Gossner, Johannes Evangelista - Am 27. Sonntag nach Trinitatis

Evang. Matth. 25, 1 - 13.

Von den zehn Jungfrauen.

Der Herr hat alle Zeiten vor Augen gehabt, und gesehen und vorausgesagt, wie es zu allen Zeiten in Seiner Kirche aussehen werde; besonders hat Er oft die letzten Zeiten im Auge gehabt und vorherverkündigt, wie es da seyn werde. Wie es in den Zeiten Noah's war, sagte Er, gerade so wird die Zukunft des Menschensohnes seyn. Wie sie vor der Sündfluth aßen und tranken, freiten und sich freien ließen bis an den Tag, da Noah in die Arche ging, und es nicht achteten, bis die Sündfluth kam, und sie Alle verschlang, also wird auch seyn die Zukunft des Menschensohnes. Darum ermahnte Er Seine Jünger, daß sie wachen und beten möchten, und auf ihren Herrn warten, wie ein Knecht, den der Herr über Sein Gesinde gesetzt hat. Wenn der nicht treu ist, so wird der Herr kommen zu einer Stunde, da er es nicht meint, und wird ihn zerscheitern und ihm seinen Lohn geben mit den Heuchlern. Besonders aber hat uns der Heiland zur Wachsamkeit und Treue ermahnt durch das Gleichniß von den zehn Jungfrauen, indem Er sagte:

Dann wird das Himmelreich gleich seyn zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen aus, dem Bräutigam entgegen. Wenn der Bräutigam im Morgenlande mit seinen Gesellen Abends die Braut heim holte, so erwarteten ihn nicht ferne von seinem Hause die Braut-Jungfrauen oder Gespielinnen der Braut mit Lampen oder Fackeln, führten das Paar hinein, und sie nahmen alle Theil am Hochzeitmahl. Das Himmelreich oder die Kirche Christi, die Gemeinde der Gläubigen ist demnach den Braut-Jungfrauen gleich, die Christum als den Bräutigam Seiner Kirche erwarten, und Ihm oder Seiner Zukunft entgegen gehen mit den Lampen des Glaubens und der brennenden und leuchtenden Liebe, wozu der heilige Geist das Oel hergiebt, oder Glaube und Liebe lebendig und brünstig erhält. Es geht zur Hochzeit, meine Lieben; wir sind auf dem Hochzeitswege. So hat der Herr Sein Reich, Seine Zukunft oft vorgestellt. Wir sind geladen, wir sind Gespielinnen der Braut, wenn nicht zugleich die Braut selbst. Es geht dem Himmel zu, der Herrlichkeit Gottes entgegen, wozu wir in Christo Jesu berufen sind, und die uns vom Bräutigam erworben und verheißen ist. Sterben heißt: mit dem Bräutigam zur Hochzeit, zum Hochzeitmahl gehen. Zum Pfand und Beweis haben wir schon manchen Vorgenuß und Geschmack in den Bräutigams-Tagen, wenn der Herr uns anwirbt und einladet. Das ist wohl zu merken. Es mag aussehen wie es will; es geht doch zur Hochzeit; ist auch der Weg manchmal rauh und das Wetter trübe, das achten Hochzeitgäste nicht.

Aber fünf unter ihnen waren thöricht, und fünfe klug. Einige der Gemeinde des Herrn achten die Seligkeit, zu der sie berufen sind, nicht genug; das ist ihre Thorheit; sie bereiten sich nicht, sehen sich nicht um nach dem, was man haben muß, um bei der Hochzeit erscheinen zu dürfen. Die Andern aber bedenken, was zu ihrem Frieden dient, und bereiten sich mit allem Fleiß. Das ist die Klugheit der Gerechten. Die denken an die Zukunft, trachten nach dem was droben ist, wo Christus, ihr Bräutigam ist, sitzend zur Rechten Gottes.

