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Gerok, Karl von – Andachten zum Psalter - Psalm 43.

(1) Richte mich, Gott, und führe meine Sache wider das unheilige Volk, und errette mich von den falschen und bösen Leuten. (2) Denn du bist der Gott meiner Stärke; warum verstößt du mich? Warum lässt du mich so traurig gehen, wenn mich mein Feind dränget? (3) Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten, und bringen zu deinem heiligen Berge, und zu deiner Wohnung. (4) Dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott. (5) Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Wir hätten diesen Psalm vor acht Tagen schon zusammen mit dem vorigen betrachten können. Denn wie das schöne Trostwort: „Was betrübst du dich, meine Seele?“ das wir schon im vorigen Psalm zweimal vernommen haben, hier am Schluss des 43. Psalms zum dritten Mal wiederkehrt, so ist unser ganzer Psalm nichts als eine Fortsetzung, ein Nachhall des vorigen: ein Lied des Heimwehs nach dem Heiligtum Gottes; wahrscheinlich zu derselben Zeit gesungen, als David mit seinen Leviten vor Absalom geflohen war ins Gebirge östlich vom Jordan.

Die Seele des Sängers, die sich schon im vorigen Lied so schön ausgesprochen und so selig getröstet hatte im frommen Gesang, fühlt noch einen Rest von Gram, noch einen Tropfen von Bitterkeit auf ihrem tiefsten Grunde und auch dieser letzte Tropfen muss noch herausgesungen, herausgebetet werden, damit es ganz still, ganz helle werde im Herzen. Wir freuen uns dieses sanften Nachklangs zum vorigen Psalm. Wie man dem Widerhall eines Waldhorns gerne horcht, wenn er im fernen Tal noch einmal sanft und vernehmlich sich bricht: so hören wir gerne heut zum dritten Mal das schöne Trostwort: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?“ Und wie man den Kelch, daraus man einen köstlichen Wein getrunken, gerne noch einmal an die Lippen setzt, damit auch das letzte süße Tröpflein nicht verloren gehe: so wollen wir den goldenen Kelch der Kinder Korah dankbar noch einmal an den Mund nehmen: es ist noch ein Segen darin, noch ein himmlisches Labsal für jede Seele, die da weiß, was es ist um das Heimweh nach Gott, um die Sehnsucht nach dem Heiligtum des Herrn.

Hier in unserem Psalme zwar handelt sich's zunächst ums irdische Heiligtum, um den Berg Zion mit der Stiftshütte, nach welchem David mit seinen Frommen sehnsuchtsvoll hinüberschaute aus dem fremden, dem heidnischen Land. Uns aber die wir ja vom irdischen Haus Gottes nicht ferne, sondern eben darinnen sind, uns soll das irdische Zion diesmal ein Bild werden für das himmlische Jerusalem, für die ewige Gottesstadt, und so soll uns unser Psalm diesmal gelten als ein Lied der Sehnsucht nach der ewigen Heimat und dem, was uns dort erwartet,

nämlich:

1) Ein gerechtes Gericht Gottes, (V. 1.)
2) Eine selige Vereinigung mit dem Herrn, (V. 2.)
3) Eine himmlische Verklärung, (V. 3.)
4) Ein herrliches Tagewerk, (V. 4.)
5) Ein ewiges Danklied, (V. 5.)

1)

