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Gerok, Karl von – Andachten zum Psalter - Psalm 45.

(1) Ein Brautlied und Unterweisung der Kinder Korahs, von den Rosen, vorzusingen. (2) Mein Herz dichtet ein feines Lied; ich will singen von einem Könige; meine Zunge ist ein Griffel eines guten Schreibers. (3) Du bist der Schönste unter den Menschenkindern, holdselig sind deine Lippen; darum segnet dich Gott ewig. (4) Gürte dein Schwert an deine Seite, du Held, und schmücke dich schön. (5) Es müsse dir gelingen in deinem Schmuck, ziehe einher der Wahrheit zu gut, und die Elenden bei Recht zu behalten; so wird deine rechte Hand Wunder beweisen. (6) Scharf sind deine Pfeile, dass die Völker vor dir niederfallen, mitten unter den Feinden des Königs. (7) Gott, dein Stuhl bleibt immer und ewig; das Zepter deines Reichs ist ein gerades Zepter. (8) Du liebst Gerechtigkeit, und hasst gottloses Wesen; darum hat dich, Gott, dein Gott, gesalbt mit Freudenöl, mehr denn deine Gesellen. (9) Deine Kleider sind eitel Myrrhen, Aloe und Kezia, wenn du aus den elfenbeinernen Palästen daher trittst, in deiner schönen Pracht. (10) In deinem Schmuck gehen der Könige Töchter; die Braut steht zu deiner Rechten, in eitel köstlichem Golde. (11) Höre, Tochter, schaue darauf, und neige deine Ohren, vergiss deines Volks und deines Vaters Hauses, (12) So wird der König Lust an deiner Schöne haben; denn er ist dein Herr, und Du sollst ihn anbeten. (13) Die Tochter Zors wird mit Geschenk da sein, die Reichen im Volk werden vor dir flehen. (14) Des Königs Tochter ist ganz herrlich inwendig, sie ist mit goldenen Stücken gekleidet. (15) Man führt sie in gestickten Kleidern zum Könige, und ihre Gespielen, die Jungfrauen, die ihr nachgehen, führt man zu dir. (16) Man führt sie mit Freuden und Wonne, und gehen in des Königs Palast, (17) Anstatt deiner Väter wirst du Kinder kriegen, die wirst du zu Fürsten setzen in aller Welt. (18) Ich will deines Namens gedenken von Kind zu Kindeskind; darum werden dir danken die Völker immer und ewig.

Dieser Psalm könnte uns im Gottesgarten des Psalters auf den ersten Anblick vorkommen wie eine Kornblume im Korn, dienend wohl zu Schmuck und Zier, aber nicht zu Frucht und Butzen. Es ist nämlich dieser Psalm, oberflächlich angesehen, nichts als ein Hochzeitslied, einem jungen König zu seinem Vermählungstage gesungen, wie denn auch manche Ausleger ihn wirklich als ein pur weltliches Brautlied ansehen und raten, welchem König es gelte, ob etwa Salomo oder welchem andern? Aber wenn dieser Psalm nichts anderes wäre als ein weltliches Festgedicht, wie es etwa in alten Tagen der Sänger zu seiner Harfe einem König beim Hochzeitsmahle singt, da würden wir doch billig fragen: Wie kommt Saul unter die Propheten? wie kommt ein weltliches Lied unter die Psalmen?

