V. 2-5. Und die Syrer waren in Streifscharen ausgezogen und hatten aus dem Lande Israel1) eine kleine Dirne gefangen weggeführt2), die war im Dienste bei dem Weibe Naemans. Und sie sprach zu ihrer Gebieterin: Ach, dass doch mein Herr bei dem Propheten zu Samaria wäre, dann würde er ihn von seinem Aussatz losmachen! Da ging er hin und sagte es seinem Herrn an und sprach: So und so hat die Dirne aus dem Lande Israel geredet.
Das irdische Glück des trefflichen, so hoch angesehenen und mächtigen Naeman war, so haben wir gesehen, wie ein rotwangiger Apfel, der im Innern von einem hässlichen Wurm zerfressen wird. Es wird vom Aussatz verschlungen, wie die sieben fetten Kühe von den sieben magern Kühen im Traume Pharaos verschlungen werden. Es hat gewiss Augenblicke gegeben im Leben Naemans, wo er sich sonnte in seinem Glücke. Aber nur Augenblicke. Dann rang sich aus seinem gepressten Herzen der Seufzer los und drang wie ein Schwert durch seine Seele: Naeman, Naeman, du bist ja aussätzig!
Wir sind, liebe Brüder und Schwestern, alle Naemans von Natur und im Leibe dieses Lebens, so hörten wir schon.
Aber aussätzig! Dieses „Aber“ ist wie das Unkraut, das in jedem Garten wächst, wie Dornen und Disteln, die der Acker der Erde so reichlich trägt. Es wäre ja alles gut, aber mein schwacher, kranker, siecher Leib, aber mein Mann, aber mein Weib, aber meine Kinder, aber meine Nachbarn, aber mein Geschäft, und wenn ich eine ganze Weile so fortführe, ich würde doch wohl das besondere Aber noch vergessen, das dich oder mich drückt Und das allerschlimmste? Aber die Sünde, aber der Tod! Es ist eine törichte Rede, wenn man meint, das gehöre mit zur Würze des Lebens. Wo Licht sei, müsse doch auch Schatten sein. Ich freue mich auf den Himmel und freue mich darum, weil es dort kein Aber mehr gibt. Kein Leid, kein Geschrei, keine Schmerzen, kein Tod. Auch keinerlei Tränen mehr; die werden an der Pforte des Paradieses für alle Zeiten abgewischt.
Es hat einer auf die Fragen 1. was ist der Mensch? 2. wem ist er zu vergleichen? 3. was ist sein Handel und Wandel? 4. was für eine Gesellschaft hat er hier auf Erden? also geantwortet: 1. Der Mensch ist ein Fremdling und ein wandernder Gast, der auf dieser Erde reist und alle Stunden näher zum Grabe kommt. 2. Der Mensch ist besten Falls einem gefrorenen Eis zu vergleichen, welches durch der Sonne Hitze zerschmilzt und zu Wasser wird. 3. Der Mensch muss stets kriegen und zu Felde liegen. 4. Des Menschen stete Gesellen sind Hunger, Kummer, Durst, Frost, Hitze, Verdruss, Ärger, Sorge, allerhand Krankheiten und endlich der Tod.
Wie wahr, schön, ergreifend schildert es Paul Gerhard in seinem Liede: Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand. Wenn es heißt im 2. Verse: Was ist mein ganzes Wesen von meiner Jugend an als Müh und Not gewesen? So lang ich denken kann, hab ich so manchen Morgen, so manche liebe Nacht mit Kummer und mit Sorgen des Herzens zugebracht.
Und im 6.: Zum Herrn steht mein Verlangen, da wollt ich gerne hin; die Welt bin ich durchgangen, dass ich's fast müde bin: Je länger ich hier walle, je wen'ger find ich Freud, die meinem Geist gefalle, das meist ist Herzeleid. Und im 7.: Die Herberg ist zu böse, der Trübsal ist zu viel; ach komm, mein Gott, und löse mein Herz, wenn Dein Herz will. Komm, mach ein sel‘ges Ende an meiner Wanderschaft, und was mich kränkt, das wende durch deinen Arm und Kraft.
