1556.
Daß der Rechtgläubige Christum empfinde und in Christo lebe.
Der wahre Christenglaube, von dem heiligen Geist eingegeben und auf Gott den Vater, Sohn und heiligen Geist gegründet, ist nicht ein bloßer Wahn, der müßig und ohne Wirkung und Frucht im Gemüth des Menschen schwebe, wie wir denn gewöhnlich das Wörtlein „Glaube“ gebrauchen und sprechen: Ich glaube nicht, daß der kommen werde; ich glaube, der werde nicht lange leben; ich glaube fast, du seiest untreu etc., auf welches alles wir wenig oder gar nichts setzen, ob es sei oder nicht sei, und wovon wir auch in uns keine Wirkung oder keinen Trost empfinden. Sondern der wahre Christenglaube ist eine wahrhaftige Erkenntniß und eine göttliche Kraft und liebliche Wirkung in uns, ja auch eine Versicherung des gnädigen Willens Gottes, der Verzeihung der Sünden und des ewigen Lebens. Denn der gläubige versteht nicht allein dasjenige, was er glaubt, sondern er empfindet auch die Gnade Gottes und das Leben Christi in seinem Herzen, hat Friede und Freude, und lebt in Christo.
Dies bezeugt die Erfahrung, von welcher alle die gar nichts wissen, die da schreien: Was ist der Glaube? sollte mir der Wahn etwas helfen? oder sollte mich der Glaube selig machen und so große Dinge wirken? etc. Darüber höre man den Mund der Wahrheit, unsern Herrn Christum; der spricht in dem h. Evangelio zu der Sünderin: Geh hin im Frieden, dein Glaube hat dir geholfen. (Luc. 7.) Darum spricht auch Paulus: Da wir nun gerecht gesprochen worden aus dem Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christum. (Röm. 5,1.) Weiter spricht unser Herr im Evangelio: Wer an mich glaubt, den hungert nicht mehr und der hat das ewige Leben. (Joh. 6.) Ferner, wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinket, der bleibt in mir und ich in ihm, und wer mich ißt, der wird auch durch mich leben. So spricht auch Paulus aus dem Propheten: Der Fromme wird seines Glaubens leben. (Röm. 1. Gal. 3.) Und wiederum: Ich bin durch das Gesetz dem Gesetze abgestorben, damit ich Gott lebe. Ich bin mit Christo gekreuzigt; ich lebe aber, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Was ich aber jetzt im Fleische lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebet und sich selbst für mich dahin gegeben hat. (Gal. 2.)
Wer Lust hat, weiter von der vielfältigen Wirkung des Glaubens zu hören, der lese das 5. Kapitel der ersten Epistel Johannis und in der Epistel an die Hebräer das 11. Kapitel etc.
Von der Ordnung Gottes, wie der glaube gegeben, gepflanzt, gemehrt und erhalten werde.
Hier muß der Christ auch genau erfahren, wie der wahre Glaube den Menschen gegeben oder gepflanzt, gemehret und bewahrt werde. Es gibt einige Spiritualistische (Falschgeistige), die wunderbare Dinge von dem Geist und dem innern Glauben erdichten, daneben aber das Predigen für gering achten, ja wohl gar nichts auf dem ganzen Predigtamt halten.