Die Thörichten nahmen ihre Lampen; aber sie nahmen nicht Oel mit sich. Sie dachten, die Lampen sind genug; man sieht doch, was wir sind und wollen. An das Oel dachten sie nicht - das bisschen Oel in ihren Lampen reichte nicht lange, und Gefäße zum Nachgießen hatten sie nicht, oder nur leere Gefäße ohne Oel, nur zum Schein. Sie waren wohl auch Jungfrauen, d. i. Leute, die auch zur Gemeinde des Herrn gehörten, zu den Gespielinnen der Braut, die nicht der Welt anhingen, die den klugen Jungfrauen ganz gleich zu sein schienen, weil sie aussahen wie diese, und alles Aeußere mitmachten. Nur Eins fehlte ihnen, das Oel, die Salbung des heiligen Geistes, die brünstige Liebe zum Bräutigam, das innere Leben. Sie hielten bloß auf das äußere Kirchen- und Moral-Wesen, auf äußere Gottesdienstlichkeit und ehrbaren Wandel - sie waren keine lasterhafte, sondern tugendhafte Menschen, Gemeinde-Glieder, Christen. Aber am Herzen, am Geiste fehlte es, den Christus in uns hatten sie nicht; den Umgang des Herzens mit dem Heiland und die Gemeinschaft des heiligen Geistes kannten oder übten sie nicht; denn das ist die Oelquelle, der Brunnen des Heils, davon wird die Lampe, und werden die Gefäße voll Oel, daß das Licht nie ausgehen kann, wenn Er auch lange warten läßt. Da sehe Jeder zu, was er in seiner Lampe und in den besondern Gefäßen dazu hat. Suche Jesum und Sein Licht, alles Andere hilft dir nicht.

Die Klugen aber nahmen Oel in ihren Gefäßen sammt den Lampen. Darum hießen sie eben klug, weil sie klug waren, und an die Hauptsache dachten, und die anderen thöricht, weil sie thöricht handelten, die Hauptsache vernachlässigten, und mit der Nebensache sich begnügten. Die Klugen besorgten Vorrath für die Zeit der Noth. Ach es bedarf des Betens und Wachens viel, um recht gesalbt und erfüllt zu werden mit heiligem Geiste und dem Oele der Freuden, mit dem Frieden, der höher ist, als alle Vernunft; und ohne dieses helfen alle Gefäße der Gottesdienstlichkeit und Religiosität, wenn ihrer noch so viele wären, nichts. Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein. Wenn ich allen Glauben hätte, also daß ich Berge versetzen könnte, alle Erkenntniß - und wie ein Engel reden könnte von Gott und Christus, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich eine klingende Schelle und ein tönendes Erz, die bei der himmlischen Hochzeit nicht zu brauchen sind.

Da nun der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und entschliefen. Da ist eine allgemeine Sicherheit und Trägheit eingerissen. Man rechnet, wann der Bräutigam etwa kommen müsse; und trifft's nicht ein, so schläft man ein. Sogar die klugen Jungfrauen, die eifrigen, innigen und wahren Jünger und Jüngerinnen des Herrn sind nicht frei von Schläfrigkeit; sie dürfen nicht sicher werden, sonst schlafen sie auch mit den andern ein. Die thörichten werden freilich zuerst von Schläfrigkeit und endlich vom Schlafe überfallen worden seyn. Und das böse Beispiel, da man sie auch für ächte hielt, steckte auch die Klugen an, weil sie nicht auf ihrer Hut waren, und nicht mehr an den Bräutigam als an ihre Gespielinnen gedacht haben. Die Schläfrigkeit im Christenthum hat schon Vielen den Tod gebracht, und sie der Hochzeit beraubt. Könnt ihr nicht eine Stunde mit mir wachen und beten? sagt der Heiland am Oelberg zu den schläfrigen Jüngern. Und wir wissen, was ihnen ihre Schläfrigkeit für Noth verursachte, und sie in die Gefahr brachte, ganz vom Heiland getrennt zu werden, ihr Apostelamt und das ewige Leben zu verlieren. Nur des Heilands Gnade und Liebe war es, daß Er für sie betete und sie nachher wieder suchte und annahm. Aber es kostete bittere Thränen. Der Bräutigam verzieht schon lange - immer noch - aber plötzlich wird er kommen; darum laßt uns nicht schläfrig werden, viel weniger schlafen, wie die Kinder der Nacht, sondern laßt uns wachen und nüchtern seyn, als Kinder des Lichts und des Tages, um nicht erst aus dem Schlafe aufgeschreckt werden zu müssen, wenn es heißt: der Bräutigam kommt. Denn