Auch im Herzen des Weltmenschen müssen diese Worte ein Echo finden, wenn er nach dem Taumel der Lust und der Sünde ein wenig nachdenken und sich selbst nicht belügen will. Aber ein Gotteslind mit dem vom Heiligen Geiste angefachten Heimweh im Herzen fühlts noch viel tiefer. Gerok, der gottbegnadigte Sänger, hat es dem Gläubigen aus dem Herzen herausgesungen: Herr, ich harre, Herr, ich dürste schmerzlich nach der Ewigkeit. Führe mich, o Friedensfürste, in den Frieden nach dem Streit. Müde bin ich aller Leiden, müde, müde auch der Freuden. Meine Seele schreit nach Dir. Herr, mein Gott, wann rufst Du mir?!
Es ist wohl wahr: Das Evangelium ohne Leiden gehört für den Himmel, das Leiden ohne Evangelium für die Hölle, das Evangelium mit Leiden für die Erde. Aber gibts denn kein Evangelium für das Leiden der Erde? Kann dem Naeman nicht geholfen werden? Kann das „Aber“ nicht verklärt werden? Gibts denn kein Holz, das das bittere Mara-Wasser süß macht? Gibts keine Rosen unter dem Kreuze? Keine Hilfe im Elend? Keine Salbe für die Gewissensbisse? Keinen Frieden unter der Last der Sünde? Keine Mixtur gegen die Todesangst? Wenn die Ziegeln gedoppelt werden, kommt kein Moses? Gibts keinen Gott, der da hilft, keinen Herrn, Herrn, der vom Tode errettet? Doch, liebe Seele, doch! Die junge Dirne aus Israel sagts dem Naeman sie sagt es auch uns: Ach, dass doch mein Herr bei dem Propheten zu Samaria wäre, dann würde er ihn von seinem Aussatz losmachen!
Lasst uns hören:
Es ist Rettung da für Naeman! Die kleine Dirne sagts zu ihrer Gebieterin.
Wer ein wenig Phantasie hat, kann aus dem 2. Vers eine lange, spannende Geschichte machen. Das war ein Tag des Jammers für die Dirne und ihre Eltern, als sie von rohen Soldaten ihren Eltern geraubt und fortgeführt wurde. Armes Kind! Beklagenswerte Tochter Israels! Von Vater und Mutter, von Land und Volk getrennt, was magst du empfunden haben in deinem heidnischen Lande und Hause! Keinen Sabbat mehr - welche Leere! Kein Wort Gottes mehr - welcher Mangel! Kein Psalmgesang mehr - welche Einsamkeit! Ringsum Götzen und Götzendiener - welcher Widerwillen! Aber sie hat ein gutes Erbteil vom Vaterhaus mitgebracht. Zwar keinen Koffer voller Kleider und allerlei für Putz und Tand. Ein gläubiges Herz. Vater, Mutter, Freiheit, Vaterland - alles hat man ihr genommen. Aber den Glauben konnte ihr niemand aus dem Herzen reißen. Mir ist, als wenn ich sie mit Assaph sprechen hörte: Wenn ich nur Dich habe, frage ich nichts nach Himmel und nach Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, bist Du doch allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.
Sie hat ja noch so viel zu danken. Es war eine freundliche Führung Gottes, dass sie in Naemans Haus kam. Zwar ein heidnisches Haus, aber doch ein edles Haus. Dass es mit ihrem Glauben rechter Art ist, zeigt ihre Liebe zu ihrer Herrschaft. Ihres Herrn großes Leid geht ihr zu Herzen. Sie gehört nicht zu der weitverbreiteten Klasse von Dienstboten, die nur nur um schnöden Lohn dienen, aber sonst kein Herz und Interesse für die Herrschaft haben. Zum andern: Wie frisch und frei bekennt sie ihren Glauben! Sie spricht es offen aus: Kein anderer kann meinen Herrn heilen als Elisa, der Prophet Gottes in Samaria. Ein starker Glaube und ein entschiedenes Bekenntnis! O wir können gewiss sein, ihr Glaube war ihr Halt, ihr Trost, ihre Kraft, ihre Hoffnung.