Die christliche Kirche hat deswegen von altersher in diesem Psalm eine tiefere, bildliche, geistliche Bedeutung gefunden, gerade wie in dem Buch, das einen ganzen Kranz von solchen Kornblumen darstellt, wie wir in diesem Psalm eine einzige haben, im hohen Lied. Ja es wird ein König hier besungen, aber nicht ein weltlicher Fürst, heiße er David oder Salomo oder Cyrus, sondern der große Davidssohn, der Gesalbte Gottes ohnegleichen, Jesus, der Herr der Herrlichkeit, der, welchem wir vorhin gesungen haben: Höchste Majestät, Priester und Prophet! Ja es ist von einer Braut hier die Rede; aber diese Braut ist nicht eine Königstochter aus dem Morgenland, sondern jene, von der der Täufer spricht Joh. 3, 29: „Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam, der Freund aber des Bräutigams steht und hört ihm zu und freut sich hoch über des Bräutigams Stimme.“ Diese Braut ist die Gemeinde des Herrn. Ja es wird eine Hochzeit hier gepriesen, aber keine andere Hochzeit als jene, von welcher der Heiland im Gleichnis spricht, Matth. 22, 2: „Das Himmelreich ist gleich einem Könige, der seinem Sohne Hochzeit machte“ nämlich der selige Liebesbund, den Christus mit der Menschheit schließen will hienieden schon und vollenden in der Ewigkeit. So hat die christliche Kirche von jeher diesen prächtigen, von Gold und Edelstein gleichsam funkelnden Psalm ausgelegt, und auch wir können und wollen ihn nicht anders auslegen und müssen sagen: Selbst wenn der Dichter diesen Psalm ursprünglich auf eines irdischen Königs Hochzeit gesungen hätte, so hätte er mehr darin ausgesprochen, als er selbst gewusst; unbewusst hätte ihm der Geist Worte auf die Lippen gelegt, die erst in Christi Reich herrlich und überschwänglich erfüllt werden im geistlichen Sinn. Will man also den Psalm mit einer Kornblume vergleichen im Korn, meinetwegen, aber ein Unkraut im Weizen ist er darum nicht, sondern eine Blume ist er in dem unverwelklichen Kranze der Ehren, den Christo dem Seelenbräutigam, dem Herrn der Herrlichkeit, die Liebe der Seinen zu Füßen legt. Und wie die Biene aus der Blume Honig zieht, so wolle Gott auch aus dieser Blume uns Honig finden lassen.

Und so lasse er denn auch unsere Betrachtung gelingen ihm zum Preis und uns zum Segen, wenn wir jetzt nach Anleitung unseres Psalmes anschauen:

Den König und seine Braut.

1) Der König wird uns dargestellt V. 1-9,
2) Die Braut, V. 10-18. - Also:

1)

Der König in seiner Herrlichkeit. Wie dieser Herrlichkeit sein Herz voll ist und sein Mund übergeht, das spricht der Sänger schön aus gleich im Eingang:

V. 2: „Mein Herz dichtet ein feines Lied; ich will singen von einem Könige; meine Zunge ist ein Griffel eines guten Schreibers.“ „Mein Herz dichtet“ und nicht bloß mein Kopf oder meine Hand; nicht ein handwerksmäßig fabriziertes Hochzeitskarmen, sondern ein aus dem begeisterten Herzen gequollenes Lied sollt ihr hören. So ist's recht: das erst ist ein rechtes Lied, wo das Herz dichtet und nicht bloß die Feder; das erst ist ein rechtes Gebet, wo das Herz betet und nicht bloß die Lippe; das erst ist eine rechte Predigt, wo das Herz predigt und nicht bloß der Mund; das erst ist ein rechtes Almosen, wo das Herz gibt und nicht bloß die Hand. Mein Herz dichtet ein feines Lied, denn ich will singen von einem Könige“; wo's eines Königs Preis gilt, da nimmt man sich zusammen, da gibt man sich Mühe: Sollten nicht auch wir alle Mühe dranwenden, all unsere Kräfte dranstrecken, wo unser Lob, unser Dienst gilt dem König aller Könige und Herrn aller Herren? Meine Zunge ist ein Griffel eines guten Schreibers“: Seine Zunge vergleicht er mit einem Griffel eines flinken Schreibers, der schön und schnell niederschreibt, was das Herz ihm diktiert. Gut, wenn auch unsere Zunge immer dem Griffel eines Schreibers ähnlich wäre und nichts anderes ausspräche, als was zur Not auch dürfte aufgeschrieben und aufbewahrt werden; aber so oft ist unsere Zunge statt eines nützlichen Griffels ein unnützes Spielzeug, wie die Feder in der Hand eines Knaben, oder gar ein schädliches Messer, ein giftiger Dolch! Denkt darüber nach. Jetzt aber weiter, des Königs Preis zu hören. Da wird nun zuerst gepriesen die Schönheit des königlichen Bräutigams:

V. 3: „Du bist der Schönste unter den Menschenkindern, holdselig sind deine Lippen; darum segnet dich Gott ewig.“ Du bist der Schönste unter den Menschenkindern!“

Ja, Geliebte, von wem sollten wir das gelten lassen, als von dem, welchem wir vorhin zugesungen haben: Wer ist wohl wie du? und von dem es anderswo heißt:

Bist du da,
Uns innig nah,
Muss das Schönste bald erbleichen
Und das Beste weichen.

