Inhaltsangabe:
David wünscht sich und der ganzen Gemeinde Glück, dass endlich der Platz für die Bundeslade bezeichnet und die Stätte von Gott erwählt wurde, wo sein Name fort und fort angerufen werden sollte. Und um den Gläubigen die Pflege des Heiligtums recht ans Herz zu legen, hält er es ihnen in kurzen Zügen vor, wie das Wohl des Volks darauf beruht, dass Gott einen Königssitz erwählt hat zu Jerusalem, von wo er den Seinen Schutz, Bewahrung und Hilfe zukommen lassen wollte.
Ein Stufenlied Davids.
1 Ich freute mich, als man mir sagte: Wir werden ins Haus des Herrn gehen. 2 Unsere Füße werden stehen in deinen Toren, Jerusalem. 3 Jerusalem ist gebauet als eine Stadt, die in sich selbst zusammengefügt ist.
V. 1. Ich freute mich usw. Wiederholt hatte Gott durch Mose gesagt, sein Heiligtum solle einmal eine feste und bleibende Stätte haben. Trotzdem war die Lade des Herrn mehr als tausend Jahre1) hindurch von einem Ort zum anderen gewandert, als wäre sie ein Gast im Lande. Dem David wurde der Berg Zion geoffenbart als der Ort, wo die Lade Gottes aufgestellt, wo ihm der Tempel errichtet werden sollte. Schon für seine Person erfasste er den göttlichen Spruch mit hoher Freude. Dazu kam die einmütige Zustimmung des ganzen Volks, die ihn, wie er versichert, ebenso zur Freude stimmte. Gegenstand seiner Freude war es ja, dass man ihm sagte: Wir werden ins Haus des Herrn gehen.David bezeugt damit, er habe sich doppelt gefreut, weil der Gottesspruch, der den Berg Zion für den festlichen Gottesdienst erkor, von dem Volke sichtlich mit allgemeinem Gehorsam aufgenommen worden sei. Sein Beispiel hat uns etwas zu sagen. Freuen wir uns schon, wenn Gott uns einzeln, jeden für sich, durch seinen Geist zum Gehorsam gegen sein Wort bringt, so soll die Freude noch einmal so groß sein, wenn er auch die andern dahin führt, dass sie Genossen desselben Glaubens mit uns werden. Wir wissen, wie trotzig das menschliche Herz ist, dass immer die meisten murren und widersprechen, wenn Gott redet. Darum haben wir besondere Veranlassung zum Danken, wenn alle mit uns auf Gottes Seite treten. – Übersetzt man: „Mit denen, die zu mir sagen,“ so bringt man den Sinn heraus: Ich freue mich der Gemeinschaft mit denen, die mich zum Gottesdienst einladen und sich mir als Begleiter anbieten, um miteinander zum Heiligtum zu gehen. Aber es wird uns beim zweiten Verse noch deutlicher entgegentreten, wie die Freude, von welcher David redet, ihren Grund darin hatte, dass er das Volk in willigem Glauben und Gehorsam dem Gottesspruch über den rechten und festen Sitz der Bundeslade zustimmen sah. Es heißt nämlich weiter:
V. 2. Unsere Füße werden stehen usw. Das Zeitwort steht eigentlich in der Vergangenheit: sie sind zum Stehen gekommen, und man darf das auch wohl beibehalten. Weil es jedoch für den Sinn nichts austrägt, so sei dem Leser die Wahl überlassen. Es ist die gemeinsame Rede aller Gottesfürchtigen, die David hier vorträgt: jetzt endlich würden sie ihren Fuß fest aufsetzen in Jerusalem, weil dort nach Gottes Willen das Heiligtum seine Rast finden sollte, welches bis dahin von einer Herberge zur anderen gebracht worden war. Durch solches Wandern der Lade erinnerte Gott sein Volk immer wieder an die durch Mose gegebene Verheißung und trieb seine Knechte an, um einen festen Standort zu beten. Aber dann war die Festlegung des Ortes von keiner geringen Bedeutung. So lange nämlich die Bundeslade umherzog, fehlte dem Glauben des Volks sozusagen ein fester Halt; nachdem Gott nunmehr einen bestimmten Wohnsitz erwählt hatte, hat er es bestimmter bezeugt, dass er für immer die Hut bei seinem Volk übernehme. Kein Wunder, wenn die Gläubigen mit Lob und Dank gegen Gott es aussprachen, ihre Füße würden jetzt feststehen in den Toren Jerusalems, die früher hierhin und dahin zu eilen gewohnt waren. Es ist ja wahr, dass die Bundeslade lange Zeit in Silo ihren Aufenthalt gehabt hat; aber von diesem Orte hatte Gott keine Verheißung gegeben, darum konnte das nicht von Dauer sein. Vom Berge Zion hingegen war gesagt worden, wie wir im 132. Psalm (V. 14) hören werden: „Dies ist meine Ruhe ewiglich.