Väter, Mütter, nehmen eure Kinder auch ein solches Erbteil mit ins Leben, in die Welt? Welcher Segen für sie, welche Freude für euch. Gott sei sie geklagt, diese verfehlte Erziehung, diese schreckliche Verziehung in tausend und abertausend Christenhäusern. Wie dünn sind die Großmütter Loides und die Mütter Eunikes gesät, denen Paulus das schöne Zeugnis gibt, dass sie den jungen Timotheus von Kind auf unterwiesen haben im Worte Gottes. Wort Gottes, Gebet, Sonntagsfeier, Hausandacht - das gilt nicht viel bei der Erziehung unzähliger Christenkinder. Abgetane Dinge. Griechisch, Lateinisch, Französisch, Englisch, einen guten Brief schreiben, eine gute Handschrift haben, einen hellen Kopf, gesunde Glieder, eine schöne Ausstattung, ein Erbe im Hypothekenbuch - das machts. Ja das machts, dass die Söhne und jungen Herren, Mädchens und Fräuleins keinen Gott haben im Leben und im Sterben. Ach und Weh über die Lehrer unserer Jugend, die selber ohne inneres Leben, zerrissen und zerfressen vom Unglauben, kein Leben wecken können in den Herzen unserer Kinder.
So wachsen zahllose Kinder auf und kommen nie mit einem Glaubensleben in Berührung außer dass sie die vorgeschriebenen Lieder und Sprüche und den Katechismus auswendig lernen. Sie sehen nie die Bibel in der Hand des Vaters, hörten ihn nie beten oder von heiligen Dingen reden, hatten nie eine stille Stunde, in welcher eine fromme Mutter sie nach oben wies. So wenig als eine Blume in dumpfer Kellerluft, kann eine Kindesseele in solcher Atmosphäre sich entfalten. Ich glaube nicht, dass unter den feilen und schlechten Dirnen, die es in unserer Stadt gibt, eine einzige ist, die aus einem frommen, gläubigen Hause stammt. Und wäre eine darunter, so weiß ich es auch, dass der Gedanke an ihre gläubigen Eltern ein Stachel ist, den sie nicht wieder los werden kann. Und nun ihr jungen Mädchen, stellt euch vor diese Dirne aus dem Lande Israel. Ist noch etwas zurückgeblieben von eurer Konfirmation? Gedenkt ihr noch an das Gelübde, „eurem Erlöser lebenslang nachzufolgen“? Was sind das für Reden, die ihr untereinander führt? Nur von Putz und Tand, Konzert und Bällen? Wie viele sind unter euch, die ihren Glauben bekennen so fröhlich und so frei, wie diese Dirne aus Israel? - Ein junges Mädchen kommt aus der Pension zurück ins Elternhaus. Sie kommt anders zurück, als sie hingegangen war. Sie hat den Herrn gefunden. Ihre Seele ist gläubig geworden wie Marias Seele. In ihrem Hause findet sie es, wie es vorher war. Still ist ihr Wandel geworden. Eine gewisse Traurigkeit und Wehmut liegt auf ihrem Angesichte. Da ruft sie eines Tages der Vater in sein Zimmer. „Was ist dir, liebes Kind“, fragt er sie. „Was drückt und quält dich?“ Eine Weile verstummt sie. Dann aber stürzt sie weinend in die Arme ihres Vaters. „Vater“, spricht sie, „ich halte es nimmer aus in einem Hause, wo nicht gebetet wird!“ Wenn denn die Eltern den Kindern keine Führer zu Christo gewesen sind, sollen es die Kinder ihren Eltern werden, so sie Christum gefunden haben.
Also die kleine Dirne sagt es dem großen Naeman, dass für ihn noch Rettung da ist. Ach, dass doch mein Herr bei dem Propheten zu Samaria wäre!
Wenn Gott einer Seele zum Leben helfen will, hat er tausend Mittel und Wege. Dann kann er die Winde zu seinen Engeln und die Feuerflammen zu seinen Dienern machen und eine kleine Dirne zur Evangelistin für einen Generalfeldmarschall.