Wohl steht das fleischliche Auge an ihm keine Gestalt noch Schöne heute wie einst; wohl trug er keinen weltlichen Purpur, noch irdische Krone, sondern ist arm und niedrig in Knechtsgestalt auf Erden gewandelt. Aber wahrlich, wer ein Auge hat für Seelenschönheit und Geistesadel, der muss sagen beim Blick auf Jesum: Du bist der Schönste unter den Menschenkindern; neben dir wird der Größte klein, der Schönste bleich, der Reinste unrein; deine Schönheit, das ist deine göttliche Seele, deine Krone ist deine Unschuld, dein Purpur ist deine Liebe. Und wenn uns kein Maler dein Antlitz aufbehalten hat, wie es in Wahrheit gestaltet war, so können wir uns dich doch nicht anders vorstellen als schön, voll sanfter, himmlischer Anmut, und kein Raphael kann uns dich schön genug malen; und wenn wir dich leiblich nicht schauen, so stehst du doch vor unserem Glaubensauge als der Schönste unter den Menschenkindern. Wo du gehst und stehst, ob du Kinder herzt oder Sünder begnadigst, ob du Kranke heilst oder zu Tische sitzt, ob du auf Tabor stehst im Verklärungsglanz und in Gethsemane liegst im Todesstaub - immer bist du der Schönste unter den Menschenkindern. Ja in deiner tiefsten Schmach bist du am schönsten der gläubigen Seele: In der Dornenkrone, mit dem Haupt voll Blut und Wunden, als der Allerverachtetste und Geplagteste - da erst schauen wir ganz deine himmlische Liebe, da erst bist du der Schönste unter den Menschenkindern.

„Holdselig sind deine Lippen;“ ja diese Lippen voll Anmut und Liebe, voll Weisheit und Lehre, voll Trost und Segen, diese Lippen, die auch für uns Trost haben und Rat und Segen die Fülle wie sind sie so holdselig, ob sie Betrübte trösten, Kindlein küssen, Sünder strafen, Lernbegierige lehren, Kranke heilen, Tote erwecken; diese Lippen, wie sind sie so holdselig, noch da sie am Kreuze für uns schmachten: mich dürftet, und im Tode der Liebe erblassen.

„Darum segnet dich Gott ewig;“ nicht nur die dankbare Menschheit muss diesen König segnen und preisen, Gott selber hat ihn gesegnet und gekrönt mit ewiger Herrlichkeit, so dass er nun droben strahlt auf dem Throne der Ehren so schön, wie ihn kein Petrus und kein Zachäus, keine Maria und kein Thomas auf Erden geschaut hat. Und wie er schön ist, dieser König, so ist er stark. Als der starke Held wird er nun gepriesen in den folgenden Versen:

V. 4: Gürte dein Schwert an die Seite, du Held, und schmücke dich schön.“ Sein Schwert ist kein Goliathschwert und keine Damaszenerklingen, aber ist stärker als Goliaths Schwert und schärfer als der Stahl von Damaskus. Sein Schwert ist ein zweischneidiges Schwert, siebenmal gehärtet im Feuer des Heiligen Geistes; das ist sein göttlich Wort, das dringet ein, bis dass es scheide Seele und Leib, Mark und Bein. Mit diesem Schwert hat er Heldentaten getan, ohne Wunden zu schlagen, und Wunden geschlagen, ohne Blut zu vergießen; mit diesem Schwert hat er seine Widersacher niedergeschlagen, dass sie stumm wurden und bleich, wie die Pharisäer; mit diesem Schwert hat er Starke niedergeworfen, dass sie im Innersten zerbrochen lagen, wie Saulus; mit diesem Schwert hat er ganze Länder bezwungen, dass sie ihm zu Füßen fielen ohne Schwertstreich. Mit diesem Schwert hat er auch unser Herz schon oft getroffen, dass es blutete, selig blutete in Buße und Reue, Dank und Liebe. Da gilt's wohl, was der Sänger weiter sagt:

V. 5: „Es müsse dir gelingen in deinem Schmuck, ziehe einher der Wahrheit zu gut, und die Elenden bei Recht zu behalten; so wird deine rechte Hand Wunder beweisen.“ Ja der Wahrheit Bahn zu brechen und den Elenden aufzuhelfen, ein Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude aufzurichten in dieser armen und argen Welt, dazu braucht er sein Schwert, dazu lässt er sein Wort und Evangelium ausgehen in die Welt, und darum muss es ihm auch gelingen, weil seine Sache die Sache der Wahrheit und der Gerechtigkeit und der Liebe, weil sie die Sache Gottes ist. Da werden alle Feinde zu Schanden früher oder später:

V. 6: „Scharf sind deine Pfeile, dass die Völker vor dir niederfallen, mitten unter den Feinden des Königs.“ Wie seine Pfeile scharf sind und mitten ins Herz treffen und auch durch Stahl und Eisen dringen, das zeigt die Bekehrung manches trotzigen Sünders von Saulus bis auf diesen Tag; und wie die Völker niederfallen vor seinem siegreichen Panier, das bezeugt die Welt- und Reichsgeschichte Christi und wird's bezeugen bis ans Ende der Tage, bis einst ihm sich beugen alle Knie und alle Zungen bekennen, dass Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters. Denn er ist nicht nur ein schöner und ein starker, sondern auch ein ewiger König:

V. 7: „Gott, dein Stuhl bleibt immer und ewig; das Zepter deines Reichs ist ein gerades Zepter.“ Gott heißt hier dieser König. Welchem andern König kann das gelten, als dem Sohne des hochgelobten Gottes? Ja sein Regiment ist ewig und nur das seine. David ist längst entschlafen und Salomo zu seinen Vätern versammelt, aber dieser Davidssohn lebt noch, dieser Friedefürst herrscht noch; der große Kaiser Augustus, unter dem er geboren ward, ist vergessen und der mächtige Kaiser Tiberius, unter dem er starb, ist verschollen, aber der Mann von Nazareth ist heute noch der Herrscher in Millionen Herzen; Jahrhunderte sind vorübergegangen, aber seine Zeit nicht; Reiche sind entstanden und verschwunden, aber sein Reich besteht. Sein Regiment ist ein ewig Regiment, sein Zepter ist ein gerades, ein unbeugsames Zepter.

Denn von Gott selber hat er sein Amt, von Gott selber seine Salbung:

V. 8: „Du liebst Gerechtigkeit und hasst gottloses Wesen; darum hat dich, Gott, dein Gott, gesalbt mit Freudenöl, mehr denn deine Gesellen.“ Ja er hat den Geist Gottes empfangen ohne Maß, er hat die Salbung von oben empfangen, wie sonst keiner auf Erden, kein David und kein Aaron, darum heißt er auch der Gesalbte, der Messias, der Christus. Diese Salbung duftet köstlicher als das Salböl, das einst Samuel ausgoss über Davids lockiges Haupt; köstlicher auch als die köstliche Narde, die einst Maria ausschüttete über die Füße ihres Herrn und Meisters. Von dieser Salbung gilt's im geistlichen Sinn:

V. 9: „Deine Kleider sind eitel Myrrhen, Aloe und Kezia, wenn du aus den elfenbeinernen Palästen daher trittst, in deiner schönen Pracht.“ Wenn der König des Morgenlands bräutlich geschmückt aus seinem herrlichen Palaste tritt, dann duften von Wohlgerüchen seine wallenden Gewänder. Und wenn Jesus, der Bräutigam der Seelen, der König der Geister, einherwandelt in seiner Gemeinde, dann ist's auch wie Frühlingshauch und Paradieses Duft um ihn her. Kraft und Mut, Friede und Freude, Trost und Hoffnung das ist's, was ihn umwehet wie Blumenduft, was wie Himmelshauch die gläubige Seele anweht in seiner Nähe, also dass es wohl heißt: Sein Name ist wie eine ausgeschüttete köstliche Salbe, und man es erfahren darf:

O wie selig sind die Seelen,
Die mit Jesu sich vermählen,
Die sein Lebenshauch durchweht,
Dass ihr Herz mit heißem Triebe
Stündlich nur auf seine Liebe
Und auf seine Nähe geht.

