubigung ihrer Sendung; denn Jeder, der im eigenen Namen kommt, ist ein Betrüger; weil er in seinem Inneren wohl weiß, dass er keine Gewissheit dessen hat, was er lehrt; und wer im Namen eines Menschen hingeht, ist ein Betrogener, der gar bald aus seinem Wahn gezogen werden wird, wenn er nur aufrichtig genug ist einzusehen, dass kein Adamskind, kein Glied unseres gefallenen Geschlechtes die ganze Wahrheit hat, noch geben kann; ja selbst kein Engel könnte uns hinreichende Versicherung der Wahrheit geben, denn die Engel sind Kreaturen, sind irrtumsfähige Wesen und können fallen. Darum hat der Missionar nur dadurch eine freudige Gewissheit seiner Sendung, dass er mit Überzeugung sagen kann: „Ich bin von Gott gelehrt!“23)
Damit solche Überzeugung möglich werde, ist es nötig felsenfest zu glauben, dass alle Worte und Werke des Sohnes vom Vater kommen, und alle Zeugnisse des Geistes vom Vater und Sohn ausgehen, und das Vater, Sohn und Geist Eins sind in ewiger Gottheit.24) Nur der Mensch, in welchem dieser Glaube lebt, ist fähig, Christum den Gekreuzigten vor der Welt mit Nachdruck zu verkündigen als den Heiland der Sünder, denn durch die Überzeugung von der Gottheit Christi hört das Ärgernis des Kreuzes auf, und die Predigt bekommt ihre weltüberwindende Gewalt. „Alles was von Gott geboren ist, überwindet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?“25) Wer die Kraft des evangelischen Glaubens in der Wiedergeburt seines eigenen Herzens erfahren hat, ist auch fähig andre zu überzeugen, ist ein tüchtiger Missionar, ein Werkzeug in der allmächtigen Hand des Sohnes, welcher zur Rechten des Vaters herrscht, bis dass er alle seine Feinde unter seine Füße lege.26)
Ein Missionar, der in diesem Sinne tätig ist, beweist es alsdann auch durch seine ganze Wirksamkeit, dass das evangelische Missionswerk seinen Grund hat in der Lehre von der Dreieinigkeit Gottes. Die Wirksamkeit der Sendboten ist in dem Auftrag des Herrn zusammengedrängt: „Lehrt alle Völker, und tauft sie, im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes; und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“ - Wort, Sakrament und Seelenpflege sind hiermit angedeutet, und in diesen drei Stücken ist erschöpfend ausgesprochen, was dem obliegt, der im apostolischen Amt ausgeht unter die Heiden.
Zuerst hat er ihnen zu bringen: das Wort; das ist aber kein anderes als das Wort vom Reich27) Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbei gekommen!28) - Tut Buße ist der Erweckungsruf, dass die Geistigtoten auferstehen vom gefährlichen Sündenschlaf.29) Die Ankündigung der Nähe des Himmelreichs ist die Gnadenbotschaft für alle Bußfertigen. Wie kann aber ein Mensch sich unterstehen die anderen zur Buße zu rufen, wenn er ihnen nicht die Versicherung der Vergebung der Sünden und den offenstehenden Zugang zum Vater verkündigen darf? und wer dürfte den Sündern Vergebung und Wiedervereinigung mit Gott zu verkündigen wagen, der nicht selber von Herzen glaubte: dass „Gott in Christo war, und die Welt mit ihm selber versöhnte, und ihnen ihre Sünden nicht zurechnet, und unter uns das Wort von der Versöhnung aufgerichtet hat?“30)