Ging einmal einer aus der Kirche, wie er so oft herausgegangen war. Der Prediger hatte ernst gepredigt, aber dem Manne war bis dahin der Kanal zwischen Ohr und Herz verstopft. Auch heute war kein Wort hindurchgekommen. Unterwegs findet er auf dem Wege ein zerrissenes Blatt. Gedankenlos hebt er es auf. Es war ein Blatt aus einem Andachtsbuche. Er sieht näher hin und liest die gesperrt gedruckten Worte: Eile und rette deine Seele! Was die Predigt nicht vermocht hatte, das brachte dies zerrissene Blatt zuwege. Mit einem Male wurde es dem Manne klar, dass er eine Seele hatte, die gerettet werden musste. Und er säumte nicht lange, kniete nieder auf offenem Felde und schrie: Herr Jesu, hier bin ich, eile und rette meine Seele! Und sie ist gerettet worden. Oder, da stand einmal eine Dame vor dem Spiegel und machte Toilette. Sie wollte zum Ball gehen, und so eine Toilette für den Ball dauert länger als eine Predigt. Ihr Töchterlein sitzt dabei und lernt an einem Sprüchlein für die Schule. „Mutter“, sagte sie mit einem Male und springt auf, „jetzt kann ich es. Höre zu: Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid. Damit kann ich vor Gott bestehn, wenn ich zum Himmel werd eingehn.“ Und die Mutter hörte zu, und der Geist Gottes tat ihr das Herz auf, dass sie recht hörte. Mit dem Ball war es an dem Abend vorbei. Aber die Engel im Himmel freuten sich über eine Seele, die Buße tat.
Solcher Geschichten gibt es im Reiche Gottes wie Sand am Meer. Die Ewigkeit wird es noch offenbar machen.
Ach, dass doch mein Herr bei dem Propheten in Samaria wäre! Was diese kleine Dirne ihrer Herrin zuflüsterte, wird unter uns frei und öffentlich gepredigt und bezeugt. Die Zeiten sind lange vorüber, wo man in Katakomben, Höhlen und Klüften sich versammelte, um von Jesu zu hören, dem Propheten von Nazareth. Damals „stahl man sich zu Jesu“. Da flüsterte einer dem andern zu: Komm, komm mit, du sollst etwas hören, was du nie gehört hast. Wie wird deiner Seele so wohl sein. Die Zeiten sind vorüber, obwohl es auch selige Zeiten waren für das Reich Gottes. Heute wird es ja von den Dächern gepredigt: Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein Name den Menschen gegeben worden, darin wir sollen selig werden. Apstl-Gesch. 4,12. Jesus als Heiland und Erretter wird unter uns gepredigt seit mehr denn 1000 Jahren. In mehr denn 300 Sprachen wird es der Menschheit zugerufen: Wer den Namen des Herrn wird anrufen, soll selig werden. Die Bibel sagt es. Joel 2,32. Sie ist geschrieben, dass wir glauben, Jesus sei Christ, der Sohn Gottes und dass wir durch den Glauben das Leben haben in Seinem Namen. Joh. 20,31. Sie ist das Buch von des Menschen Elend. Es findet jeder sich in diesem Buche wieder mit allen seinen Sünden und seinen Nöten. Es kommt keine Klage aus des Menschen Herz und Mund, die nicht in der Bibel verzeichnet stände. Aber sie ist auch das Buch von des Menschen Erlösung. Sie redet von der Sünde, aber auch von dem, der uns selig machen will von der Sünde. Sie redet von allen Nöten, aber auch von dem, der uns helfen, trösten und erretten will. Sie redet von dem Tod, aber auch von dem, der dem Tode die Macht genommen. Die Bibel sagt es, dass Rettung da ist für den armen Menschen. O, warum glaubt man ihr nicht! Warum verhallt bei so vielen ungehört ihr Ruf! Doch Gott sei Dank, dass es nicht mehr möglich ist, die Bibel mundtot zu machen.
Es war ums Jahr 284 nach Christi Geburt. Da bestieg Diokletian den römischen Kaiserthron. Unter diesem heidnischen Kaiser brach eine Christenverfolgung aus, so furchtbar, so blutig, wie sie nie dagewesen. Alle nur erdenklichen Todesarten wurden angewandt, die Christen und den Christenglauben auszurotten. Bei Todesstrafe wurde jedem Christen, der in Besitz heiliger Schriften war, befohlen, sie auszuliefern, damit sie verbrannt würden.