Zur Mitternacht ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus, ihm entgegen. Zur Mitternacht, wie ein Dieb, wo man Ihn am wenigsten vermuthet, wo man im tiefsten Schlafe begraben ist. Darum stand der Psalmist zu Mitternacht auf, Gott zu danken. Ps. 119, 62. Um Mitternacht betete Paulus und Silas. Apg. 16, 25. Als dies die Neuseeländer das erstemal lasen in der Bibel, sagten sie zu einander: Das haben wir noch nie gethan, und seitdem stehen sie alle Mitternacht auf, um Gottesdienst zu halten. (So erzählte mir dieser Tage Einer, der gerade von Neuseeland kommt, und es selbst gesehen und gehört hat). Damit ist nun freilich nicht Alles gethan, mit dem äußerlichen Aufstehen und Wachen und Beten. Der Geist muß stets wachsam seyn, und in Jesu leben; die Liebe und Sehnsucht nach Ihm, die Lust, abzuscheiden und bei Christo zu seyn, die Herzensverbindung mit Ihm muß unterhalten werden, so daß man selbst, wenn man schläft, von Ihm träumt, und daß man sagen kann: Wenn ich mich zu Bette lege, denke ich an Dich; wenn ich erwache, so rede ich von Dir. Ps. 62, 7. Meine Augen hältst Du, daß sie wachen. Ps. 77, 5. Frühe wache ich zu Dir - 63, 2. Von Herzen begehre ich Dein des Nachts, dazu mit meinem Geist wache ich frühe zu Dir. Jes. 26, 9. Ich schlafe, aber mein Herz wachet. Hohel. 5, 2. Darum ist Er eben gestorben, auf daß wir, wir mögen wachen oder schlafen, mit Ihm zusammen leben. 1 Thess. 5, 10. Darum hat auch den klugen Jungfrauen der Schlaf nicht so viel geschadet, denn ihre Lampen brannten doch, und ihre Gefäße hatten Oel.

Da standen alle Jungfrauen auf, und schmückten ihre Lampen. Das Geschrei: Der Bräutigam kommt, kann sie alle aufwecken. Das Geschrei: Der Herr kommt, wird einst die ganze Welt aus dem Schlafe wecken, Viele wohl das erstemal, aber zu spät. Da wird aller Schlaf auf ewig ein Ende haben, und das Wachen nicht mehr helfen. Das Lampenschmücken ist wohl gut, aber nicht Alles, und hilft allein nicht, denn die Lampen der Thörichten waren vielleicht schöner und besser geschmückt, als die der Klugen - aber was half es ihnen? Der äußere Schmuck, der Schein der Gottseligkeit genügt nicht, wenn man ihre Kraft verläugnet. O wie schmückt Mancher seine Lampe, und putzt und bereitet sie, um damit zu glänzen, und vergißt oder merkt nicht darauf, daß sie leer ist - ohne Oel. Wie Viele stellen sich äußerlich, in Worten und Geberden, als Christen dar, und vergessen, daß in Christo nichts gilt, als ein rechtschaffnes Wesen, eine neue Kreatur, der Glaube in Liebe thätig, die Gleichförmigkeit mit Christo. Nicht, der äußerlich ein Christ scheint, ist ein Christ, sondern der es innerlich und äußerlich ist und beweist mit Wort und That. Nicht, die Herr Herr! sagen, sondern die den Willen meines Vaters thun, werden mit zur Hochzeit gehen, sagt der Herr.

Die Thörichten aber sprachen zu den Klugen: Gebet uns von eurem Oele, denn unsere Lampen verlöschen. Nun bettelten sie; hätten sie, statt zu schlafen, sich nach Del umgesehen; hätten sie gebetet vorher, so dürften sie jetzt nicht betteln. Jenes hätte geholfen; dies hilft nun nicht mehr. Da sieht man's, wie bald die schön geschmückten Lampen verlöschen, wenn's an Oel fehlt; wiebald alle Scheinheiligkeit erblaßt, wenn es an Kraft und innerm Leben fehlt. Lasset doch lieber das Schmücken, nur das Oel nicht - eine blechene oder irdene Lampe mit Oel und Licht ist besser und dem Bräutigam lieber, als eine silberne und kristallene oder goldene ohne Oel und Licht. Auf den äußern Schmuck sieht unser Bräutigam nicht; Er ging selbst in armer Gestalt und sagte: Selig, wer sich an mir nicht ärgert. Er hatte keine Gestalt noch Schöne. Daß das Betteln am Ende nicht hilft, sehen wir.