Es könnte Gott wohl das Menschengeschlecht mit Einem Wort und Befehl selig machen, folgt aber daraus, daß das Mittel, das er von Ewigkeit bestimmt hat, allein durch Christum selig zu machen, eitel und nichtig sei? Denn kann Gott den Menschen nicht auch ohne leibliche Speise erhalten? Wurde nicht Moses und Elias ohne leibliche Speise lange erhalten? Wollen wir aber deßhalb den Ackerbau, das Mahlen und Backen abgehen lassen? Gott wird uns ohne dergleichen wohl erhalten können. Aber wer verläßt sich darauf? Niemand als wer unsinnig ist und umkommen will. Also könnte Gott zwar ohne Mittel selig machen und den Glauben innerlich und wunderbar den Menschen eingießen, daß sie weder das Predigthörens oder Schriftlesens noch des Betens bedürfen. Thut er’s aber? Gar nicht. Denn ob er schon einst den Paulus dort von Damaskus wunderbar bekehrt hat, so schickt er dennoch Ananias, seinen Diener, zu ihm (Ap. 9.). Dazu ist offenbar, daß wenige Ausnahmen den gewöhnlichen Ordnungen und Gesetzen keinen Eintrag thun. Gott schickt zu Cornelius in der Apostelgeschichte (Ap. 10.) einen Engel, durch den er ihn wohl hätte wunderbar unterrichten lassen können ohne die Predigt seines Dieners; er weiset ihn aber zu Petrus, der predigt dem Cornelius und tauft ihn. Darum sollen alle Gläubigen gehorsam bei der Ordnung Gottes bleiben und die Mittel, die ihnen Gott zur Erlangung des Glaubens bestimmt hat, gebrauchen und nicht erst über die Allmacht Gottes disputiren.
Das ist aber die Ordnung Gottes, daß das heil. Evangelium gepredigt und dadurch die Menschen unterrichtet werden, was Gottes Verheißungen seien und was sie glauben sollen. Denn er schicket seine Apostel aus (Marc. 16.) und spricht zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium allen Kreaturen. Wer glaubt und getauft wird, der wird selig werden etc. So beschreibt Paulus ganz klar diese Ordnung, wenn er zu den Römern spricht (Röm. 10.): Ein Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird selig werden. Wie werden sie nun den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie werden sie aber glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie werden sie aber hören ohne einen Prediger? Wie werden sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt worden? So kommt denn der Glaube aus dem Hören, das Hören aber durch das Wort Gottes; und es findet sich, wenn Gott ein Volk hat wollen zu ihm bekehren und gläubig machen, daß er ihnen Prediger gesendet hat. Siehe Ap. 16.
Doch vermag das äußere Wort, wie es von den Menschen verkündigt wird, für sich selbst allein nichts, der heilige Geist bewege denn innerlich die Herzen und ziehe sie. Denn unser Herr Christus spricht: Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, daß mein Vater ihn ziehe. Es steht geschrieben in den Propheten: Und sie werden alle von Gott gelehret sein (Joh. 6.). Und zu Petrus wird gesagt: Fleisch und Blut hat es dir nicht offenbaret, sondern mein Vater im Himmel (Matth. 16.). Darum lesen wir in den Geschichten der heil. Apostel von einem Weibe, Namens Lydia, daß sie der Predigt des Paulus zugehört und der Herr ihr das Herz aufgethan habe. Also spricht der Apostel: Wer ist Paulus, wer ist Apollos? Diener sind sie, durch die ihr gläubig geworden seid, und zwar so, wie der Herr es einem jeden gegeben hat. Ich habe gepflanzet, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Gedeihen gegeben. Also ist weder, der da pflanzet, etwas, noch der da begießet, sondern Gott, der das Gedeihen gibt (1. Cor. 3.). Darum ist auch gewiß, daß der Glaube ein freies Geschenk Gottes ist, das Niemand von sich und aus sich selbst hat, sondern allein von Gott aus Gnaden. Davon redet Paulus weiter Phil. 2, und 2. Cor. 3. etc.
