Inhaltsverzeichnis

Geßner, Georg - Noah oder die Arche - Zweyte Rede. Gottes Blick auf die Erde.

Gerechtigkeit hält mit der Gnade gleichen Schritt.

Text:

1. Mos. 6,11-18.
Die Erde war verderbt vor Gott, und mit Frevel erfüllt. Da sah Gott auf die Erde, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg auf Erden verkehrt. Da sprach Gott zu Noah: das Ende alles Fleisches ist vor mich gekommen; denn die Erde ist durch sie mit Frevel erfüllet; und siehe, ich will sie samt der Erde vertilgen. Mache du dir eine Arche von Tannenholz, und verpiche sie in- und auswendig mit Pech, und mache sie also: dreyhundert Ellen sey die Länge, fünfzig Ellen ihre Breite, und dreyßig Ellen ihre Höhe. Ein Fenster sollst du daran machen von obenher, einer Elle weit; aber die Thür der Arche sollst du an ihre Seite setzen, und sollst sie in das unterste, das mittlere, und in das oberste Gemach theilen. Denn siehe, ich will eine Wasserfluth auf Erden kommen lassen, alles Fleisch zu vertilgen, darin ein lebendiger Athem ist unter dem Himmel; alles, was auf Erden ist, soll zu Grunde gehen. Aber mit dir will ich meinen Bund aufrichten, und du sollst in die Arche gehen, du und deine Söhne, und dein Weib, und deiner Söhne Weiber mit dir. Und du sollst allerley Thiere von allem Fleisch in die Arche führen, von jedem ein Paar, ein Männlein und ein Weiblein, daß sie bey dir das Leben erhalten.

Der Wandel mit Gott war unsrer letzten Betrachtung Gegenstand - wir sahen ihn an Noah; und er war uns um so schöner und ehrwürdiger aufgefallen, weil Noah mit Gott wandelte zu seinen Zeiten, d. h. (wie jeder, der auch nur etwas von der biblischen Geschichte kennt, wissen muß) in einer höchst verdorbenen Zeit, wo er allein übrig geblieben war als ein Mann, der den Glauben bewahrt, und den Gehorsam fest gehalten. So schwer ihm dieses Alleinstehen werden mußte unter einer Sündermenge, die Gottes vergessen, den Glauben ausgelöscht, den Gehorsam erstickt hatte, dennoch stand er fest, und wandelte sichern Trittes mit Gott. Heute, meine Freunde! lasset uns beherzigen:

Gottes Blick auf die Menschen.

Wer in diesem Blicke nicht mehr die ernste Warnung der Gerechtigkeit, und nicht mehr die höchste Ermunterung der Gnade sehen würde, der stände wohl in der größten Gefahr, Noahs Zeitgenossen gleich, zum Verderben zu reifen.

Unsere heilige Urkunde sagt: Die Erde war vor Gott verderbt, und mit Frevel erfüllt. Der Erde sündige Bewohner waren verdorben, Frevel war ihr Sinn. Das ist das Wort, womit das Entgegenstreben gegen Gottes Sinn, Gottes Wahrheit, Gottes Willen bezeichnet wird. Frevel - das übermüthige Auflehnen des niedrigen, schwachen, und doch trotzig sich brüstenden Geschöpfes gegen den erhabenen, allmächtigen Schöpfer.

Da sah Gott auf die Erde nieder. Was alles klar vor dem Flammenauge des Allwissenden liegt, das wird, um dies ganze genaue Bemerken recht anschaulich zu machen, dargestellt in der Bibel einfacher Kraftsprache, als ob Gott erst mit prüfendem Forscherblick sich umgesehen, um zu erforschen, wie es stehe unter den Menschen auf Erde. Und siehe, die Erde war verdorben - denn alles Fleisch, die Menschen alle, hatten ihren Weg verkehrt - statt den Weg zu wandeln, der sie zu Gott und ihrem Heil geführt hätte, wandelten sie den entgegengesetzten, der in's Verderben sie brachte.

Der einzige noch, der für Gottes Wort ein offenes Ohr und ein empfängliches Herz hatte, der einzige Noah war's, dem Gott seinen Rathschluß offenbarte. Das Ende alles Fleisches ist vor mich kommen.- Genug. Bis Hieher und nicht weiter! Die verdorbenen, unverbesserlichen Menschen, in Ungerechtigkeit, Gewaltthat und Fleischesgräuel versunken, sie sollen ihr Ende finden; denn die Erde ist von ihnen mit Frevel erfüllt. Ich will sie, und die von ihnen entweihte Erde, vertilgen. -.

