Collenbusch, Samuel - Unterschied des Verhalten Davids, in Ansehung seiner Amts- und persönlichen Feinde.

Es ist ein Unterschied zwischen Amtsfeinden und persönlichen Feinden. Amtsfeinde sind diejenigen, welche wider die Heiligung des Namens Gottes und des Reiches Jesu Christi angehen, wider demselben Abbruch thun.

Persönliche Feinde sind diejenige, welche uns Unrecht thun. Von solchen Feinden spricht Paulus 1. Corinth. 4,12. „man lästert uns, so stehen wir, man schilt uns, so segnen wir.“

Wer Davids Amtsfeinde, und Davids persönliche Feinde nicht unterscheidet, der irret. Saul war ein persönlicher Feind des Davids. Isboseth war ein persönlicher Feind des Davids. Simei war ein persönlicher Feind des Davids. Für diese persönlichen Feinde hat David gebeten. Er bat in der Höhle seine Männer, daß sie sich nicht wider Saul auflehnen, und ihn tödten möchten, er widersetzte sich ihrem Unternehmen mit dem größten Nachdruck.

Im Zelt, da Saul und alles was umher war, schlief, bat er den Abisai für das Leben seines persönlichen Feindes; als Simei dem David fluchte, bat er für das Leben Simei, und als er nach Absaloms Tode wieder, in das Reich eingesetzt wurde, that er alles, was zur Erhaltung des Lebens seines Feindes, seines Beleidigers, seines Verfolgers, seines Hassers, des Simei nothwendig war. Dieses Betragen des Königes Davids gegen seine Hasser, war eine Probe der Stufe der Heiligkeit, welche wir lesen Matth. 5, 44-48. ein Beweis seiner Gütigkeit über Undankbare und Boshafte.

Was er aber hernach seinem Sohne Salomo auftrug, welches wir lesen 1 Kön. 22. solches sind Stücke die zu seiner Amtstreue gehören, und Psalm 101. von ihm gerühmt werden. Die erste Probe seiner obrigkeitlichen Amtstreue lesen wir 2 Sam. 1, 15. da er den Amalekiter tödten ließ, der ihm die Krone und das Armgeschmeide von dem Könige Saul überbrachte. Diese „Historie ist ein Beweis von den tiefen Einsichten seiner Pflichten gegen Gott; und ein Beweis, wie sehr ihm über alles andere, die Heiligung des Namens Gottes am Herzen lag. Daß der Amalekiter, dem Könige David, Sauls Krone und Armgeschmeide überbrachte, das war das Allergrößte, was ihm überbracht werden konnte, und gleichwohl ließ er diesen Menschen tödten, dem er sollte Botenlohn geben; wenn er nicht gewohnt gewesen wäre, das göttliche Interesse dem Seinigen vorzuziehen. Es heißt 2 Sam. 1, 14. David sprach: „Wie? daß du dich „nicht gefürchtet hast, deine Hand zu legen an den Gesalbten des Herrn, ihn zu verderben,“ und V. 16. da sprach David zu ihm: „dein Blut sey über deinen Kopf, denn dein Mund hat wider dich selbst geredet, und gesprochen: ich habe den Gesalbten des Herrn getödtet.“

Die andere Historie von der Zärtlichkeit des Davids, in Ansehung der Heiligung des Namens Gottes, und der erstaunlich großen Treue, in seinen königlichen Amtsverrichtungen, lesen wir 2 Sam. 4, 9-12. da es heißt: „So wahr der Herr lebet, der meine Seele aus allem Trübsal erlöset hat! ich griff den, der mir verkündigte, und sprach: Saul ist todt, und meinte, er wäre ein guter Bote, und erwürgte ihn zu Ziklag, dem ich sollte Botenlohn geben, und diese gottlosen Leute haben einen gerechten Mann in seinem Hause auf seinem Lager erwürget, sollte ich das Blut nicht fordern von euren Händen, und euch von der Erde thun? Und David gebot seinen Jünglingen, die erwürgten sie, und hieben ihnen Hände und Füße ab, und hingen sie auf, am Teich zu Hebron, aber das Haupt Isboseth nahmen sie und begruben es in Abners Grabe zu Hebron.“

