In der Wildnis fand der HErr einen Baum, an dessen Zweigen eine Menge harter, unschmackhafter Früchte hing, ihn jammerte des Baumes, denn er gedachte in seinem Herzen, wie viele der köstlichsten Früchte er tragen könnte, wenn er nicht seit langer Zeit wäre versäumt worden. Da schnitt Er die wilden Zweige von dem Baume, grub ihn aus, versetzte ihn in ein besseres Land, und ließ sich alle Mühe und Arbeit nicht zu viel sein, die er auf die Pflege und Veredlung des Baumes wendete. Lange schien es, als ob sein Werk nicht gelingen wollte; gleich anfangs, ehe der Baum angewurzelt war, kam er dem Verderben nahe, als er sich aber auch erholte, da erstarben doch viele, der neueingepropften edleren Reiser, und an ihrer Stelle drängten sich die wilden wieder ein. Doch da der Herr nicht nachließ in seiner Mühe und Arbeit, so sah Er endlich den Baum dastehen in voller Pracht, und wer vorüber ging des Weges, der suchte seinen kühlenden Schatten, und labte sich an seinen köstlichen Früchten, indes der Herr sprach: der Baum ist des Sünders Bild, der sich selbst überlassen, nur böse Werke vollbringen könnte, ich erbarmte mich seiner, gab ihm ein neues Herz, edlere und heiligere Triebe, nahm ihn unter meine besondere Leitung, und ward seiner nicht müde, wenn er mir gleich die Arbeit sauer machte; endlich nun aber habe ich die Freude, meine Bemühungen um ihn gelungen zu sehen; als ein Segen seiner Brüder wandelt er auf Erden, und wird mit jedem Tage tauglicher, in das Land versetzt zu werden, wo er ewiglich leben und grünen wird. Doch seht an dem Baume noch ein anderes Gleichnis: er besteht aus Wurzeln, Stamm, Zweigen, Blättern und Früchten, deren keines fehlen darf, wenn er ein vollkommener Baum sein soll; das erste, die Grundlage des Ganzen, sind die Wurzeln, je tiefer sich diese in die Erde schlagen, desto fester steht der Baum, also ruht das christliche Leben auf der Buße, in ihr ist sein Anfang, und je mehr der Mensch in ihr sich erniedrigt und demütigt, desto gründlicher wird er im Christentum. Auf den Wurzeln steht der Stamm, die Hauptsache des Ganzen - der Glaube; aus dem Stamme wachten die Zweige hervor; edle Neigungen und Triebe; an diesen hängen die Blätter und Früchte; gute Gesinnungen und gute Taten. - Die Blätter verbergen die Früchte; denn die besten Gesinnungen des Christen sind: Anspruchslosigkeit und Demut.
Wie nun bei einem gesunden Baume die Wurzeln sich mit jedem Jahre tiefer in die Erde schlagen, der Stamm immer dicker und vollkommener, die Zweige immer ausgebreiteter, die Früchte immer reichlicher werden, und das Alles zugleich und miteinander, so wird der Christ auch immer mehr durch die Buße in der wahren Demut und Selbsterniedrigung befestigt, während zugleich sein Glaube an das mit Blut auf Golgatha versiegelte Verdienst Christi um die Sünder-Welt lebendiger und freudiger wird, während durch die Feuertaufe des heiligen Geistes die Schlacken der alten sündhaften Natur immer mehr ausgebrannt, und durch den Trieb derselben Geistes immer herrlichere und reichlichere Früchte der echten Menschen und Bruderliebe hervorgetrieben werden.