Und du darfst hiebei nicht ängstlich und genau fragen und disputieren, ob Gott Jedermann ziehe oder nur Wenigen den Glauben gebe? Und wenn du schon siehst, daß nicht Jedermann glaubt, ja daß auch die, so das Wort Gottes täglich hören, sich demselben widersetzen, sollst du dennoch nicht verzweifeln und sprechen: Diese glauben darum nicht, weil sie (was wohl wahr sein mag9 nicht von den Schafen Christi sind; deßhalb bin auch ich vielleicht keiner von den Auserwählten, darum wird mir Gott den Glauben nicht geben, was will ich denn der Predigt zuhören? Sondern unser ein Jeglicher soll sich vielmehr trösten der köstlichen Verheißungen Gottes und von ihm alles Gute hoffen und glauben. Der Herr selbst spricht: Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern vielmehr, daß er sich bekehre und lebe (Ezech. 18.). So spricht St. Petrus: Gott ist langmüthig gegen uns, indem er nicht will, daß jemand verloren gehe, sondern daß Alle sich zur Buße kehren (2. Pet. 3.). St. Paulus spricht: Die Schrift sagt: „Ein Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“ Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche; denn Alle haben denselben Herrn, der reich ist für Alle, die ihn anrufen (Röm. 10.). Darum habe ein Jeder ein gutes Vertrauen zu Gott, er werde ihm den Glauben geben.
Obgleich wir aber nicht um unserer Werke oder um unsers Gebetes willen, sondern vielmehr aus seinen Gnaden und wegen seiner Zusage und Wahrhaftigkeit den Glauben empfangen, sollen wir doch nicht kleinmüthig werden, sondern ohne Aufhören um Gnade und um den Glauben bitten und allezeit die herrliche Verheißung Christi vor Augen haben: Ich sage euch, bittet, so wird euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgethan. Denn wer da bittet, der empfängt und wer anklopft, dem wird aufgethan. Siehe weiter Luc. 11. Dort geben uns auch Allen die heiligen Apostel ein Beispiel und sprechen zum Herrn: Mehre uns den Glauben (Luc. 17.). Und als der Herr Marc. 9. zu einem Manne spricht: Kannst du glauben? alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt; antwortet er dem Herrn: Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben. Darum lehrt auch Paulus in seinen Episteln vielfältig um den Glauben bitten.
Zwar unterrichtet schon das Wort äußerlich den Menschen vom Glauben und der Geist Gottes zieht, bewegt und versichert ihn innerlich, wie Paulus spricht: Ich danke Gott, daß ihr in allen Stücken durch Christum reich geworden seid in aller Lehre und aller Erkenntniß; wie denn das Zeugniß von Christo unter euch befestigt worden ist, so daß ihr keinen Mangel habet an irgend einer Gnadengabe (1. Cor. 1.). Ferner: Gott ist es, der uns befestigt auf Christum und uns gesalbet hat, der uns auch besiegelt und das Pfand des Geistes in unsere Herzen gegeben hat. Dennoch sind in der Pflanzung oder Mehrung und Erhaltung des Glaubens die heil. Sakramente nicht vergeblich oder unnütz. Denn der Herr, der nichts Unnützes oder Vergebliches eingesetzt, hat die Sakramente angeordnet. Nimm ein Exempel. Es geschieht von einem Könige eine Zusage, womit er auch ein Lehen verleiht. Der Lehnsmann hat keinen Zweifel an der Zusage des Königs, und ist des Lehens, das er jetzt inne hat, versichert. Nichts desto weniger werden vom König Briefe und Siegel aufgerichtet und dem Lehensmann gegeben, welcher sie mit Dank annimmt und sie nicht für unnöthig oder unnütz hält. So sind die heil. Sakramente in Betreff des Glaubens wie Briefe und Siegel, Darstellungen (Sinnbilder) und sichtbare Zeugnisse der himmlischen unsichtbaren Güter, und den Gläubigen sehr nützlich.
Und aus diesem Allem ist auch wohl zu erkennen, daß uns das Wort und die Sakramente für sich allein weder die Gnade Gottes geben noch uns rechtfertigen. Darum wenn man liest, das Wort mache selig, der Prediger bekehre und die Sakramente heiligen, ist es also zu verstehen, daß Gott allein durch Christum in Kraft seines Geistes die Gläubigen selig mache, bekehre und heilige, dazu aber das Wort, den Prediger und die Sakramente gebrauche. Darum haben die uralten Lehrer gesagt, dies geschehe durch Kirchendienst und Sakrament. Der Rechtgläubige muß hiebei Acht haben, daß er nicht Gott seine Ehre nehme und andern äußern Dingen als Mitteln und Werkzeugen oder menschlicher Wirksamkeit zuschreibe; hinwiederum aber, daß er auch die Werkzeuge, die Gott braucht, nicht verwerfe, noch den Gehorsam und das Wort, das Gott von uns fordert, vernichte oder als unnöthig achte.