Aber nicht vertilgen das Geschlecht, das ich lieb habe - und diesem soll auch die Erde wieder grünen. Darum baue du dir eine Arche von Tannenholz, und stelle sie von aussen und innen sicher, indem du sie wohl verpichst. Nur Ein Fenster soll sie haben, und zwar von oben her; das Licht kommt dir von oben - und dein Herz soll verschont bleiben von dem bittern Schmerz, mit anzusehen den Jammer des Untergangs aller Lebendigen. Denn siehe, ich will eine Wasserfluth auf Erden kommen lassen, alles Fleisch zu vertilgen, darin ein lebendiger Athem ist unter dem Himmel. Alles, was auf Erden ist, soll untergehen.

Aber mit dir will ich meinen Bund aufrichten; dich, den ich fromm finde und gerecht in dieser Zeit, dich will ich retten, und in dir dein Geschlecht! Dir geb ich die Verheissung: du sollst in der Arche geborgen seyn; du, dein Weib und deine Söhne mit ihren Weibern; und von den lebendigen Geschöpfen, die zum Dienste der Menschen geschaffen sind, sollen auch mit dir gerettet werden alle Gattungen, damit dein Geschlecht nach dir nicht minder von seinem rettenden und erhaltenden Gott bedacht sey, als das Geschlecht vor dir von dem schaffenden Gott bedacht war. - So sehet denn hier, Geliebte! sehet Gerechtigkeit und Gnade! Ja, Freunde! ja, es ist unsrer ernstesten Beherzigung, nicht nur in Einer Stunde, sondern im ganzen Leben werth: Gottes Gerechtigkeit hält mit der Gnade gleichen Schritt.

I. Mit dem Blicke der Gerechtigkeit sieht Gott auf den Frevler. II. Mit dem Blicke der Gnade schaut Er auf die nieder, die in seinen Wegen wandeln.

Auch wir sind ausgedeckt vor deinem Blicke - auch wir! und die verborgenste Falte in unser eines jeden Herz. O HErr! was sieht dein allerforschend Auge in uns? Ist's jener Sinn, der deinem Gerichte ruft? oder dieser, der deiner Gnade empfänglich macht, und dem deine Huld zuspricht: Ich will meinen Bund mit dir aufrichten? HErr! lehre uns, deine Gerechtigkeit scheuen, aber auch nicht verkennen deine unendliche Gnade, die auch dem Schwachen sagt: Ich will meinen Bund mit dir aufrichten; du sollst gerettet werden! Amen.

I.

Die Erde war verderbt vor Gott und mit Frevel erfüllt - in jenen Zeiten Noahs. War sie's nur damals?-Und Gott sah auf die Erde. Sah Er nur damals nieder mit gerechtem Blicke? Nein, Freunde! nein, sein heiliges Aug ist immer dasselbe, und sieht auf die Erde; sieht, was darauf ist, sieht in jedes Haus, in jedes Zimmer, in jedes Herz, und weiß, was darin ist.

Gott sieht den Sünder;
Gott warnt den Irrenden;
Gott straft den Frevler.

1.

Gott sieht den Sünder - wie sehr er sich auch zu verbergen suche vor den Menschen; vor Gottes Auge hat kein Verbergen statt; denn Gott weiß alle Dinge, vor Ihm ist nichts verborgen, sondern alles blos und gänzlich entdeckt vor seinen Augen. Und war' es auch möglich, daß der Sünder so verblendet wäre, zu wähnen, er könne Gott mit dem äussern Scheine täuschen, womit er oft den kurzsichtigen Bruder zu hintergehen weiß; und war' es möglich, daß der Sünder sich trotzig selbst bereden würde: Wie sollte der, welcher im Himmel wohnt, sich um das Thun und Lassen der Menschen im Staube bekümmern? Was liegt dem Allmächtigen an dem Wurm im Staube, wie er sich krümme? Oder war' es möglich, daß der Sünder noch weiter sich verirrte, und in dem Dünkel seines eingebildeten Wissens des Glaubens an Gott selber spotten und aller Offenbarung Hohn sprechen würde; sollte er sich so von Gott losgerissen haben, daß jene Schilderung ihn träfe: Der Thor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott!- dennoch, das Wort der Wahrheit spricht, und spricht vollkommen wahr: Gott schaut auf die Erde, und schaut den Frevel, der sie erfüllt.

