1. Gott, dem Allmächtigen und Könige des Alls, sei für alles Dank gesagt, größter Dank auch Jesus Christus, dem Erlöser und Befreier unserer Seelen, durch welchen wir unablässig bitten, daß uns der Friede gegen äußere und innere Feinde fest und unerschüttert erhalten bleibe.
Unter Gebet sei so das zehnte Buch der Kirchengeschichte den vorausgehenden angereiht! Dieses Buch wollen wir dir widmen, mein heiligster Paulinus, freudig es ausrufend, daß du das Siegel des ganzen Werkes bist. Mit gutem Grunde wollen wir auch in ihrem ganzen Umfange die Festrede über den Wiederaufbau der Kirchen hier anfügen, gehorsam dem göttlichen Geiste, der uns auffordert: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn Wunderbares hat er getan! Es standen ihm bei seine Rechte und sein heiliger Arm. Der Herr hat kundgetan sein Heil, vor den Augen der Völker hat er seine Gerechtigkeit geoffenbart.“ Folgend dieser Weisung wollen wir nunmehr das neue Lied anstimmen. Denn nach jenen schrecklichen und düsteren Schauspielen und Erzählungen sind wir gewürdigt worden, jetzt Dinge zu sehen und festlich zu verkünden, die vor uns wahrhaft Gerechte und Gotteszeugen auf Erden zu sehen begehrt und nicht gesehen, und zu hören begehrt und nicht gehört. Doch sie, die in schnellem Lauf vorangeeilt, wurden viel höherer Güter teilhaftig, entrückt in den Himmel selbst und in die göttliche Wonne des Paradieses. Wir bekennen aber, daß auch die Dinge, die uns vor Augen liegen, größer sind als unsere Verdienste. über alle Maßen staunen wir über die Huld dessen, der uns die große Gunst gewährt, und bewundern sie nach Gebühr und in Ehrfurcht mit der ganzen Kraft unserer Seele, bezeugend die Wahrheit der Weissagungen, die da niedergeschrieben sind und lauten: „Kommet und sehet die Werke des Herrn, die er wunderbar auf Erden gewirkt hat, indem er die Kriege bis an die Grenzen der Erde beseitigte! Er zertrümmert den Bogen und zerschlägt die Waffe und verbrennt die Schilde im Feuer.“ In Freude darüber, daß sich diese Worte sichtbar an uns erfüllt haben, wollen wir unsere Erzählung fortsetzen.
Auf die berichtete Weise ward so das ganze Geschlecht der Gottesfeinde vernichtet und den Blicken der Menschen so plötzlich entzogen, daß wiederum ein göttliches Wort in Erfüllung ging, das da spricht 6: „Ich sah, wie sich der Gottlose gleich den Zedern des Libanon erhob und emporreckte. Aber als ich vorüberging, siehe, da war er nicht mehr! Und ich suchte seinen Platz, und nicht war er zu finden.“ Ein freundlicher und heller, von keiner Wolke getrübter Tag leuchtete nun fortan mit den Strahlen himmlischen Lichtes auf der ganzen Erde über den Kirchen Christi. Und kein Neid verwehrte auch jenen, die außerhalb unserer Genossenschaft standen, wenn auch nicht das Vollmaß der uns von Gott geschickten Segnungen, so doch Abflüsse und Teile davon zu genießen.
2. Alle Menschen waren so von der Schreckensherrschaft der Tyrannen befreit; und von den früheren Leiden erlöst, bekannte der eine in dieser, der andere in jener Weise, daß der einzige wahre Gott der sei, der für die Frommen gestritten. Vor allem aber waren wir, die ihre Hoffnung auf den Gesalbten Gottes gesetzt, von unaussprechlicher Heiterkeit erfüllt, und eine Art göttlicher Freude leuchtete um uns alle. Sahen wir doch, wie jeglicher Ort, der noch vor kurzem von gottlosen Tyrannen zerstört darniederlag, wie aus langem und tödlichem Falle sich neu erhob und wie die Kirchen wieder von Grund aus zu unermeßlicher Höhe erstanden und viel herrlicher wurden, als die zerstörten gewesen. Ja, die höchsten erweiterten und mehrten durch fortgesetzte Gesetzgebung zugunsten der Christen die hohe Gnade, die Gott uns geschenkt, Bischöfe empfingen kaiserliche Schreiben und Ehrungen und Geldzuweisungen. Es dürfte sich geziemen, an entsprechender Stelle in unserem Werke, wie auf heiliger Säule, die kaiserlichen Worte, aus dem Lateinischen ins Griechische übersetzt, diesem Buche einzufügen, damit sie auch bei all den Geschlechtern, die nach uns kommen, in Erinnerung bleiben.
3. Da bot sich das Schauspiel, von uns allen erfleht und ersehnt: Erneuungsfeste werden in den Städten gefeiert und die Weihe der soeben neuerbauten Bethäuser. Bischöfe kommen zusammen, aus fernen und fremden Landen sammeln sich die Menschen, Volk grüßt in Freundschaft Volk, die Glieder des Leibes Christi verbinden sich zu vollendeter Eintracht. Gemäß einer Weissagung, die die Zukunft in geheimnisvoller Rede kündet, wurde nun Gebein an Gebein und Fuge an Fuge gerückt, und was sonst das Gotteswort in dunklen Sätzen untrüglich vorherverkündete Eine Kraft göttlichen Geistes durchdrang alle Glieder, alle waren eines Herzens und eines freudigen Glaubens, und alle sangen gemeinsam Gottes Lob. Da walteten unsere Führer der makellosen Bräuche, und die Priester vollbrachten das Opfer. Gottgefällig waren die Satzungen der Kirche, hier in Psalmengesang und Lesung der übrigen von Gott uns geschenkten Worte, dort im Vollzug göttlichen und geheimnisvollen Dienstes. Es waren die unaussprechlichen Symbole des heilbringenden Leidens. Alle zusammen, jeglichen Alters, Männer und Frauen, ehrten mit der ganzen Kraft ihrer Seele in Gebet und Danksagung Gott, den Geber der Güter, freudigen Sinnes und Herzens. Von den anwesenden Führern hielt jeder nach Vermögen eine Festrede, die Versammlung begeisternd.
4. Da trat ein Mann von mäßiger Begabung mit einer Rede, die er verfaßt, in der kirchlichen Versammlung in Anwesenheit sehr vieler Hirten auf, die in Ruhe und Ordnung zuhörten. Er richtete sie an den in jeder Beziehung trefflichen und Gott wohlgefälligen Bischof, durch dessen Mühe der Tempel in Tyrus, der weitaus herrlichste in ganz Phönizien, im Wetteifer errichtet worden war. Die Rede lautet also:
Festrede über die Erbauung der Kirchen, gewidmet Paulinus, dem Bischofe der Tyrier.
Freunde Gottes und Priester, die ihr das lange heilige Gewand und die himmlische Krone der Ehre traget, gesalbt mit göttlichem öle und angetan mit dem priesterlichen Kleide des Heiligen Geistes! Und du, jugendlicher Stolz des heiligen Gottestempels, von Gott mit ehrwürdiger Weisheit begabt, gefeiert ob der prächtigen Werke und Taten, die deine jugendlich frische Kraft vollbracht, dem Gott selbst, der die ganze Welt umfaßt, die besondere Ehre verliehen, daß er das irdische Haus baue und erneuere für Christus, sein eingeborenes und erstgeborenes Wort, und dessen heilige und gotteswürdige Braut! Soll man dich einen neuen Beseleel, den Erbauer des göttlichen Zeltes, oder Salomon, den König des neuen und viel besseren Jerusalem, oder gar einen neuen Zorobabel nennen, der dem Tempel Gottes noch weit größere Herrlichkeit verlieh, als sie früher ihm eigen?
Doch auch ihr, Schäflein der heiligen Herde Christi, Heimstätte guter Worte, Schule der Enthaltsamkeit, feierlicher und gottgeliebter Ort, wo man von Gottesfurcht hört! Wohl haben wir in vergangenen Tagen aus der feierlichen Lesung der heiligen Bücher von den staunenswerten Zeichen Gottes und den Wundertaten, die er zum Wohle der Menschen gewirkt, durch das Ohr Kunde bekommen und durften wir Hymnen und Lieder zu Gott emporsenden und sprechen, wie man uns gelehrt: „O Gott, mit unseren Ohren haben wir es gehört, und unsere Väter haben uns verkündet das Werk, das du in ihren Tagen, in der Vorzeit vollbracht hast.“ Jetzt aber erkennen wir den erhobenen Arm und die himmlische Rechte unseres allgütigen Gottes und Königs der Könige nicht mehr durch Hören und erzählende Worte. Durch Taten sozusagen und mit eigenen Augen sehen wir die Glaubwürdigkeit und Wahrheit dessen, was aus alter Zeit uns überliefert ist, und wir dürfen ein neues Siegeslied anstimmen und mit lauter Stimme rufen: „Wie wir es gehört haben, so schauten wir es in der Stadt des Herrn der Heerscharen, in der Stadt unseres Gottes „Kann diese Stadt eine andere sein als die, die eben neuerrichtet und von Gott erbaut ward?“ Es ist die Kirche des lebendigen Gottes, die Säule und Grundfeste der Wahrheit, von der ein anderes Gotteswort kündet: „Herrliches ist über dich gesagt, Stadt Gottes.“ Da der allgütige Gott uns durch die Gnade seines Eingeborenen in dieser Stadt versammelt hat, so singe, ja rufe ein jeder der Geladenen und spreche: „Ich freute mich darüber, daß man mir sagte: Wir wollen zum Hause des Herrn gehen!“ und „O Herr, ich liebe die Zier deines Hauses und den Ort, wo das Zelt deiner Herrlichkeit steht“. Nicht nur jeder für sich, nein, alle zusammen wollen wir eines Herzens und eines Sinnes ihn ehren und in den Lobruf ausbrechen und sagen: „Groß ist der Herr und sehr preiswürdig in der Stadt unseres Gottes, auf seinem heiligen Berge!“
Ja, er ist wahrhaftig groß. Und groß ist sein Haus, hoch und Weit und „schöner und herrlicher als die Söhne der Menschen“. Groß ist der Herr, „der allein Wunder tut.“ Groß ist er, „der Großes wirkt und Unerforschliches, Herrliches und Erstaunliches ohne Zahl“. Groß ist er, „der Zeiten und Jahre ändert und Könige absetzt und einsetzt“, „der den Dürftigen vom Staube aufrichtet und den Armen aus dem Schmutze erhebt“. „Er stürzte die Fürsten von ihren Thronen und erhob die Demütigen von der Erde; die Hungrigen sättigte er mit Gütern“ und zerschmetterte den Arm der Hochmütigen. Und so hat er nicht nur den Gläubigen, sondern auch den Ungläubigen das, was die alten Erzählungen berichten, bekräftigt, er, der Wundertäter, der Vollbringer großer Dinge, der Herr des Alls, der Schöpfer der ganzen Welt, der Allmächtige, der Allgütige, der eine und einzige Gott. Ihm wollen wir in Ergebenheit das neue Lied singen, ihm, „der allein Wunder tut, weil in Ewigkeit währt sein Erbarmen, ihm, der große Könige geschlagen und mächtige Könige getötet, weil in Ewigkeit währt sein Erbarmen, weil er in unserer Niedrigkeit unser gedachte und uns von den Feinden erlöste“.