Daß aber der Glaube zu und abnehme, klein und groß sei oder werde, das zeigt sich allenthalben im heil. Evangelio und wird durch der Menschen tägliche Erfahrung empfunden. Daß er aber durch oberwähnte göttliche Ordnung gemehrt und erhalten oder gestärkt werde, ist auch so bekannt, daß es keines Beweises bedarf. Zu Petrus spricht der Herr: Wenn du dich dereinst bekehrst, so stärke deine Brüder (Luc. 22.). Und von Paulus und Barnabas schreibt Lucas: Sie predigten das Evangelium und machten viele Jünger. Ferner: Sie stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, im Glauben zu verharren. (Ap. 14. und 15.)
Von den Dienern Christi und der Kirche und von ihrem Amte.
Weil aber das Predigen durch die Prediger geschehen soll, welche, wie Paulus spricht, gesendet worden, so haben wir jetzt zu betrachten, was die Schrift von den Predigern sage.
Fürs erste soll Jedermann wissen, daß das Predigtamt nicht von Menschen, sondern von Gott eingesetzt sei. Denn Gott hat seiner Kirche Prediger, Lehrer, Pfarrherrn, Hirten u.s.w. gegeben. Davon zeuget Paulus 1. Corinth. 12. und Eph. 4. Derselbe Gott wirkt noch heutigen Tages durch seine Diener in seiner Ordnung. Darum werden die Prediger auch genannt Diener Christi und der Kirche (1. Cor. 4.).
Fürs zweite soll sich niemand aus eigener Macht und Willkür eindrängen. Denn rechte Diener werden ordentlich erwählt und gesetzt nach christlicher und apostolischer Ordnung. Und alle die werden aufs schärfste von Gott in seinem Wort gestraft, die unberufen aus sich selbst laufen oder nur darnach trachten, Pfründen zu bekommen, und nicht darauf achten, ob sie zu diesem Amte geschickt seien und was für Frucht sie schaffen mögen.
Unser Herr Christus hat sich selbst Apostel und Jünger auserkoren und diese ausgesendet zu predigen. Matthias, der Apostel, wurde von der ganzen Kirche erwählt (Ap. 1.). Zuweilen aber werden die Diener eingesetzt von Dienern und Vorstehern der Kirche, nämlich von Predigern, Räthen und Leuten, die aus der ganzen Gemeinde dazu auserlesen sind etc.
Fürs dritte soll zu diesem Dienst niemand erwählt und gesetzt werden, als wer von Gott dazu begabt ist. Der h. Apostel hat aber klar beschrieben, wie der Diener sein soll. Siehe darüber die erste und zweite Epistel an Timotheus und den Brief an Titus.
Viertens sollen solche erwählten Diener von den Aeltesten mit Handauflegung und gemeinsamem Kirchengebet eingesetzt werden, nach dem Beispiel der heiligen Apostel. Es bedarf hier gar keiner bischöflichen Weihe, wie sie bisher gebräuchlich war.
Endlich ist solcher eingesetzter Diener Amt, über die Heerde Gottes zu wachen und sie zu weiden, sie in Gesundheit zu bewahren und allem Bresten und Schaden vorzubeugen mit Lehren, Ermahnen, Strafen, Ermuntern, Trösten, mit Beten und mit Ausspendung der heiligen Sakramente, auch mit gutem Exempel eines frommen Wandels und Wesens, wie das Alles vielfach in Lehre und Vorbild der heil. Apostel dargelegt ist.