Gott sieht den Sünder -und Er ist nicht ein Gott, dem gottloses Wesen gefalle: wer bös ist, bleibet nicht vor Ihm; die Frevler mögen vor seinen Augen nicht bestehen. Und will der Sünder nicht hören, verschließt er Ohr und Herz der Wahrheit Stimme, und häuft nur Frevel auf Frevel, so wartet sein das Gericht des Allgerechten - und der HErr spricht: Sein Ende ist vor mich kommen.

Gott sieht den Sünder, nicht nur sein Thun, auch seine Gedanken, sein Sinn, die Quelle seines Thuns ist offenbar vor Gott - und wir sind Alle Sünder, oder wer ist es nicht? Ist denn für alle, die sich sündig wissen, der Blick des HErrn auf die Erde furchtbar?

Nein, Geliebte! gerade dem ist er nicht furchtbar, der seine Sünde kennt und fühlt. Gerade dieser findet in dem Bewußtseyn: „Gott siehet mich!“ den Trost, den sein gebeugtes Herz bedarf; denn mit dem Mitleid, mit dem ein Vater sein gefallenes Kind anblickt, und ihm zu helfen eilt, mit diesem Vatersinn sieht Gott herab auf den gebeugten Sünder. Gott sieht den Sünder -und kein Reuender könnte wünschen, daß es anders wäre. Er blickt demüthig zu seinem Gott empor, und der Vaterblick begegnet ihm huldreich: „Ich will nicht deinen Tod, nicht dein Verderben!“ Dann faßt des Sünders, des Gefallenen Glaube die Hand des Vaters an, und richtet sich auf durch seines Gottes Kraft, und hält sich an der Wahrheit fest: ein zerbrochenes und geängstigtes Herz wirst Du, o Gott! nicht verachten. Gott sieht die Sünder - sieht auch uns, O! daß Er so uns sehen möchte! Dann wäre sein Blick auf uns nur Trost und Segen.

2.

Gott warnt die Irrenden.

So handelte von jeher seine Vatertreu. Er warnte den ersten Menschen vor dem ersten Fehltritt, und sagte ihm, was seiner warte, wenn er nicht gehorche. Er warnte Kain vor dem Brudermord. Warum ergrimmest du? Ist's nicht also - wenn du dich besserst, so wird dir vergeben - und besserst du dich nicht, so ruht die Sunde vor der Thor. Er warnte durch Henoch die Sünder seiner Zeit und drohte sein Gericht. Er warnte durch Noah, den Prediger der Gerechtigkeit, der das Gericht der Wasserfluth verkündigt, und durch den Bau der Arche seine Predigt bestätigte.

Und wo war je eine Zeit, in der Gott nicht mannigfach aussprach seine Warnungen au die Sünder? bald durch die Worte seiner Boten, bald durch die Leitung ihrer Schicksale. Wo war je ein einzelner Sünder, der nicht vernahm die Stimme der Warnung, die auf vielfältige Weise ihn ansprach?

Wie oft hat Er auch dich gewarnt. Wenn dein Gewissen sich regt, und dein Inneres ergriffen ward durch einen heiligen Schauer; wenn sein Wort dein Herz traf, und seine Stimme dich unüberhörbar zurückrufen wollte von dem verderblichen Wege; wenn des Freundes Ernst und Liebe, wenn des Schicksals und der Erfahrung Stimme dich ansprach.

Ja, Gott warnt den Irrenden, den Sünder, und öffnet ihm den Blick, wohin die Sünde ihn führe. Und wer warnet, liebt. Darum warnt dich Gott, weil Er dich lieb hat. O! daß kein Sünder-Ohr sich verschlösse seiner Warnung, so würde keiner, nicht Einer versinken in's Verderben; denn Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe. Merk auf, auf die Stimme seiner Warnung, wie sie in dir spricht und ausser dir - merk und folge, so wirst du gerettet werden! -

3.

Aber freylich, wer nicht auf Warnung achtet, nicht folgt der Stimme der Liebe, den ereilt die Hand der Gerechtigkeit, straft das unausbleibliche Gericht, und wenn er sich noch so lange täuscht, und der Langmuth Zögern ihn sicher macht, aber nicht weise; und wenn er wähnt, er bleibe immer ohne Strafe, dann überfällt sie ihn plötzlich, wie ein Dieb in der Nacht, und er mag nicht entfliehen. So gieng es der ersten Welt, und so den Völkern der Erde allen, die versanken im Uebermaaß der Sünde, und zur Unverbesserlichkeit forttaumelten; so gieng es jedem Einzelnen.