“ Auf dieses Wort gründet sich das zuversichtliche Rühmen der Gläubigen von dem Ruhen ihrer Füße. – Wir haben jetzt Ursache, uns noch viel mehr zu freuen: Christus, in welchem die Fülle der Gottheit wohnt (Kol. 2, 9), Christus, der rechte Immanuel, d. i. Gottmituns (Jes. 7, 14), wohnt und bleibt in unserer Mitte. Undankbare Leute sind wir und trägen Herzens, wenn seine Verheißung: „Ich bin bei euch bis an der Welt Ende“ uns nicht zu freudiger Begeisterung fortreißt, zumal wenn wir sehen, dass jedermann ihr zustimmt. Denn die soeben angeführte Stelle aus dem 132. Psalm von der Ruhe des Herrn findet erst in der Person Christi ihre Erfüllung. Das erhellt aus dem Wort des Jesaja (11, 10): „Seine Ruhe wird Herrlichkeit sein,“ wo der Prophet nicht, wie man es fälschlicherweise gedeutet hat, von dem Grab Christi redet, sondern von dem Vorzug, dessen sich die Gemeinde erfreuen soll.
V. 3. Jerusalem ist gebauet usw. Hier beginnt nun David das Lob Jerusalems zu singen, und zwar in der Absicht, damit das Volk standhaft im Gehorsam verharren möchte. Denn es kam jetzt alles darauf an, dass die Herzen der Gläubigen sich nicht mehr ablenken ließen nach irgendeiner Richtung, sondern dass sie mit allen Fasern einwurzelten in der Stadt, die das Band der heiligen Einheit war. Bekanntlich hat hernach die beklagenswerte Auflösung damit angehoben, dass das Volk in zwei Reiche auseinander ging. Somit ist der Eifer Davids wohl begreiflich, mit welchem er den von Gott erwählten Ort herausstreicht. Wusste er es doch, wie das Wohl der Gemeinde darauf beruhte, dass dort der reine Gottesdienst nach Vorschrift des Gesetzes von den Kindern Abrahams verrichtet und der von demselben Gott daselbst aufgerichtete Königsthron, den er einnahm, anerkannt wurde. Wenn er sagt, Jerusalem sei gebaut als eine Stadt,so haben wir nicht bloß an Mauern oder Türme oder Gräben zu denken, sondern vor allem an die innere Verfassung. Immerhin mag auf den früheren Zustand des Ortes angespielt sein. Salem war von jeher eine berühmte Stadt gewesen. Aber nachdem Gott es zur Reichshauptstadt bestimmt hatte, wurde etwas ganz anderes daraus. Es fing eigentlich jetzt erst an, den Namen einer richtigen Stadt zu verdienen. Auf den ersten Blick könnte es uns als eine fade Bemerkung vorkommen, Jerusalem sei eine Stadt. Jedoch ist zu beachten, dass es sozusagen als die einzige in der ganzen Welt hingestellt wird, mit der keine andere wetteifern könne. Sicherlich hat David andere Städte gern in ihrem Rang belassen; aber Jerusalem stellt er höher, es soll uns recht in die Augen fallen. Ebenso spricht Jesaja (2, 2) von dem Berge Zion: er werde höher sein als alle Berge; da weist er, um den kleinen Hügel empor zu heben, alle die hohen Berge der Welt an ihr bescheidenes Plätzchen, damit sie Zions Herrlichkeit nicht verdunkeln. In dem Sinn sagt auch David hier, Jerusalem sei gebaut als die Stadt, damit die Gläubigen nicht dahin und dorthin sich umschauen, sondern an der von Gott erwählten Stadt sich genügen lassen, weil sie ihresgleichen nirgends finden werden.
