1. Der Inhalt des Widerrufes des veröffentlichten kaiserlichen Befehls wurde überall in Asien und den anliegenden Provinzen verkündet. Als dies so geschah, war Maximinus, der Tyrann des Ostens, der allergottloseste Mensch und grimmigste Feind der Frömmigkeit gegenüber dem Gott des Alls, mit diesem Schriftstück in keiner Weise einverstanden. Er gab daraufhin, nicht mit dem Edikte, sondern dafür in mündlicher Form, seinen Beamten den Befehl, den Kampf gegen uns einzustellen. Da er nämlich dem Spruche der höherstehenden Regenten auf andere Art nicht entgegentreten konnte, hielt er das oben wiedergegebene Gesetz geheim und veranlaßte, indem er Vorsorge traf, daß es in den ihm unterstellten Gebieten nicht bekannt werde, seine Beamten durch mündliche Weisung zur Einstellung der gegen uns gerichteten Verfolgung. Diese aber teilten sich gegenseitig den Inhalt der Weisung schriftlich mit. Wenigstens machte der bei ihnen mit der Würde eines Gardepräfekten bekleidete Sabinus den Statthaltern die kaiserliche Verfügung in einem lateinischen Briefe bekannt, der in der Übersetzung also lautet:
„Mit beharrlichstem und heiligstem Eifer hatte die Majestät unserer Herrscher, der erhabensten Imperatoren, von jeher bestimmt, aller Menschen Sinn auf den frommen und geraden Lebensweg zu Führen, damit auch diejenigen, welche Bräuchen zu folgen scheinen, die von den römischen abweichen, den unsterblichen Göttern die schuldige Verehrung erwiesen. Allein die Widerspenstigkeit und Halsstarrigkeit gewisser Leute wurde so groß, daß sie weder die im Gebote liegende Vernunft von ihrem Eigensinn abzubringen, noch angedrohte Strafen sie abzuschrecken vermochten. Da sich so viele selbst in Gefahr stürzten, hat die Majestät unserer Herrscher, der mächtigsten Imperatoren, die gemäß ihrer edlen und frommen Gesinnung glaubte, es entspräche nicht ihren erhabensten Plänen, die Menschen aus solchem Grunde so großer Gefahr auszusetzen, durch meine Ergebenheit Befehl erlassen, an deine Einsicht zu schreiben, daß du einen Christen, der in Betätigung seiner eigenen Religion betroffen wird, vor Belästigung und Gefahr beschützest und niemanden aus solcher Ursache als strafbar erachtest. Denn der Verlauf der so langen Zeit hat erwiesen, daß die Christen auf keine Weise dazu gebracht werden können, solcher Widerspenstigkeit zu entsagen. Daher möge deine Klugheit an die Schatzmeister, die Strategen und die Vorsteher des Bezirkes jeder Stadt schreiben, damit sie wissen, daß sie sich nur innerhalb der Grenzen dieses Schriftstücks mit der Christenfrage befassen dürfen.“
Darauf setzten die Statthalter in der Meinung, der Inhalt des an sie gerichteten Schreibens entspreche der Wahrheit, die Schatzmeister, die Strategen und die Dorfvorsteher auf schriftlichem Wege von dem kaiserlichen Beschluß in Kenntnis. Sie vollzogen diese Maßnahmen aber nicht nur auf dem Papiere, sondern weit mehr noch durch die Tat, indem sie in Durchführung des kaiserlichen Befehls diejenigen, die wegen ihres Gottesbekenntnisses in den Gefängnissen eingekerkert waren, heraufführten und in Freiheit setzten und jene aus ihnen, die zur Strafe in Bergwerke geschickt worden waren, freigaben. Denn sie hatten sich täuschen lassen und glaubten, die Weisung des Kaisers sei ernst gemeint. Und kaum war dies geschehen, da konnte man gleich einem Lichte, das plötzlich aus finsterer Nacht aufleuchtet 5, in allen Städten gefüllte Kirchen, zahlreich besuchte Zusammenkünfte und die hierbei üblichen Gottesdienste schauen. Die ungläubigen Heiden alle verwunderten sich darüber sehr und riefen, über diesen unerwarteten und gewaltigen Umschwung staunend: „Groß und allein wahr ist der Gott der Christen!“ Die Unsrigen machten so, soweit sie den Kampf während der Verfolgung treu und männlich durchgefochten, von der wiedergeschenkten Freiheit allen gegenüber Gebrauch. Die aber am Glauben krank geworden und an den Seelen Schiffbruch gelitten, mühten sich eifrig um Gesundung und richteten an die Starken inständige Bitten, daß sie ihnen die Hand zur Rettung reichten, und flehten zu Gott, daß er ihnen gnädig sei. Da kehrten auch jene edlen Gottesstreiter, die von den schlimmen Leiden in den Bergwerken befreit worden waren, wieder in ihre Häuser zurück, froh und beglückt durch jede Stadt ziehend, voll von unsagbarer Freude und einer Zuversicht, die sich nicht in Worte fassen läßt. Scharen um Scharen wanderten dahin, mitten auf Heerstraßen und Marktplätzen in Liedern und Psalmen Gott preisend. Die kurz zuvor unter größter Grausamkeit gefesselt und aus der Heimat abgeführt worden waren, konnte man mit heiteren und fröhlichen Gesichtern an den häuslichen Herd zurückkehren sehen. So kam es, daß selbst jene, die früher Mord wider uns sannen, angesichts des ganz unerwarteten Wunders sich an dem Geschehenen mitfreuten.
2. Der Tyrann, den wir als den Beherrscher des Ostens nannten, ein Feind des Edlen und Widersacher alles Guten, konnte dies nicht länger ertragen. Nicht volle sechs Monate hatte er dieses Verfahren geduldet. Da tat er, was er zur Störung des Friedens auszuklügeln vermochte. Zuerst suchte er uns unter einem Vorwande an den Versammlungen in den Zömeterien zu behindern. Sodann veranlaßte er durch Vermittlung einiger schlechter Männer gegen uns gerichtete Abordnungen an sich selbst. Er bewog nämlich die Bürger von Antiochien, sich als besondere Gnade von ihm zu erbitten, daß es in keiner Weise gestattet werde, daß ein Christ in ihrer Stadt wohne. Und auch andere sollten sie zu gleichem Schritt bereden. Der Leiter der Machenschaften war der Antiochener Theoteknus, ein gewalttätiger und der Zauberei ergebener Bösewicht, der seinem Namen keine Ehre machte. Er war wohl Finanzbeamter in der Stadt.
