(1) Ein Psalm der Kinder Korahs, vorzusingen. (2) Hört zu, alle Völker, merkt auf, alle, die in dieser Zeit leben, (3) Beide gemeiner Mann und Herren, beide reich und arm miteinander. (4) Mein Mund soll von Weisheit reden, und mein Herz von Verstand sagen. (5) Wir wollen einen guten Spruch hören, und ein feines Gedicht auf der Harfe spielen. (6) Warum sollte ich mich fürchten in bösen Tagen, wenn mich die Missetat meiner Untertreter umgibt? (7) Die sich verlassen auf ihr Gut, und trogen auf ihren großen Reichtum. (8) Kann doch ein Bruder niemand erlösen, noch Gott jemand versöhnen; (9) Denn es kostet zu viel, ihre Seele zu erlösen, dass er es muss lassen anstehen ewig; (10) Ob er auch gleich lange lebt, und die Grube nicht sieht. (11) Denn man wird sehen, dass solche Weisen doch sterben, sowohl als die Toren und Narren umkommen, und müssen ihr Gut andern lassen. (12) Das ist ihr Herz, dass ihre Häuser währen immerdar, ihre Wohnungen bleiben für und für, und haben große Ehre auf Erden. (13) Dennoch können sie nicht bleiben in solcher Würde, sondern müssen davon, wie ein Vieh. (14) Dies ihr Tun ist eitel Torheit; noch loben es ihre Nachkommen mit ihrem Munde, Sela. (15) Sie liegen in der Hölle wie Schafe, der Tod naget sie; aber die Frommen werden gar bald über sie herrschen, und ihr Trotz muss vergehen, in der Hölle müssen sie bleiben. (16) Aber Gott wird meine Seele erlösen aus der Hölle Gewalt; denn er hat mich angenommen, Sela. (17) Lass dich's nicht irren, ob einer reich wird, ob die Herrlichkeit seines Hauses groß wird. (18) Denn er wird nichts in seinem Sterben mitnehmen, und seine Herrlichkeit wird ihm nicht nachfahren; (19) Sondern er tröstet sich dieses guten Lebens, und preist es, wenn einer nach guten Tagen trachtet. (20) So fahren sie ihren Vätern nach, und sehen das Licht nimmermehr. (21) Kurz, wenn ein Mensch in der Würde ist, und hat keinen Verstand, so fährt er davon, wie ein Vieh.
Dieser Lehrpsalm, der letzte für jetzt in der Reihe der schönen Psalmen der Kinder Korah, ist ein gar passendes Nachspiel zum Evangelium des vorigen Sonntags, vom reichen Mann und armen Lazarus; und wenn man unsern 49. Psalm durch ein Bild wollte verdeutlichen, so könnte man dem Maler nichts Besseres sagen als: Zeichne mir vorn an den Psalm den reichen Mann und armen Lazarus, wie jener an seiner Tafel sitzt bei vollen Schüsseln und Bechern, gekleidet in Purpur und köstliche Leinwand, und wie dieser vor seiner Türe liegt, mit Schwären bedeckt, die ihm die Hunde mitleidig lecken; - und hinten an den Psalm unter den letzten Vers zeichne mir wieder den reichen Mann und armen Lazarus, wie dieser selig ruht in Abrahams Schoß, jener aber in der Flamme sitzt und flehend seine Hände ausstreckt nach einem Tröpflein Wassers für seine lechzende Zunge. In einem alten Psalter ist unser Psalm überschrieben: Von der unglückseligen Glückseligkeit der Gottlosen und von dem glückseligen Kreuz der Frommen. Und in Wahrheit, diese Überschrift passt gleich gut auf unsern Psalm, wie auf das Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus. Und das ist auch ein Thema, darüber eine Belehrung immer wieder angelegt ist, dem armen Lazarus zum Trost und dem reichen Mann zur Warnung. Denn beide sind ja noch nicht ausgestorben auf Erden, der arme Lazarus und der reiche Mann; und wenn dieser aus der Qual zu Vater Abraham hinüberruft: Ich habe noch fünf Brüder auf Erden, so könnte man sagen: Nein nicht nur fünf, nicht nur fünfzig, vieltausend Brüder hat er noch auf Erden, die ebenso denken, ebenso leben, ebenso sterben, ebenso hinfahren wie er. Diesen zur Warnung, den armen Lazarusseelen aber, deren Leben nichts ist als ein elend jämmerlich Ding vom Mutterleibe an bis sie wieder in die Erde begraben werden, eine Kette von Kummer und Sorgen bis zum letzten Atemzug, denen zum edlen Trost soll auch heute noch dieser Lehrpsalm der Kinder Korah in Ehren gehalten werden, und so wollen auch wir andächtig darauf merken, was er uns sagt:
Vom unglückseligen Glück der Gottlosen und vom glückseligen Unglück der Frommen.