Zwar lange schont der HErr, oft sehr lange. Er schenkt dem Sünder Zeit, und wiederholt seine Warnungen - aber dennoch bleibt die Strafe nicht aus, denn Gott ist gerecht; so gewiß als Er ist, so gewiß ist Er gerecht! Freylich auch das ist wahr, und das schläfert manchen Sünder ein: nicht immer ereilt schon hier, schon in dieser Welt, die Strafe den Sünder. Aber es giebt ein Jenseits! einen Ort der Vergeltung, eine Zeit des Gerichtes - es ist dem Menschen gesetzt einmal zu sterben, darnach das Gericht. Und diesem Gerichte, Sünder! entflieht nicht Einer, als nur der, den Reue zum Erfassen des Retters, und dies Erfassen zum Leben des Glaubens und der Liebe führt: nur der, von dem das Evangelium sagt: Er kommt nicht in's Gericht, sondern er ist hindurchgedrungen vom Tod in das Leben.

Bethet an! Erwacht, ihr Sünder!
Erwacht! denn euch, o Menschenkinder!
Erwartet Tod und Ewigkeit!
Lohn und Strafe, Tod und Leben
Hat Gott in eure Hand gegeben.
Erwacht! Noch ist zur Buße Zeit.
Allmächtig ist der HErr!
Gerecht, gerecht ist Er!
Frevler, zittert!
Wißt, was Er spricht,
Gereut Ihn nicht!
Er kommt, Er kommt und hält Gericht.

II.

Gott schaut auf die Erde! auch mit dem Blicke der Gnade schaut Er nieder, und sieht den Frommen, und stand' er auch vereinzelt und allein; sein Auge forscht ihn aus, wie es den frommen Noah sah, ihn sah, auch unter Tausenden von Sündern, die zum Gerichte reif waren. Ihm sagt der Allmächtige und Heilige, der an der Frömmigkeit eben so gewiß ein Wohlgefallen hat, wie au dem Frevel Mißfallen; ihm sagt der Kenner des Menschenherzens seine Gnade zu: Mit dir will ich meinen Bund aufrichten - baue dir eine Arche - du sollst gerettet werden, wenn der Sünder fällt. Ja, Geliebte!

Gott sieht den Frommen;
Gott sagt ihm Gnade zu;
Gott rathet ihm, und leitet ihn;
Gott rettet ihn vom Verderben.

1.

Gott sieht herab auf die Erde, und erblickt mit Wohlgefallen den Guten, Gerechten, Frommen. Wer ist, wie der HErr, unser Gott, der seine Wohnung so hoch hat, und sich dennoch herabläßt, zu besichtigen, was auf Erde ist? Und wenn du Guter, Gerechter, Frommer, von allen Menschen übersehen würdest, wenn ihrer keiner dich achtete, oder vielleicht dich verachten, und deine Frömmigkeit zum Ziele des Spottes, und deine Tugend als den Wahn eines Sonderlings schelten, und deinen Namen als eines Bösen verwerfen würde um des Menschensohnes willen - Gott sieht dich, und freut sich deines Strebens nach der Heiligung, und hat ein Wohlgefallen an deinem Kinderglauben.

Und denkst du vielleicht, im Gefühle deiner Schwäche, und beym Bewußtseyn, wie wenig du das seyst, was du seyn solltest, und bey der Demuth, die kein Aufheben macht aus dem, was Gutes an dir möchte gefunden werden, weil du weißest, wem du allein es dankst - denkst du vielleicht: Ja, daß mein Gott mich sieht, das weiß ich wohl, aber daß Er mit Wohlgefallen mich ansehen könne, wie darf ich's hoffen? - o wisse! dem Demüthigen, der's wahrhaft ist, nicht nur es scheinen will, um unter diesem Scheine die Wirklichkeit zu verbergen, und. mit falschem Schimmer Menschen oder sich selbst zu blenden; du Bescheidener, der's wahrhaft ist, wisse: dem Demüthigen giebt Gott Gnade; und wer sich selbst erniedriget, der wird - der Sohn Gottes sagt es feyerlich zu - der wird erhöhet werden. Gott siehet dich!

2.

Gott sagt dem wahrhaft Frommen seine Gnade zu.