3. Nachdem dieser Mann vielfach gegen uns zu Felde gezogen und gar eifrig und auf jegliche Weise die Unsrigen gleich gottlosen Dieben in ihren Verstecken aufgespürt, alles Erdenkliche zu unserer Verleumdung und Beschuldigung ausgesonnen und Zahllose in den Tod getrieben, errichtete er zuletzt unter gewissen Gaukeleien und Zaubersprüchen ein Bild des Jupiter Philius. Diesem zu Ehren erdachte er unheilige Zeremonien, unwirksame Weihen und sündhafte Reinigungen und wußte seine Gaukelei durch die Orakel, die er dafür hielt, bis vor den Kaiser zu bringen. Und so hetzte der Mensch durch Schmeicheleien, die dem Herrscher gefielen, den Teufel gegen die Christen auf und erklärte, der Gott habe befohlen, daß man die Christen als seine Feinde aus der Stadt und deren Umgebung verbanne.
4. Nachdem einmal der Plan des Theoteknus gelungen, arbeiteten alle übrigen Beamten, die die Städte unter derselben Herrschaft bewohnten, auf den gleichen Beschluß hin. Denn die Statthalter in den Provinzen hatten gesehen, daß solches Vorgehen dem Kaiser angenehm war, und so ihren Untergebenen heimlich Weisung erteilt, ebenso zu handeln. Als der Tyrann in einem Reskripte bereitwilligst auch ihre Beschlüsse billigte, da entbrannte die Verfolgung gegen uns von neuem. In allen Städten wurden nun von Maximinus selbst Götzenpriester und dazu Oberpriester eingesetzt. Hierfür wählte er Männer, die sieh im Staatsdienste in besonderer Weise ausgezeichnet und sich in allen Stellungen hervorgetan hatten. Diese ließen sich den Kult der Götter, mit deren Dienst man sie betraut, aufs eifrigste angelegen sein. Der außerordentliche Aberglaube des Herrschers veranlaßte, um es kurz zu sagen, alle Untertanen, Befehlende und Gehorchende, ihm zu Gefallen sich alles gegen uns zu erlauben. Leisteten sie ihm doch für die Wohltaten, die sie von ihm zu empfangen glaubten, den größten Gegendienst damit, daß sie auf Mord wider uns sannen und stets neue Leiden gegen uns erdachten.
5. Sie erdichteten Akten des Pilatus und unseres Erlösers, die voll von allerlei Lästerungen gegen Christus waren, und verbreiteten sie auf den Wunsch des Regenten in seinem ganzen Reiche mit dem schriftlichen Befehle, sie überall, in Stadt und Land, allen bekanntzumachen. Die Lehrer sollten sie statt der Schulbücher für ihre Kinder benützen und sie auswendig lernen lassen.
Während diese Befehle in genannter Weise ausgeführt wurden, zwang ein anderer, ein Kriegsbefehlshaber, bei den Römern dux genannt, einige berüchtigte Frauen, welche er zu Damaskus in Phönizien vom öffentlichen Platze weg hatte verhaften lassen, unter Androhung von Foltern, zu Protokoll zu geben, daß sie einst Christinnen gewesen und um das ruchlose Treiben der Christen wüßten, daß diese selbst in Gotteshäusern Ausschweifungen begingen, und was er sonst noch zur Lästerung unseres Glaubens durch sie bekannt haben wollte. Ihre Erklärungen nahm er zu den Akten und teilte sie dem Kaiser mit, auf dessen Befehl auch dieses Schriftstück in allen Orten und Städten kundgemacht wurde. Doch bald darauf legte dieser Befehlshaber Hand an sich und büßte so für seine Bosheit.
6. Von neuem traf uns Verbannung, heftige Verfolgung, schreckliches Wüten der Statthalter aller Provinzen, so daß einige von denen, die sich um das göttliche Wort verdient gemacht, erbarmungslos gefangen und zum Tode verurteilt wurden. Aus ihnen wurden zu Emisa, einer Stadt Phöniziens, drei, die sich als Christen bekannt, wilden Tieren zum Fraße vorgeworfen, darunter Bischof Silvanus, ein hochbetagter Greis, der volle vierzig Jahre sein Amt bekleidet hatte. Um dieselbe Zeit wurde auch Petrus, der in rühmlichster Weise die Gemeinden von Alexandrien leitete und infolge seines tugendhaften Lebens und seiner Vertrautheit mit der Hl. Schrift eine hervorragende Zierde der Bischöfe war, ohne allen Grund ergriffen und wider alles Erwarten, plötzlich und ohne Anlaß, angeblich auf Befehl des Maximinus, enthauptet. Mit ihm erfuhren noch mehrere andere ägyptische Bischöfe das gleiche Los. Lukian, Presbyter der Gemeinde von Antiochien, ein in jeder Hinsicht ganz trefflicher Mann von strenger Lebensweise und bewandert in den heiligen Wissenschaften, wurde nach der Stadt Nikomedien geschleppt, wo sich damals eben der Kaiser aufhielt, und, nachdem er in Gegenwart des Herrschers die Rede zur Verteidigung der von ihm verkündeten Lehre gehalten, ins Gefängnis geworfen und hingerichtet. So viel Leid bereitete uns in kurzem Zeitraume Maximinus, der Feind des Guten, daß uns die Verfolgung, die er erregte, viel heftiger erschien als die frühere.
7. Mitten in den Städten wurden, was zuvor nie der Fall war, die gegen uns eingereichten Bittgesuche der Städte und die Reskripte mit den darauf erfolgten kaiserlichen Verordnungen öffentlich durch Eingrabung auf ehernen Säulen bekanntgegeben. Die Kinder in den Schulen Führten täglich den Namen Jesus und Pilatus und die zum Hohne erdichteten Akten im Munde. Es scheint mir geboten, eben diesen Erlaß des Maximinus, wie man ihn den Säulen anvertraut, hier einzufügen. Es soll damit die prahlerische und übermütige Anmaßung dieses Gottesfeindes ebenso offenbar werden wie die heilige, nimmer schlummernde, gegen die Gottlosen gerichtete, die Sünden hassende Gerechtigkeit, die seinen Fersen folgte. Denn von dieser getrieben, faßte er bald darauf entgegengesetzte Beschlüsse in unserer Angelegenheit und gab sie in schriftlich niedergelegten Gesetzen kund.