Ja wie selig sind die Seelen, die mit Jesu sich vermählen. Das führt uns auf:

2)

Die Braut, von der nun der Sänger zu reden beginnt:

V. 10: „In deinem Schmuck gehen der Könige Töchter; die Braut steht zu deiner Rechten, in eitel köstlichem Golde.“ Diese Braut, die der große König würdigt, zu seiner Rechten zu stehen, die er aus dem Staub emporgezogen und an seine Seite gestellt, die er statt des Bettlerkleids, in dem er sie gefunden, in eitel Gold gekleidet hat freue dich, das bist du, erwählte Gemeinde, die der Herr sich zum Eigentum erkoren. Höre, Braut des Herrn, und gedenk an deine bräutlichen Pflichten:

V. 11: „Höre, Tochter, schaue darauf, und neige deine Ohren, vergiss deines Volks und deines Vaters Hauses.“ Wie eine Braut Vater und Mutter verlässt, um dem Manne zu folgen, dem der Herr sie zugeführt: so auch muss die Seele, die dem Herrn angehört, alles verlassen können um seinetwillen; wie Abraham ausging von seinem Vaterland und seiner Freundschaft, wie die Jünger alles verließen auf seinen Ruf: Folge mir nach! so auch du, Seele, musst ihn über alles sehen, was dir lieb ist auf Erden; denn wer Vater und Mutter und Bruder und Schwester lieber hat als mich, spricht er, der ist mein nicht wert. dich ganz und will dich allein: Er will

V. 12: „So wird der König Lust an deiner Schöne haben; denn er ist dein Herr, und sollst ihn anbeten.“ Über ihm alles vergessen, wie Maria, da sie zu seinen Füßen saß, ihm alles opfern, wie Maria, da sie sein Haupt und seine Füße salbte, das ist der rechte bräutliche Sinn einer gottverlobten Seele. Um der Braut Mut zu machen, ihren Stand lieb und wert zu machen, schildert ihr nun der Sänger ihr bräutlich Glück, die reichen Brautgeschenke:

V. 13: „Aus Tyrus, der reichen Handelsstadt, wird man dir köstliche Gaben bringen; die Reichen im Volk werden dir fußfällig ihre Brautgeschenke anbieten. Auch das, Seele, darfst du auf dich anwenden im geistlichen Sinn. Denk an das große apostolische Wort: Alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes. Ja wenn wir Christo angehören, mit ihm eins geworden sind in Glaube und Liebe, dann sind wir reich, dann strömt uns Segen zu von Himmel und Erde, dann muss alles zu unserem Besten dienen. Und nun der herrliche Brautschmuck:

V. 14: „Des Königs Tochter ist ganz herrlich inwendig, sie ist mit goldenen Stücken gekleidet.“ Kennst du den Schmuck einer frommen Seele? Ach der besteht freilich nicht in Kranz und Schleier, nicht in Ring und Kette; das ist der verborgene Mensch des Herzens mit stillem und sanftem Geist; das ist köstlich vor Gott. Inwendig ist des Königs Tochter ganz herrlich. Es glänzet der Christen inwendiges Leben, obgleich sie die Sonne von außen verbrannt; o meine Lieben, lasst auch uns vom Äußeren immer mehr absehen aufs innere, unsere Seele lasst uns schmücken, dann mag der Leib einhergehen im ärmlichen Gewand, ja dann mag der Leib einst von uns abfallen, wie ein abgetragenes Kleid: die Seele steht wohlgeschmückt vor Gott.

Mein Jesu! schmücke mich mit Weisheit und mit Liebe,
Mit Keuschheit, mit Geduld durch deines Geistes Triebe;
Kleid mit der Demut mich und mit der Sanftmut an,
So bin ich wohlgeschmückt und köstlich angetan.