Wie mußte Noah seyn, da Gott ihm sagte: Vertilgen will ich Alles, was auf Erde lebt; zum Untergang ist Alles reif: Alles, was auf Erde ist, soll zu Grunde gehen. Furchtbares Wort! Wie, wenn es auch ihn träfe; und traf' es auch seine Person nicht, nicht sein und der Seinigen Leben - ach! aber Alles um sie her - was soll sein Fortbestehen dann noch seyn können? Doch an das Wort der furchtbaren Gerechtigkeit schließt sich das Wort der wunderbaren Gnade an: Mit dir will ich meinen Bund aufrichten! Nimm die Verheissung meiner Gnade - du sollst mit mir in einem Verhältnisse stehen bleiben, das meinen Schutz und meine Hülfe, meinen Segen und meine beglückende Liebe dir sichert. Und, Freunde! Noah war nicht der Einzige, dem Gott seine Gnade zusagt. Er sagt sie jedem Frommen und Gerechten zu; am gewissesten dem, welcher in jenen Bund, in jenes Verhältniß der Gnade mit Gott eintrat, das der Eingeborne vom Vater, voll Gnade und Wahrheit, uns zusichert. Christen! Alle, die ihr mit Wahrheit diesen Namen traget, Christen! ihr steht mit Gott in einem Bunde, den seines Sohnes Blut besiegelt. Bringt auch die Sünde Verderben und Untergang über die Sünder, ihr seyd von der Sünde gerettet, in's Kinderverhältniß wieder eingesetzt mit euerm Vater im Himmel. Euch hat Er's herrlicher, als dem Noah, zugesagt: Ich will mit euch meinen Bund aufrichten! Fürchtet euch nicht, fürchtet euch nie; glaubet nur, so wird euch geholfen werden.

3.

Und nun der Befehl, den Gott dem Noah giebt: baue dir eine Arche, räumig genug, um darin dich und die Deinen, und von allen Gattungen der Erdthiere wenigstens ein Paar zu erhalten. - Was ist dieser Befehl anders, als eine Vateranweisung, um dem Jammer zu entfliehen? ein Vaterrath, wie er sich sicher stellen könne.

So, Freunde: so sieht Gott nicht nur den Frommen, so sagt Er nicht nur ihm seine Gnade zu; Er giebt ihm Wink und Lehre, Rath und Anweisung, was er selber thun kann und thun muß, um gerettet werden zu können zur Zeit der Noth.

Menschen, wenn Gott euch retten, wenn seine Gnade euch bewahren will, o! denket nicht, daß ihr nichts dabey zu thun habet. Denket nicht, daß darin euer Vertrauen bestehe, daß ihr nur müßig die Hände in den Schooß leget, und eingestehet: Wir können uns nicht selbst helfen, nur Gott kann es. So wahr dies ist, so wahr ist auch das, daß Gott in eure Hand die Mittel legt, daß Er euch deutlich sagt, was ihr thun sollet, damit euch Rettung zu Theil werden könne. Was wäre aus Noah geworden, wenn erblos gesagt, geglaubt hätte, nur Gott kann mich erretten - und würde nun die Arche nicht gebaut, nicht gethan haben, was Gott ihn thun hieß?

Merken lasset uns auf die Winke des HErrn, die nie ausbleiben seinen Kindern, was sie thun sollen, wenn das Gericht über gefallene Brüder kommt. Merken lasset uns und thun, was Gott von uns gethan wissen will, was Er uns lehrt selbst thun, damit unsre Seele, oder unser Leib gerettet werde. Nur das heißt: Gott die Ehre geben.

4.

Dann rettet Gott die Frommen vom Verderben. In die Arche, die ich dich bauen lehre und heiße, und die du selber bauen mußt, in diese Arche sollst du gehen, und mit den Deinen darin gerettet werden.

Zeugt es nicht die Geschichte aller Zeiten, daß Gott den Frommen, den Gerechten, der merkt auf seine Winke und ihnen folgt, aus dem Gerichte, das Er über die unverbesserlichen Sünder verhängt, errettet. Wohl fordert er von ihnen, daß sie dabey oft hingeben müssen, was sie haben, aber ihr Leben rettet Er aus der Noth, welche zum Gerichte der Sünder kommt. - Daß du gerettet werdest am bösen Tage, daß das Gericht der Sünder dich nicht trefft, sey fromm und siehe auf das Recht, denn einem solchen wird es zuletzt wohl gehen. Blicke kindlich auf zu deinem Gott, und halte dich fest an der Zusage seiner Gnade; merk auf deines Gottes Winke und folge ihnen, und dann wirst du ein froher Zeuge werden der rettenden Gnade deines Gottes. Der HErr weiß die Seinen aus der Trübsal zu erretten; Er wird den Frommen herausheben, und ihm sein Heil zeigen. Amen.