Der Psalm zerfällt in drei Teile:
1) Der Eingang oder das Vorspiel, V. 1-5.
2) Das unglückselige Glück der Gottlosen, V. 6 bis 10.
3) Das glückselige Unglück der Frommen, V. 15 bis 21.
Also:
Wie ein Sänger, eh er seinen Sang beginnt, ein Vorspiel vorausschickt auf seiner Harfe oder seinem Instrument, um die Zuhörer aufmerksam zu machen und die Melodie einzuleiten, so schickt auch der Psalmist diesem Lehrpsalm eine feierliche Einleitung voraus, V. 1-5. Da ruft er sich seine Zuhörer heran aus aller Welt:
V. 2: „Hört zu, alle Völker, merkt auf, alle, die in dieser Zeit (oder dieser Welt) leben.“ Eine Lehre für alle Völker, eine Wahrheit für alle Zeiten ist's, welche der Psalmist verkünden will. Die ganze Menschheit kann sie brauchen, die ganze Menschheit kann sie fassen. Es gibt in der Schrift gewisse tiefere Wahrheiten, die nur der Fortgeschrittenere fassen kann, die tiefer ins Geheimnis der Erlösung hineinführen, wie die Lehre von Christi Person und Werk, der Wiedergeburt und von der Gemeinschaft der Heiligen, wo selbst einem Meister in Israel vielleicht wie einst dem Nikodemus das rechte Verständnis fehlt; es gibt aber daneben auch gewisse einfache, praktische Wahrheiten, die jeder sogleich fassen kann, ja die unter allen Völkern erkannt und anerkannt werden. Solcher Art ist die Lehre, die unser Psalm gibt: Äußeres Glück macht noch nicht wahrhaft glücklich, denn es nimmt ein Ende. Das haben die Weisen aller Völker und Zeiten von jeher erkannt, selbst unter Heiden und Türken. Das hat jener griechische Weise Solon erkannt, der bei dem reichen König Krösus zu Gast war. Krösus führte ihn in seinem prachtvollen Palaste umher, zeigte ihm all seine Schätze und fragte ihn dann: Bin ich nicht glücklich? Solon antwortete: Man muss niemand vor seinem Tode glücklich preisen. Er wollte sagen: Es kann vor Abend anders werden, als es am frühen Morgen war. Bald nachher wurde Krösus von einem feindlichen König besiegt, vom Thron gestoßen, gefangen genommen und sollte lebendig verbrannt werden. Als man ihn auf den Scheiterhaufen band, rief er schmerzvoll aus: Solon, Solon! als wollte er sagen: Du hast recht gehabt; man muss niemand vor seinem Tode glücklich preisen. Ein anderer Fürst, der berühmte arabische Sultan Saladin, der halb Asien siegreich überwunden, war weiser als jener König Krösus. Der ließ einst, als er zum Tode krank lag, eine weiße Leinwand an einen Speer befestigen und im Lager umhertragen und dazu ausrufen: Der großmächtige König Saladin, der ganz Asien und Ägypten überwunden hat, bringt nichts von all seinen Gütern davon, als dies Tuch zu einem Sterbekleid.