Da antworteten die Klugen: Nicht also, auf daß nicht uns und euch zugleich gebreche; gehet vielmehr hin zu den Krämern, und kaufet für euch selbst. In der letzten Noth hat Keiner übrig, Keiner so viel, daß er an Andere etwas abgeben kann; da hat Jeder genug zu thun, daß er selbst durchkommt. Auf Andere muß man sich nie verlassen, besonders, da wir einen Herrn haben, der reich genug ist für Alle, und giebt einfältiglich Jedermann, was er begehrt und nöthig hat, und rückt es Niemand auf. Jak. l, 5. Er läßt es uns an keinem Guten mangeln. Thue deinen Mund weit auf, laß mich ihn füllen, spricht Er. Werdet trunken von den reichen Gütern des Hauses Gottes. Er ist gekommen, daß wir das Leben und volle Genüge - Ueberfluß haben sollen. Wer es bei Ihm abholt in der Zeit, der hat es in der Noth. Bittet, so wird euch gegeben - ein voll, gedrückt, gerüttelt und überflüssig Maß wird euch in euren Schooß gegeben. Luc. 6, 38. Aber man braucht das Alles selber; und Andere dürfen sich nicht darauf verlassen, und können nichts davon abkriegen. Die Klugen bewiesen sich bis an's Ende klug - und waren auf ihr Heil bedacht. Wenn wir was abgeben, so gehen beide verloren - was hilft das? da ist das Mitleiden am unrechten Orte. Jeder halte sein Oel recht zusammen, und gebe keins ab; d. h. er sehe zu, daß er nicht selbst verwerflich werde, indem er Andern helfen will und doch nicht helfen kann. Mancher will zu geschäftig seyn für Andere, und vernachlässigt darüber sich selbst, ohne daß er dadurch an Andern etwas ausrichtet. Mancher will so viel auf Andere wirken, daß sein eignes Herz leer wird, und er am Ende selbst nichts hat. Für deine Lampe sorge zuerst, und schicke die Andern zu den Krämern, daß sie selber sich Oel verschaffen. Wir kennen unsern Krämer, der Oel genug hat und umsonst giebt - Kaufet bei mir umsonst - was zählet ihr Gold dar? Aber da muß man bei Zeiten kaufen, nicht erst, wenn der Bräutigam kommt. Denn

da sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und welche bereit waren, gingen mit hinein zur Hochzeit, und die Thür ward verschlossen. Da ist keine Zeit mehr zum Kaufen und Betteln. Jetzt, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt sind die Tage des Heils; wer seine Bekehrung und Einölung verschiebt bis auf die letzte Stunde, der hat die Gnadenzeit versäumt und sein Heil verscherzt. Es ist ja ein unverzeihlicher Leichtsinn, zur himmlischen Hochzeit geladen seyn, Gespielin der Braut seyn, berufen seyn, dem Bräutigam entgegen und mit ihm zum Hochzeitmahle zu gehen, und doch das bisschen Oel, das man zu der Lampe nöthig hat, nicht frühzeitig zu besorgen, und Alles bereit zu halten, um mit eingehen zu können. Das thun die weltlichen Hochzeitgäste nicht; diese versäumen die Hochzeit nicht; und wir sollten zur himmlischen Hochzeit uns nicht gehörig bereiten, besonders da uns Alles geschenkt wird, und wir so oft aufgefordert werden, zu beten und zu wachen! Welche Freude für die Klugen, daß sie gewürdiget wurden, mit dem Bräutigam in den Hochzeitsaal einzutreten, und mit zu genießen das himmlische Hochzeitmahl. O was tragt das aus! O wie lohnt es sich, das Oelsammeln! - Aber wie traurig für die Thörichten; die Thür ward verschlossen, wahrend sie zu den Krämern gingen, Oel zu kaufen - geschlossen mit den Schlüsseln, da Niemand aufschließen kann, wenn Er schließt - als nur Er selbst - aber aus Seiner folgenden Antwort geht hervor, daß Er nicht Lust dazu hat. Denn