V. 1: Ein gerechtes Gericht Gottes. Das ist das erste, was uns droben erwartet und wonach eine fromme Seele sich oft schmerzlich sehnt in dieser Welt voll Ungerechtigkeit. Oder ist's nicht so, dass wir oft auch gen Himmel seufzen, wie hier der fromme Sänger seufzt: „Richte mich, Gott, und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten?“ Es ist freilich ein kühnes Wort: „Richte mich, Gott!“ das nicht jeder sprechen kann und das auch der Fromme nicht ohne Furcht und Zittern spricht. Der Gottlose, der muss ja erschrecken bis ins Herz hinein, wenn er denkt an das gerechte Gericht Gottes; darum weiß er sich auch nur dadurch zu helfen, dass er sich selber anlügt: Es gibt kein Gericht, es gibt keine Ewigkeit, es gibt keinen Gott. Und selbst der Redliche und Fromme kann ja nur in tiefer Beugung, nur im demütigen Glauben an seines Heilands Gnade und seines Gottes Erbarmung hintreten vor den Richterstuhl des Allwissenden, der mit seinem Flammenauge durchschaut bis auf den Grund unserer Seele, vor den Strahlenthron des Allerheiligsten, der im Feuer seiner Heiligkeit auch unsere vermeinten Tugenden und guten Werke zu eitel Asche verbrennen kann. Aber Geliebte, wenn eine Seele in Christo Jesu sich mit Gott versöhnt weiß und nun in frommem Glauben und redlichem Gehorsam ihres Weges hienieden geht, dann kann und darf und muss sie wohl manchmal aufseufzen: „Richte mich, Gott, und führe meine Sache wider das unheilige Volk.“ Wenn wir das, was recht und wahr und schön und gut und heilig ist, so oft verhöhnt, verfolgt, in den Staub getreten sehen an uns und andern von der unheiligen, ungöttlichen Welt, wenn wir mit unsern besten Meinungen verkannt, bei unsern redlichsten Absichten gehindert und verfolgt werden o wahrlich, da sehnen wir uns oft recht herzlich und schmerzlich nach einer andern Ordnung der Dinge, nach einer besseren Welt, nach einem Lande der Vergeltung, wo Gott unsere Sache richtet, dem Guten und Göttlichen zum Siege verhilft, der Bosheit aber ihr Urteil spricht. Wenn uns unter der boshaften, arglistigen Welt oft zu Mute wird, wie dem Lamm mitten unter den Wölfen, und wir so selten ein Herz finden, das uns versteht, eine Seele, die mit uns harmoniert dann möchten wir oft auch mit dem Sänger in unserem Psalme ausrufen: Errette mich, Herr, von den falschen und bösen Leuten; nimm mich bald auf in jene selige Gemeinde droben, wo das Unkraut gesondert ist vom Weizen, wo sich zusammenfinden, die zusammengehören, und wo erfüllt wird, was im Liede steht:

Gott, welche Schar ist dort vereint,
Die Frommen, die ich hier beweint,
Die sind ich droben wieder;
Dort sammelt deine Vaterhand
Sie, die ein Sinn schon hier verband,
Sie sind ich alle wieder;
Fröhlich werd ich
Frei von Mängeln mit den Engeln
Dir lobsingen,
Preis und Dank dir ewig bringen.

Ein gerechtes Gericht Gottes, das jeden dahin stellen wird, wohin er gehört, das ist's, was den Frommen erwartet in der ewigen Heimat. Und dazu:

2)

Eine selige Vereinigung mit dem Herrn, von dem wir hienieden uns oft so ferne fühlen. Dieses bittere Gefühl des Ferneseins von Gott, diese schmerzliche Sehnsucht nach der hilfreichen Nähe des Herrn spricht der Psalmist aus

V. 2: „Denn du bist der Gott meiner Stärke; warum verstößt du mich? Warum lässt du mich so traurig gehen, wenn mich mein Feind drängt?“ Ja wahrlich auch dem Frommen ist es hienieden oft zu Mut, als hätte ihn Gott verstoßen und verlassen; als hätte er sein Antlitz vor uns verborgen, seine Hand von uns abgezogen, seinen Geist von uns genommen. Da geht man dann traurig dahin mit gesenktem Haupt denn mag der Gottlose fröhlich sein ohne Gott, dem Frommen ist nicht wohl ohne ihn:

Ohne dich, was ist die Erde? ein beschränktes, finstres Tal;
Ohne dich, was ist der Himmel? ein verschlossner Freudensaal;
Ohne dich, was ist das Leben? ein erneuter finstrer Tod;
Ohne dich, was ist das Sterben? Nachtgraun ohne Morgenrot!

Aber sei getrost, Christenseele, du sollst einmal dorthin kommen, wo du dich nicht mehr fühlen wirst von Gott verstoßen, wo du sein heiliges Antlitz schauen, seine selige Nähe genießen, seine Kraft empfinden darfst unverrückt; dorthin, wo du nicht mehr traurig gehen wirst wie ein Kind in der Fremde, sondern ewig daheim sein und ewig selig sein darfst in Gott! Solche selige Vereinigung mit Gott, meine Lieben, kann aber nicht stattfinden ohne eine himmlische Verklärung unseres ganzen Wesens; das ist das dritte, was den Frommen erwartet in der ewigen Heimat:

3)

Eine himmlische Verklärung seiner eigenen Seele.