Und niemals wollen wir aufhören, den Vater des Alls in solchen Worten zu preisen! Aber auch den zweiten Urheber unseres Glückes, Jesus, der uns zur Gotteserkenntnis Geführt, die wahre Gottesfurcht gelehrt, die Gottlosen vernichtet, die Tyrannen getötet, das Leben wiederhergestellt und uns, da wir der Verzweiflung verfallen, errettet hat, laßt uns mit dem Munde verherrlichen! Denn er hat allein als der einzigste allgütige Sohn des allgütigen Vaters nach dem Willen der väterlichen Liebe zu den Menschen mit größter Bereitwilligkeit unsere im Verderben darniederliegende Natur angenommen. Wie der gute Arzt um der Heilung der Kranken willen „die Übel untersucht, Ekelerregendes berührt und bei fremdem Leid selbst Schmerz empfindet“, so hat er uns, die nicht nur krank waren und an furchtbaren Geschwüren und bereits eiternden Wunden litten, sondern schon unter den Toten lagen, aus der Höhle des Todes zu sich errettet. Denn kein anderer im Himmel besaß solche Stärke, daß er, ohne Schaden zu nehmen, die Erlösung so vieler hätte wirken können. Er allein nahm sich unseres tiefen Elendes an, er allein trug unsere Leiden, er allein lud auf sich die Strafen für unsere Gottlosigkeiten. Und da wir nicht halbtot waren, sondern faul ganz und gar und riechend bereits in Grüften und Gräbern lagen, hob er uns auf und heilte uns, jetzt wie in alter Zeit, in seiner liebenden Sorge für die Menschen wider jedermanns und sogar wider unser eigenes Hoffen und gab uns in Fülle Anteil an den Gütern des Vaters, er, der Lebensspender, der Lichtbringer, unser großer Arzt, König und Herr, der Gesalbte Gottes.
Als seinerzeit das ganze Menschengeschlecht durch den Betrug verderbenbringender Dämonen und das Wirken gottfeindlicher Geister in dunkler Nacht und tiefer Finsternis begraben war, da löste er ein für allemal allein durch sein Erscheinen die festgeknüpften Bande unserer Sünden, wie wenn Wachs schmolz vor den Strahlen seines Lichtes. Ob so großer Gnade und Wohltat barst beinahe der neidische Dämon, der das Gute haßt und das Böse liebt, und Führte seine gesamten tödlichen Kräfte gegen uns ins Feld. Nach Art eines wütenden Hundes, der mit den Zähnen die gegen ihn geschleuderten Steine angreift und seine Wut gegen die sich wehrenden Menschen an den leblosen Geschossen ausläßt, richtete er seinen tierischen Wahnsinn zuerst gegen die Steine unserer Bethäuser und das tote Material von Gebäuden und machte die Kirchen, wie er wenigstens selbst glaubte, zu öden Stätten. Sodann äußerte er sein schreckliches Fauchen und sein Schlangengezisch bald in Drohungen gottloser Tyrannen, bald in gotteslästerlichen Erlassen glaubensfeindlicher Herrscher, spie dazu seinen Tod aus, betörte die von ihm gefangenen Seelen mit unheilvollen und seelenverderbenden Giften, tötete sie, wenig fehlte, mit den todbringenden Opfern toter Götzen und hetzte jedes wilde Tier und jedes Ungeheuer in Menschengestalt gegen uns. Jetzt, nach der genugsamen Erprobung, die die besten Soldaten seines Reiches in allen Lagen mit Ausdauer und Starkmut bestanden, ist der Engel des großen Rates, der große Heerführer Gottes, plötzlich wiederum von neuem erschienen und vertilgte und vernichtete seine Feinde und Widersacher so völlig, daß es schien, als wäre ihr Name nie genannt worden. Seine Freunde und Vertrauten aber erhob er vor allen, nicht nur vor Menschen, sondern auch vor den himmlischen Mächten, vor Sonne, Mond und Sternen, vor dem gesamten Himmel und der gesamten Erde über alle Herrlichkeit. Daher speien jetzt, was noch nie gewesen, die über allen erhabenen Kaiser im Bewußtsein der von ihm empfangenen Würde den toten Götzen ins Gesicht, treten die unheiligen Bräuche der Dämonen mit Füßen, verspotten den alten, von den Vätern ererbten Betrug, anerkennen den, der ihr und aller gemeinsamer Wohltäter ist, als den einen und alleinigen Gott, bekennen Christus, den Sohn Gottes, als den höchsten König aller und nennen ihn auf Säulen Erlöser und zeichnen zur ewigen Erinnerung seine Großtaten und seine Siege über die Gottlosen mitten in jener Stadt, die als Königin über die Erde regiert, mit Königlichen Buchstaben auf. Unser Erlöser Jesus Christus wird so als der einzige von denen, die je gewesen, auch von den höchsten Herren der Erde nicht als gewöhnlicher, von Menschen stammender König bekannt, sondern als wahrer Sohn des Gottes des Alls und selbst Gott angebetet.
Und mit Recht! Denn welcher König hat je solche Berühmtheit erlangt, daß Ohr und Zunge aller Menschen auf Erden voll sind von seinem Namen? Und welcher König hat so fromme und weise Gesetze aufgestellt und Macht genug besessen, sie allen Menschen von den Enden der Erde bis zu den Grenzen der ganzen Welt zur Kenntnis und Anerkennung zu bringen? Wer hat die barbarischen und wilden Sitten roher Völker durch seine milden und freundlichsten Gesetze aufgehoben? Wer hat, ganze Zeitläufte hindurch von allen Seiten bekämpft, die übermenschliche Kraft gezeigt, daß er von Tag zu Tag mehr aufblühte und jung verblieb durch sein ganzes Leben?
Wer hat ein Volk, von dem man nie zuvor etwas gehört hatte, nicht in einem verborgenen Winkel der Erde, sondern über den ganzen Erdenkreis, soweit die Sonne scheint, geschaffen? Wer rüstete seine Soldaten so sehr mit den Waffen der Frömmigkeit aus, daß ihre Seelen in den Kämpfen gegen die Feinde härter als Diamant erschienen? Welcher König ist so stark und befehligt nach dem Tode noch ein Heer und errichtet Siegeszeichen wider die Feinde und füllt bei Griechen und Barbaren jeden Ort, Dorf wie Stadt, mit den Weihegaben seiner Königlichen Paläste und göttlichen Tempel an, wie wir es in den kostbaren Schätzen und Gaben dieses Heiligtums sehen? Erhebend wahrhaftig und groß sind diese Dinge, würdig des Staunens und der Bewunderung, augenfällige Zeugen für die Herrschermacht unseres Erlösers. Auch jetzt „sprach er, und es wurde, gebot er, und es geschah“. Denn was könnte dem Winke des obersten Königs und Führers und des Wortes Gottes selbst widerstehen?
Diese Dinge erforderten eine eigene Rede, wollte man sie sorgfältig und mit Muße betrachten und erklären. So groß und edel indes der Eifer derer war, die hier gebaut, er tritt in den Augen dessen, den wir Gott nennen, an Geltung zurück, wenn dieser auf unser aller lebendigen Tempel sieht und auf den aus lebenden und festen Steinen errichteten Bau achtet, welcher gut und sicher gegründet ist „auf dem Grunde der Apostel und Propheten, und dessen Eckstein Jesus Christus selber ist, den verworfen haben“ nicht nur die Bauleute jenes alten, der nicht mehr währt, sondern auch jene des noch jetzt bestehenden Baues, der die größere Zahl der Menschen umfaßt schlechte Meister schlechter Werke. Der Vater aber hat ihn einst wie jetzt anerkannt und als Eckstein dieser unserer gemeinsamen Kirche aufgestellt. Wer so diesen aus uns selbst aufgebauten lebendigen Tempel des lebendigen Gottes geschaut, ich meine das größte und wahrhaft würdige Gotteshaus, dessen innerstes Heiligtum den Blicken der Maßen verborgen bleibt und wahrhaft heilig und das Allerheiligste ist, könnte der wagen, davon zu erzählen? Wer anderer denn allein der große Hohepriester des Alls, dem einzig das Recht zukommt, die Geheimnisse jeder vernunftbegabten Seele zu erforschen, vermöchte auch nur mit dem Blicke zu dringen in das heilige Gehege? Vielleicht aber ist es noch einem andern, aber ihm allein unter den Männern gleichen Amtes, möglich, die zweite Stelle darin nach Christus einzunehmen, dem Führer hier, der den Vorsitz Führt über diese Schar, den der erste und große Hohepriester selbst mit dem zweiten priesterlichen Range in dieser Kirche ausgezeichnet und den er, nachdem er, Hirte eurer ehrwürdigen Herde, auf Grund der Wahl und Bestimmung des Vaters von eurem Volke Besitz genommen, zu seinem Diener und Dolmetsch gemacht hat. Er ist der neue Aaron oder Melchisedek, dem Schrie Gottes ähnlich geworden, bleibend und von ihm behütet immerdar durch euer aller gemeinsames Beten. Diesem allein soll es nach dem ersten und größten Hohenpriester gestattet sein, wenn nicht an erster, so gleichwohl an zweiter Stelle die tiefsten Geheimnisse eurer Seelen zu schauen und zu beachten. Denn in jahrelanger Erfahrung hat er jeden einzelnen genau erforscht und euch alle mit eifriger Sorgfalt in der Zucht und Lehre der Gottesfurcht unterwiesen. Und mehr als alle vermöchte er über das, was er mit göttlicher Kraft vollbracht, getreu den Tatsachen Bericht zu geben.