Weiter sollen die Diener sich auch die Armen treulich befohlen sein lassen (Ap. 6.). Denn obwohl Petrus sammt den andern Aposteln nicht geziemend findet, das Wort Gottes zu verlassen und Tischen zu dienen, so fordert er doch von Paulus, daß er der Armen eingedenk sei (Gal. 2.). Desgleichen sollen sie insonderheit die Jugend fleißig im Katechismus unterrichten, was ein besonders herrliches und gutes Werk ist und dem Pfarrer wohl ansteht. Ja wenn es die Noth erfordert oder Landesbrauch ist, daß man auch etwa die Erwachsenen im Glauben und Beten verhöre oder unterweise, so soll der Pfarrer dieß mit höchstem Fleiß verrichten; wer aber aufgefordert wird, über seinen Glauben Rechenschaft zu geben oder sich belehren zu lassen, der bezeige gebührend Bescheidenheit und Gehorsam.
Denn darum werden die Diener in der heil. Schrift genannt Väter, als solche, die mit höchster Treue, Liebe und Eifer für die Kirche Gottes Sorge tragen sollen. Davon lesen wir 1. Cor. 4. und Gal. 4. Sie werden genannt Hirten, als die über die Heerde Gottes wachen und dem Schafstall Christi vorstehen oder dienen sollen; Ezech. 34. Joh. 10.21. und 1. Pet. 5. Sie werden genannt Bischöfe, Wächter oder Aufseher, als solche, die Tag und Nacht wachen, die sehen, woran die Kirche Mangel habe, worin man ihr helfen und rathen müsse, und sie versorgen; siehe Ap. 20. 1. Tim. 3. Sie werden genannt Doktoren, d.i. Lehrer, als solche, die die ganze Kirche unterrichten und lehren sollen (Eph. 4. Tit. 1.). Sie werden Bauleute genannt, indem sie die Kirche Christi bauen sollen (1. Cor. 3.). Ebenso heißen sie auch Säemänner, Ackerleute, Weingärtner und Aerzte u.a.m.
Was man von den Dienern der Kirche halten solle.
Aus diesem Allem kann auch ein Jeder verstehen, wie dieser Dienst und die Diener der Kirche Christi sehr nothwendig sind. Kann man der Väter, der Hirten, der Wächter, der Lehrer, der Bauleute und Aerzte entbehren, so kann man auch der Kirchendiener entrathen.
Es ist nun nothwendig, daß ein jeglicher Christ wisse, wie er sich gegen die Diener verhalte und was er von ihnen halten solle. Vorerst sollen wir in ihrem Amte nicht ihre Person ansehen, sondern vielmehr den, der durch sie mit uns handelt, das ist Christus. Sodann sollen wir ihre Predigten (wenn sie anders das lautere Wort Gottes uns predigen) annehmen als Christi Lehre, welcher klar im Evangelium spricht: Wer euch höret, der höret mich, wer euch verschmähet, der verschmähet mich. Darum sollen wir nicht warten, bis Christus wiederum vom Himmel kommt und mit uns redet. Denn in seiner Kirche redet er täglich mit uns durch seine Diener, die uns das Wort Christi verkünden. Denn Paulus spricht es klar aus: Gott hat in Christo die Welt mit sich selbst versöhnt, und hat uns den Dienst der Versöhnung gegeben. So sind wir nun gesandte Boten an Christi Statt, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt: Lasset euch mit Gott versöhnen! (2. Cor. 5.)
Darum soll ein Jeder von seinem Pfarrer, Prediger oder Lehrer, oder Diener Christi und seiner Kirche die Lehre des heil. Evangeliums mit Ernst hören, willig annehmen, die Bestrafung geduldig ertragen, sich bessern und mit dem Worte Gottes sich zurecht weisen lassen, ihnen nicht widersprechen, fluchen oder Uebels nachreden, sondern den Diener als einen geistlichen Vater lieben und ihm seine Nahrung und Nothdurft nicht mißgönnen oder versagen. Hierüber findest du bestimmte Gebote Gottes, Hebr. 13. 1. Thess. 4. 1. Cor. 9. 1 Tim. 5.