Zuletzt kamen auch die andern Jungfrauen, und sprachen: Herr, Herr, thue uns auf. Er aber antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht. Sie hatten doch Ernst, hineinzukommen, aber zu spät - sie hätten früher Ernst machen sollen. Jetzt können sie bitten; hätten sie das früher gethan; jetzt schlafen sie nicht, aber nun ist ihr Wachen und Klopfen zu spät. Ihr: Herr, Herr! sagen findet kein Gehör mehr, weil sie den Willen des Vaters nicht gethan, und sich nicht bei Zeiten mit Oel versehen hatten. Kaufet, weil es Markt ist, nicht erst, wenn die Hochzeit angeht. Nach dem Thorschluß wird hier nicht mehr aufgethan, und Niemand mehr eingelassen. Der Bräutigam kennt die nicht mehr, die zu spät kommen mit ihrem geborgtem Oele. Wer den Bräutigam lieb hat, der sorgt früher für alles, was zur Hochzeit nöthig ist. Es ist großer Mangel an Liebe und Treue, unbesorgt um Oel zu seyn, leere Gefäße haben, und doch schlafen bis auf die letzte Minute, wenn man alle Augenblicke nicht weiß, wann der Bräutigam kommt. Diese Schläfrigkeit und Sorglosigkeit ist lebensgefährlich, ist die größte Beleidigung des Bräutigams, der so viel Gnade und Liebe hat, die armen Jungfrauen zu Seiner Hochzeit zu laden ohne ihr Verdienst und Würdigkeit; und sie achteten diese große Gnade nicht, berufen zu seyn zum Hochzeitmahle des Lammes, zur himmlischen Herrlichkeit, sondern schlafen, und versäumen, sich zu bereiten, und ihre Gefäße bereit zu halten. Darum werden sie ausgeschlossen und nicht mehr erkannt vom Bräutigam als die Seinen. Sie müssen draußen stehen. Der Herr kennet die Seinen, ,die Oel haben und brennende Lichter in ihren Händen, deren Liebe zu Ihm brünstig ist, die sich bei Zeiten vorsehen und immer bereit sind, um jeden Augenblick, wenn Er zur unvermutheten Stunde kommt, mit Ihm eingehen zu können zu der Thüre, so lange sie offen ist. Er spricht zwar hier nicht so hart, wie Vers 41, wo Er zu denen zur Linken sagt: Weicht von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist - Er sagt hier nur: Ich kenne euch nicht. Er flucht ihnen nicht, Er schließt sie bloß aus, und erkennt sie nicht als die Seinen. Aber es ist schon genug, wenn Er Einen nicht mehr kennen will, und ihm die Thüre verschließt zum Hochzeitmahle. Es ist schon genug, wenn man draußen stehen muß, und kein Gebet und kein Klopfen mehr hilft.

Darum wachet, denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird. Das ist die Absicht des Gleichnisses, uns zur Wachsamkeit zu ermahnen, und uns die Nothwendigkeit zu zeigen, daß man allezeit bereit seyn soll, daß Glaube und Liebe, Beten und Wachen, herzlicher Umgang mit dem Freund der Seele, Gnade um Gnade nehmen aus Seiner Fülle nie aufhören, nie versäumt werden soll. Er will uns den Schlaf aus den Augen wischen; Er will uns wacker und munter machen; Er verdient es, die Hochzeit ist es werth. Was hat Er für uns gethan! Wie hat Er uns geliebt, und welche Seligkeit hat man schon vor der Hochzeit, wenn man Ihn nicht aus Aug und Herz läßt. Selbst wenn man um Ihn weint, so hat man Ihn schon. Er kann es nicht lassen, sich freundlich auch ungesehen mitzutheilen, und zu trösten jede Seele, die sich herzlich nach Ihm sehnt und die Hochzeit kaum erwarten kann. Doch Du weißt Deine Zeit, mir ziemt nur, stets bereit und fertig dazustehen, und so einher zu gehen, daß alle Stund und Tage, mein Herz mich zu Dir trage.

Ermuntert euch ihr Frommen,
Zeigt eurer Lampen Schein!
Der Bräut'gam wird bald kommen.
Drum schlafet nicht mehr ein
Es hat sich aufgemachet
Der Bräutigam mit Pracht,
Auf, wartet, betet, wachet,
Bald ist es Mitternacht.

Macht eure Lampen fertig
Und füllet sie mit Oel,
Und seyd des Heils gewärtig,
Bereitet Leib und Seel' .
Die Wächter Zions schreien:
Der Bräutigam ist nah!
Begegnet Ihm in Reihen
Und singt Halleluja!

Er wird nicht lang verziehen, -
Drum schlafet nicht mehr ein!
Man sieht die Bäume blühen.
Den schönen Frühlingsschein.
Wer wollte denn nun schlafen?
Wer klug ist, der ist wach;
Gott kommt, die Welt zu strafen,
Zu üben Grimm und Rach'

An Allen, die nicht wachen,
Und die des Thieres Bild
Anbeten sammt dem Drachen.
Drum auf; der Löwe brüllt.
Begegnet Ihm auf Erden,
Ihr, die ihr Zion liebt,
Mit freudigen Geberden
Und seyd nicht mehr betrübt.

O Jesu, meine Wonne,
Komm bald und mach' Dich auf!
Geh auf, verlangte Sonne,
Und fördre Deinen Lauf!
O Jesu, mach' ein Ende,
Und führ' uns aus dem Streit,
Wir heben Haupt und Hände
Nach der Erlösungszeit.