V. 3: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten, und bringen zu deinem heiligen Berge, und zu deiner Wohnung.“ Auch das spricht der Fromme sehnsuchtsvoll nach im Ausblick zur ewigen Heimat. Wohl sendet der Vater des Lichts auch ins Dunkel dieses Erdentals sein Licht und seine Wahrheit uns hernieder. Er hat uns sein Wort gegeben, damit es uns ein Licht sei auf allen unsern Wegen; er hat uns seinen Geist verheißen, damit er uns in alle Wahrheit leite. Aber, Geliebte, darum bleibt's eben doch wahr: Wir hoffen und warten aufs Morgenrot; wir sehnen uns alle nach deinem Licht, nach deinem hochheiligen Angesicht. Unser Wissen ist ja doch nur Stückwerk hienieden und wir schauen nur durch einen Spiegel in einem dunklen Wort. Wieviel Finsternis in unserem Herzen, wieviel Lücken in unserem Verstand, wieviel Irrtum in unserer Erkenntnis, wieviel Rätsel in Gottes Wort, in Gottes Wesen, in Gottes Werken, in Gottes Wegen! Da blickt denn ein nach Wahrheit dürstender Geist, eine nach Licht verlangende Seele oft sehnsuchtsvoll empor zum Vater des Lichts: Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten; bring mich endlich aus der Nacht zum Licht, aus dem Glauben zum Schauen, aus dem Dunkel in die Klarheit, aus dem Irrtum in die Wahrheit, dass ich nicht mehr irre und strauchle, fehle und falle. Weißt du, Seele, wann dir dies Gebet soll erfüllt werden? weißt du, wann du sollst zum Lichte gelangen und verklärt werden von einer Klarheit zur andern? Dann wann dich der Herr bringen wird zu seinem heiligen Berge und zu seiner Wohnung. Was ist das für ein heiliger Berg und für eine Wohnung des Allerhöchsten? Wohl denkt der Psalmist an den Berg Zion im irdischen Jerusalem und sehnet sich, wieder hinanzusteigen die Stufen des Tempelbergs zum Hause des Herrn. Aber, meine Lieben, dürfen wir nicht auch bei diesem heiligen Berge denken an die lichten Höhen der andern Welt, wo wir Stufe um Stufe sollen emporsteigen von einer Klarheit zur andern, von Licht zu Licht, von Kraft zu Kraft, von Seligkeit zu Seligkeit, von Himmel zu Himmel, immer näher dem Strahlenthron des Allerhöchsten? Der Erzvater Jakob sah im Traum eine Leiter aufgerichtet von der Erde zum Himmel und die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder und der Herr stand oben darauf; das ist uns ein Bild der Stufenleiter, auf welcher auch wir emporsteigen sollen von einer Vollkommenheit zur andern, bis wir ganz verklärt sind in Gott. Der Apostel Paulus spricht von einem Gesicht, in welchem er entzückt war bis in den dritten Himmel; das ist uns ein Wink, dass es auch droben noch einen Fortschritt gibt von Himmel zu Himmel; im Brief an die Hebräer wird uns zugerufen: Ihr seid gekommen zu dem Berge Zion und zu der Stadt des lebendigen Gottes, zu dem himmlischen Jerusalem und zu der Menge vieler tausend Engel und zu der Gemeine der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollkommenen Gerechten und zu dem Mittler des neuen Testaments, Jesu- eine Hindeutung auf den Berg Zion, zu welchem wir hinansteigen, auf die himmlische Gesellschaft, in welche wir eintreten, auf die Verklärung, deren wir sollen teilhaftig werden nach Geist, Seele und Leib. Eine selige Hoffnung, wenn so viel Unvollkommenes uns betrübt, soviel Schwachheit uns beschämt, soviel Dunkles uns ängstet nicht bloß um uns, sondern auch an uns und in uns; eine selige Hoffnung: ich soll einst kommen zu dem Lichte, nach welchem so oft mein Geist sich sehnt; ich soll einst verklärt werden zu einer Klarheit, wie sie jetzt in meinen heiligsten Augenblicken meiner Seele vorschwebt als leuchtendes Ideal; ich soll einst emporsteigen in eine Himmelshöhe der Seligkeit, in eine Sonnennähe Gottes, von der meine arme Seele jetzt kaum eine Ahnung hat.

Da werd ich das im Licht erkennen,
Was ich auf Erden dunkel sah,
Das wunderbar und heilig nennen,
Was unerforschlich hier geschah;
Da denkt mein Geist mit Preis und Dank
Die Schickung im Zusammenhang.
Da werd ich zu dem Throne dringen,
Wo Gott, mein Heil, sich offenbart,
Ein Heilig, heilig, heilig singen
Dem Lamme, das erwürgt ward,
Und Cherubim und Seraphim
Und alle Himmel jauchzen ihm!