Da fanden sich wohl etliche, die aus Furcht vor dem Tode ihre Bibeln auslieferten. Man hat sie gebrandmarkt für alle Zeiten mit dem Namen: Traditores d. h. Auslieferer. Diokletian ist bei seinen furchtbaren Anstrengungen, das Wort Gottes aus der Welt zu bringen, zu Schanden geworden. Heutzutage wäre es Wahnsinn, ein solches Verbot zu erlassen. Wenn der Rheinstrom über die Ufer getreten, sind alle menschlichen Bemühungen ohnmächtig, die Wasser in ihr enges Bett zurückzudrängen. Man muss es eben laufen lassen. So läuft Gottes Wort durch alle Lande. Während die gelehrte, aufgeklärte, gebildete, ungläubige Welt über die Bibel spottet, sind Tag und Nacht die Druckerpressen tätig, die Bibel zu einem „Spottpreis“ unter die Leute zu bringen. Auch der Papst, der aus Besorgnis für die Einheit und Lehre der römischen Kirche den Laien das Bibellesen verbietet, kann den Bibelstrom nicht mehr zurückdämmen. Die Bibel in deiner Hand redet die Sprache der jungen Dirne aus Israel. Ach, dass doch mein Herr bei dem Propheten zu Samaria wäre, dann würde er ihn von seinem Aussatz losmachen! Ja, dass du glauben könntest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen.
Die Bibel sagt es: Es ist Rettung da! Und auf Grund der Bibel stehts in allen christlichen Schriften: Es ist Rettung da. Gelobt sei Gott, dass so viele Druckerpressen heutzutage der armen Menschheit denselben Dienst erweisen, den die Dirne aus Israel dem Naeman erwies. Und auf Grund der Bibel rufen es zahllose Prediger und Evangelisten in allerlei Kirchen und Gemeinschaften in diese Welt hinein: Es ist Rettung da! Ja, wenn es denn nur geschieht, wenn nur Christus verkündigt wird auf allerlei Weise, zufällig oder rechter Weise, in der Alba eines römischen Priesters oder im Talar des evangelischen Geistlichen, in der Methodistenkapelle oder im großen Baptisten-Tabernakel zu London, im einfachen schwarzen Rock oder im blauen Kittel, in unserer herrlichen gotischen Pauluskirche oder in einem elenden Bretterhause auf Kamerun, im Versammlungshause oder in der Schule, in einem kirchlichen Gebäude oder in einem Privathause, wenn denn nur Christus gepredigt wird, so sollten sich alle darüber freuen, die von dem Jammer der Menschheit angefasst werden. Phil. 1,18. Die Hauptsache war, dass es dem Naeman gesagt wurde, ob es nun ein Priester oder Levit oder die junge Dirne aus Israel war, die es sagte. Es ist Rettung da! So bezeugen alle die, die sie erfahren haben. Welch eine Wolke von Zeugen seit der Apostel Zeiten bis auf den heutigen Tag! Du glaubst der Bibel nicht so glaube denen, die es erfahren haben, dass die Bibel Wahrheit ist. Du glaubst Pastoren und Predigern nicht - so glaube denen, die durch ihren eigenen Glauben errettet worden sind nach Leib und Seele. Sie erfuhren wunderbare Hilfe. Sie schrien nach oben und wurden erhört. Sie wurden reichlich getröstet. Sie rühmten sich ihrer Trübsale. Sie kamen zum Frieden. Ihr Gewissen wurde entlastet. Sie schmeckten die Kräfte der zukünftigen Welt. Sie überwanden alle Schrecknisse des Todes. Du hast sie nicht weit zu suchen. Du kannst sie aller Orten finden. Sie werden, sie müssen es dir bezeugen: es ist Rettung da.
Wo ist sie denn? Bei dem Propheten zu Samaria, sagt die Dirne aus Israel. Also im Lande Syrien kann dem Naeman nicht geholfen werden. Er muss den Weg machen nach dem verhassten Samaria. Er muss die Götzen fahren lassen, denen er bisher gedient. Er kann sonst ganz Syrien in Bewegung setzen der gewaltige Generalfeldmarschall. Aber den Weg nach Samaria kann ihm keiner abnehmen, wenn ihm geholfen werden soll. Das war wohl eine bittere Pille für den Naeman. Ohne etwas Herzbrechen wird es wohl nicht abgegangen sein. Aber die Not war sehr groß, und da er sonst keine Hilfe fand, senkte sich das Wort der Dirne in die Tiefe seines Herzens, wie der Anker in den Grund des Meeres. Ach, dass mein Herr bei dem Propheten zu Samaria wäre! Der Kopf des Naeman protestierte gewiss gegen diese Botschaft der jüdischen Dirne. Zu Samaria bei dem Propheten! Wie ärgerlich und wie töricht, als er es zum ersten Male hörte. Aber die Dirne blieb bei ihrer Behauptung, und sein Leiden blieb auch. Wir werden ja noch hören, wie er sich selbst verleugnete und den Propheten zu Samaria aufsuchte.