Nachdem er so alle anderen Städte hat untenan sitzen heißen, zeigt er mit einigen Worten, was Jerusalem auszeichnet: es sei in sich selbst zusammengefügt,d. h. in allen seinen Teilen zu einer kunstvollen Einheit verbunden. Einige verstehen das, ohne eine bildliche Rede anzunehmen, in dem Sinn: unter ihren Bürgern walte Friede und Eintracht. Ich fasse es gern als eine Art Gleichnis auf, wodurch der friedliche Zustand der Stadt dargestellt wird. Die geordnete, lebensvolle Verbindung und Gliederung der Bürger untereinander wird verglichen mit den geschmackvoll und kunstvoll aneinander gefügten Gebäuden, die nirgends etwas Verstümmeltes oder Zerklüftetes, sondern allenthalben Ordnung und Ebenmaß aufweisen. Es ist ein Wink, dass die Gemeinde Gottes nur bestehen kann, wo man gleich gesinnt ist und, durch das Band des Glaubens und der Liebe zusammengehalten, die heilige Einheit pflegt.
4 Da die Stämme hinaufgehen, die Stämme des Herrn, zu einem Zeugnis für Israel, zu preisen den Namen des Herrn. 5 Denn daselbst stehen die Stühle zum Gericht, die Stühle des Hauses David.
V. 4. Da die Stämme hinaufgehen.Ein Zwiefaches hebt David an Jerusalem hervor, was es auszeichnet: es ist der heilige, rechtmäßige Ort, wo der Name Gottes angerufen werden soll, und es ist der Königssitz, wo alles Volk sich Recht sprechen lassen soll. Bekanntlich besteht unser ganzes Heil in diesen zwei Stücken: dass Christus uns zum Priester gegeben ist und dass er zum König gesetzt ward, der uns regieren soll. Dieses hat Gott dem Volke des alten Bundes durch Vorbilder angezeigt: das Heiligtum auf dem Berge Zion richtete seinen Glauben auf das Priestertum Christi, und ein Bild seines Königtums wurde ihm gleichfalls vor Augen gestellt in der Person Davids. Deshalb sagt er zuerst, die Stämme Gottes würden dorthin kommen, und dann, der Stuhl des Gerichts sei dort aufgestellt, auf welchem er mit seinen Nachkommen sitzen solle. Wir wissen, warum damals nur ein Tempel und nur ein Altar sein sollte, nämlich damit das Volk nicht in allerlei Götzendienst auseinander ginge. Nun verkündigt also David, über diesen Ort sei durch göttlichen Spruch Bestimmung getroffen worden, damit von allen Seiten alle die Gottesfamilien oder die zwölf Stämme daselbst zusammenkämen. Und um es noch deutlicher auszudrücken, wie viel an der Erhaltung des reinen und rechten Gottesdienstes gelegen sei, sagt er, das diene zu einem Zeugnis.Das Wort steht hier im Sinne einer gegenseitigen Bezeugung oder eines Vertrags zwischen Gott und dem Volke. Der Prophet will etwa sagen: nicht weil es ihnen so beliebt, werden die Stämme dahin kommen, sondern weil Gott selbst sie einlädt. Der Hauptgedanke ist also dieser: die heiligen Versammlungen in Jerusalem sollen nicht vergeblich oder wertlos sein, und zwar aus dem Grunde, weil Gott den bestimmten Ort mit seinem Volke vereinbart hat. Wir schließen daraus, dass es bloß die Lehre ist, wonach sich der Wert des wahren Tempels Gottes bestimmt. Zu Davids Zeit handelte es sich um das alte Bundesvolk, das Gott angenommen hatte und das in dem äußeren Gottesdienst geübt werden sollte. Gott schrieb ihm die Weise desselben vor, und es war Sünde, davon abzugehen. Demnach war es nicht törichter, unbedachter Eifer und nicht der Drang des eigenen Hirns, was die gläubigen Israeliten zum Berge Zion hintrieb – wie sich denn die Menschen unzählige Arten von Gottesdienst selbst ausdenken – sondern sie folgten dem Gebot Gottes, dass sie auf diesem Berge ihm dienen sollten. Damit waren alle anderen Tempel für unheilig und jede andere Weise des Gottesdienstes für falsch erklärt, weil sie der göttlichen Vorschrift nicht entsprachen. – Endlich wird noch der Zweck dieser Abmachung hinzugefügt: zu preisen den Namen des Herrn.Und das ist in der Tat der Zweck nicht bloß unserer Begnadigung, sondern auch alles unseres Tuns, dass wir Gott für alles Gute preisen und rühmen.