Es gab früher einige Missionare unter den Nordamerikanischen Wilden, welche zwar gläubig waren, aber die vorgefasste Meinung hatten, dass die eigentliche evangelische Lehre, oder die Predigt von dem gekreuzigten Christus,31) für die unwissenden Heiden zu hoch sei; man müsse zuerst ihren Verstand aufklären, ihnen allgemeine Begriffe von Gottes Allmacht, Weisheit, Güte und Gerechtigkeit beibringen, und nur nach und nach von dem Deismus zu den christlichen Wahrheiten übergeben. Die armen Sendlinge zerarbeiteten sich lange Jahre hindurch, aber die Heiden achteten gar nicht auf ihre Vorträge, und verließen die Prediger, ohne dass in ihnen die geringste Wirkung sichtbar wurde. Da verzweifelten endlich die Missionare an ihrer eigenen Weisheit, und fingen an mit schüchternem Glauben die törichte Predigt von Christo und seinem blutigen Versöhnungstod zu verkündigen; und wie erstaunten sie, als sie nun bemerkten, dass die Wilden aufmerksam wurden, weiter forschten, sich bekehrten und bald eine Gemeinde um ihre Lehrer bildeten. Diese Erfahrung bestätigte, was eigentlich jeder, der dem Wort Gottes glaubt, zum Voraus wissen sollte, dass nämlich die Lehren des Evangeliums für die Unwissenden nicht so schwer zu fasen sind, als manche wissenschaftlich Verbildete sich vorstellen. Unser Herr sprach dies deutlich aus, als er sagte: „Ich preise dich, Vater, und Herr Himmels und der Erden, dass du solches den Weisen und Klugen verborgen hast, und hast es den Unmündigen geoffenbart! Ja, Vater, denn es ist also wohlgefällig gewesen vor dir!“32) Mit all seiner Gelehrsamkeit vermag kein Menschenkind die Tiefe der Gottheit zu ergründen; aber der demütige Heilsbedürftige Sünder, wirft sich vor dem Dreieinigen nieder, ruft den Namen des Herrn Jesu Christi an,33) und empfängt für rein ernstliches Gebet das Zeugnis: Du bist vom Vater in Gnaden angenommen, der Sohn hat deine Sünden getilgt, und der Geist will dich zubereiten zum Erbteil der Kinder Gottes; fürchte dich nicht, sei getrost, dein Glaube hat dir geholfen!
Dieses innere Zeugnis ist das immerwährende Zeichen, womit Gott selber das Evangelium bestätigt, wenn es von seinen Boten rein und einfältig gepredigt wird; es ist das Siegel und Pfand unserer Erlösung34) und zugleich der stärkste Beweis für die Wahrheit der Lehre Jesu, welcher alle Zweifel niederschlägt, durch seine seelenbezwingende Kraft.
So breitet sich das Reich Gottes, worin Vater, Sohn und Geist gemeinsam wirken, auf Erden immer schöner aus, und wer dem Wort glaubt und sich bekehrt, wird darein aufgenommen, und durch das Sakrament der Taufe zum Bürger desselben bestätigt im Namen des dreieinigen Gottes.
Durch die Weihe der Taufe gestalten sich die Christengemeinden; wer die Taufe noch nicht empfangen hat, kann auch nicht zu der Gemeinde Christi gezählt werden, wer aber durch den Unglauben die empfangene Taufe an sich unwirksam machet, schließt sich selber wieder von dem Reich Gottes aus, das ihm geöffnet war, denn: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“35) In den Einsetzungsworten des Sakraments ist also dem evangelischen Missionar genau angedeutet, auf was er hinarbeiten muss, damit seine Botschaft Frucht bringe; er muss nämlich diejenigen, welche gegen das Wort vom Kreuz nicht mehr verschlossen sind, besonders unterrichten, und sie gehörig vorbereiten; die Taufe darf er ihnen nicht eher geben, bis er aus deutlichen Beweisen erkennt, dass der Glaube an Gott Vater, Sohn und heiligen Geist Wurzel geschlagen hat in ihren Herzen. Es ist aber einem gewissenhaften Missionar, der selbst im Glauben lebt, und für die anvertrauten Seelen fleißig betet, nicht schwer dieses zu erkennen, denn der Unterschied zwischen dem bloßen Gedächtniswerk und dem Herzensglauben tut sich einem jeden, der sehen und hören kann, in Gesinnung und Wandel kund.