Abschrift einer Übersetzung des Reskriptes, das Maximinus auf die gegen uns eingereichten Bittgesuche erlassen, entnommen der Säule in Tyrus:
„Endlich einmal hat die schwächliche Kühnheit des menschlichen Verstandes alle Nacht und allen Nebel des Irrtums, der ehedem die Gemüter der nicht so sehr gottlosen als Unglücklichen Menschen in dem verderblichen Dunkel der Torheit verstrickt und gefangen gehalten, abgeschüttelt und zerstreut und zu erkennen vermocht, daß alles von der gütigen Vorsehung der unsterblichen Götter gelenkt und aufrechterhalten werde. Es läßt sich nicht in Worte fassen, wie erfreulich, wie erwünscht und angenehm uns diese Tatsache ist; denn ihr habt einen herrlichen Beweis eurer gottesfürchtigen Gesinnung gegeben. Es war ja schon früher allgemein bekannt, welche Beachtung und Verehrung ihr gegen die unsterblichen Götter hegtet, in denen nicht ein Glaube an leere und gehaltlose Worte, sondern eine ununterbrochene Reihe wunderbarer und herrlicher Taten sich offenbart. Darum dürfte eure Stadt billig Sitz und Wohnung der unsterblichen Götter genannt werden. Viele Beispiele bekunden wenigstens, daß sie durch die Anwesenheit der himmlischen Götter aufblüht. Und siehe da, als nun eure Stadt das, was ihr am Herzen hätte liegen sollen, vernachlässigt und die Gebete für das eigene Wohl beiseite gesetzt, dann aber erfuhr, wie die Anhänger der verfluchten Torheit von neuem um sich zu greifen begannen gleich einem Scheiterhaufen, der, vernachlässigt und schlummernd, sobald der Brand wieder angefacht wird, in mächtigen Flammen emporlodert, da nahm sie sofort ohne Zögern zu unserer Frömmigkeit als dem Mutterlande aller Religion ihre Zuflucht und flehte um Rettung und Hilfe. Sichtlich haben euch die Götter diese heilbringende Gesinnung wegen eures Glaubens und eurer Frömmigkeit eingegeben. Wahrlich unser höchster und größter Jupiter, der über eurer glänzenden Stadt thront, der eure heimischen Götter, eure Frauen und Kinder, euren Herd und eure Häuser vor jedem Unheil und Verderben bewahrt, er ist es, der euren Seelen das rettende Wollen eingehaucht und euch gezeigt und kundgetan, wie erhaben, herrlich und heilsam es ist, mit der schuldigen Ehrfurcht dem Dienste und den heiligen Bräuchen der unsterblichen Götter sich zu nahen. Denn wo könnte man jemanden finden, der so töricht und so sehr allen Verstandes bar wäre, daß er nicht erkennte: der Güte und Sorge der Götter ist es zu danken, daß die Erde den ihr anvertrauten Samen nicht zurückweist und so die Landleute vergeblich warten läßt und in ihrer Hoffnung täuscht daß nicht das Gespenst eines ruchlosen Krieges unbehindert Fuß fasse auf der Erde, daß das milde Klima nicht verpestet werde und die Körper entstellt dem Tode entgegensiechen, daß das Meer nicht, aufgepeitscht von maßlosen Stürmen, zu hohen Wogen sich türme, und nicht unerwartet ausbrechende Orkane zerstörende Ungewitter bringen, daß nicht die Erde, die Ernährerin und Mutter aller, in ihren tiefsten Tiefen furchtbar erschüttert werde und die Berge, die auf ihr lasten, in den sich öffnenden Abgründen verschlinge. Solche und noch viel schlimmere Übel waren ehedem, wie jedermann weiß, oftmals hereingebrochen. Und all das war geschehen wegen des verderblichen Irrwahns und der eitlen Torheit jener ruchlosen Menschen, da diese Macht bekommen über ihre Seelen und, man könnte fast sagen, den ganzen Erdkreis mit Schmach bedeckten.“
Diesen Worten fügt er nach anderem hinzu:
„Sie mögen betrachten auf den weiten Ebenen die Saaten, wie sie blühen und wie ihre Ähren wogen, die Wiesen, wie sie infolge wohltuenden Regens mit Kräutern und Blumen sich schmücken, die Luft, wie sie wiederum milde und ganz ruhig geworden! Alle sollen sich freuen, daß durch unsere Frömmigkeit und Ehrfurcht und unser Opfern die Macht des gar gewaltigen und starken Mars besänftigt ist, und glücklich sein über den heiteren Frieden, den sie darob in Sicherheit und Ruhe genießen. Und alle jene, die aus dem blinden Irrtum und Abweg gänzlich herausgefunden haben und zur richtigen und völlig gesunden Einsicht zurückgekehrt sind, mögen sich noch mehr freuen, da sie, wie aus unerwartetem Gewittersturm oder schwerer Krankheit gerettet, für die Zukunft des Lebens frohen Genuß gewonnen. Die aber an ihrer verfluchten Torheit festhalten, sollen eurem Wunsche gemäß aus eurer Stadt und deren Umgebung weit entfernt und verbannt werden, damit eure Stadt zum Lohne für euren lobenswürdigen Eifer so vor jeder Befleckung und Gottlosigkeit bewahrt bleibe und nach dem ihr eigenen Verlangen mit der schuldigen Ehrfurcht dem Dienste der unsterblichen Götter obliege. Damit ihr aber wisset, wie angenehm uns diese eure Bitte war und wie sehr unsere Seele zum Wohltun neigt, aus freiem Antrieb und abgesehen von Gesuchen und Bitten, so stellen wir eurer Ergebenheit anheim, als Lohn für eure gottliebende Gesinnung eine Gnade, so groß ihr sie wollt, zu erbitten. Geruhet, diese Bitte zu stellen und die Gabe entgegenzunehmen! Ohne Verzug sollt ihr sie empfangen. Und dieses eurer Stadt gewährte Geschenk wird für alle Zeiten Zeugnis geben von eurer frommen Gesinnung gegen die unsterblichen Götter und euren Kindern und Enkeln verkünden, daß ihr in Ansehung dieser eurer Lebensführung geziemenden Lohn von unserer Güte empfangen habt.“
Dieses gegen uns erlassene Reskript wurde in jeder Provinz öffentlich bekanntgegeben. Nach menschlichem Ermessen war damit jede Hoffnung für unsere Sache ausgeschlossen. Die Verhältnisse lagen so, daß gemäß dem bekannten Gottesworte selbst die Auserwählten, wenn es möglich wäre, dadurch zu Fall gekommen wären. Schon war bei den meisten die Hoffnung im Sinken, als plötzlich, da die mit dem Schreiben gegen uns betrauten Boten in manchen Gebieten noch unterwegs waren, Gott, der Streiter für seine eigene Kirche, seine himmlische Hilfe uns offenbarte und den Übermut des Tyrannen wider uns zum Schweigen brachte.