Unser erster und großer Hoherpriester sagt: „Was er den Vater tun sieht, tut in gleicher Weise auch der Sohn.“ So erblickt auch er (Paulinus), mit den reinen Augen seines Geistes auf den obersten Lehrer achtend, in dem, was er diesen tun sieht, Urbilder und Vorbilder und schuf hiervon, so gut er konnte, Abbilder in treuester Nachahmung. In keiner Weise steht er jenem Beseleel nach, den Gott selbst mit dem Geiste der Weisheit, der Einsicht und der Geschicklichkeit in Kunst und Wissenschaft erfüllte und berief, daß er ein Heiligtum nach himmlischen Vorbildern erstelle. Ähnlich trug er das Bild des ganzen Christus, des Wortes, der Weisheit, des Lichtes, in seiner Seele. Worte vermögen es nicht zu sagen, mit welch hohem Sinne und mit welch freigebiger und verschwenderischer Haltung, unterstützt durch euer aller Eifer - hochgemut wolltet ihr in edlem Wettbewerb an Beiträgen zu dem gleichen Ziele ihm in nichts nachstehen -, er diesen herrlichen Tempel des höchsten Gottes dem Vorbilde des Besseren, den sichtbaren dem unsichtbaren, in Ähnlichkeit nachschuf. An erster Stelle muß erwähnt werden, daß er diesen durch die hinterlistigen Pläne der Feinde mit Unrat aller Art überschütteten Platz nicht preisgab und der Bosheit derer, die es verübt, nicht wich, trotzdem die Möglichkeit bestand, unter den zahlreichen, günstig gelegenen Plätzen der Stadt einen anderen zu wählen, wodurch die Arbeit erleichtert und Schwierigkeiten erspart geblieben wären. Zuerst rief er sich selbst zu dem Werke auf. Sodann wappnete er durch seinen Eifer das ganze Volk und sammelte aus allen eine mächtige Truppe und begann so den ersten Kampf. Denn er glaubte, daß gerade diejenige Kirche, die von den Feinden bestürmt ward und ehedem viel geduldet, die gleichen Verfolgungen mit uns und vor uns erlitten und einer Mutter glich, die ihre Kinder verloren, auch an den großen Gnaden des Allgütigen in besonderer Weise teilhaben müsse.
Nachdem der große Hirte die wilden Tiere, die Wölfe und jegliche Art grausamer und reißender Bestien vertrieben und die Zähne der Löwen, wie die göttliche Schrift sagt, zermalmt, da wollte er, daß seine Söhne wieder an einem Orte zusammenkämen, und stellte so nach seiner großen Gerechtigkeit den Stall der Herde wieder her, „um den Feind und Bösewicht zu beschämen“ und die gottfeindlichen Pläne der Ruchlosen bloßzustellen. Und jetzt sind sie nicht mehr, die Gotteshasser; denn sie waren niemals. Nur für kurze Zeit haben sie Schrecken verbreitet und Schrecken gelitten, dann leisteten sie der Gerechtigkeit die verdiente Genugtuung und richteten sich, ihre Freunde und ihre Häuser völlig zugrunde. Und damit haben sie die in alter Zeit in heiligen Urkunden aufgezeichneten Weissagungen als glaubwürdig erwiesen, worin das göttliche Wort unter andern Dingen, die es wahrheitsgetreu kündet, von ihnen sagt: „Das Schwert haben die Sünder gezückt, ihren Bogen haben sie gespannt, um den Armen und Dürftigen niederzuwerfen und zu morden, die geraden Herzens sind. Ihr Schwert möge in ihr eigenes Herz dringen und ihr Bogen zerbrochen werden.“ Und wiederum: „Dem Schalle gleich verging ihr Andenken, und ihr Name ward ausgetilgt auf immer und ewig.“ In ihrem Unglück „schrien sie zum Herrn, da niemand war, der sie gerettet hätte; und er hörte nicht auf sie“. „Sie gerieten in Schlingen und fielen, wir aber standen auf und erhoben uns“ Auch die Verheißung „O Herr, in deiner Stadt wirst du ihr Bild vernichten“ hat sich vor den Augen aller Menschen bewahrheitet.
Das war das Ende des Lebens, das die genommen, die nach Gigantenart gegen Gott zu kämpfen versucht. Ihr aber (der Kirche), verlassen und von Menschen aufgegeben, war als Ziel ihres Ausharrens in Gott beschieden, was wir nun mit Augen schauen. Daher ruft ihr die Weissagung des Isaias zu: „Freue dich, dürstende Wüste, es juble die Einöde und erblühe wie eine Lilie! Blühen und jauchzen werden die Wüsten. Erstarket, ihr matten Hände und ihr wankenden Knie! Tröstet euch, ihr Kleinmütigen, seid stark, fürchtet euch nicht! Siehe, unser Gott vergilt im Gerichte und wird vergelten. Er selbst wird kommen und uns erlösen. Denn - so heißt es - Wasser brach hervor in der Wüste, ein Bach in dürstendem Lande; der wasserlose Ort wird zur Wiese, und eine Wasserquelle wird in das dürstende Land fließen.“ Diese Dinge, in Worten einst vorherverkündet und in heiligen Büchern niedergelegt, vernehmen wir nun, da sie sich erfüllt, nicht mehr mit dem Ohre, sondern in den Taten. Diese Wüste, dieser wasserlose Ort, diese Witwe ohne Schutz, „deren Tore sie mit Axten aushieben wie im Baumwald und sie zugleich mit Beil und Hammer“ zerschlugen, deren Bücher sie vertilgten und „das Heiligtum Gottes in Brand steckten und seine Wohnung bis zum Boden entweihten“ „n, sie, „in der alle ernteten, die des Weges kamen, nachdem sie zuvor zerbrochen ihre Zäune, die der Eber aus dem Walde zerwühlt und das Wild der Wüste abgeweidet“, - sie ist durch die wunderbare Kraft Christi nunmehr, da er es so will, gleich einer Lilie geworden. Aber auch die Züchtigung hatte sie ehedem auf seinen, des fürsorgenden Vaters Wink hin erlitten; „denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er; er schlägt aber jeden Sohn, den er aufnimmt“. Nachdem die Kirche so nach Gebühr und mit Maß gezüchtigt ist, erhält sie von oben her wiederum den Befehl, sich zu freuen, und sie blüht auf gleich einer Lilie und atmet göttlichen Wohlgeruch aus über alle Menschen; „denn - so heißt es - es brach in der Wüste Wasser hervor“, der Quell der göttlichen Wiedergeburt im heilbringenden Bade. Und was kurz zuvor noch Wüste war, ist zur Wiese geworden, und eine Quelle lebendigen Wassers ergoß sich über das dürstende Land; die Hände, die ehedem matt, sind in Wahrheit erstarkt, und die Dinge, die wir schauen, sind große und augenfällige Zeugen für die Kraft dieser Hände. Aber auch die einst gebrechlichen und wankenden Knie haben ihre Fähigkeit zu gehen wiedererlangt, so daß sie geraden Weges zur Erkenntnis Gottes wandeln und zur Herde des allgütigen Hirten eilen. Und wenn zufolge der Drohungen der Tyrannen die Seelen mancher ganz und gar erstarrten, auch sie ließ das heilbringende Wort nicht als unheilbar beiseite liegen, es gab ihnen völlige Gesundheit, zum Vertrauen auf Gott sie aufmunternd mit dem Worte: „Tröstet euch, ihr Kleinmütigen, seid stark, fürchtet euch nicht!“
Da dieser unser neuer und trefflicher Zorobabel das Wort, das da verkündete, daß die durch Gottes Fügung einsam gewordene Kirche dieser Güter teilhaftig werden solle, mit dem scharfen Sinne seines Geistes nach jener bitteren Gefangenschaft und dem Greuel der Verwüstung gehört, richtete er das Auge auf die tote Ruine. Zuerst vor allem versöhnte er mit euer aller gemeinsamer Zustimmung den Vater durch Gebete und Bitten, nahm den, der allein von den Toten erwecken kann, zum Mitstreiter und Mitarbeiter, richtete die Gefallene auf, nachdem er sie vom Unrat gereinigt und geheilt, und legte ihr als Gewand nicht das alte Kleid von ehedem an, sondern jenes, das er aus der göttlichen Prophezeiung kannte, die da deutlich spricht: „Und die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste.“
Der ganze Platz, den er sonach für den Bau absteckte, war viel größer (als bei der ersten Kirche). Nach außen befestigte er ihn in seinem ganzen Umfange mit einer ringsum laufenden Mauer, die der ganzen Anlage als sichere Wehr dienen sollte. Ein großer und zur Höhe sich dehnender Torbau, den er den Strahlen der aufgehenden Sonne zu sich öffnen ließ, sollte schon denen, die noch fern und außerhalb der heiligen Umfriedung stehen, in reichem Maße ein Bild dessen bieten, was das Auge im Innern schauen darf. Er wollte damit geradezu die Blicke derer, die dem Glauben noch ferne stehen, auf die ersten Eingänge lenken. Niemand sollte vorübergehen, ohne zuvor beim Gedanken an die einstige Verödung und das erstaunliche Wunderwerk von heute in tiefster Seele ergriffen zu werden. In solcher Ergriffenheit, hoffte er, würde vielleicht mancher sich angezogen fühlen und so seine Schritte auf den bloßen Anblick hin nach dem Eingange lenken.