Die dritte Historie, von der Heiligung des Namens Gottes, lesen wir 2 San. 15, da er vor seinem Sohne Absalon flohe, und Abjathar und Zadock mit der Bundeslade vor ihm traten, da sprach er zu Zadock: „Bringe die Lade Gottes wieder in die Stadt, werde ich Gnade finden vordem Herrn, so wird er mich wieder holen, und wird mich sie sehen lassen, und sein Haus; spricht er aber also: Ich habe nicht Lust zu dir; siehe, hie bin ich, er machs mit mir, wie es ihm wohl gefällt.“ Dieses war wohl die allerhöchste Probe, der Heiligung des Namens Gottes. Und alles, was er seinem Sohn Salome auftrug, in Ansehung des Feldhauptmanns Joab, und des Simei, das war Heiligung des Namens Gottes; es war eine Ausübung seiner Amtspflichten, die er Gott schuldig war, der ihn in das Amt eingesetzet hatte, es war Amtstreue und Amtsklugheit.

Weil manche Christen unwissend sind, „welch ein groß Ding es ist, um einen treuen und klugen Knecht Gottes,“ so können sie sich in manches Betragen, und manche Ausdrücke des treuen und klugen Knechts Gottes, des Davids, nicht finden.

Wenn der Herr Jesus Matth. 5, 44. sagt: „liebet eure Feinde; segnet die euch fluchen; thut wohl denen die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen,“ so bedenken manche Christen nicht, daß David diese Worte Jesu Christi erfüllet habe, in seinem Wohlverhalten gegen den König Saul, seines persönlichen Todfeindes, wenn es aber Psalm 129, 19. 22. heißet: „Ach Gott, daß du tödtest die Gottlosen, und die Blutgierigen von mir weichen müßten, denn sie reden von dir lästerlich? und deine Feinde erheben sich ohne Ursache; ich hasse ja Herr! die dich hassen, und verdreußt mich auf sie, daß sie sich wieder dich setzen; ich hasse sie im rechten Ernst, darum sind sie mir feind.“ So muß ein Christ gewiß noch sehr ungeübte Sinne haben, in Unterscheidung des Guten und des Bösen, wenn er in diesen Worten, die erstaunlich große Amtstreue des Davids nicht erblicken kann.

Paulus sagt Röm. 12, 9. „hasset das Arge, hanget dem Guten an.“ David spricht: „Ich hasse, ja Herr, die dich hassen, und verdreußt mich auf sie, daß sie sich wieder dich setzen. - Ich hasse sie im rechten Ernst, darum sind sie mir feind.“

Fordert nicht der Herr Jesus in den sieben Apocalyptischen Briefen eine solche Amtstreue, es heißet zum Exempel Apoc. 2, 2. “ Ich weiß deine Werke, und deine Arbeit, und deine Geduld, und daß du die Bösen nicht tragen kannst; und hast versuchet die, so da sagen, sie seyen Apostel, und sinds nicht, und hast sie Lügner erfunden.“ Eben so wie diesem Bischof seinen Ernst, in Ansehung der Feinde des Evangeliums, und folglich der Feinde Gottes und Christi, zur Amtstreue angerechnet wird, so gereicht es auch dem David zur Ehre, daß er nicht gleichgültig war, in Ansehung der Feinde Gottes.

Wer die Heiligung des Namens Gottes hindert, der ist ein Feind Gottes, und wer die Zunahme des Reichs Gottes hindert, der ist ein Reichsfeind des Reiches Gottes. Wer diesen Unterschied noch nicht bemerket hat, von dem ist es unmöglich, daß er den 92 Psalm verstehen kann, da heißet es Vers 8. „die Gottlosen grünen wie das Gras, und die Uebelthäter blühen alle, bis sie vertilget werden, immer und ewiglich; Diebe, Säufer und dergleichen, sind solche Gottlose und Uebelthäter.“

Nun heißet es Vers 12. „Aber du Herr, bist der Höchste, und bleibest ewiglich: denn siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Uebelthäter müssen zerstreuet werden. Aber mein Horn wird erhöhet werden, wie eines Einhorns, und werden gesalbet werden, mit frischem Oele, und mein Auge wird seine Lust sehen an meinen Feinden, und mein Ohr wird seine Lust hören an den Boshaftigen, die sich wieder mich setzen, die mich um deinentwillen hassen.“ Hier siehet man gar wohl, daß er nicht seinen persönlichen Feind, den Saul meinet, oder diejenigen, die es mit dem Könige Saul hielten, sondern er meinet hier seine Amtsfeinde, von welchen er im 134 Psalm Vers 22 sagt: „Ich hasse sie im rechten Ernst, darum sind sie mir feind.“