8. Die gewöhnlichen Regen und Wolkengüsse fielen zur Winterszeit nicht mehr in gewohnter Menge zur Erde. Unerwartete Hungersnot brach aus, dazu die Pest und als Beigabe noch eine andere Krankheit. Sie bestand in einem Geschwüre, das von seinem feuerartigen Charakter den Namen hat und „Kohle“ genannt wurde. Dieses Geschwür breitete sich nach und nach über den ganzen Körper aus und versetzte die Kranken in ernstliche Gefahr. Insbesondere ergriff es die Augen in bösartiger Weise, so daß unzählige Männer, Weiber und Kinder erblindeten. Zu diesen Leiden kam für den Tyrannen noch der Krieg mit den Armeniern, die seit alten Zeiten Freunde und Bundesgenossen der Römer gewesen. Da sie aber ebenfalls Christen waren und Gott mit Eifer verehrten, hatte der Gotteshasser sie zu zwingen versucht, daß sie den Götzen und Dämonen opferten, und sie so aus Freunden zu Feinden, aus Bundesgenossen zu Gegnern gemacht. Alle diese Unglücksfälle, die plötzlich und zu ein und derselben Zeit eintraten, waren eine Widerlegung des verwegenen Übermuts des Tyrannen wider die Gottheit. Hatte er doch keck geprahlt, daß wegen seines Eifers für den Götzendienst und unserer Bedrängung seine Tage weder Hungersnot, noch Pest, noch Krieg heimsuchten.
Diese zumal und gleichzeitig ausbrechenden Leiden bildeten das Vorspiel zu seinem Untergang. Er selbst unterlag mit seinem Heere im Kriege gegen die Armenier, während die übrigen Bewohner der ihm untergebenen Städte von Hunger und Pest zugleich in erschrecken der Weise aufgerieben wurden. Für ein Maß Weizen zahlte man 2500 attische Drachmen. Tausende waren es, die in den Städten, und noch größer war die Zahl derer, die auf dem Lande und in den Dörfern dahinstarben. Die Folge hiervon war, daß die Steuerlisten, die ehedem eine zahlreiche ländliche Bevölkerung aufwiesen, nunmehr fast völliger Tilgung verfielen, da infolge des Mangels an Lebensmitteln und der Seuche fast alle Bewohner zu gleicher Zeit zugrunde gingen. Manche wollten gegen ein Stückchen Brot ihr Teuerstes an die, denen es besser ging, verkaufen. Andere verkauften nach und nach ihren Besitz und gerieten so in äußerste Not. Es gab Leute, die geringe Speiseabfälle gänzlich zerkauten und, ohne zu überlegen, schädliche Kräuter aßen, ihre Gesundheit zerstörten und zugrunde gingen. Edelgeborene Frauen in den Städten gingen, von der Not zu diesem erniedrigenden Schritt getrieben, auf den öffentlichen Plätzen betteln. Nur die Schamröte im Gesichte und die vornehme Kleidung verrieten noch ihre frühere freie Stellung. Mit dem Tode ringend und abgezehrt, wankten und schwankten Menschen wie Gespenster dahin und dorthin und brachen, außerstande, sich aufrecht zu halten, mitten auf den Straßen zusammen und flehten, am Boden hingestreckt, um einen Bissen Brot, noch in den letzten Zügen „Hunger!“ rufend. Nur zu diesem schmerzlichen Klageruf reichte noch die Kraft. Andere aber, die zu den Wohlhabenderen zu gehören schienen und bereits überreichlich Almosen gespendet, wurden schließlich, über die Maße der Bettler erschreckt, hart und unbarmherzig. Denn sie mußten gewärtig sein, daß ihnen über kurz oder lang dasselbe Schicksal wie diesen beschieden sein werde. Mitten auf öffentlichen Plätzen und in Gassen lagen so entblößte Leichname tagelang unbeerdigt da, einen höchst traurigen Anblick bietend denen, die es sahen. Manche davon wurden sogar Hunden zum Fraße. Darum begannen die Lebenden, die Hunde zu töten, in der Befürchtung, diese könnten, in ihrer Gier aufgepeitscht, überhaupt zu Fressern von Menschenfleisch werden.
Vorzüglich aber war es die Pest, die ganze Familien dahinraffte, besonders da, wo der Hunger dank den Vorräten an Lebensmitteln sein Zerstörungswerk nicht auszuüben vermochte. Und so mußten Leute der wohlhabenden Kreise, Statthalter, Heerführer, Amts- und Würdenträger in großer Zahl, gleich als wären sie absichtlich vom Hunger der Pest überlassen worden, eines raschen und urplötzlichen Todes sterben. Alles war voll Wehklagen. Auf allen Gassen, Märkten und Straßen konnte man nichts anderes hören als Totenklagen mit den sie begleitenden Flöten und Klappern. So zog der Tod mit den erwähnten beiden Waffen, der Pest und dem Hunger, zu Felde und vernichtete in kurzer Zeit ganze Familien. Man konnte sogar sehen, daß zwei und drei Leichen in einem Trauerzuge zu Grabe getragen wurden.
Das war der Lohn für den Übermut des Maximinus und für die Beschlüsse der Städte gegen uns. Da wurde auch die allseitige Dienstbereitschaft der Christen und ihre Frömmigkeit allen Heiden in deutlichen Zeichen offenbar. Denn sie waren die einzigen, die in den so großen Drangsalen ihr Mitgefühl und ihre Nächstenliebe durch die Tat kundgaben. Die einen widmeten sich Tag für Tag der Pflege der Sterbenden und ihrer Bestattung - es waren deren Tausende, um die sich niemand annehmen wollte -, andere versammelten die von Hunger Gequälten aus der ganzen Stadt an einem Orte und teilten Brot unter sie aus. Ihr Tun sprach sich bei allen Menschen herum, und man pries den Gott der Christen und bekannte, daß diese allein die wahrhaft Frommen und Gottesfürchtigen seien, da ihre Werke dies bewiesen.
Nachdem so der große und himmlische Gott, der für die Christen streitet, durch die erwähnten Schicksalsschläge seine Drohung und seinen Unwillen gegen alle Menschen wegen der Leiden, die man uns im Übermaß zugefügt, kundgegeben, da sandte er uns wiederum den milden und freundlichen Strahl seiner Fürsorge. Wie aus tiefer Finsternis ließ er uns in gar wunderbarer Weise das Licht des Friedens aus sich aufleuchten und machte allen Menschen offenbar, daß Gott selbst immer der Hüter unserer Geschicke war, sein Volk für eine Zeit wohl heimsuchend und durch Leiden zurechtweisend, nach genugsamer Züchtigung aber wieder gnädig und mild sich zeigend denen, die auf ihn ihre Hoffnung setzen.