Wer nun durch die Tore eingegangen, durfte nicht sogleich mit unreinen und ungewaschenen Füßen das Innere des Heiligtums betreten. Er beließ vielmehr zwischen dem Tempel und den ersten Eingängen einen reichlich bemessenen Raum und schmückte diesen ringsum mit vier schräg abgedeckten Hallengängen, die allerseits auf Säulen ruhen, den Platz im Geviert umgebend Den Raum zwischen Säule und Säule schloß er bis zu mäßiger Höhe mit hölzernem Gitterwerk. Die mittlere Fläche der Anlage aber beließ er als offenen Platz, wo man den Himmel sehen kann, helle Luft ihr gewährend und sie freigebend für die Strahlen des Lichtes. Hier stellte er Symbole heiliger Reinigungen auf, indem er dem Tempel gegenüber Brunnen errichten ließ, die in reichlich strömender Flut denen, die nach dem Inneren der heiligen Umfriedung vorschreiten, Reinigung bieten.
Dieser Ort, an dem die Eintretenden zuerst verweilen, dient dem Ganzen zugleich zu Schmuck und Zier und denen, die der ersten Einführung (in den Glauben) bedürfen, zu schicklichem Aufenthalt. Den Anblick, den diese Teile gewähren, noch überbietend, brachte er an dem zuinnerst gelegenen und breiteren Hallengange, weit sich öffnend, die Zugänge zum Tempel an, indem er unter den Strahlen der Sonne noch einmal drei Pforten nebeneinander errichtete, von denen die mittlere die beiden seitlichen an Höhe und Breite weit übertreffen sollte. Er schmückte sie auch, um sie auszuzeichnen, mit Bronzeplatten, die mit Eisen befestigt wurden, und buntem Zierat in erhabener Arbeit und gab ihr, der Königin, die beiden anderen gleichsam als Trabanten zur Seite. Und im gleichen Sinne ordnete er auch, entsprechend der bei den Torbauten festgelegten Zahl, die Hallengänge zu beiden Seiten des Tempelhauptraumes an und ersann in der Höhe darüber, damit weiteres und reichlicheres Licht in das Gebäude eindringe, verschiedene Öffnungen und schmückte sie zierlich mit feiner Holzarbeit.
Das Königshaus aber stattete er mit noch reicherem und vornehmerem Material aus, in verschwenderischem Eifer der Kosten nicht achtend. Ich halte es indessen für überflüssig, die Länge und Breite des Gebäudes hier zu beschreiben und zu schildern die strahlende Schönheit, die der Worte spottende Größe, den blendenden Anblick der Arbeiten, die zum Himmel strebende Höhe und, darüber lagernd, die kostbaren Zedern des Libanon, deren auch die göttliche Schrift zu erwähnen nicht vergaß, indem sie sagt „Freuen werden sich die Bäume des Herrn und die Zedern des Libanon, die er gepflanzt.“ Was soll ich jetzt einläßlich reden von der vollendeten Weisheit und Kunst, mit der das Ganze angeordnet, und von der überwältigenden Schönheit der einzelnen Teile, da das Zeugnis des Auges eine Belehrung durch das Ohr erübrigt?
Nachdem er so den Tempel vollendet, stattete er ihn zur Ehrung der Vorsteher mit hocherhabenen Thronen und überdies, in geziemender Reihe und Ordnung, mit Bänken für die Gesamtheit (des Klerus) aus und stellte zu allem hin in der Mitte als Allerheiligstes den Altar auf. Auch diesen Teil schloß er, damit die Menge ihn nicht betrete, durch hölzernes Gitterwerk ab, in erlesenster Feinarbeit ausgeführt, ein wunderbarer Anblick für alle, die es sehen. Auch dem Fußboden entzog er sein Augenmerk nicht. Und so lieh er ihm durch allerlei Zierat in Marmor leuchtenden Schmuck. Sodann wandte er sich jetzt dem Äußeren des Tempels zu. Er ließ zu beiden Seiten in kunstvoller Weise Chöre und Räume von beträchtlichem Ausmaße anbringen, die an den Seiten dem Hauptbau zu einem Ganzen angegliedert und mit den zum Mittelbau Führenden Eingängen verbunden sind und von unserem friedliebenden Salomon, dem Erbauer des Gotteshauses, für jene errichtet wurden, die noch der Reinigung und Besprengung mit Wasser und dem Heiligen Geiste bedürfen. So ist die oben erwähnte Weissagung nicht mehr leeres Wort, sie ist zur Tat geworden. Denn es ward und ist jetzt wahrhaftig „die letzte Herrlichkeit dieses Hauses größer als die erste“.
Nachdem ihr Hirt und Herr einmal den Tod für sie erlitten und nach seinem Leiden den niedrigen Leib, in den er sich um ihretwillen gekleidet, in einen glänzenden und herrlichen verwandelt und das Fleisch selbst von der Verweslichkeit befreit und zur Unverweslichkeit geführt, so war es notwendig und entsprechend, daß auch sie an den Früchten der Erlösung in gleicher Weise teilhabe. Hat sie doch darüber hinaus eine noch viel bessere Verheißung von ihm erhalten und sehnt sich, die noch viel größere Herrlichkeit der Wiedergeburt in der Auferstehung eines unverweslichen Leibes mit dem Chore der Lichtengel in dem überhimmlischen Reiche Gottes in der Vereinigung mit Jesus Christus selbst, dem Allwohltäter und Erlöser, dauernd und für die künftigen Zeiten zu empfangen. Indessen ist die Kirche, die einst verwitwet und vereinsamt war, schon jetzt durch die Gnade Gottes mit diesen Blumen geschmückt und gemäß der Prophezeiung in Wahrheit gleich einer Lilie geworden. Sie hat wiederum das Brautkleid angezogen und den Kranz der Schönheit aufgesetzt. Hören wir ihre eigenen Worte, womit sie Isaias in feierlichem Reigen und preisender Rede Gott, dem Könige, Dank sagen lehrt. Sie spricht: „Meine Seele jauchze im Herrn! Denn er hat mir das Gewand des Heiles und das Kleid der Freude angelegt. Wie einem Bräutigam hat er mir einen Kranz aufgesetzt und wie eine Braut mit Geschmeide mich geschmückt. Und wie die Erde ihre Blumen hervorbringt und der Garten den Samen, der ihm anvertraut, aufgehen läßt, so ließ Gott, der Herr, Gerechtigkeit und Freude vor allen Völkern ersprossen“ So jubelt die Kirche. Mit welchen Worten aber der Bräutigam, das himmlische Wort, Jesus Christus selbst, ihr antwortet, darüber vernimm den Herrn, der da spricht: „Fürchte dich nicht, weil du beschimpft, und bekümmere dich nicht, weil du geschmäht wurdest! Denn der langen Schmach wirst du vergessen und nicht mehr der Schande deiner Witwenschaft gedenken. Nicht als ein verlassenes und kleinmütiges Weib hat dich der Herr berufen und nicht als ein Weib, gehaßt von Jugend an. Es sprach dein Gott: Nur für eine kurze Zeit habe ich dich verlassen, und in großer Barmherzigkeit werde ich mich deiner erbarmen. Nur in kurzem Zorne habe ich mein Angesicht von dir abgewandt, und in ewiger Barmherzigkeit werde ich mich deiner erbarmen. So sprach der Herr, der dich erlöste“ „Erwache, erwache, die du aus der Hand des Herrn den Kelch seines Zornes getrunken! Denn den Kelch des Verderbens, den Becher meines Zornes hast du getrunken und geleert. Und es war keines von allen deinen Kindern, die du geboren, das dich getröstet, und keines, das deine Hand ergriffen hätte. Siehe, ich nahm aus deiner Hand den Kelch des Verderbens, den Becher meines Zornes, und nicht mehr sollst du ihn fürder trinken. Ich werde ihn in die Hände derer geben, die dir Unrecht getan und dich erniedrigt haben. Erwache, erwache, bekleide dich mit Kraft, bekleide dich mit deiner Herrlichkeit! Schüttle ab den Staub und erhebe dich! Setze dich und löse die Fesseln deines Nackens!“ - „Erhebe im Umkreis deine Augen und siehe deine Kinder versammelt! Siehe, sie haben sich versammelt und sind zu dir gekommen! So wahr ich lebe, spricht der Herr, sie alle sollst du anziehen wie einen Schmuck und anlegen wie das Geschmeide einer Braut. Deine Oden, deine Trümmer und deine Ruinen werden nun zu eng sein für deine Bewohner, und die dich verheeren, werden weit von dir entfernt werden. Denn deine Söhne, die du verloren hast, werden dir ins Ohr sagen: Zu eng ist mir der Platz, schaffe mir Platz, daß ich wohnen kann! Und du wirst in deinem Herzen sagen: Wer erzeugte mir diese? Ich war kinderlos und Witwe. Wer zog sie mir groß? Ich war allein und verlassen. Wo waren mir diese?“ Das hat Isaias vorausgesagt, das ward vor sehr langer Zeit über uns in heiligen Büchern aufgezeichnet. Wir aber sollten die Untrüglichkeit dieser Worte nun endlich durch die Taten erkennen. Denn da der Bräutigam, das Wort, seine Braut, die heilige und reine Kirche, also anredete, streckte der Brautführer hier auf euer aller gemeinsame Bitten hin billig eure Hände aus und erweckte und erhob sie, die verlassen und als Leichnam darniederlag, von Menschen aufgegeben, nach dem Winke Gottes, des höchsten Königs, und durch die Offenbarung der Kraft Jesu Christi. Und nachdem er sie erhoben, stattete er sie aus, wie ihn die Niederschrift der heiligen Weissagungen lehrte.