Es ist uns allerdings geboten, daß wir unsere persönliche Feinde lieben sollen. Es ist aber nirgend geboten, daß wir Gottes Feinde, und die Feinde des Reiches Gottes lieben sollen, sondern wir sollen dagegen gesinnet seyn, wie Paulus dagegen gesinnet war. 3. B. Galat. 1,8. spricht er: „so auch wir, oder ein Engel vom Himmel, euch würde Evangelium predigen, anders, denn das wir geprediget haben, der sey verflucht,“ und damit man sehen könne, daß er sich nicht übereile, so fähret er fort - „so jemand euch Evangelium prediget anders, denn das ihr empfangen habt, der sey verflucht“, und Galat. 5. Vers 7.8. „Ihr liefet fein, wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen? solch Ueberreden ist nicht von dem, der euch berufen hat. Vers 10. „Wer euch irre machet, der wird sein Urtheil tragen, er sey wer er wolle, Vers 12. wollte „Gott! daß sie auch ausgerottet würden, die euch verstöhren,“

Wie intolerant der Apostel Paulus gegen die Feinde des Reichs Gottes und Jesu Christi gewesen sey, solches ersiehet man aus Philip. 3. 2.: „sehet auf die Hunde, sehet auf die bösen Arbeiter, sehet auf die Verschneidung, und in Bezug auf die bösen Arbeiter, spricht er auch: 1 Corinth. 9. Es wäre mir lieber, ich stürbe, denn, daß mir jemand meinen Ruhm zernichte.“

Wie die Christen gesinnet sein sollen, gegen die Reichsfeinde, solches kann man lernen, aus dem Tadel, gegen den Bischoff zu Pergamon, Apoc. 2, 14 bis 6. „Aber ich habe ein kleines wieder dich, daß du daselbst hast, die an der Lehre Balaam halten, welcher lehrete durch den Balack, ein Aergerniß aufrichten vor den „Kindern Israel, zu essen die Götzenopfer, und Hurerey treiben. Also hast du auch, die an der Lehre der Nicolaiten halten, das hasse ich. Thue Buße, wo aber nicht, so werd ich dir bald kommen, und mit ihnen kriegen, durch das Schwerdt meines Mundes.“ Dieser Bischoff war nicht also gesinnet, gegen die Feinde des Reiches Gottes, wie David. Er hätte nicht mit Wahrheit sagen können: „Ich hasse sie mit rechtem Ernst; darum sind sie mir feinde“

Der neunte Psalm handelt ganz offenbar nicht von den persönlichen Feinden des Davids, nicht von dem Könige Saul und seinen Gehülfen, sondern von den Feinden Gottes und seines Reichs, und folglich von seiner Amtstreue und von der Hülfe Gottes in der Ausübung derselben; denn es heißt von dem Bischoff zu Thyatira, welcher auch eine sehr große Amtstreue hatte, Apoc. 2, 19. „Ich weiß deine Werke, und deine Liebe, und deinen Dienst, und deinen Glauben, und deine Geduld, und daß du je länger je mehr thust. Vers 19. Aber ich habe ein Kleines wieder dich, daß du lässest das Weib Jesabel, die da spricht: sie sey eine Prophetin, lehren und verführen meine Knechte, Hurerey treiben, und Götzenopfer essen.“ Dieses letztere des Bischoffs zu Thyatira war kein persönlicher Fehler desselben, sondern eine Unterlassung, dessen was er Gott schuldig war, ein Mangel des Hasses der Feinde des Reiches Gottes.

Wenn man nun annimmt, daß David ein Vorbild des Königes Jesu Christi, und Davids Königreich, ein Vorbild des Königreichs Jesu Christi, und Davids Reichsfeinde, ein Vorbild der Reichsfeinde Jesu Christi war, so siehet man daraus, daß Davids Ausdrücke, in Ansehung der Reichsfeinde, nicht auf die persönlichen Feinde gehen, dergleichen Saul und Simei waren, und daß seine Worte in Ansehung der Amtsfeinde seines Königreichs eben so, zu verstehen sind, als die Worte Jesu Christi, da er spricht: „Jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte, bringet sie her, und erwürget sie vor mir.“ In Ansehung der Amtstreue, war David ein Mann nach dem Herzen Gottes. Kein einziger König in Israel, und kein einziger König, in Juda hat ein so großes Lob erlanget, in Ansehung seiner Amtstreue, so wohl in Beförderung des Guten, als auch in Zerstörung des Bösen, wie David.