9. Konstantin, Kaiser und einem Kaiser entsprossen, wie wir oben berichtet, fromm und der Sohn des frömmsten und allerverständigsten Vaters, und Licinius, der zweite nach ihm, beide ausgezeichnet durch Klugheit und Gottesfurcht, waren vom König der Könige, dem Gott des Alls und Erlöser, erweckt worden, zwei gottgeliebte Männer gegen die zwei gottlosesten Tyrannen. Da sie förmlich den Krieg wider sie begannen und Gott auf ganz wunderbare Weise mit ihnen stritt, unterlag Maxentius zu Rom der Macht Konstantins. Der Tyrann des Ostens“ überlebte ihn nicht lange und fand, in der Gewalt des Licinius, der damals noch nicht dem Wahnsinn verfallen war, ein schimpfliches Ende. Fürs erste empfand Konstantin, der Oberste im Reiche an Würde und Rang, Mitleid mit den bedrückten Einwohnern Roms. Nachdem er Gott, der im Himmel ist, und sein Wort, den Erlöser aller, Jesus Christus, im Gebete zu Hilfe gerufen, rückte er mit der ganzen Streitmacht vor, um den Römern die von den Ahnen ererbte Freiheit zu erwerben. Maxentius, der mehr auf Zauberkünste als auf die treue Gesinnung seiner Untertanen baute, wagte es nicht, auch nur den Fuß vor die Tore der Hauptstadt zu setzen. An jeden Platz und in jeden Flecken und jede Stadt, die im Umkreis von Rom und in ganz Italien von ihm unterjocht waren, hatte er eine ungezählte Menge von Schwerbewaffneten und unzählige Abteilungen von Legionären gelegt. Im Vertrauen auf den göttlichen Beistand griff der Kaiser (Konstantin) die erste, zweite und dritte Stellung des Tyrannen an, die er alle spielend nahm, marschierte weiter im Inneren Italiens vor und kam bis in die Nähe Roms. Um Konstantin den Kampf mit den Römern, der ihm des Tyrannen wegen bevorstand, zu ersparen, zog Gott selber den Tyrannen wie an Ketten weit aus den Toren der Stadt heraus. Damit fanden jene uralten Erzählungen gegen die Gottlosen, wie sie in den heiligen Büchern niedergeschrieben sind - sehr viele erachten sie als Fabel und verweigern den Glauben, die Gläubigen gewiß halten sie für glaubwürdig -, durch ihre eigene Klarheit bei allen, um es mit einem Worte zu sagen, Gläubigen wie Ungläubigen, ihre Bestätigung, da sie das Wunderbare mit Augen schauten.
Wie Gott zur Zeit des Moses, da das Volk der Hebräer noch gottesfürchtig war, „die Streitwagen des Pharao und seine Heeresmacht, die auserlesenen Streiter, die zu dritt (auf jedem Streitwagen) waren, ins Meer stürzte, daß sie im Roten Meere versanken und die Wasser sie bedeckten“, so sanken Maxentius und seine Krieger und Garden „wie ein Stein in die Tiefe“. Da er vor der göttlichen Macht, die sich mit Konstantin verbündet, floh und über den auf seinem Marsche liegenden Fluß setzen wollte, wurde ihm die Schiffbrücke, die er sorgfältig über denselben hatte schlagen lassen, zum Verderben. Von ihm konnte man sagen: „Eine Grube hat er gegraben und sie aufgeworfen: er wird hineinfallen in das Loch, das er gemacht hat. Sein Schaffen wird sich gegen sein Haupt wenden, und seine Ungerechtigkeit auf seinen Scheitel niedersteigen.“ Denn die über den Fluß gelegte Brücke löste sich, der Boden wich unter den Füßen, und die Boote mitsamt der Mannschaft verschwanden in der Tiefe, und zwar er, der Allergottloseste, zuerst, und dann seine Leibwache, entsprechend der göttlichen Prophezeiung: „Sie gingen im tiefen Wasser unter wie Blei.“ Mit Recht sangen daher die, welchen Gott den Sieg verliehen, gleich den Gefährten des großen Dieners Moses, wenn nicht mit Worten, so durch die Tat das Lied, das jene gegen den gottlosen Tyrannen der alten Zeit gesungen, und sprachen: „Lasset uns singen dem Herrn! Denn wunderbar hat er sich verherrlicht. Pferd und Fahrer stürzte er ins Meer. Der Herr ist mir Helfer und Beschützer geworden, um mich zu retten. Wer ist gleich dir, o Herr, unter den Göttern? Wer ist dir gleich? Du bist verherrlicht unter den Heiligen; wunderbar bist du in deiner Herrlichkeit, du Wundertäter!“
Solche und ähnliche Lieder sang Konstantin durch seine Taten dem allwaltenden Gott, dem Urheber seines Sieges, und rückte im Triumphe in Rom ein, wo ihn alle Bewohner samt den Weibern und Kindern, die Senatoren und die übrigen hohen Beamten und das ganze römische Volk herzlich und strahlenden Auges als Erlöser, Heiland und Wohltäter unter Freudenrufen und unermeßlichem Jubel empfingen. Konstantin aber ließ sich bei der ihm angeborenen Frömmigkeit gegen Gott durch die Zurufe überhaupt nicht irreführen und durch die Lobpreisungen nicht zu Hochmut verleiten, sondern befahl alsogleich in dem festen Bewußtsein, daß Gott ihm geholfen habe, daß man seinem Standbilde das Zeichen des heilbringenden Leidens in die Hand gebe. Und da sie ihn tatsächlich mit dem heilbringenden Zeichen in der Rechten an dem belebtesten Platze in Rom aufstellten, gebot er folgende Inschrift in lateinischer Sprache anzubringen:
„Durch dieses Zeichen des Heiles, den wahren Prüfstein der Tapferkeit, habe ich eure Stadt vom Joche des Tyrannen errettet und befreit und dem Senate und Volke der Römer mit der Freiheit die alte Würde und den alten Glanz wiedergegeben „
Da sie Gott, dem sie all ihre Erfolge dankten, gnädig gestimmt hatten, erließen daraufhin beide, Konstantin selbst und mit ihm Kaiser Licinius, dessen Geist damals noch nicht von dem Wahnsinn getrübt war, in den er später verfiel, in einhelligem Willen und Entschluß ein vollständiges und umfassendes Gesetz zugunsten der Christen. An Maximinus, der noch über die Völker des Ostens regierte und ihnen gegenüber Freundschaft heuchelte, sandten sie einen Bericht über die Wunder, die Gott an ihnen gewirkt, und über den Sieg, den sie über den Tyrannen erfochten, sowie das erwähnte Gesetz. Er, der Tyrann, war ob dieser Nachrichten sehr bestürzt. Und da er einerseits den Schein vermeiden wollte, als füge er sich andern, anderseits aber auch aus Furcht vor den Auftraggebern den Befehl nicht zu unterschlagen wagte, so erließ er an die ihm untergebenen Statthalter notgedrungen, aber scheinbar aus eigenem Antrieb zugunsten der Christen zunächst folgendes Schreiben, worin er sich indes in lügenhafter Weise Dinge zuschreibt, die er niemals getan.