Ein sehr großes Wunder, das nicht genug angestaunt werden kann, ist dies in der Tat, insbesondere für jene, die ihr Augenmerk nur auf die Erscheinung der äußeren Dinge richten. Wunderbarer aber als Wunder sind die Urbilder, die geistigen Vorbilder und gotteswürdigen Musterbilder dieser Dinge, ich meine die Erneuerung des göttlichen und vernünftigen Baues in unsern Seelen. Diesen hat der Sohn Gottes selbst nach seinem eigenen Bilde erschaffen und in allem und in jeder Beziehung mit Gottähnlichkeit ausgerüstet. Er hat ihn zu einem unvergänglichen, unkörperlichen, vernünftigen, von jeder irdischen Materie freien Wesen von eigener Geistigkeit und, sobald er ihn aus dem Nichtsein ins Sein gerufen, alsogleich zu einer reinen Braut und einem allheiligen Tempel für sich und seinen Vater gemacht. Das lehrt er selber deutlich, wenn er bekennt und spricht: „Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“
So ist die vollkommene und gereinigte Seele von Anfang an so geschaffen, daß sie das Bild des himmlischen Wortes in sich trug. Aber durch den Neid und die Eifersucht des Dämons, der das Böse liebt, gab sie sich aus eigener freier Wahl der Leidenschaft und dem Bösen hin und war - wie sich deutlich erwies -, da sich Gott von ihr zurückzog, des Beschützers beraubt, leicht zu bewältigen und erlag rasch den Nachstellungen derer, die sie schon längst beneideten. Durch die Sturmwerkzeuge und Anschläge der unsichtbaren Feinde und geistigen Widersacher niedergeworfen, war ihr Sturz so gewaltig, daß von ihrer Tugend so gut wie kein Stein auf dem andern in ihr verblieb, und sie, der natürlichen Begriffe von Gott völlig beraubt, gänzlich tot am Boden lag. Die also Gefallene, die nach Gottes Bild geschaffen ward, hat nicht der Eber verwüstet, der aus den für uns sichtbaren Wäldern hervorbricht, sondern ein Verderben stiftender Dämon und vernunftbegabte Bestien, die sie unvermerkt durch die Leidenschaften, diese glühenden Pfeile ihrer Bosheit, in Flammen setzten und das wahrhaft göttliche Heiligtum Gottes im Feuer verbrannten und das Zelt seines Namens entweihten bis zum Erdboden. Sodann verscharrten sie die Unglückliche in einem großen Haufen herbeigeschaffter Erde und benahmen ihr alle Hoffnung auf Rettung. Doch ihr Beschützer, das gotterleuchtete und heilbringende Wort, stellte sie, nachdem sie die gebührende Strafe für ihre Sünden erlitten, von neuem wieder her, gehorsam der Menschenfreundlichkeit des allgütigen Vaters.
Zuerst erkor es sich die Seelen der obersten Machthaber und reinigte mit Hilfe dieser gottgeliebten Männer den ganzen Erdkreis von allen gottlosen und verderblichen Menschen und von den grausamen und gottverhaßten Tyrannen selbst. Sodann Führte es die ihm wohlbekannten Männer, die vorher schon für all ihr Leben sich ihm geweiht und, wie bei wildem Gewittersturm, im Verborgenen unter seiner Obhut Schutz gefunden, ans Licht und ehrte sie in gebührender Weise mit den herrlichen Gaben des Vaters. Durch sie reinigte und säuberte es mittels der eindringlichen Unterweisungen in seiner Lehre wie mit Spaten und Hacke die Seelen, die kurz zuvor noch mit dem mannigfachen Schutt und Unrat gottloser Verordnungen beschmutzt und überschüttet waren. Und nachdem es so den Ort euer aller Herzen rein und glänzend gestaltet, übergab es ihn dem allweisen und gottgeliebten Führer. Dieser, mit gutem Blick und Urteil in allem ausgestattet, weiß die Gesinnungen der ihm anvertrauten Seelen sehr wohl zu erkennen und zu unterscheiden. Vom ersten Tage an bis heute hat er sozusagen nie aufgehört zu bauen und fügt euch allen bald glänzendes Gold, bald lauteres und reines Silber, bald kostbare und wertvolle Steine ein, so daß sich wiederum eine heilige und geheimnisvolle Weissagung in den Taten an euch erfüllt, in der es „Siehe, ich bereite dir deinen Stein von Karfunkel, deine Grundmauern von Saphir, deine Zinnen von Jaspis, deine Tore von Kristall, deine Umfassung von Edelgestein, deine Söhne alle zu Gottbelehrten und deine Kinder zu Fülle des Friedens; und in Gerechtigkeit wirst du erbaut werden.“
Er baute in der Tat in Gerechtigkeit und teilte das ganze Volk nach Gebühr gemäß den Kräften, die den einzelnen eigen. Die einen umgab er mit der äußeren Umfassungsmauer, und dieser allein, d. h. er wappnete sie mit dem unfehlbaren Glauben - das war die übergroße Menge des Volkes, unfähig, einen stärkeren Bau zu tragen. Anderen wies er die Eingänge zum Hause zu mit dem Auftrage, an den Toren zu stehen und die Eintretenden an ihre Plätze zu Führen. Diese könnte man passend als Torwege zum Tempel bezeichnen. Andere stützte er mit den ersten äußeren Säulen, die im Geviert um den Hof laufen, indem er ihnen das erste Verständnis der vier Evangelien beibrachte. Wieder andere sollten ihren Platz bereits zu beiden Seiten des Königshauses haben. Es sind die Katechumenen, noch im Zustand des Wachsens und Fortschritts befindlich, gleichwohl aber nicht mehr weit entfernt vom Schauen der innersten Geheimnisse, das den Gläubigen gegönnt ist. Aus diesen nimmt er sodann die reinen Seelen, die durch das göttliche Bad gleich Gold geläutert wurden, und stützt die einen mit Säulen, die viel stärker sind als diese ganz äußeren, nämlich mit den innersten geheimnisvollen Lehren der Schrift, und erleuchtet die andern aus den für das Licht bestimmten Öffnungen.
Den ganzen Tempel schmückte er mit einem mächtigen Torbau, dem Preise des einen und einzigen Gottes und obersten Königs, wobei er zu beiden Seiten der unumschränkten Macht des Vaters Christus und den Heiligen Geist als die zweiten Strahlen des Lichtes setzte. Und letztlich zeigte er durch das ganze Haus hin reichlich und ganz vortrefflich den Glanz und die Helle der Wahrheit, die in jedem ist, überall und von allen Seiten her die lebendigen und starken und festen Steine der Seelen einfügend. So erstellt er aus allen das große und Königliche Haus, strahlend und des Lichtes voll innen und außen. Denn nicht nur Seele und Geist, auch der Leib ward geschmückt mit der blütenreichen Zier der Keuschheit und Sittsamkeit.
In diesem Heiligtume stehen auch Throne und Bänke und Sitze sonder Zahl, so viel der Seelen sind, in denen die Gaben des göttlichen Geistes sich niedergelassen, wie sie vor langer Zeit den heiligen Aposteln und denen, die mit ihnen waren, „erschienen“. Es zeigten sich ihnen „zerteilte Zungen wie Feuer, und es ließ sich auf jeden von ihnen nieder“. In dem obersten Vorsteher aber wohnt dem Rechte gemäß Christus in ganzer Fülle, in denen, die den zweiten Rang nach ihm einnehmen, entsprechend der Fassungskraft eines jeglichen, in Gaben der Macht Christi und des Heiligen Geistes. Auch möchten die Seelen dieses und jenes Sitze von Engeln sein, derer nämlich, denen sie je zu Lehre und Obhut gegeben. Und was sollte der ehrwürdige und große und einzige Altar anderes sein als das fleckenlose Allerheiligste der Seele des gemeinsamen Priesters aller? Ihm zur Rechten steht der große Hohepriester des Alls, Jesus selbst, der Eingeborene Gottes, und nimmt von allen den wohlriechenden Weihrauch und die unblutigen und geistigen Opfer der Gebete mit heiterem Blick und offenen Händen entgegen und übergibt sie dem himmlischen Vater und dem Gott des Alls, indem er zuerst selbst ihn anbetet und allein dem Vater die schuldige Verehrung erweist, dann aber ihn bittet, daß er uns allen für immer gnädig und wohlwollend bleibe.
Das ist der große Tempel, welchen der große Schöpfer des Weltalls, das Wort, über den ganzen Erdkreis unter der Sonne errichtet und worin er hienieden zugleich ein geistiges Abbild dessen geschaffen, was jenseits des Himmelsgewölbes ist, damit sein Vater durch die ganze Schöpfung und alle vernünftigen Wesen verehrt und angebetet werde. Kein Sterblicher vermag nach Gebühr zu preisen das Land über den Himmeln, die dort ruhenden Urbilder der irdischen Dinge, das obere Jerusalem, wie es genannt wird, den himmlischen Berg Sion und die überirdische Stadt des lebendigen Gottes, in der zahllose Chöre von Engeln und die Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel eingeschrieben sind, ihren Schöpfer und den obersten Lenker des Weltalls in göttlichen Gesängen, die für uns unaussprechlich und unbegreiflich sind, verherrlichen. Denn „kein Auge hat gesehen und kein Ohr hat gehört und in keines Menschen Herzen ist gekommen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“. Da wir indes dieser Dinge teilweise jetzt schon gewürdigt wurden, so wollen wir alle zusammen, Männer samt Weibern und Kindern, klein und groß, in einem Geiste und einer Seele unaufhörlich den Urheber dieser großen uns gewordenen Gnaden lobpreisen und verherrlichen; denn „er vergibt alle unsere Sünden, heut alle unsere Krankheiten, errettet unser Leben vom Untergang, krönt uns mit Erbarmen und Gnade, erfüllt unser Verlangen mit Gütern; denn nicht handelte er an uns nach unseren Sünden, nicht vergalt er uns nach unseren Missetaten. Denn so weit der Aufgang vom Untergange entfernt ist, so weit hat er unsere Sünden von uns entfernt. Wie sich ein Vater seiner Söhne erbarmt, so erbarmte sich der Herr derer, die ihn fürchten“
Diese Dinge wollen wir jetzt und für alle Zukunft lebendig im Gedächtnisse verwahren! Bei Tag und bei Nacht, zu jeder Stunde und gewissermaßen bei jedem Atemzuge wollen wir den Urheber und Leiter der gegenwärtigen Versammlung und dieses freudigen und glänzenden Tages im Geiste vor Augen haben, mit ganzer Kraft der Seele ihn hebend und verehrend! Und nun lasset uns aufstehen und ihn mit lauter, von Herzen kommender Stimme bitten, daß er uns in seinem Schafstalle bis ans Ende beschütze und bewahre und uns seinen ewigen Frieden fest und unerschütterlich schenke in Jesus Christus, unserem Erlöser, durch den ihm die Ehre sei in alle Ewigkeit. Amen.
5. Wohlan, so lasset uns nun auch die aus dem Lateinischen übersetzten kaiserlichen Erlasse des Konstantin und Licinius Anführen
Abschrift der kaiserlichen Erlasse, aus dem Lateinischen übersetzt.