Liebe Seele, Rettung ist da. Aber in dem Syrien dieser Welt ist sie nicht zu finden. Dich drückt deine Armut. Du kommst nicht zur Ruhe von den Fragen der Sorgen und Sorgen der Fragen: Was sollen wir essen, was sollen wir trinken, womit sollen wir uns kleiden? Du möchtest frei sein von aller Mutlosigkeit, allem Verzagen. Dich verlangt nach gnädiger Durchhilfe, nach freudigem Mut unter allem Mangel. Du seufzt unter einem schweren Kreuze. Vielleicht ist es ein Amtskreuz, oder Hauskreuz, oder Geschäftskreuz. Du möchtest Errettung haben oder Erleichterung. Du bist in einer schwierigen Lage. Es sind lauter dunkle Wolken, die am Himmel deines Lebens hängen. Du möchtest den Weg wissen, der dich herausführt aus dem Dunkel in das Licht. An deinem Leben und Leibe zehrt ein unheilbares Leiden. Oder dein Weib oder dein Kind liegen hoffnungslos darnieder. Die Kunst der Ärzte ist lange am Ende. Ist denn kein Arzt da, keine Salbe in Gilead, die helfen kann?
Dir ist die Welt verleidet. Was sie bieten kann, ist dir zum Ekel geworden. Du schreist nach Leben und seliger Genüge. Auf dir lastet der Jammer einer unglücklichen Ehe. Ist denn keine Rettung da? Dich hat der Donner von Sinai erschreckt. Du fühlst dich schuldig an allen Geboten. Längst vergessene Jugendsünden rauben dir die Ruhe; denn sie sind wieder lebendig geworden. Wer kann dein Gewissen entlasten, wer kann deiner Seele Frieden geben?
Du hast lange vergeblich mit einer Leidenschaft gekämpft. Jahre lang bist du ein elender Sklave einer furchtbaren Sünde gewesen. Ist denn keiner, der mich davon frei macht? Du bist ein Knecht in der Furcht des Todes. Das Wörtlein Tod erfüllt mit Grausen deine Seele. Gibts denn keine Mixtur gegen die Todesangst? Kein fröhliches, hoffnungsseliges Sterben? Seele, willst du dieses finden, such's bei keiner Kreatur, lass was irdisch ist dahinten, schwing dich über die Natur! Du musst aus dem Lande Syrien heraus, musst in das Land des Glaubens eilen. Der Prophet Elisa zu Samaria ist tot. Sein Name hat keine Kraft, keine Geltung mehr. Er war einer von den vielen, durch die Gott vor Zeiten manchmal und auf mancherlei Weise geredet hat. Hebr. 1,1. Und derselbe Gott, der durch sie redete, bezeugte sich durch sie in Wundern und Zeichen. Vorläufer waren sie alle auf den Propheten von Nazareth. Wenn die Sonne aufgeht, gehen die Sterne unter. Man sieht sie nicht mehr. Auch der Mond verliert seinen Schein. Mond und Sterne sie waren gut für die Nacht. Aber wenn die Sonne scheint, bedarf man ihrer nicht mehr. Jetzt steht die Sonne am Himmel. Jesus, Gottes eingeborener Sohn, Gott von Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, leuchtet am Himmel der Menschheit. Der Prophet zu Samaria ist tot. Jesus lebt Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben. Höre Seine Worte. Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. So ihr in Mir bleibt, und Meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt und es wird euch widerfahren. Und was ihr bitten werdet in Meinem Namen, das will Ich tun, auf dass der Vater geehrt werde in dem Sohn.