Für Alle nun, die durch das Wasserbad im Wort36) unter die Zahl der Gläubigen aufgenommen sind, beginnt eine neue Periode ihres Erdenlebens; sie sind in die Gemeinde Christi eingetreten, und der besonderen Seelenpflege übergeben, damit der Knecht Gottes, der in dem Dienst des guten Hirten steht, sie als Lämmer und Schafe Jesu weide.37) Mit den Getauften steht der Missionar in einem ganz neuen Verhältnis, er ist ihr Seelsorger geworden, und soll sie nähren mit dem Brot des Lebens und leiten zu den lebendigen Wasserquellen, dass sie kräftig heranwachsen, und als Menschen Gottes vollkommen werden, und zu allem guten Werte geschickt.38) Das liegt in dem ferneren Auftrag des Herrn an seine Apostel: „Lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe!“
Auch dieser letzte höchste Teil der Wirksamkeit evangelischer Missionare, gründet sich ausschließlich auf die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes, und ist eigentlich nichts anderes als ihre allseitige Anwendung auf das ganze Christenleben. Der Seelsorger hat seinen Pflegbefohlenen immerfort nichts anderes zu sagen, als: Ihr seid durch die Gnade des Sohnes als Kinder des Vaters im Himmel in die Schule des heiligen Geistes getreten; lasst euch durch die Kraft des heiligen Geistes, in der Gemeinschaft des Sohnes, immer inniger mit dem Vater vereinigen.
In diesen wenigen Worten liegt die ganze Heilsordnung zusammengefasst, worin sich das ewige Leben entfalten muss um seine Himmelsfrüchte zu tragen, und durch welche der Christ groß gezogen wird bis zur seligen Vollendung im vollkommenen Alter Christi. 39) Die Entwicklungen derselben sind so unübersehbar, dass wir sie hier nicht einmal andeuten können; so viel erhellt jedoch schon aus dem Gesagten, dass ohne die Lehre von der Dreieinigkeit, der Missionar außer Stande wäre sein Amt mit Segen zu führen, weil ja reine ganze Wirksamkeit sonst keinen Grund noch Stützpunkt hätte, und Wort, Sakrament und Seelenpflege im eigentlich christlichen Sinne nicht mehr statt finden würden.
Auf das Geheimnis der Einheit des Vaters, Sohnes und heiligen Geistes gründet sich aber auch der ganze Trost des evangelischen Missionars.
Wenn man bedenkt, was ein Bote des Evangeliums aufopfern und wagen muss, wenn er hingeht, den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter den Heiden, so scheint das Unternehmen wenig Aussicht auf einen günstigen Erfolg darzubieten, und mancher möchte wohl den Missionar fragen: Wie kannst du, schwacher einzelner Mensch, hoffen mit deinen geringen Mitteln etwas auszurichten? Doch der apostolische Mann antwortet: Ich erwarte nichts von eigener Kraft, aber mein freudiges Vertrauen ruht auf dem, der gesagt hat: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende!“ - Und wer ist denn der? - Er ist es, der als ewiger Sohn vom Vater, selber Gott aus Gott, sich bis zur sündigen Menschheit erniedrigt und unser Fleisch und Blut angenommen hat, um uns Verlorene zu suchen und selig zu machen! Auch mir ist Barmherzigkeit widerfahren durch seine Liebe, darum will ich aus Liebe zu ihm hingehen und meinen unglücklichen heidnischen Brüdern die frohe Botschaft bringen: Euch ist ein Heiland geboren!