„In der Erkenntnis, daß die Religionsfreiheit nicht verwehrt werden dürfe, daß es vielmehr einem jeden gemäß seiner Gesinnung und seinem Willen verstattet sein solle, nach eigener Wahl sich religiös zu betätigen, haben wir bereits früher Befehl erlassen, auch den Christen das Schutzversprechen für ihre Gemeinschaft und ihren Kult sorgfältig angedeihen zu lassen Da aber in jenem Reskripte, worin ihnen diese Freiheit zugestanden wurde, viele und verschiedenartige Bedingungen ausdrücklich beigefügt erschienen, so ließen sich vielleicht manche von ihnen nach kurzer Zeit von solcher Beobachtung abdrängen. Da wir, ich, Konstantinus Augustus, und ich, Licinius Augustus, durch glückliche Fügung nach Mailand gekommen und all das, was dem Volke zu Nutz und Vorteil gereiche, erwogen, so haben wir unter den übrigen Verfügungen, die dem Interesse der Allgemeinheit dienen sollten, oder vielmehr zuvörderst, den Erlaß jener Verordnungen beschlossen, die sich auf die Achtung und Ehrung des Göttlichen beziehen, um den Christen und allen Menschen freie Wahl zu geben, der Religion zu folgen, welcher immer sie wollten. Es geschah dies in der Absicht daß jede Gottheit und jede himmlische Macht, die es je gibt, uns und allen, die unter unserer Herrschaft leben, gnädig sein möge.
In gesunder und durchaus richtiger Erwägung haben wir so diesen Beschluß gefaßt, daß keinem Menschen die Freiheit versagt werden solle, Brauch und Kult der Christen zu befolgen und zu erwählen, daß vielmehr jedem die Freiheit gegeben werde, sein Herz jener Religion zuzuwenden, die er selbst für die ihm entsprechende erachtet, auf daß uns die Gottheit in allem die gewohnte Fürsorge und Huld schenken möge. Demzufolge geben wir in einem Reskripte als unseren Willen kund, daß die Bedingungen, welche bezüglich der Christen unserem früheren Schreiben an deine Ergebenheit beigefügt waren, völlig aufgehoben und alles beseitigt werde, was als gänzlich verkehrt und unserer Milde widersprechend erschien, und daß fernab ein jeglicher aus denen, die eben diese Wahl getroffen, nämlich die Religion der Christen zu bekennen, dies frei und ohne weiteres ohne irgendwelche Belästigung üben solle. Und wir haben beschlossen, diese Maßnahmen deiner Sorgsamkeit in vollem Umfange kundzutun, damit du wissest, daß wir eben den Christen ungehinderte und uneingeschränkte Freiheit in Ausübung ihrer Religion verliehen. Da du nun siehst, daß den Christen dieses Recht in uneingeschränktem Maße von uns eingeräumt wurde, so wird das deine Sorgsamkeit dahin verstehen, daß damit auch andern Erlaubnis gegeben sei, die religiösen Bräuche ihrer eigenen Wahl zu beobachten. Ist es doch offensichtlich der Ruhe unserer Zeit angemessen, daß jeder Freiheit habe, gemäß seinem Willen eine Gottheit zu erwählen und sie zu verehren. Dies haben wir verfügt, damit es nicht den Anschein erwecke, als würde irgendein Kult oder irgendeine Religion durch uns Hintansetzung erfahren.
Bezüglich der Christen bestimmen wir weiterhin, daß jene Stätten, an denen sie ehedem zusammenzukommen pflegten und über die ehedem in dem früheren Schreiben an deine Ergebenheit schon eine Verfügung getroffen ward, (daß jene Stätten) von denen, die sie nachweislich von unserer Kammer oder von anderer Seite käuflich erworben, unentgeltlich und ohne Rückforderung des Kaufpreises, ohne Zögern und Zaudern, an die Christen zurückerstattet werden. Auch wer solche Stätten geschenkweise erhalten, soll sie so schnell als möglich denselben Christen zurückgeben. Jene aber, die von unserer Hochherzigkeit irgendeine Vergütung hierfür erbitten, mögen sich, ob sie nun auf dem Wege des Kaufes oder der Schenkung Eigentümer geworden, an den am Ort rechtsprechenden Statthalter wenden, damit auch sie die Fürsorge unserer Milde erfahren. All das muß so durch dein Bemühen an die Körperschaft der Christen überwiesen werden. Und da eben diese Christen, wie bekannt, nicht nur jene Orte, an denen sie zusammenzukommen pflegten, sondern auch noch andere Stätten im Besitz hatten, die nicht dem einzelnen unter ihnen gehörten, sondern rechtliches Eigentum ihrer Körperschaft, d. i. der Christen, waren, so wirst du den Befehl erlassen, daß diese insgesamt ohne jeden Widerspruch auf Grund des oben angeführten Gesetzes den Christen, d. i. ihrer Körperschaft und den Versammlungen, zurückerstattet werden, und zwar, wie sich versteht, unter Beachtung der erwähnten Bestimmung, daß diejenigen, die diese Stätten unentgeltlich, wie gesagt, zurückstehen müssen, durch unsere Hochherzigkeit dafür Entschädigung zu erhoffen haben.
Bei all dem sollst du deine Aufmerksamkeit nach besten Kräften der genannten Körperschaft der Christen zuwenden, damit unser Befehl schleunigst durchgeführt und so durch unsere Milde auch nach dieser Richtung für die allgemeine und öffentliche Ruhe gesorgt werde. Auf diese Weise möge uns, wie oben gesagt, das göttliche Wohlwollen, das wir schon bei vielen Gelegenheiten erfahren, für alle Zeit fest erhalten bleiben! Damit aber der Inhalt dieses von uns in hochherziger Gesetzgebung erlassenen Gesetzes zur Kenntnis aller gelange, ist es notwendig, daß dieses unser Schreiben deiner Verfügung voranstehend überall angeschlagen und allen kundgegeben werde, und so die Verfügung, in der diese unsere Hochherzigkeit sich ausspricht, niemand verborgen bleibe.“
Abschrift einer anderen kaiserlichen Verordnung, die er ebenfalls erlassen und worin er zum Ausdruck brachte, daß nur der katholischen Kirche die Vergünstigung zuteil geworden.
„Sei gegrüßt, hochgeschätzer Anylinus! Es entspricht dem Wesen unserer Liebe zum Guten, hochgeschätzter Anylinus, daß gemäß unserem Willen das, was einem anderen rechtlich gehört, nicht nur nicht angetastet, sondern auch zurückerstattet werde. Daher befehlen wir, daß du nach Empfang dieses Schreibens dafür sorgest, daß jene Güter, welche der katholischen Kirche der Christen in den einzelnen Städten oder an anderen Orten gehörten, nun aber sich im Besitze von Bürgern oder anderen Personen befinden, alsbald eben den Kirchen zurückgegeben werden; denn es ist unser Wunsch, daß das, was diese Kirchen früher besessen haben, ihrer Gerechtsame wieder zuerkannt werde. Da nun deine Ergebenheit sieht, daß die Anordnung dieses unseres Befehles klar und bestimmt lautet, so trage Sorge, daß Gärten und Häuser und alles, was sonst noch zum rechtlichen Besitz der Kirche gehörte, ihnen samt und sonders so schnell wie möglich zurückerstattet werde, damit wir erfahren mögen, daß du dieser unserer Anordnung eifrigsten Gehorsam geleistet. Lebe wohl, hochgeschätzter und teuerster Anylinus!“
Abschrift eines kaiserlichen Briefes, durch den er eine Versammlung von Bischöfen in Rom anordnet zum Zwecke der Einheit und Eintracht der Kirchen.
„Konstantinus Augustus an Miltiades, den Bischof der Römer, und an Markus. Da von Anylinus, dem erlauchten Prokonsul Afrikas, mehrere derartige Schriftstücke mir zugesandt wurden, aus denen hervorgeht, daß Cäcilianus, der Bischof der Stadt der Karthager, von einigen seiner Amtsgenossen in Afrika vieler Dinge beschuldigt werde, und da es mir als äußerst schwerwiegende Sache erscheint, daß in diesen sehr bevölkerten Provinzen, welche die göttliche Vorsehung meiner Ergebenheit ohne mein Zutun anvertraut, das Volk, in Spaltung begriffen, auf schlimmem Wege sich befindet und die Bischöfe unter sich uneins sind, so dünkte es mich gut, daß Cäcilianus selbst mit zehn Bischöfen aus den Reihen seiner Ankläger und zehn anderen, die er nach eigenem Urteil für seine Sache als nötig erachtet, sich nach Rom einschiffe, auf daß er dort vor euch sowie vor Reticius, Maternus und Marinus, euren Amtsgenossen, denen ich Befehl erteilte, zu diesem Zwecke nach Rom zu eilen, einem Verhör unterzogen werde. Ihr sollt genauen Einblick gewinnen, um dem verehrungswürdigsten Gesetze zu entsprechen. Damit ihr euch aber über die ganze hier vorliegende Frage vollkommen unterrichten könnet, habe ich Abschriften der von Anylinus mir zugeschickten Schriftstücke meinem Briefe beigefügt und sie an euere oben genannten Amtsgenossen abgesandt. Wenn eure Strenge sie liest, wird sie ermessen, auf welche Weise die erwähnte Streitsache gewissenhaft zu untersuchen und nach Gerechtigkeit beizulegen sei. Denn eurer Sorgfalt ist es keineswegs verborgen, welch große Ehrfurcht ich der anerkannten katholischen Kirche zolle und daß ich daher nicht will, daß auch nur eine Spur von Spaltung oder Uneinigkeit an irgendwelchem Orte durch euch belassen werde. Die Göttlichkeit des großen Gottes möge euch, Hochgeehrter, erhalten auf viele Jahre!“
Abschrift eines kaiserlichen Briefes, durch den er eine zweite Versammlung zwecks Beseitigung jeglicher Uneinigkeit unter den Bischöfen anordnet.
