Calvin, Jean - Psalm 150.

Die Inhaltsangabe zu diesem letzten Psalm wolle man beim vorhergehenden nachsehen.

V. 1 u. 2. Lobet den Herrn. Dieser Psalm empfiehlt allgemein einen Gottesdienst geistlicher Art, wie er im Darbringen von Lobopfern besteht. Mit dem Heiligtum ist hier ganz zweifellos der Himmel gemeint, wie auch sonst öfter. Der Ausdruck wird nämlich im zweiten Versglied erläutert, das denselben Gedanken wiederholt. Dort steht für „Heiligtum“: Feste, d. h. die Wölbung des Himmels. Dazu kommt das Beiwort seiner Macht, da von dorther die unermessliche Kraft Gottes hervorleuchtet, so dass der Anblick des Himmels uns zur Bewunderung Gottes hinreißen muss. Die beiden Sätze inhaltlich zu scheiden und beim ersten an die Engel im Himmel, beim zweiten dagegen an die Menschen unter der Feste zu denken, ist zu gesucht. Der Prophet will die Menschen, die im Lobe Gottes so lau sind, wecken und heißt sie deshalb ihre Blicke zum himmlischen Heiligtum erheben. Dort sitzt Gott auf seinem Thron. So stellt ihn der Prophet uns dar auch in der Absicht, dass der Majestät Gottes die gebührende Ehre in der Welt widerfahre.

Denselben Gedanken führt er im zweiten Verse weiter. Er feiert Gottes Macht und Größe, die derselbe uns im Himmel wie in einem Spiegel vor Augen gestellt hat. Ist es also unser aufrichtiger Wille, dass unsere Gemüter von Eifer zu dieser frommen Übung entzündet werden, so trete uns die unendliche Macht und Größe Gottes vor die Seele; dann wird alle unsere Stumpfheit bald weichen müssen. Denn wenn auch unser Geist solch gewaltige Größe nicht fasst, so wird doch der Vorgeschmack allein schon einen tiefen Eindruck auf uns machen. Gott aber wird das Lob, das wir nach unserm geringen Vermögen ihm darbringen, nicht verschmähen.

V. 3 bis 5. Lobet ihn mit Posaunen. In Betreff der mancherlei aufgeführten Musikinstrumente, die zur Zeit des Gesetzes im Gottesdienst verwendet wurden – ihre hebräischen Namen brauchen uns hier nicht zu beschäftigen – mögen sich die Leser nur dies merken: ihre Aufzählung soll den Kindern Gottes umso eindrücklicher machen, dass sie mit einem geringen Eifer der Pflicht des Lobpreises Gottes nicht genügen können. Mit anderen Worten: der Prophet heißt sie unverdrossen alles, was sie haben, auf diesen frommen Dienst verwenden und sich ihm ganz hingeben. Und Gott fordert auch nicht ohne Grund zur Zeit des alten Bundes jene mannigfaltige Musik, um die Gemüter der Seinen von eitlen, ja verkehrten Ergötzungen, denen die Menschen nur zu begierig sich hingeben, hinweg und zu heiliger und zuträglicher Freude hinzuleiten. Unser Fleisch erlaubt sich ja erstaunlich viel in seinem Übermut, und manche meinen wohl gar, es sollen irgendwelche Wunder geschehen, damit sie sich daran ergötzen möchten; unterdessen haben sie die größte Lust, den Gedanken an Gott zu unterdrücken. Diese verwerfliche Art konnte nicht anders zurechtgebracht werden, als indem Gott dem unbeständigen und unwissenden Volk mancherlei Zügel und fleißige Übungen auferlegte und es dadurch in Schranken hielt. Um also die Gläubigen zur höchsten Freude am Lobe Gottes zu ermuntern, nennt der Prophet die ganze Menge der damals gebräuchlichen Musikinstrumente und mahnt dazu, dass alle dem Dienste Gottes geweiht werden sollen.

V. 6. Alles, was Odem hat, lobe den Herrn! Dieser Gedanke könnte auf alle lebenden Wesen bezogen werden, wie wir bei den früheren Psalmen sahen, dass auch den vernunftlosen Geschöpfen das Amt, Gott zu loben, zugewiesen wird. Aber wie ja unter der Bezeichnung „Fleisch“ oft speziell die Menschen verstanden werden, so wird die Vermutung wohl begründet sein, dass hier die Menschen angeredet werden. Denn trotzdem sie den Lebensodem mit den Tieren gemein haben, heißen sie doch in besonderem Sinne mit Atem, d. h. Leben, begabt. Zu dieser Auffassung bewegt mich folgender Grund: nachdem der Prophet bisher das an gesetzliche Zeremonien gebundene Bundesvolk zum Lobe Gottes aufgefordert hat, wendet er sich zuletzt an die ganze Menschheit und weist damit zugleich auf eine künftige Zeit hin, wo allerwärts dieselben Lieder ertönen werden, die damals nur in Judäa zu hören waren. Und durch diese Weissagung sind wir mit den Juden zum selben gemeinsamen Gesang vereinigt, damit Gott auch unter uns mit unablässigem Lobopfer verehrt werde, bis wir im Himmelreich zusammenkommen und mit den auserwählten Engeln das ewige Halleluja anstimmen.