V. 5. Denn daselbst stehen die Stühle zum Gericht.Gemeint ist der Königsthron, der zu Jerusalem aufgestellt war und dort seinen festen Platz hatte. Bekanntlich hatte es in Israel immer Gerichte gegeben, aber früher in vielfach wechselnder Form. In der Person Davids hat Gott ein neues Regiment eingesetzt, das ewig fortbestehen sollte; denn in seinen Platz sollten seine Nachkommen rücken, bis Christus kommen würde. Wie er es darum vorher vom Tempel und vom Priestertum gesagt hat, so sagt er jetzt von dem Königtum, das Gott aufgerichtet hat, es werde fest und unwandelbar sein. Dadurch wird es unterschieden von allen übrigen Reichen der Welt, die weder Dauer noch Festigkeit haben. Und die späteren Propheten haben immer wieder von dieser bleibenden Herrschaft geredet; denn die Gläubigen sollten es wissen, dass Gott nur unter Davids Schutz und Schirm der Hüter ihres Heils sein werde. So durften sie, wenn sie sicher und geborgen sein wollten, nicht nach Belieben sich neue Könige wählen, sondern mussten ihr Leben still und friedsam unter diesem Regiment hinbringen. Darum wird das Wort „Stuhl“ mit einem gewissen Nachdruck wiederholt: daselbst ist aufgestellt der Stuhl des Gerichts oder des Rechts, und dann: der Stuhl des Hauses Davids. Denn bei Davids Nachkommen sollte nach Gottes Willen das Königsrecht und die Königsherrschaft verbleiben, bis in Christus ihre ewige Dauer offenbar würde.
6 Wünschet Jerusalem Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben! 7 Es möge Friede sein in deiner Festung, Glück in deinen Türmen! 8 Um meiner Brüder und Freunde willen will ich dir Frieden wünschen. 9 Um des Hauses willen des Herrn, unsres Gottes, will ich dein Bestes suchen.
V. 6. Wünschet Jerusalem Glück! Jetzt fordert David alle frommen Verehrer Gottes auf, für die Wohlfahrt der heiligen Stadt zu beten, und macht seine Ermahnung dadurch noch eindrucksvoller, dass er hinwiederum auch ihnen den Segen Gottes in Aussicht stellt. Warum er um Jerusalem solche Sorge hatte, haben wir schon gehört und werden es am Schlusse des Psalms noch einmal hören: weil nämlich im Königtum und Priestertum das Heil der ganzen Gemeinde beschlossen lag. Nun ist aber das Wohl und Wehe des Einzelnen mit dem der Gesamtheit aufs Engste verknüpft; darum kann es uns nicht befremden, dass David allen Kindern Gottes diese Sorge angelegentlich aufs Herz legt. Wenn wir also bei unserem Beten die rechte Ordnung einhalten wollen, so muss die Bitte um das, was zur Erhaltung der gesamten Gottesgemeinde gehört, den Anfang machen. Wer aber nur an sich denkt und um das Ganze sich nicht kümmert, beweist nicht bloß seinen Mangel an wahrer Frömmigkeit, es ist auch umsonst, dass er sich selbst Gutes wünscht; er wird mit seinem verkehrten Beten nichts ausrichten. Darauf zielt auch die angefügte Verheißung: Es wird wohl gehen denen, die dich lieben oder, wenn man es als Wunsch fasst: es möge wohl gehen. Das hebräische Zeitwort bedeutet: ruhig und in Frieden leben. Aber „Friede“ steht überhaupt zur Bezeichnung angenehmer und glücklicher Verhältnisse. Sonach ist kein Zweifel, dass der Prophet allen Frommen insgemein, denen die Gemeinde Gottes am Herzen liegt, Glück und Segen in Aussicht stellt. Es ist dies ein Gedanke, dem wir bei Jesaja öfter begegnen, vom 54. Kapitel ab. Es folgt daraus auch, dass der Fluch Gottes über alle kommt, die den Frieden der Gemeinde stören oder gewissenlos in allerlei Weise auf ihren Untergang hinarbeiten.