Und bei Cherubim und Seraphim:

4)

Welch herrliches Tagewerk wartet dort unser! Darauf deutet hin:

V. 4: „Dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.“ Es ist ein Priester, der hier spricht; ein Priester, der sich freut, im irdischen Gotteshaus bald wieder Priesteramtes zu pflegen, das Rauchwerk zu schwingen im Heiligtum, die Harfe zu schlagen vor Gottes Angesicht. Aber, meine Lieben, sollen wir nicht allesamt einst Priester werden im oberen Heiligtum? Sind wir nicht allesamt berufen zu jener priesterlichen Schar der Palmenträger und Harfenschläger, von der es heißt, Offb. 7: Darum sind sie vor dem Stuhle Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel! O seliges Tagewerk, wenn einst all unser Tun nichts sein wird als ein schöner, friedlicher, seliger Gottesdienst: jedes Wort ein Psalm, jeder Hauch ein Lobgesang, jeder Gedanke ein Gebet! Jetzt wechselt bei uns noch ab ich will nicht sagen: Gottesdienst und Sündendienst - wiewohl auch das bei manchem wahr ist, aber doch Sonntag und Werktag, Andacht und Zerstreuung, Betstunden und Arbeitsstunden, und dieser Wechsel ist uns oft recht schmerzlich. Das eine mal wird es uns schwer, vom Tagewerk zum Gottesdienst zu gelangen, aus der Zerstreuung der Weltgeschäfte uns zu sammeln zu inniger Andacht; das andere mal wird's uns schmerzlich, vom Gottesdienst wieder herabzusteigen zum Tagewerk, aus dem Himmel gleichsam wieder herabzusinken auf die grobe raue Erde und die Harfe zu vertauschen mit dem irdischen Pilgerstab und das Gesangbuch mit dem Handwerkszeug. Dort, meine Lieben, werden die Pforten des Heiligtums sich nicht mehr hinter uns schließen; dort wird unser Tagewerk ein steter Gottesdienst, unser ganzes Dasein ein ewiger Sabbat sein ein Sabbat auch voll Tätigkeit, auch voll Abwechslung, auch voll Freuden, aber ein Sabbat doch, ein ewiger Tag des Herrn.

Wer sind die vor Gottes Throne,
Was ist das für eine Schar?
Träget jeder eine Krone,
Glänzen wie die Sterne klar?
Halleluja singen all,
Loben Gott mit hohem Schall!

Es sind die, so stets erschienen
Hier als Priester vor dem Herrn,
Tag und Nacht bereit zu dienen,
Leib und Seel geopfert gern;
Nunmehr stehn sie all herum
Vor dem Stuhl im Heiligtum!

Und was wird da

5)

für ein ewiges Danklied erschallen von diesen Priestern und Überwindern! Da wird's erst recht erfüllt werden das schöne Trostwort

V. 5: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“ Wohl dürfen wir ihm auch hienieden schon manchmal danken für seine gnädige Durchhilfe. Doch auf die Freude folgt hier immer wieder Leid, auf das Danken wieder Bitten, auf das Lachen wieder Weinen. Aber was wird's droben sein, wenn alles vollbracht, wenn auch der letzte Feind besiegt, der letzte Kampf gekämpft, der letzte Schmerz verschmerzt, der letzte Seufzer verhaucht, die letzte Träne getrocknet, das letzte Rätsel gelöst ist! Was wird es sein, wenn die Seele hindurchgedrungen ist zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes, daheim, ewig daheim beim Herrn? Ja da werden wir ihm danken, dass er unseres Angesichts Hilfe und unser Gott ist, werden ihm danken für all sein Führen und Regieren, für alles, was er uns getan an Leib und Seele in Leid und Freud, im Nehmen und Geben, im Leben und Sterben, ihm danken und bekennen: Der Herr hat alles wohlgemacht!

Ja wohlgemacht im ganzen Leben,
Recht wohl noch in der Todespein,
Sein mütterliches Tragen, Heben,
Bracht mich heraus, hindurch, hinein;
Heraus aus dieser Erde Lüsten,
Hindurch durch die Versuchungswüsten,
Hinein ins schöne Kanaan;
Da werd ich auf den grünen Auen
Den Hirten, der mich führte, schauen,
Der große Ding an mir getan!

Nun denn, was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott, blick hinüber im Glauben in die selige Heimat, bis du hinüberkommst im Schauen.

Ich hab von ferne, Herr, deinen Thron erblickt,
Und hätte gerne mein Herz vorausgeschickt
Und hätte gern mein müdes Leben,
Schöpfer der Geister, dir hingegeben!

Nur bin ich sündig der Erde noch geneigt,
Das hat mir bündig dein heilger Geist gezeigt;
Ich bin noch nicht genug gereinigt,
Noch nicht ganz innig mit dir vereinigt.1)

Ich bin zufrieden, dass ich die Stadt gesehn;
Und ohn Ermüden will ich ihr näher gehn
Und ihre hellen, goldnen Gassen
Lebenslang nicht aus den Augen lassen!

Amen.

1)
Dieser Vers war nebst dem Vers: Fortgekämpft und fortgerungen (Württ. Gesangbuch, 477, 1) das letzte Gebetswort aus dem Munde Karl Geroks, als auf eine Nacht voll Licht und Kraft in Gottes Wort und Abendmahl noch ein Vormittag stummen Leidens folgte.