10. Abschrift der Übersetzung des Briefes des Tyrannen: „Jovius Maximinus Augustus an Sabinus. Deiner Stärke und allen Menschen ist, wie ich glaube, bekannt, daß unsere Herrn und Väter, Diokletian und Maximianus, als sie sahen, daß fast alle Menschen den Dienst der Götter aufgegeben und sich dem Volk der Christen angeschlossen, den gerechten Befehl erteilten, alle jene, die den Dienst der unsterblichen Götter verlassen, durch öffentliche Zurechtweisung und Strafe zum Dienst der Götter zurückzurufen. Doch als ich durch glückliche Fügung das erstemal nach dem Osten kam und erkannte, daß sehr viele Leute, die dem Staate nützlich sein könnten, von den Richtern aus dem erwähnten Grunde in gewisse Gegenden verbannt wurden, gab ich jedem der Richter die Weisung, gegen die Bewohner der Provinzen in Zukunft nicht mehr mit Gewalt vorzugehen, sondern sie vielmehr durch Freundlichkeit und Belehrung zum Dienste der Götter zurückzurufen. Und da sich die Richter meiner Weisung gemäß an die Befehle hielten, wurde in den östlichen Gebieten niemand mehr verbannt oder mißhandelt, und die Leute ließen sich eben dadurch, daß man nicht mehr mit Gewalt einschritt, zum Dienste der Götter zurückrufen. Als ich sodann im verflossenen Jahre durch glückliche Fügung nach Nikomedien kam und dort Aufenthalt nahm, erschienen Bürger dieser Stadt vor mir mit Götterbildern und baten inständig, es möchte doch in keiner Weise einem solchen Geschlechte gestattet sein, in ihrer Stadt zu wohnen. Da ich aber erfuhr, daß sehr viele Anhänger dieser Religion in jenen Gebieten wohnten, so gab ich ihnen zur Antwort, daß ich für ihre Bitte freudig Dank wisse, jedoch sähe, daß die Bitte nicht von der Gesamtheit ausgehe. Wenn nun Leute bei diesem Aberglauben beharrten, so solle jeder einzelne hier freie Wahl und Entscheidung haben. Die es aber wünschten, mögen den Dienst der Götter anerkennen. Gleichwohl sah ich mich verpflichtet, sowohl den Bewohnern des erwähnten Nikomedien als auch den übrigen Städten, die ihrerseits die gleiche Bitte mit allem Nachdruck mir vorgetragen, daß nämlich kein Christ in ihren Städten wohnen solle, eine gnädige Antwort zu geben. Denn auch die früheren Herrscher haben alle das gleiche Verfahren beobachtet. Auch den Göttern selbst, durch die das Menschengeschlecht und die Ordnung des Staates Bestand haben, gefiel es, daß ich eine so wichtige Bitte, die sie für den Dienst ihrer Gottheit vortrugen, bekräftigte.
Obwohl deiner Ergebenheit schon früher geschrieben und durch Erlaß befohlen ward, daß man gegen die Provinzbewohner, die an jener Gewohnheit festzuhalten gesonnen sind, nicht hart, sondern mit Langmut und Milde vorgehen solle, so hielt ich es dennoch, damit sie nicht seitens der Benefiziarier oder welcher Leute immer Schmähungen und Mißhandlungen erleiden, für angemessen, durch vorliegendes Schreiben deine Stärke zu mahnen, die Bewohner unserer Provinzen mehr durch Freundlichkeit und Belehrung zur Anerkennung der den Göttern schuldigen Ehrung zu bringen. Wenn sich daher jemand freiwillig für die Anerkennung des Götterdienstes entschließt, so geziemt es sich, ihn aufzunehmen. Wer aber der eigenen Religion folgen will, dem lasse seine Freiheit! Diese Weisung hat deine Ergebenheit zu beachten, und niemand soll es gestattet sein, die Bewohner unserer Provinzen durch Schmähungen und Mißhandlungen zu quälen. Denn es geziemt sich, wie oben geschrieben, die Bewohner unserer Provinzen eher durch Belehrung und Freundlichkeit zum Dienste der Götter zurückzurufen. Damit aber diese unsere Weisung allen Bewohnern unserer Provinzen zur Kenntnis komme, hast du das Befohlene durch eine von dir erlassene Verordnung bekanntzugeben „
Da Maximinus diese Verfügung lediglich aus einer Zwangslage heraus, nicht aus freien Stücken erlassen und sich schon früher einmal nach ähnlicher Vergünstigung unbeständig und falsch gezeigt hatte, schenkte man ihm allgemein keinen Glauben und kein Vertrauen mehr. Niemand von uns wagte es daher, eine Versammlung einzuberufen oder sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Denn dazu hatte das Schreiben eine ausdrückliche Erlaubnis nicht gegeben. Nur daß man uns unbehelligt lasse, war darin geboten, mit keinem Worte aber gesagt, daß wir Versammlungen abhalten oder Kirchen bauen oder sonst eine unserer gewohnten Handlungen vollziehen könnten. Und doch hatten Konstantin und Licinius, die Sachwalter des Friedens und der Frömmigkeit, an ihn geschrieben, dies zu gestatten, und allen ihren Untertanen durch Edikte und Gesetze die Erlaubnis dazu erteilt. Der überaus gottlose Mensch aber wollte sich nicht fügen, bis ihn schließlich die göttliche Gerechtigkeit faßte und ihn wider seinen Willen dazu brachte.