„Konstantinus Augustus an Chrestus, den Bischof von Syrakus. Früher schon, da einige in schlimmer und verkehrter Weise anfingen, bezüglich der Ehrfurcht gegenüber der heiligen und himmlischen Kraft und der katholischen Religion Spaltungen hervorzurufen, hatte ich in dem Wunsche, solche Streitigkeiten unter ihnen zu beenden, den Befehl gegeben, daß nach Entsendung einiger gallischer Bischöfe und nach Vorladung der in Afrika sich gegenseitig scharf und ständig bekämpfenden Parteien in Gegenwart des römischen Bischofs durch ihre Anwesenheit die strittige Frage nach allseitiger und genauer Prüfung ihre Erledigung finde. Wie es aber zu geschehen pflegt, Führen einige unter Vernachlässigung ihres eigenen Heiles und der der heiligsten Religion schuldigen Verehrung ihre privaten Feindseligkeiten auch jetzt noch weiter und wollen sich dem bereits gefällten Urteile nicht fügen. Sie behaupten, daß nur einige wenige Bischöfe ihre Meinung und ihr Gutachten abgegeben hätten oder ohne vorherige genaue Prüfung aller notwendigen Fragen allzu rasch und hitzig zur Fällung des Urteils geschritten wären. Und da als Folge von all dem geschieht, daß sich eben jene, die brüderliche und einträchtige Gesinnung haben sollten, in schmählicher, ja abscheulicher Weise voneinander trennen und den Menschen, deren Seelen dieser heiligsten Religion ferne stehen, Anlaß zum Gespötte geben, so mußte ich Vorsorge treffen, daß das, was nach dem bereits gefällten Urteile durch freiwillige Zustimmung hätte beendet werden sollen, nun in Anwesenheit vieler beigelegt werde. Nachdem wir so Befehl gegeben, daß eine sehr große Anzahl von Bischöfen aus verschiedenen und unsäglich vielen Orten bis zum ersten August in der Stadt Arles zusammenkomme, so glaubten wir auch dir schreiben zu sollen, daß du von dem vorzüglichen Latronianus, dem Siziliens, ein Staatsgefährt entgegennehmest und dich mit zwei von dir selbst gewählten Würdenträgern zweiten Ranges und drei Dienern, geeignet, euch auf dem Wege zu betreuen, innerhalb des bestimmten Termines an dem erwähnten Orte einfindest. Durch deine Strenge und die einträchtige und einmütige Weisheit der übrigen, die da zusammengekommen, möge sodann der Zwist, der in recht häßlichem Bruderstreit in übler Weise bis zur Stunde andauert, nach Anhörung all dessen, was von den streitenden Parteien, deren Erscheinen wir ebenfalls angeordnet, zu sagen gewünscht wird, wenn auch langsam, der rechten Religion, dem rechten Glauben und der brüderlichen Eintracht weichen. Möge der allmächtige Gott dich gesund erhalten auf viele Jahre!“
6. Abschrift eines kaiserlichen Briefes, durch den er den Kirchen Gelder zuweist.
„Konstantinus Augustus an Cäcilianus, den Bischof von Karthago. Da es mir gefallen, in allen Provinzen, namentlich in Afrika, Numidien und Mauretanien, an gewisse näher bezeichnete Diener der anerkannten und heiligsten katholischen Religion zur Bestreitung ihrer Ausgaben Zuschüsse zu verabreichen, so habe ich an Ursus, den hochangesehenen Finanzverwalter Afrikas, ein Schreiben gerichtet und ihn angewiesen, daß er an deine Strenge die Auszahlung von 3000 Folles verfüge. Du aber erteile, wenn du die Aushändigung der erwähnten Summe veranlaßt, die Weisung, daß diese Gelder an alle die oben genannten Männer gemäß dem von Hosius dir übermittelten Verzeichnisse verteilt werden. Solltest du aber merken, daß die Summe zur Erfüllung dieses meines Willens ihnen allen gegenüber nicht genüge, dann magst du den Betrag, den du noch für notwendig erachtest, unbedenklich von Heraklid, unserem Domänenverwalter, anfordern. Ich habe ihn nämlich mündlich beauftragt, falls deine Strenge Geld von ihm erbitte, unverzüglich die Auszahlung zu verfügen.
Da ich ferner erfahren habe, daß einige Leute unsteten Sinnes das Volk der heiligsten und katholischen Kirche durch schlimme Täuschung irreführen wollen, so wisse, daß ich den Prokonsul Anylinus und den Vizepräfekten Patrizius mündlich dahin beauftragt, daß sie zu allem andern hin vor allem auch darauf gebührend ihr Augenmerk richteten und es nicht wagten, über solches Unterfangen hinwegzusehen. Wenn du demnach wahrnimmst, daß gewisse Menschen dieser Art in ihrem Wahnsinn beharren, so wende dich ohne Bedenken an die erwähnten Richter und trage die Sache vor, auf daß sie entsprechend der mündlichen Weisung, die ich ihnen gegeben habe, solche Leute zur Umkehr veranlassen. Die Göttlichkeit des großen Gottes möge dich erhalten auf viele Jahre!“
7. Abschrift eines kaiserlichen Briefes, durch den er die Befreiung der Kirchenvorsteher von allen öffentlichen Dienstleistungen anordnet.
„Sei gegrüßt, hochgeschätzter Anylinus! Da aus einer Reihe von Tatsachen offenbar ist, daß die Mißachtung der Religion, in der die höchste Ehrfurcht vor der heiligsten, himmlischen Macht gehegt wird, für den Staat große Gefahren hervorgerufen, ihre gesetzliche Wiederherstellung und Pflege dagegen dem römischen Namen größtes Glück und in alle menschlichen Verhältnisse durch Wirkung der göttlichen Gnade besonderen Segen gebracht hat, so erschien es gut, hochgeschätzter Anylinus, daß jene Männer, die mit der schuldigen Heiligkeit und in Befolgung dieses Gesetzes ihre Dienste der Pflege der heiligen Religion widmen, Entlohnung für ihre Arbeit empfangen sollen. Es ist darum mein Wille, daß jene Männer, die innerhalb der dir anvertrauten Provinz in der katholischen Kirche, der Cäcilianus vorsteht, ihre Dienste dieser heiligen Religion widmen, und die sie Kleriker zu nennen pflegen, von allen staatlichen Dienstleistungen ein für allemal völlig frei bleiben sollen, damit sie nicht durch einen Irrtum oder eine unheilige Entgleisung von dem der Gottheit schuldigen Dienste abgezogen werden, sondern ohne alle Beunruhigung nur ihrem eigenen Gesetze Folge leisten. Bringen sie doch sichtlich dadurch, daß sie ihres höchsten Amtes gegenüber der Gottheit walten, unermeßlichen Segen über den Staat. Lebe wohl, hochgeschätzter und teuerster Anylinus! „
8. Der Art also sind die Gaben, die uns die göttliche und himmlische Gnade der Erscheinung unseres Erlösers geschenkt, das die Fülle von Gütern, die allen Menschen durch den uns gegebenen Frieden zuteil geworden. Und dieses unser Glück wurde in frohen Festen und Versammlungen gefeiert. Aber der neidische Dämon, der das Gute haßt und das Böse liebt, konnte den Anblick dieses Schauspieles nicht ertragen. Und so vermochte das Schicksal der oben erwähnten Tyrannen den Licinius nicht bei gesundem Sinne zu erhalten. Er, der einer glücklichen Regierung und des zweiten Ranges nach dem großen Kaiser Konstantin und der höchsten Verschwägerung und Verwandtschaft mit ihm gewürdigt ward, ging von der Nachahmung der guten Männer ab und beeiferte sich der Verworfenheit und Schlechtigkeit der gottlosen Tyrannen. Lieber wollte er den Plänen derer folgen, deren Untergang er mit eigenen Augen gesehen, als daß er in freundschaftlicher Gesinnung bei dem ihm überlegenen Fürsten verblieben wäre. Von Neid gegen den Wohltäter aller getrieben, begann er gegen ihn einen gottlosen und schrecklichen Krieg, ohne auf die Gesetze der Natur zu achten und ohne Rücksicht auf Eide, Blut und Verträge. Denn Konstantin hatte ihm, ein allgütiger Kaiser, der er war, Zeichen aufrichtigen Wohlwollens gegeben, ihm die Verwandtschaft mit seiner Person gegönnt, ihm die glänzende Verehelichung mit seiner Schwester nicht abgeschlagen, sondern ihn gewürdigt, an dem angestammten Adel und kaiserlichen Blute teilzuhaben, und ihm als Schwager und Mitkaiser Anteil an der obersten Gewalt gegeben. Denn nicht kleiner war der Teil der von den Römern beherrschten Völker, den er ihm zur Verwaltung und Regierung zugewiesen hatte. Doch des Licinius Handeln war dem entgegengesetzt. Tag um Tag sann er auf Anschläge jeder Art und ließ sich alle Möglichkeiten durch den Sinn gehen, wie er dem, der ihm überlegen war, nachstellen könnte, dem Wohltäter mit Bösem vergeltend.
Anfänglich nun versuchte er seine Pläne geheimzuhalten und heuchelte noch Freundschaft und hoffte so, wieder und wieder auf List und Trug sich werfend, am leichtesten sein Ziel zu erreichen. Gott aber war Konstantins Freund und Hort und Beschützer. Er brachte die im geheimen und in der Finsternis wider ihn geplanten Nachstellungen ans Licht und deckte sie völlig auf. Solche Macht liegt in der starken Waffe der Gottesfurcht, die da Feinde abwehrt und das eigene Heil sicherstellt. Von dieser Waffe beschützt, entging unser gottgeliebter Kaiser den hinterlistigen Anschlägen des Verruchten.
Als Licinius sah, daß sich seine geheimen Pläne nicht wunschgemäß verwirklichen ließen, da Gott seinem geliebten Kaiser alle Tücke und Arglist sofort offenbarte, und er weiterhin nicht mehr im Verborgenen handeln konnte, schritt er zum offenen Krieg. Damit aber, daß er sich entschloß, gegen Konstantin Krieg zu Führen, begann er zugleich gegen den Gott des Alls zu rüsten, von dem er wußte, daß ihn Konstantin verehrte. So fing er an, zunächst noch still und im geheimen, seine gottesfürchtigen Untertanen zu bedrängen, obwohl diese seiner Herrschaft nie etwas in den Weg gelegt. Und das tat er, da ihn seine angeborene Bosheit mit furchtbarer Blindheit geschlagen. So stellte er sich im Gedächtnis weder jene vor Augen, die vor ihm die Christen verfolgt, noch die, welche er selbst als Verderber und Rächer wegen ihrer Gottlosigkeit gestraft. Bar jeden vernünftigen Denkens, ja im Zustande völligen Wahnsinnes, war er entschlossen, an Stelle Konstantins Gott selbst, den Beschützer statt des Beschützten, zu bekriegen. Zuerst vertrieb er von seinem Hofe alle Christen, wodurch sich der Unglückliche des Gebetes beraubte, das diese nach der Lehre der Väter für ihn und alle Menschen an Gott zu richten pflegten. Sodann gab er Befehl, daß die Soldaten in den Städten einer Sichtung unterstellt und ihres Ranges entkleidet werden sollten, wenn sie sich weigerten, den Dämonen zu opfern.