Ein Missionar, dem diese Antwort von Herzen geht, ist mit dem rechten haltbaren Trost ausgerüstet, und nie verlassen, auch unter wilden Völkern und in öden Wüsten nicht. Zwar erkennt und fühlt er deutlich seine Ohnmacht, und verheimlicht sich keineswegs die ungeheuren Schwierigkeiten, welche sich ihm gleich Bergen in den Weg werfen werden; aber es bewährt sich auch in ihm der bergeversetzende Glaube,40) der mit gelassener Festigkeit und nüchterner Besonnenheit durchgreift und ausharrt, und das Unmöglich scheinende möglich macht; denn: Alle Dinge sind möglich bei Gott.41) Der Sendboten Wahlspruch ist: Ohne Jesum können wir nichts tun!42) mit Ihm, unserm Gott, wollen wir Taten tun;43) wir vermögen Alles durch den, der uns mächtig macht, Christus!44)
Eine lange Reihe von Begebenheiten in der Missionsgeschichte, von den Zeiten der Apostel an, bis zu diesen letzten Tagen, beweist es, dass die Zuversicht der wahren Jünger Jesu auf einem Grund ruht, der niemals wankt noch trügt, und dieser Grund ist der Glaube an die Gottheit Christi, welche, wie wir gesehen haben, selbst in der Dreieinigkeit Gottes gegründet ist. Wer an Christum als an Gott glaubt, trägt das lebendige Senfkorn des Reiches Gottes in sich, und wenn dieses Senfkorn durch die Himmelskräfte des Gebets ernährt wird, so wächst es wunderbar heran, dass dem Glaubenshelden nichts unmöglich ist.45)
Des Missionars vorzüglichste Macht liegt im Gebet, und das Wort seines Herrn wird ihm überschwänglich bestätigt: „Wahrlich, wahrlich ich sage euch, so ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, darum, dass ihr mich liebt, und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.“46) Freilich hat der Beter nicht immer die gleiche Freudigkeit, aber er lässt auch in den dunklen Stunden nicht nach, und der Geist, welcher unserer Schwachheit aufhilft, vertritt ihn alsdann mit unaussprechlichem Seufzen.47)
Dazu kommt noch eine andere übernatürliche Unterstützung, deren sich die Missionare getrösten dürfen, wenn sie sich im Widerspruch mit den Weisen und Mächtigen dieser Welt, und nicht selten vor Gericht, verantworten müssen; in solchen Fällen wird an ihnen die Verheißung erfüllt: „Ich will euch Mund und Weisheit geben, welcher nicht sollen widersprechen mögen noch widerstehen alle eure Widerwärtige. Darum sorgt nicht, was ihr reden sollt, und bedenkt euch nicht zuvor, sondern was euch zu derselbigen Stunde gegeben wird, das redet; denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern der heilige Geist.“48) Aus allen diesen evangelischen Verheißungen leuchten uns aber die drei Personen der Gottheit entgegen; wie wäre es nun denkbar, dass ein Missionar getrost bis an das Ende beharren könnte in dem Kampf, der ihm verordnet ist, wenn er nicht im Glauben an die Dreieinigkeit die Gewissheit versiegelt fände, dass das Reich Jesu Christi unüberwindlich ist unter dem Siegeszeichen des Kreuzes.
In dieser Gewissheit liegt endlich auch der Trost des Missionars in seiner Scheidestunde. Mag immerhin auf dem ihm angewiesenen Arbeitsfeld noch vieles unvollendet geblieben sein, er macht sich darüber keine Sorge. Mit gelassenem Mut befiehlt er die anvertrauten Seelen dem Hüter Israels, der bei ihnen ist alle Tage bis an der Welt Ende, segnet dann seine geliebte Herde im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, und spricht, sich niederlegend, mit stiller Zuversicht: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!49)
So wandelt, wirkt und vollendet der wahrhaft evangelische Missionar im Glauben an den Dreieinigen, worin er seinen einzigen Grund findet, auf welchem er feststehen kann. Rückt die Christenheit von diesem Grund hinweg, so hört das Missionswerk auf, so hört die Kirche Christi auf, so sind die Christen die elendesten unter allen Menschen. Darum: „Sehet zu dass euch niemand diesen Grund unter den Füßen wegraube durch die Philosophie und lose Verführung, nach der Menschen Lehre und nach der Welt Satzungen und nicht nach Christo; denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig!“50) Amen.