So wendet denn allen Fleiß an, und zeiget bei eurem Glauben Tugend - Bescheidenheit- Mäßigkeit - Geduld - Gottseligkeit - brüderliche - und allgemeine Liebe. Darum beeifert euch um so mehr, euren Beruf und eure Erwählung fest zu machen, denn wenn ihr dies tut, so werdet ihr nicht straucheln.
Es gibt sogenannte Erweckte, die eine kurze Bibel haben, in der nichts steht, als was ihr faules Fleisch beruhiget und tröstet; das heißt, sie reißen aus der Bibel nur Trostsprüche an sich, die sie nichts angehen, und darum sie nicht angehen, weil sie von allem andern, was in der Bibel steht, nichts wissen wollen. So wird die Bibel für sie ein Zaum, der sie hält, dass sie nicht über Fleisch und Blut weg und zu Christo hinkommen. Sie sollte ihnen aber ein Sporn werden, der sie täglich näher zu ihrem Erlöser treibt. So ein Sporn ist auch diese Stelle Petri, die ganz gelesen und ernstlich betrachtet sein will. Er hat die köstlichsten Verheißungen Gottes vorangeschickt, und darauf lässt er dann diese heilsamen Ermahnungen folgen, die jedoch niemand für überflüssig halten wolle, wäre er auch mit Petrus auf Tabor, oder mit Paulus im Paradiese gewesen. Du magst schon viele Gnaden erhalten haben; dafür danke Gott. Aber wenn du nicht Fleiß anwendest, deine Gnadenwahl, die ich dir nicht streitig machen will, und deinen Beruf zu wahrem Christentum fest zu machen, und mit deinem: „Ich glaube an Gott Vater, Ich glaube an Jesum, den Heiland rc,“ auch christliche Tugend und wahre Gottseligkeit, Geduld und Enthaltsamkeit, und alles, was das Auge Jesu an den Seinen gerne sieht, zu verbinden, so höre, was Petrus dir sagt: Du bist blind und tappest im Finstern, und hast vergessen der Vergebung deiner vorigen Sünden. Du wirst fallen, oder bist schon tief gefallen, weil du verlassen hast die treue Nachfolge und Ähnlichkeit Christi. Hast du aber alle jene von Petrus geforderte Dinge an dir, und bist du in der Erkenntnis Jesu nicht untätig und nicht unfruchtbar, so bist du ein wahrer Jünger Jesu, und weißt, wie man mit der Bibel umgehen muss. Nun aber lieben die meisten die Bibel in Taschenformat. Doch auch darin stände genug, was sie schlagen und heilen könnte, wenn sie sich schlagen und heilen lassen wollten.
Das sind Brunnen ohne Wasser - die recht entronnen waren, und nun im Irrtume wandeln; denn so sie entflohen sind dem Unflat der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesu Christi, werden aber wieder in dieselbige verflochten, und überwunden, ist mit ihnen das Letzte ärger worden als das Erste.
Die tiefsten Brunnen können erschöpft, und ohne Wasser werden, und der Frömmste kann gottlos werden. Wer entronnen ist, kann wieder gefangen und überwunden, in das alte Wesen wieder verflochten werden. Das tut Petrus dar durch Beispiele und Erfahrungen aus seine Zeit. Möchten wir nicht auch solche Beispiele und Erfahrungen haben! Liefere wenigstens du nicht dergleichen, lieber Leser! Sei nur nicht sicher, und rühme dich nicht. Vertraue nicht auf dich selbst, vertraue allein auf den, der alle Dinge trägt mit dem Worte seiner Kraft. Er kann, er wird dich halten, wenn du in ihm bleibest. Es gibt der Brunnen leider nur zu viele, die den Schein, die Gestalt der Brunnen haben, aber keinen Tropfen Wasser des Lebens geben. Worte genug, aber kein Wesen, keine Salbung, keinen Geist. Hüte dich vor solchen Brunnen. Warum willst du verweilen dabei, du musst verschmachten, wenn du dir die Quelle des lebendigen Wassers nicht selbst suchest bei dem, der da sagte: Wer an mich glaubt, von deß Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen, Johannes 7,38. Wo diese Lebensströme nicht fließen, da suche deinen Durst nicht zu löschen, wenn du anders darnach dürstest, und die Quelle aus Erfahrung kennest. Wo nicht, so bist du selbst ein Brunnen ohne Wasser und wirst wieder in den Unflat fallen, wieder in das wüste Wesen der Welt verflochten, ärger werden als du warest. Willst du aber mit Ernst selig werden und selig bleiben, so kannst du; die Quelle ist nahe, ist offen für alle, die da dürsten, kommen und trinken. Ist Jesus in dir, so ist der unversiegbare Strom des Lebens in dir, dem es nie an Wasser fehlt. Darum bleibe in ihm, und lass ihn in dir sein, so wirst du kein Brunnen ohne Wasser werden; dein Brünnlein wird immer reichlich Wasser geben, dass du und die Deinigen täglich ihren Durst löschen können.