Es bezeugt auch die Schrift vielfältig, daß es Gott nicht ungestraft gelassen, wenn man die Lehre und die treue Warnung der Diener verachtet und sie um ihrer Treue willen übel behandelt hat. Besonders ernstlich hat er ihr Blut gerächt. Davon findet man Zeugnisse 2 Chron. 36. 2. Kön. 2. Matth. 10. u. 23. Luc. 19. etc. Es hat auch Gott untreue und boshafte Diener allzeit aufs strengste bestraft.
Darum sollen sich auch die Diener gebührlich, ehrenhaft, recht und christlich verhalten in ihrer Lehre und in allem ihrem Wandel, in ihrem Thun und Lassen. Sie sollen Christi Ehre und der Kirche Nutzen, nicht ihre eigene Ehre und ihren Nutzen betrachten. Sie sollen nicht meinen, daß sie nicht irren können, sondern sich auch weisen und strafen lassen, und keineswegs halsstarrig, ruhmsüchtig, frech und stolz sein. Sie sollen sich nicht zu viel zutrauen, sondern demüthig, fromm, ehrbar, arbeitsam und treu sein.
Hiebei muß man ebenso wohl darauf Acht haben, daß man den Dienern nicht zu viel zuschreibe, als sich auch davor hüten, daß man ihr Amt nicht gering schätze oder verachte. Alles, was Gott und dem Geiste Gottes zugehört, soll dem Menschen nicht zugeeignet werden; der Diener soll sich in seinem Berufe demüthig benehmen, und wissen, daß er Diener ist. Johannes sprach: Ich taufe nur mit Wasser, er aber wird mit dem h. Geiste taufen. Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste etc. So spricht Paulus: Dafür halte uns Jedermann, nämlich für Diener Christi und Haushalter der Geheimnisse Gottes. Derselbe Apostel sagt auch, er wolle nicht herrschen über den Glauben der Gläubigen, sondern Mitbeförderer ihrer Freude sein (2. Cor. 1.). An dieser Ehre lasse sich ein Jeder genügen.
Es ist auch unter den Dienern zu unterscheiden. Denn fürs erste gibt es treue Diener, die recht lehren und gottselig leben. Die sind eine große Gabe Gottes, und Gott zürnt denen übel, die sich frech und verächtlich in Ungehorsam ihnen widersetzen. Demnach gibt es Diener, die wohl und recht lehren, aber übel und ärgerlich leben. Da heißt uns Christus das thun, was sie uns lehren, aber nach ihrem Leben oder ihren Werken sollen wir nicht thun (Matth. 23.). Das Wort und Sakrament, welches von Bösen recht gespendet wird, verliert seine Kraft nicht. Doch soll man sie auch ernstlich strafen und zurechtweisen, daß sie von ihrem bösen Wandel abstehen, wie Paulus lehrt (1. Tim. 5.). Hilft aber keine Warnung, so soll man sie ihres Amtes entsetzen und fromme Diener an ihrer Statt annehmen. Endlich gibt es noch Diener, die übel lehren und schändlich leben, die soll man nicht dulden. Kann man sie aber nicht mit Fug absetzen, so soll man sie doch nicht hören, sondern nach des Herrn Lehre als schädliche Wölfe und blinde Führer fliehen. Davon handelt Matth. 7. Luc. 7. Röm. 16. 2 Tim. 4 etc.
Daß man beten solle und daß der Gläubigen Gebet nicht vergeblich oder unnütz sei. Es gibt viele Dinge, die den Menschen vom Gebet oder der Anrufung Gottes abwenden, als ob es eitel, unnütz und gar nicht nothwendig sei und vor Gott nichts gelte. Dagegen soll sich jeder Christgläubige rüsten und waffnen, daß er nicht in so schweren Irrthum falle und so dem Teufel Freude bereite. Denn der Teufel ist ein besonders grimmiger Feind und Hasser des gläubigen Gebetes.