„Sechs Bretter und ein Sterbekleid,
Das ist der Erde Herrlichkeit.“
Das ist eine Lehre so verständlich und fasslich, dass alle Völker sie verstehen, Jude, Christ und Heide; und doch wollen selbst in der Christenheit so viele sie nicht fassen. Darum: „Hört zu, alle Völker, merkt auf, alle, die in dieser Zeit leben,“
V. 3: „Beide gemeiner Mann und Herren, beide reich und arm miteinander.“ Es ist ein Text für alle Stände. Freilich man hört ihn nicht überall gerne, man hört sie namentlich hohen Orts nicht immer gerne, die Predigt, dass alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie die Blume des Grases; die Herren denken oft bei den Strafpredigten des göttlichen Worts: das ist recht für den gemeinen Mann, ich bin zu vornehm dazu; die Reichen denken oft bei den Trostpredigten des Evangeliums: das ist ein Trost für die Armen, ich habe einen besseren Trost: das Geld ist mein Trost. - Aber, meine Lieben, was im Wort Gottes steht, was im Hause Gottes gepredigt wird und besonders auch was in unserem Psalm verkündigt wird, das gilt beiden: gemeinem Mann und Herren, beiden, Reich und Arm. Wohl dem, der diese Predigt zu Herzen nimmt, so lang es Zeit ist, damit er nicht erfahre wie der reiche Mann im Evangelium: Wer nicht hören will, muss fühlen. Wir wollen hören, und was werden wir hören? Das wird uns auch in der Einleitung gesagt:
V. 4: „Mein Mund soll von Weisheit reden und mein Herz von Verstand sagen.“ Weisheit ist's, echte, verständliche, praktische Lebensweisheit, die wir vernehmen in Gottes Wort vom ersten bis zum letzten Blatt und die wir vernehmen sollen zumal auch in diesem Psalm. Und zwar die goldenen Äpfel will uns der Sänger bieten in silbernen Schalen:
V. 5: „Wir wollen einen guten Spruch hören und ein feines Gedicht auf der Harfe spielen.“ Nicht nur lehrreich für den Verstand, auch festlich und lieblich fürs Ohr soll's klingen, was der Psalmist uns beut. Mit Harfenklang begleitet der Herr, unser Gott, jetzt noch seine Lehren und Mahnungen, damit sie süß eingehen in unser Herz; er kann sie auch mit Donnern begleiten, dass uns die Ohren davon gellen. Wir wollen's nicht darauf ankommen lassen, dass er strengere Saiten aufziehe. Nein, rede Herr, dein Knecht hört. Und nun hören wir:
V. 6. 7: „Warum sollte ich mich fürchten in bösen Tagen, wenn mich die Missetat meiner Untertreter umgibt? Die sich verlassen auf ihr Gut, und trotzen auf ihren großen Reichtum.“ Es ist wahr, das Glück und der Glanz, in dem offenbare Übertreter und Gottesverächter oft leben, kann auch einen nüchternen Sinn oft irre, auch einem redlichen Herzen oft bange machen. Wenn wir sehen, wie so ein frecher Fleischesmensch auf sein gutes Glück oder auf seinen ungerechten Mammon oder auf seinen hohen Stand oder auf seinen seinen Verstand trotzt, ungestraft forttrotzt Jahre lang, wenn wir selber böse Tage haben trotz unseres gottesfürchtigen Wandels und unterdrückt und untertreten werden von den losen Verächtern da kann unser Herz wohl hin und wieder verzagt und unser Verstand irre werden. Was hilft's am End, dass ich mich plage mit meiner Gottesfurcht und mir Mühe gebe mit meinem Christentum; scheint's doch, man fahre besser auf der breiten Straße der Welt als auf dem schmalen Pfade der Kinder Gottes. Ja so scheint's, aber so ist's nicht:
V. 8. 9: „Kann doch ein Bruder niemand erlösen, noch Gott jemand versöhnen; denn es kostet zu viel, ihre Seele zu erlösen, dass er es muss lassen anstehen ewig.“ Ein gewichtiges zermalmendes Wort. Alles kann so ein Glücklicher sich erkaufen mit seinem Geld: Den Baumeister, der ihm sein Haus baut und schmückt; den Schneider, der ihn kleidet in Sammet und Seide; den Koch, der ihm seine Tafel belastet mit köstlichen Speisen; den Kutscher, der ihn spazieren führt in prächtiger Karosse; den Arzt, der ihm seinen Leib hütet und sein Leben verlängert; die Freunde, die mit ihm lustig sind; die Schmeichler, die ihn loben; nur eines kann er nicht kaufen und nicht bezahlen mit all seinem Geld: einen Erlöser; einen Erlöser vom Tode, der ihn schreckt, und von der Sünde, die ihn drückt. Wenn's einmal zum Sterben geht und die Stunde kommt, da Gott spricht: Bis hierher und nicht weiter dann kann der reiche Mann mit all seinem Geld keinen Tag, keine Stunde, keine Minute längeres Leben sich erkaufen; und wenn's einmal hinübergeht in die vergeltende Ewigkeit und vors gerechte Gericht Gottes dann kann kein Fürsprecher und Sachwalter, kein Freund und Ersatzmann für ihn eintreten; da muss jede Seele für sich selber stehen und wehe der, die den rechten Reichtum nicht erworben, den rechten Erlöser nicht gesucht hat! „Denn es kostet zu viel, ihre Seele zu erlösen, sie muss es lassen anstehen ewig,“ wie der reiche Mann dort in der Qual, dem kein Vater Abraham mehr helfen, dem kein Bruder Lazarus ein Tröpflein Kühlung bringen konnte in der Pein und in der Qual.