Doch waren dies Kleinigkeiten im Vergleich zu den schlimmeren Dingen, die folgten. Wozu aber soll ich alle die Taten des gottgehaßten Mannes im einzelnen in Erinnerung bringen, und wie er, der gesetzloseste Mensch, ungesetzliche Gesetze erfunden? Erließ er doch das Gesetz, daß sich niemand gegen die Unglücklichen in den Gefängnissen durch Verabreichung von Speise menschenfreundlich zeigen noch derer, die in Fesseln an Hunger dahinsiechten, sich erbarmen dürfe, ja daß überhaupt niemand gut sein und auch jene nichts Gutes tun sollten, die durch die eigene Naturanlage zum Mitgefühl für den Nächsten gedrängt werden. Und unter seinen Gesetzen war eben dieses unverhohlen schamlos und das härteste, fern jeder milden Regung der Natur. War ihm doch als Strafbestimmung beigefügt, daß die, welche Mitleid zeigten, das gleiche Schicksal erleiden sollten wie jene, die das Mitleid erfuhren, und die, welche Liebesdienste erwiesen, gleich den Unglücklichen bestraft und in Ketten und Kerker geworfen werden sollten. Das waren die Verordnungen des Licinius.
Wozu soll man seine Neuerungen in betreff der Ehe oder die umwälzenden Verordnungen bezüglich der Sterbenden aufzählen, durch welche er die alten, trefflich und weise abgefaßten Gesetze der Römer abzuschaffen wagte und dafür barbarische und grausame, wahrhaft ungesetzliche und gesetzeswidrige Gesetze einführte? Oder die ungezählten Steuern, die er zum Schaden der ihm untergebenen Völker ersann, und die mannigfachen Eintreibungen von Gold und Silber, die Landvermessungen und einträglichen Geldbußen von Leuten, die nicht mehr auf der Scholle saßen, sondern schon längst dahingegangen waren? Welch harte Verbannungen erfand der Menschenhasser außerdem gegen Unschuldige, welch drückende Verhaftungen ließ er an vornehmen und angesehenen Männern ausführen, denen er die Ehefrauen entriß und sie schmutzigen Knechten zur Schändung auslieferte! Wie viele verheiratete Frauen und jungfräuliche Mädchen entehrte er in Befriedigung seiner zügellosen Leidenschaft, obwohl er bereits im höchsten Alter stand! Wozu soll ich das des langen und breiten schildern, da das Übermaß seiner letzten Untaten die ersten als geringfügig und belanglos erscheinen läßt?
So ging er im Endzustand seines Wahnsinns gegen die Bischöfe vor und rüstete wider sie, in denen er als den Dienern des höchsten Gottes Gegner seiner Unternehmungen erblickte, zum Kampfe, aus Furcht freilich vor dem, der ihm überlegen war, noch nicht offen, sondern heimlich und hinterlistig, und ließ die Bewährtesten aus ihnen durch Anschläge seiner Statthalter aus dem Wege räumen. Auch die Art, in der sie umgebracht wurden, war neu und völlig unerhört. Was gar in Amasia und den übrigen Städten des Pontus geschah, überschreitet jedes Übermaß von Grausamkeit. Hier wurden von den Kirchen Gottes die einen vom First bis zum Grunde niedergerissen, andere schlossen sie, damit keiner von den gewohnten Betern sich einfinde und Gott die Dienste verrichte, die man ihm schuldet. Denn zufolge seines schlechten Gewissens glaubte er nicht, daß man die Gebete für ihn verrichte, sondern war der Überzeugung, daß wir für den gottgeliebten Kaiser alles täten und Gott versöhnten. Und darum begann er seinen Zorn gegen uns zu wenden. Die Schmeichler unter den Statthaltern belegten natürlich in der Überzeugung, damit dem Ruchlosen einen Gefallen zu tun, einige Bischöfe mit den bei Verbrechern üblichen Strafen, und sie, die kein Unrecht begangen, wurden abgeführt und gleich Mördern bestraft, ohne daß man nach einem Vorwand gesucht hätte. Andere mußten eine neue Todesart erdulden. Ihr Körper wurde mit dem Schwerte in zahlreiche Stücke zerschnitten und nach diesem grausamen und ganz entsetzlichen Schauspiele in die Tiefe des Meeres geworfen, den Fischen zum Fraß. Daraufhin begannen die gottesfürchtigen Männer von neuem zu fliehen. Und wiederum nahmen Felder, wiederum Einöden, Talschluchten und Berge die Diener Christi auf. Da dem Gottlosen seine Maßnahmen in dieser Weise vonstatten gingen, faßte er weiterhin den Plan, die Verfolgung auf alle auszudehnen. Und er hätte Macht gehabt, seine Absicht durchzusetzen, und nichts hätte ihn gehindert, sie zu verwirklichen, wenn nicht Gott, der Streiter für die ihm zugehörigen Seelen, in Eile dem zuvorkommend, was zu geschehen drohte, wie aus tiefer Finsternis und dunkelster Nacht ein großes Licht und einen Erlöser zugleich allen hätte aufleuchten lassen, seinen Diener Konstantin mit erhobenem Arme auf den Schauplatz Führend.
9. Diesem nun schenkte Gott vom Himmel herab als verdienten Lohn für seine Frömmigkeit Triumph und Sieg über die Gottlosen, den Frevler aber streckte er samt allen seinen Ratgebern und Freunden zu Boden und legte ihn Konstantin zu Füßen. Da es Licinius in seinem Wahnsinn bis zum äußersten getrieben, glaubte es der Kaiser, der Freund Gottes, nicht mehr länger ertragen zu dürfen. Er ging mit sich in kluger Weise zu Rate und entschloß sich, die Strenge des Gerechten mit Güte verbindend, denen, welche unter dem Tyrannen schmachteten, zu Hilfe zu kommen. Durch Beseitigung einiger Bösewichte wollte er so rasch den größten Teil der Menschheit retten. Ehedem hatte er nur Mitleid walten lassen und übte Erbarmen mit dem, der kein Mitgefühl verdiente. Damit kam er aber nicht zum Ziele. Denn Licinius ging von seiner Bosheit nicht ab, steigerte vielmehr noch seine Raserei gegen die ihm untergebenen Völker. Und den übel behandelten Menschen war keine Hoffnung auf Erlösung mehr belassen. Lagen sie doch unter der Gewalt eines schrecklichen Untiers. Daher rückte der Beschützer der Guten, den Haß gegen das Böse mit der Liebe zum Guten vereinend, zugleich mit seinem Sohne Krispus, dem menschenfreundlichsten Caesar, aus, und bot allen, die dem Untergange nahe waren, die rettende Hand. Sodann teilten beide, Vater und Sohn, das gegen die Gotteshasser rings aufgestellte Heer und errangen, da ihnen Gott, der höchste König, und Gottes Sohn, der Erlöser aller, Führer und Mitstreiter war, mit Leichtigkeit den Sieg. Der ganze Verlauf des Kampfes hatte sich durch Gottes Fügung ihrem Plane gemäß gestaltet. Und die gestern und vorgestern noch Tod und Drohung schnaubten, waren plötzlich und schneller, als man es sagen konnte, nicht mehr. Selbst ihrer Namen geschieht nimmer Erwähnung, und ihre Bilder und Ehrenmale traf die verdiente Schändung. Was Licinius bei den früheren gottlosen Tyrannen mit eigenen Augen geschaut, das erlitt er nun in gleicher Weise selber. Da er weder selbst Zucht annahm, noch durch die Strafen von Nebenmenschen sich zur Besinnung bringen ließ, sondern wie jene den Weg der Gottlosigkeit wandelte, wurde er mit Recht gleich ihnen in den Abgrund gestürzt.
So lag Licinius niedergeschmettert am Boden. Konstantin aber, der mächtigste Sieger, ausgezeichnet durch jegliche Tugend der Gottesfurcht, nahm mit seinem Sohne Krispus, dem gottgeliebtesten Kaiser, der dem Vater in allem ähnlich war, den ihm zugehörenden Osten in Besitz und schuf so wieder nach alter Weise ein einziges und einheitliches Reich der Römer, indem sie ringsum alle Lande des Erdkreises vom Aufgange der Sonne bis zum äußersten Westen samt dem Norden und Süden ihrem friedlichen Zepter unterwarfen. Genommen war nun von den Menschen jede Furcht vor denen, die sie einst bedrängt. In Glanz und Prunk begingen sie festliche Tage. Alles war von Licht erfüllt. Und die zuvor niedergeschlagen einander anblickten, sahen sich an mit freudelächelndem Antlitz und strahlenden Auges. In Reigen und Liedern gaben sie in Städten wie auf dem Lande vor allem Gott, dem König der Könige, die Ehre, wie sie gelehrt wurden, sodann dem frommen Kaiser mit seinen gottgeliebten Söhnen. Die alten Leiden waren vergessen, und begraben jede Erinnerung an Gottlosigkeit. Man freute sich der gegenwärtigen Güter und harrte dazu der künftigen. Und an jeglichem Orte wurden Erlasse des siegreichen Kaisers, voll von Menschenfreundlichkeit, angeschlagen und Gesetze, die da Zeugnis gaben von seiner Freigebigkeit und echten Gottesfurcht.
Da so alle Tyrannei beseitigt war, verblieb Konstantin und seinen Söhnen allein, fest und unangefochten, das Reich, das ihnen gehörte. Und diese tilgten zu allererst den Gotteshaß aus dem Leben und zeigten, eingedenk des Guten, das sie von Gott erfahren, ihre Liebe zur Tugend und zu Gott und ihre Frömmigkeit und Dankbarkeit gegen die Gottheit durch Taten, die sie offen vor den Augen aller Menschen vollbrachten.