11. Die Ursache, die ihn dazu Führte, war folgende: Maximinus war dem hohen Amte, das ihm die ohne sein Verdienst übertragene Herrschaft auferlegte, nicht gewachsen. Da ihm kluge und fürstliche Gesinnung fehlte, hatte er in Führung der Staatsgeschäfte keine glückliche Hand und überhob sich bei allem in törichtem und stolzem Übermute. Allmählich wagte er in keckem Dünkel sogar gegen seine Mitregenten aufzutreten, die ihm in jeder Weise durch Geburt, Erziehung, Bildung, Würde, Verstand und, was das Wichtigste von allem ist, durch Gesittung und Frömmigkeit gegen den wahren Gott überlegen waren, und sich öffentlich als den Ersten an Rang und Würde zu erklären. Da er seinen Hochmut bis zum Wahnsinn gesteigert, brach er den Vertrag, den er mit Licinius geschlossen, und entfesselte einen unversöhnlichen Krieg. In kurzer Zeit brachte er alles in Verwirrung, setzte alle Städte in Schrecken, zog seine ganze Streitmacht, eine Schar von ungezählten Tausenden, zusammen und rückte zum Kampf gegen Licinius vor, im stolzen Vertrauen auf die Dämonen, die er für Götter hielt, und die große Zahl seiner Krieger. Aber mitten im Ringen sah er sich von der Hilfe Gottes verlassen, und der Sieg ward durch Fügung dessen, der der eine und einzige Gott des Alls ist, dem damaligen Herrscher (Licinius) verliehen.
Zunächst verlor Maximinus seine Legionen, auf die er seine Hoffnung gesetzt hatte. Dann ließ ihn, wehrlos und entblößt von allem, seine Leibwache im Stiche und ging zum Sieger über. So rasch er konnte, warf da der feige Mann den kaiserlichen Schmuck ab, der ihm nicht gebührte, und verschwand mutlos und bar edler und tapferer Gesinnung in der Menge. Sodann floh er und verbarg sich, auf seine Rettung bedacht, in Flecken und Dörfern und entkam nur mit Mühe den Händen der Feinde, eben durch seine Taten bekundend, wie glaubwürdig und wahr die göttlichen Sprüche sind, in denen gesagt ist: „Nicht wird ein König durch seine große Macht gerettet und nicht ein Riese durch die Fülle seiner Kraft. Nicht zuverlässig zur Rettung ist das Pferd; in der Fülle seiner Kraft wird er nicht gerettet werden. Siehe, die Augen des Herrn ruhen auf denen, die ihn fürchten, und auf denen, die auf sein Erbarmen hoffen, daß er vom Tode ihre Seelen errette.“
Mit solcher Schande bedeckt, kehrte der Tyrann in seine eigenen Gebiete zurück. Hier ließ er zunächst in wütendem Zorne zahlreiche Priester und Propheten der von ihm einst bewunderten Götter, durch deren Orakelsprüche aufgereizt er den Krieg entfesselt hatte, als Zauberer, Betrüger und vor allem als Verräter seines Heiles hinrichten. Nachdem er noch dem Gott der Christen die Ehre gegeben und diesen durch ein Gesetz die vollkommenste und unbeschränkteste Freiheit geschenkt, starb er rasch, ohne daß ihm eine Frist gewährt ward, eines schrecklichen Todes. Das von ihm erlassene Gesetz lautet:
Abschrift des aus dem Lateinischen ins Griechische übersetzten Erlasses des Tyrannen zugunsten der Christen: „Imperator Cäsar Gaius Valerius Maximinus, Besieger der Germanen und Sarmaten, der Fromme, Glückliche, Unbesiegte, Augustus. Daß wir auf jegliche Art unablässig auf das Wohl der Bewohner unserer Provinzen Bedacht nehmen und ihnen bereitwillig alles gewähren, was das Interesse der Allgemeinheit in besonderer Weise fördert und zu ihrem gemeinschaftlichen Nutzen und Vorteil gereicht, und zwar so, daß es dem Wohle des Volkes in seiner Gesamtheit entspreche und auch die Wünsche des einzelnen erfülle, ist, wie wir glauben, niemand unbekannt, muß vielmehr jeder, der sich an die Tatsachen hält, erkennen und bei sich darüber im klaren sein. Da uns nun vor einiger Zeit zur Kenntnis gekommen ist, daß unter dem Vorwande des Befehles, den unsere erhabensten Väter Diokletian und Maximian zur Aufhebung der Versammlungen der Christen erlassen, zahlreiche Mißhandlungen und Konfiskationen von Seiten der Beamten stattgefunden haben, und dies Gebaren gegenüber den Bewohnern unserer Provinzen, die gemäß unseren Bemühungen in vorzüglichem Grade die gebührende Fürsorge erfahren sollen, von Tag zu Tag immer mehr um sich greift und sie um Hab und Gut bringt, so haben wir im vergangenen Jahre durch Schreiben an die Statthalter eines jeden Kreises verfügt: Wer dieser Sitte oder dieser Art von Gottesverehrung folgen will, möge ungehindert bei seinem Entschluß bleiben, und niemand soll ihm Schwierigkeiten oder Hindernisse in den Weg legen. Jedem stehe es frei, ohne Furcht und Argwohn das zu tun, was ihm beliebt.
Aber auch jetzt konnte es uns nicht verborgen bleiben, daß einige Richter unsere Befehle außer acht ließen und so bei unseren Untertanen Mißtrauen gegen unseren Erlaß hervorriefen und Anlaß wurden, daß diese sich nur zögernd den religiösen Bräuchen anschließen, die ihnen zusagen. Damit nun in Zukunft jeder Argwohn und jedes ängstliche Bedenken aufhöre, haben wir die Veröffentlichung dieses Ediktes angeordnet. Es soll darin allen kundgetan werden, daß es denen, die dieser Sekte und Religion folgen wollen, auf Grund dieses unseres Gnadenerlasses gestattet sei, sich so, wie es jeder wünscht und wie es ihm angenehm ist, der Religion hinzugeben, die er gemäß eigener Wahl zu üben gewohnt ist. Auch ist es ihnen erlaubt, ihre Gotteshäuser aufzubauen. Und damit unsere Gnade noch größer werde, geruhten wir auch folgendes zu bestimmen: Wenn die Christen früher Häuser und Grundstücke als rechtliches Eigentum besaßen, diese aber gemäß dem Befehle unserer Väter in die Rechte des Fiskus übergingen oder von einer Stadt in Besitz genommen wurden, sei es durch Kauf oder geschenkweise, so gaben wir Befehl, daß das alles den Christen als den ursprünglichen Inhabern zurückerstattet werde. Auch darin sollen alle unsere fromme und fürsorgliche Gesinnung erkennen.“
Nicht einmal ein ganzes Jahr war zwischen der an den Säulen kundgegebenen Verordnung des Tyrannen gegen die Christen und dem obigen Erlaß verstrichen. Der gleiche Mann, der uns noch kurz zuvor als ruchlose und gottlose Menschen und als Pest für alles Leben ansah, so daß er uns in keiner Stadt, ja nicht einmal auf dem Land und in der Wüste zu wohnen gestattete, gab jetzt Verordnungen und Gesetze zugunsten der Christen. Die noch eben durch Feuer und Schwert, durch den Biß wilder Tiere und Raubvögel vor seinen Augen dahinstarben und jegliche Art von Strafe und Folter und Tod als gottlose und ruchlose Menschen in erbärmlicher Weise erleiden mußten, erhielten jetzt von demselben Manne die Erlaubnis zu freier Religionsübung und zur Erbauung von Kirchen. Der Tyrann selbst gewährte ihnen Anteil an gewissen Rechten.