V. 10. 11: „Ob er auch gleich lange lebt, und die Grube nicht sieht. Denn man wird sehen, dass solche Weisen doch sterben, sowohl als die Toren und Narren umkommen, und müssen ihr Gut andern lassen.“ Lange treibt's oft so ein Verächter und wird grau in seinen Sünden. Lange sieht er die Grube nicht, sein eigenes Grab nicht und auch keines andern Grab. Er scheut sich auch nur vor dem Gedanken an den Tod, auch nur vor dem Wörtlein Tod; er geht dem Kirchhof auf hundert Schritte aus dem Weg und verschließt sein Ohr vor dem Schall der Totenglocke. Aber endlich muss auch er an den Reihen. Macht der Tod keinen Unterschied zwischen Weisen und Narren, Frommen und Gottlosen, so macht er noch weniger Unterschied zwischen Reich und Arm. Endlich heißt's auch bei ihm wie bei dem reichen Mann im Evangelium: Und der Reiche starb auch. Starb auch, so gut als der arme Lazarus, starb auch trotz seinem Reichtum, und musste vertauschen seinen Purpur und seine köstliche Leinwand mit einem Sterbekleid, musste vertauschen seine Häuser und seine Gärten mit einem engen Plätzlein auf dem Gottesacker, und musste sein Gut anderen lassen. Denn wir haben nichts in die Welt gebracht; darum offenbar ist, wir werden auch nichts mit hinausnehmen. Und doch siedeln sie sich an auf dieser Erde, als wär's auf ewige Zeiten:
V. 12. 13: „Das ist ihr Herz, dass ihre Häuser währen immerdar, ihre Wohnungen bleiben für und für, und haben große Ehre auf Erden. Dennoch können sie nicht bleiben in solcher Würde, sondern müssen davon, wie ein Vieh.“ Ja das ist ihr Herz, ihr Wunsch, ihr Sinn, ihr Gedanke: So wie heute, so soll's fortgehen morgen und übermorgen und in Ewigkeit; - aber so geht's nicht. Die Häuser, ja die bleiben vielleicht stehen; aber bleibst auch du darin, du flüchtiger Erdengast? O es wird ein Tag kommen, wo man dich herausträgt aus deinem Haus, die Füße voran, und dein Haus wird ein stilles Haus werden, wird ein Trauerhaus heißen eine Zeit lang; und dann wird's wieder laut darin werden und lebhaft, aber du bist nicht mehr dabei, du hast indessen ein gar stilles, enges, niederes Haus bezogen draußen vor dem Tor dein Grab. Und wie's dann mit deiner Ehre stehen wird auf Erden, ob dein Nachruhm groß sein wird hienieden, wo du nichts Gutes getan an deinen Brüdern, sondern nur dich gepflegt und gemästet; ob du ein gesegnetes Gedächtnis hinterlassen wirst bei den Deinen, das wird sich fragen, allen deinen jetzigen Schmeichlern und Lobrednern zum Trotz. - Sieh, deine Würden wird man dir ausziehen; deine Orden legt man dir vielleicht noch auf den Sarg; deine Titel schreibt man dir vielleicht noch auf den Grabstein; aber dem Leib, der unter dem Grabstein modert, wird man keine Würde mehr ansehen und der Seele, die vor Gott steht, wird es auch mangeln an dem Ruhme, den wir vor Gott haben sollten. „Sondern müssen davon wie ein Vieh.“ Schmach und Wehe, wenn's von einer Menschenseele heißt, sie hat gelebt wie ein Vieh, sie ist dahin gefahren wie ein Vieh ohne Glauben, ohne Trost, ohne Hoffnung. So leben, meine Lieben, so sterben, und wenn man lebte herrlich und in Freuden und wenn man stürbe unter einem seidenen Deckbett: heißt das glücklich leben und selig sterben? Nein, das ist ein unglückselig Glück.