Nun das Brautgefolge:

V. 15: „Man führt sie in gestickten Kleidern zum Könige, und ihre Gespielen, die Jungfrauen, die ihr nachgehen, führt man zu dir.“ Wie die Braut am Hochzeitstag begleitet ist von den Brautjungfrauen, ihren Gespielen und Freundinnen, so auch das Volk Gottes, die Gemeinde Jesu Christi, wenn sie als eine geschmückte Braut ihrem Herrn einst entgegengeführt wird, kommt sie begleitet von einem herrlichen Brautgefolge. Diese Jungfrauen, die ihr nachgehen, das sind die Heidenvölker, die mit ihr und durch sie zum Herrn geführt werden. Fürwahr ein herrlicher Brautzug, wenn einmal die Kirche Christi so einherzieht ihrem Herrn entgegen in die himmlische Herrlichkeit und alle Völker der Erde um sie her sich reihen als herrliches Gefolge. Möchten dann auch wir nicht fehlen im Brautgefolge, denn selig ist's, teilzunehmen an der Hochzeit des Lammes. Das Brautglück wird nun geschildert:

V. 16: „Man führt sie mit Freuden und Wonne, und gehen in des Königs Palast.“ Ja Freude und Wonne ist beim Herrn; Freude und Wonne schon hier in seiner Gemeinschaft, obgleich wir noch nicht in des Königs Palast, in des Vaters Hochzeitshaus sind; Freude und Wonne daheim droben in des Vaters Haus. Es ist etwas, des Heilands sein; ich dein, o Jesu, und du mein in Wahrheit sagen können. Drum immer mehrere sollen sich dazu gesellen, immer größer soll das Volk Gottes werden. Das ist die bräutliche Hoffnung:

V. 17: „Anstatt deiner Väter wirst du Kinder kriegen, die wirst du zu Fürsten sehen in aller Welt.“ Ein lieblicher Kinderkreis wird aufblühen um die Königsbraut, dass sie kein Heimweh mehr fühlt nach der verlassenen Heimat. So sollen dem Herrn in seiner Gemeinde Kinder, geistliche Kinder geboren werden wie Tau aus der Morgenröte, die alle sein Bild wiederspiegeln, dass seines Namens Ruhm fortgepflanzt werde von Geschlecht zu Geschlecht und sein Ruhm erschalle bis an der Welt Enden.

V. 18: „Ich will deines Namens gedenken von Kind zu Kindeskind; darum werden dir danken die Völker immer und ewig.“ Nun, Seele, willst auch du seines Namens, seines großen Könignamens, seines lieben Heilandnamens gedenken hinfort in tiefer Ehrfurcht und treuer Liebe? Noch ein ernstes Wort zum Schluss: Es ist Bußtag heut und wir haben einen Hochzeitspsalm betrachtet. Aber auch der kann uns zum Bußpsalm werden. Wir haben des Königs Herrlichkeit betrachtet; haben wir diese Herrlichkeit auch bisher erkannt und verehrt; haben wir unsern König geehrt und geliebt, wie er's verdient, oder ist unser Herz kalt, gleichgültig, undankbar, ungehorsam gegen ihn gewesen? Wir haben von des Königs Braut gehört: ihrem bräutlichen Schmuck, ihrer bräutlichen Pflicht, ihrem bräutlichen Glück; dürfen auch wir zu der Gemeinde uns rechnen, die des Herrn Braut ist? Stehen wir da vor ihm im bräutlichen Schmuck des Glaubens, der Liebe, der Hoffnung, der Unschuld und Gerechtigkeit? Gedenken wir der bräutlichen Pflicht, ihn über alles zu lieben und uns ihm ganz und gar zu ergeben? Kennen wir das bräutliche Glück, da es heißt: Du bist mein, ich bin dein, niemand soll uns scheiden? Seht da genug Stoff zu Bußgedanken, Bußbekenntnissen, Bußgelübden. Ja wir wollen Buße tun vor unserem himmlischen König; wir wollen ihm bekennen: Es ist mir leid und bin betrübt, dass ich so wenig dich geliebt; wir wollen ihn bitten: Nimm mich wieder an und wende dein holdes Königsauge gnädig auf mich nieder. Wir wollen tun, was unsere Konfirmanden dieser Tage getan an diesem Altar, den Bund der Liebe und Treue mit ihm erneuern und sprechen:

Ich bin dein, sprich du darauf ein Amen,
Treuster Jesu, du bist mein!
Drücke deinen süßen Jesusnamen
Brennend in mein Herz hinein!
Mit dir alles tun und alles lassen,
In dir leben und in dir erblassen,
Das sei bis zur letzten Stund
Unser Wandel, unser Bund!

Amen.