V. 7. Es möge Friede sein in deiner Festung.Friede bedeutet auch hier dasselbe wie Glück. Das ergibt sich aus der zweiten Vershälfte, die den Gedanken der ersten wiederholt. „Festung“ habe ich übersetzt, weil das den Türmen mehr entspricht als „Graben“ oder „Zwinger“, wie andere das hebräische Wort wiedergeben. Der Gedanke ist dieser: David wünscht der Gemeinde Gottes Gedeihen ihrem ganzen Umfang nach, soweit sie sich erstreckt. Es ist aber weniger ihr äußerliches Gedeihen, was er wünscht, als kümmere er sich nicht darum, wie es im Inneren aussieht; vielmehr hat er den sittlichen Zustand im Auge und wünscht, dass die heilige Stadt um und um von dem Segen Gottes umschlossen und umschanzt sei.
V. 8. Um meiner Brüder und Freunde willen usw. Zwei Gründe zählt David auf, warum die Sorge um die Kirche ihn bewegt; und er möchte es gern durch sein Beispiel bei allen Gläubigen ebendahin bringen. Dabei scheint er, ohne es offen auszusprechen, einem etwaigen Verdacht entgegentreten zu wollen, als ob er mit der Empfehlung Jerusalems mehr das Interesse seines Hauses als das Staatswohl im Auge habe. Um schlechten, missgünstigen Leuten den Vorwurf abzuschneiden, als suche er so auf schlaue Art nur seine Herrschaft zu befestigen, bezeugt er es, er lasse sich nicht durch persönliche Rücksichten bestimmen, sondern habe die ganze Gemeinde Gottes in sein Herz geschlossen. Er sagt: Ich will dir Frieden wünschen,Jerusalem, nicht weil das mir oder den Meinen Nutzen bringen wird, sondern weil es allen Kindern Gottes wohl gehen wird, wenn es dir wohl geht. Denn mit dem Namen „Brüder“ bezeichnet er selbstverständlich alle Gläubigen. Dann (V. 9) kommt der zweite Grund: wenn Jerusalem nicht steht, kann der Gottesdienst nicht unversehrt bleiben, sondern muss zu Grunde gehen. Also, wenn das Wohl der Brüder uns kostbar ist, wenn die Religion uns am Herzen liegt, so muss es unsere Sorge sein, dass die Gottesgemeinde erhalten bleibt, soviel an uns liegt. Daraus folgt, dass diejenigen ebenso lieblos wie gottlos sind, denen es gleichgültig ist, wie es um die Kirche steht. Denn wenn dieselbe Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit ist (1. Tim. 3, 15), so muss mit ihrem Untergang auch die Frömmigkeit erlöschen. Wenn nun der Leib zerstört wird, geht das die Glieder nichts an? Außerdem lehrt unsere Stelle, dass das Wort „Kirche“ kein leerer Titel ist, sondern dass man die Kirche dort suchen soll, wo der reine Gottesdienst im Schwange geht. Hieraus erhellt, wie ungenießbar die Päpstlichen sind, welche mit der evangelischen Wahrheit so ziemlich aufgeräumt haben und dann noch großartig mit dem Namen „Kirche“ prangen.