Nr. 96 (C. R. – 458)

Calvin, Jean - An Viret in Lausanne (96).

Der Zürcher Professor Pellikan hatte an Calvin in vorwurfsvollem Tone geschrieben, Farel habe die Zürcher Theologen unehrliche Betrüger gescholten.

Beginn des Streits ums Bannrecht zwischen Rat und Konsistorium.

Ich sende dir Pellikans Brief, damit du mit mir dich besinnst, auf wen das geht, was er von Farel geschrieben. Obwohl mir der Verdacht aufstieg, ich solle unter seinem Namen getadelt werden, so ist mir doch der Gedanke gekommen, einfach ihn zu entschuldigen, von mir ganz zu schweigen. Ich will aber nichts tun, bis du mir deinen Rat dazu gegeben. - -

Neulich hatten wir einen Streit mit dem Rat, der aber gleich wieder beigelegt wurde. Es zeigt uns nämlich ein Syndic im Konsistorium an, das Recht des Abendmahls-Banns habe sich der Rat vorbehalten. Ich entgegnete sofort, dieser Beschluss könne nur Bestätigung finden, wenn man mich töte oder verbanne. Tags darauf rief ich die Brüder zusammen; nach ihrem Urteil verlangte ich vom Kollegium der Syndics eine außerordentliche Ratssitzung für uns. Sie willigten ein, wenn auch ungern. In dieser Sitzung habe ich in langer, ernster Rede die ganze Sache besprochen; ich erreichte ohne weitere Mühe, was ich wollte. Soviel ich merke, hat man die Urheber [jenes Beschlusses] scharf getadelt. Wer die waren, kannst du erraten, wenn du es nicht schon weißt. Lebwohl. Der Herr behüte dich und leite dich mit seinem Geist, allerliebster Bruder. - - -

[Genf] am Tag vor Ostern [24. März 1543].
Dein
Johannes Calvin.