V. 14. 15: „Dies ihr Tun ist eitel Torheit,“ wenn's auch ihre Nachtreter und Nachbeter, ihre Schmeichler und Schmarotzer loben und preisen. „Sie liegen in der Hölle wie Schafe, der Tod nagt sie“; wie der Stecken des Treibers die Herde wegtreibt von ihrer fetten Weide, so schwingt der Tod seinen Stecken über diese Weltmenschen und treibt sie heim von ihrer Weide, wenn's ihnen eben am besten schmeckt. Oder wie das Messer des Schlächters einfällt in die Herde und greift seine Opfer heraus und würgt sie nieder eins nach dem andern, so fallen sie hin unter dem Würgmesser des Todes. Mit all ihrer Pracht und Eitelkeit - für was haben sie sich geschmückt? für Sarg und Grab. Mit all ihrem Wohlleben für wen haben sie sich gemästet? für die Würmer, deren Speise sie werden. Da werden dann die trotzigen Schreier gar stille Leute; da liegen sie unter dem Rasen, Reih an Reihe wie Schlachtschafe. Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben! Fürwahr das Glück der Gottlosen ist ein unglückselig Glück! - Und:
ist dagegen ein glückselig Kreuz. Darüber erhalten wir noch tröstliche Winke in den letzten Versen. So schon
V. 15: „Aber die Frommen werden gar bald über sie herrschen.“ Schon auf Erden muss die gerechte Sache endlich triumphieren und darf der Fromme seines Gottes und seines Lebens oft sich noch freuen, während den Gottlosen, der einst ihn untergetreten, nun Schmach bedeckt oder auch das Grab verschlungen hat. Und wenn das Grab auch für den Knecht Gottes sich öffnet, nun dann fährt er nicht dahin wie das Vieh, dann steigt er hinab mit der getrosten Hoffnung:
V. 16: „Aber Gott wird meine Seele erlösen aus der Hölle Gewalt; denn er hat mich angenommen, Sela.“ Die Kinder der Welt und des Unglaubens haben keinen Erlöser, aber der Gläubige spricht: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, der mich erlöst hat von den Banden der Sünde und des Todes; darum Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? Denn er hat mich angenommen.“
Jesus nimmt die Sünder an,
Mich hat er auch angenommen,
Mir den Himmel aufgetan,
Dass ich fröhlich zu ihm kommen
Und auf den Trost sterben kann:
Jesus nimmt die Sünder an!
das zu wissen, das zu glauben, das ist ein Trost in aller Trübsal und eine Seligkeit unter allem Kreuz. Da blickt man mit ruhigen, neidlosen, ja mit mitleidigen Augen auf das hohle Glück der Gottlosen hin und sagt sich selber zum Trost:
V. 17-20: „Lass dich's nicht irren, ob einer reich wird, ob die Herrlichkeit seines Hauses groß wird. Denn er wird nichts in seinem Sterben mitnehmen, und seine Herrlichkeit wird ihm nicht nachfahren; sondern er tröstet sich dieses guten Lebens, und preist es, wenn einer nach guten Tagen trachtet. So fahren sie ihren Vätern nach, und sehen das Licht nimmermehr.“
V. 21: „Kurz, wenn ein Mensch in der Würde ist, und hat keinen Verstand, so fährt er davon, wie ein Vieh.“ Schrecklich, dahinfahren wie ein Vieh, ohne Glauben, ohne Buße, ohne Trost und ohne Hoffnung abwärts in die Nacht. Aber selig, dahinfahren aufwärts zum Licht im Frieden Gottes und in der Hoffnung des ewigen Lebens, wie Simeon im Frieden hinfahren, wie Lazarus von Engeln getragen werden in Abrahams Schoß, wie Stefanus sterbend den Himmel offen sehen und wie Paulus wissen: Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit. O Herr unseres Lebens, vom irdischen Glück schenk so viel oder so wenig dir gefällt; schenk uns nur allen das wahre Glück, dass wir wissen: „er hat mich angenommen;“ das letzte Glück, dass wir selig abscheiden in deinem Frieden; das ewige Glück, dass wir droben zu deiner Rechten stehen. Und damit du uns das könnest schenken, so lass uns mit Geduld in guten Werken trachten nach dem ewigen Leben.
Mach mir stets süße deinen Himmel
Und bitter diese schnöde Welt;
Gib, dass mir in dem Weltgetümmel
Die Ewigkeit sei vorgestellt.
Mein Gott, ich bitt durch Christi Blut:
Mach's nur mit meinem Ende gut!
Amen.