Nachdem Maximinus ein solches Bekenntnis abgelegt, wurde er plötzlich von Gottes Geißel getroffen und ging in der zweiten Schlacht des Krieges (mit Licinius) zugrunde, zur Belohnung gleichsam für eben dieses Bekenntnis weniger leidend, als er zu leiden verdient. Doch fand er nicht das Ende, wie es Feldherrn im Kriege beschieden ist, die, oftmals für Tugend und Freunde männlich im Kampfe streitend, mutig eines ruhmvollen Todes zu sterben pflegen. Er erlitt vielmehr die Strafe, wie sie dem ruchlosen Kämpfer gegen Gott gebührt. Da seine Truppe noch in Reih und Glied im Felde stand, hielt er sich zu Hause verborgen. Da schlug ihn plötzlich Gottes Geißel am ganzen Körper. Von furchtbaren Schmerzen und Qualen gepeinigt, stürzte er, das Gesicht nach unten, zu Boden. Er siechte vor Hunger dahin, und all sein Fleisch wurde von unsichtbarem, von Gott gesandtem Feuer verzehrt. Die ganze Gestalt, die der Körper einst besessen, schwand dahin und zersetzte sich, und es blieb infolge des langen Siechtums nur noch ein Skelett mit ausgedorrten Knochen übrig. Den Anwesenden erschien so sein Körper nur mehr als Grab der Seele, die in einem nun toten und hingeschwundenen Leibe begraben lag. Da ihn aus dem innersten Marke heraus die Hitze immer noch mehr verbrannte, traten ihm die Augen heraus und fielen aus den Höhlen, so daß er blind wurde. Und da er trotzdem noch lebte, rief er, dem Herrn bekennend, nach dem Tode. Im letzten Augenblick gestand er, daß er verdientermaßen dies gelitten wegen seines törichten Verhaltens gegen Christus. Und so gab er seinen Geist auf.
12. Nachdem Maximinus, der allein noch von den Feinden der Gottesfurcht übriggeblieben war - er hatte sich als der schlimmste unter allen gezeigt -, auf solche Weise aus dem Leben geschieden, wurden dank der Gnade des allmächtigen Gottes die Kirchen von Grund aus neu aufgebaut. Das Wort Christi, hell aufleuchtend zur Ehre des Gottes des Alls, gewann größere Freiheit als zuvor, und die Gottlosigkeit der Glaubensfeinde versank in äußerste Schmach und Schande. Zuerst wurde Maximinus selbst von den Herrschern als der gemeinsame Feind aller erklärt und in öffentlichen Edikten zum ruchlosesten und unseligsten und gottverhaßtesten Tyrann erklärt. Alle die Bilder, die zu seiner Ehre und zur Ehre seiner Kinder in allen Städten aufgestellt waren, wurden teils von der Höhe zu Boden geworfen und vernichtet, teils durch Überstreichung der Gesichter mit schwarzer Farbe unkenntlich gemacht. In gleicher Weise wurden auch alle ihm zu Ehren errichteten Bildsäulen umgeworfen und zerstört, für alle, die sie beschimpfen und verhöhnen wollten, ein Gegenstand des Gelächters und des Spottes.
Sodann wurden auch die übrigen Feinde der Gottesfurcht aller Ehren beraubt. Die Anhänger Maximinus wurden sämtlich getötet, vor allen jene höheren, von ihm ausgezeichneten Beamten, die, um ihm zu schmeicheln, in hochfahrendem Wahne gegen unsere Religion gewütet. Zu ihnen zählte Peuketius, den Maximinus als seinen vertrautesten Genossen mehr als alle ehrte und schätzte und den er zweimal und dreimal zum Konsul und zum obersten Finanzbeamten erhoben. Desgleichen Kulzianus, der alle Staatsämter durchlaufen und seinerseits sich rühmte, in Ägypten das Blut ungezählter Christen vergossen zu haben, und dazu nicht wenige andere, durch die die Tyrannenherrschaft des Maximinus hauptsächlich Stärkung und Förderung erfuhr. Auch Theoteknus rief die Gerechtigkeit, die seine Untaten gegen die Christen keineswegs vergessen, zur Rechenschaft. Während er nämlich auf die Errichtung des Götzenbildes in Antiochien hin Glück zu haben schien und von Maximinus bereits mit einer Statthalterstelle ausgezeichnet ward, ließ Licinius nach seinem Einmarsch in Antiochien die Zauberer verhaften und quälte die Propheten und Priester des neuerrichteten Götzenbildes mit der Folter, um zu erfahren, auf welche Veranlassung hin sie den Trug übten. Und da sie unter den Qualen der Folter die Wahrheit weiter nicht verbergen konnten, bekannten sie, daß das ganze Geheimnis ein Trug sei, ins Leben gerufen durch die List des Theoteknus. Da erteilte er allen die gebührende Strafe. Zuerst ließ er Theoteknus, sodann die Genossen seines Gaukelspieles nach einer langen Kette von Peinigungen dem Tode überliefern.
Dazu kamen noch die Kinder des Maximinus, die er bereits an der kaiserlichen Würde und der Ehrung in Gemälden und Bildern hatte teilnehmen lassen. Auch jene, die ehedem der Verwandtschaft mit dem Tyrannen sich rühmten und in stolzer Überhebung alle Menschen drückten, erlitten unter äußerster Schmach dasselbe Schicksal wie die oben erwähnten Männer. Denn sie nahmen keine Zucht und erkannten und begriffen nicht die Mahnung in den heiligen Büchern, die da sagt: „Vertrauet nicht auf Fürsten, auf Söhne von Menschen, bei denen keine Hilfe ist. Ihr Odem wird dahingehen und zur Erde zurückkehren. An jenem Tage werden vergehen alle ihre Gedanken.“
Nachdem so die Gottlosen ausgetilgt, verblieb Konstantin und Licinius allein die ihnen gebührende Herrschaft in festem und unangefochtenem Besitze. Eingedenk der ihnen von Gott gespendeten Wohltaten, säuberten sie vor allem die Welt von der Feindschaft gegen Gott und bekundeten ihre Liebe zur Tugend und zu Gott und ihre Frömmigkeit und Dankbarkeit gegen Gott durch ihre Gesetzgebung zugunsten der Christen.