So konnte kein Moses, Elias, Elisa, Jeremias und Jesaias reden. Unglücklicher, warum zweifelst du? Glaube. Ohne Herzbrechen geht es nicht ab. An Jesum glauben heißt an sich selbst verzweifeln, heißt seine eigene Gerechtigkeit daran geben, heißt seine Vernunft gefangen nehmen, heißt herunter steigen wie Zachäus vom Maulbeerbaume, heißt klein werden, ganz klein. Auf etwas Hohn und Spott musst du dich auch gefasst machen. Ein für unsere Sünden gekreuzigter Heiland ist nicht nach dem Geschmack der Welt. Und den von den Toten auferstandenen und gen Himmel gefahrenen Christus wirft der Unglaube zu den Ammen- und Kindermärchen. Und zu den Pietisten und Muckern musst du dich auch rechnen lassen. Dieser Sekte der Nazarener wird noch an allen Enden widersprochen. Apstl.-Gesch. 28,22. Aber glaube, glaube. Dieser Glaube ist aller Kosten, Mühen, Anstrengungen, alles Bittens und Kämpfens wert.
Als Christoph Columbus die neue Welt suchen wollte, wurde es ihm sehr schwer, bei den Mächtigen dieser Erde Geld und Schiffe zu finden. Endlich, endlich fand sich Königin Isabella von Spanien bereit, drei kleine, elende Schiffe zu riskieren. Riskiere du diese ganze schiffbrüchige Welt. Du wirst eine neue, bessere Welt finden. Steure hin, liebe Seele, gejagt und geplagt von tausend Nöten, zu dem Propheten von Nazareth, im Schifflein deines Glaubens. Und wenn es ein kleines elendes Schifflein ist, steure nur hin. Und dann halte Ihn fest. Es gibt eine Erzählung von einem, der zuerst das Boot mit seiner rechten Hand festhielt, und als auch diese abgehauen, sich mit den Zähnen festhielt. Wenn eine Hilfe abgeschnitten wird und dann eine andere, so hält der Glaube sich auch an den Herrn, so lange er sein Wort hat. Christus oder nichts. Eine andere Zuflucht gibt es nicht.
O du Zuflucht der Elenden, wer hat nicht von Deinen Händen Segen, Hilf und Heil genommen, der gebeugt zu Dir gekommen?
Er ist gesetzt zum Erbe über alles. Er ist der Glanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild seines Wesens und trägt alle Dinge mit Seinem kräftigen Wort. Sein Name ist: Wunderbar, Rat, Kraft Held, Ewig-Vater, Friedefürst. Seine Schätze sind unergründlich. „Er ist der wahre Salomon und Seine tägliche Lieferung ist nicht nur genug für Seinen ganzen Haushalt, sondern für alle die, welche verhungernd an den Hecken und Landstraßen liegen.“ Aber auf den Weg musst du dich machen. Suchen, anklopfen, bitten musst du. Naeman musste vor Elisa erscheinen. Er hatte ein ganzes Haus voll Sklaven und Knechte. Aber diesen Weg musste er selber gehen. Du selbst musst in eine persönliche Beziehung zu Jesu treten. Andere können für dich beten und dies und das tun. Aber keiner kann für dich glauben. Das ist deine höchst eigene Sache.
So komm „in deinen Nöten und großer Jammerlast.“ Wir haben ein starkes Anrecht an den Herrn. Er hat uns ja die Verheißung gegeben. Wir können Seine Verpflichtung geltend machen und sagen: „Deine Handschrift ist dir vorgelegt, o Herr!“ Wir haben es schwarz auf weiß, dass Er der Herr, der Jesus, der Erretter sein will und wir können sicher sein, dass der Herr nie Seine eigene Handschrift verleugnen wird.
Ja, es ist Rettung da. Die Dirne aus Israel sagt es dem Naeman. Wir haben es auch gehört von Kindesbeinen an. Die Schrift sagt es. Frei öffentlich wird es gepredigt. Die Geschichte des Reiches Gottes bestätigt es. Die Gläubigen wissen und versichern es. Und Jesus ist die Rettung.
Gebt, ihr Kinder, Ihm die Herzen ;
Klagt, ihr Kranken, Ihm die Schmerzen;
Sagt, ihr Armen, Ihm die Not.
Er kann alle Wunden heilen,
Reichtum weiß Er auszuteilen;
Leben schenkt Er nach dem Tod.