Etliche sagen: „Was sich Gott in seiner ewigen unfehlbaren Verordnung vorgesetzt hat, das muß einen Fortgang haben. Darum, wenn sich Gottes etwas zu thun vorsetzt, läßt er’s sich nicht abbeten; deshalb ist das Gebet der Menschen vergeblich. Denn es geht doch und muß gehen, wie Gott will.“ Dawider bedenke ein Jeder: Ob gleich Alles in Gottes Verwaltung steht, so ist doch das Gebet der Gläubigen darum nicht unnütz, weil es auch in der Ordnung und im Willen Gottes begriffen und von Gott selbst als nützlich geboten ist. Zudem haben wir schöne und tröstliche Exempel. Im 5. Buch Mosis im 9. Kap. spricht Moses, Gott habe sich vorgenommen, das Volk Israel auszurotten, er aber habe den Herrn gebeten und Gnade gefunden. Jonas ward nach Ninive gesendet, den Untergang der Stadt, den der Herr in 40 Tagen über sie kommen lassen wolle, zu verkünden. Aber die Niniviten glaubten Gott, riefen zu ihm und wurden erhalten. Jesajas sagt zu Ezechias (Jes. 38) aus Gottes Munde: Du mußt sterben und wirst nicht leben. Als er aber den Herrn anrief, wurden 15 Jahre zu seinem Leben hinzugethan. Und daß solche Gnade Gottes allen denen bereitet sei, die sich bekehren und Gott anrufen, bezeugt Jeremias im 18. und Ezechiel im 18. Kap.
Andere aber sagen: „Der Gott, der Alles weiß, der weiß auch, was wir bedürfen, ehe wir es ihm in unserem Gebet kund thun, was brauchen wir ihm denn viel zu sagen?“ Dagegen ist zu bedenken, daß der Herr selbst, der Matth. 6. gesagt: Euer himmlischer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe ihr bittet – nichts desto weniger lehrt, wie man beten solle und uns auch zum Beten ermahnt. Darum sollen wir beten und Gott unser Anliegen nicht als einem Unwissenden, sondern als einem Wissenden kund thun; denn dieser Gehorsam gefällt Gott.
Manche sagen: „Gott läßt sich nicht durch unsere Worte bewegen und hat selbst verboten, viele Worte zu machen.“ Dawider haben wir zu erwägen, daß wenn nicht unser Gebet Gott angenehm wäre, so hätte er es nicht von seinen Dienern allezeit so freundlich aufgenommen, er hätte sich auch dadurch nicht bewegen lassen, wie wir droben von Moses und Ezechias hörten und wie es sich sonst auch vielfältig im Psalter zeigt, besonders Psalm 145. Es hat auch unser Herr Christus nicht verboten, mit Worten zu beten, sondern nur, daß wir nicht wie die Heiden plappern und dann meinen, um unserer vielen Worte willen erhört zu werden.
Es wird auch behauptet, im Evangelio stehe geschrieben, daß Gott die Sünder nicht erhöre. Dieweil wir nun alle Sünder sind, sei unser Gebet unnütz, denn Gott erhöre es nicht. Darauf ist zu erwiedern, daß es zweierlei Sünder gibt, erstens verruchte und gottlose, die erhört Gott nicht; denn sie fragen auch nicht recht nach Gott. Sodann gibt es Sünder, denen es leid ist, daß sie so sind, und die nach der Gnade Gottes begehren: diese erhöret Gott. Denn er hat sie ja beten gelehrt: Und vergib uns unsere Schulden etc.
Darum sollen wir Alle uns rüsten und stärken zum Gebete damit zunächst, daß Gott uns beten heißt und uns alles Gute zusagt, ja uns bezeugt, daß ihm unser Gebet angenehm sei, sodann damit, daß auch alle Gläubigen je zu allen Zeiten gebetete und das Gebet für nützlich, nothwendig und kräftig gehalten und auch thatsächlich so erfahren haben; wovon auch der h. Jacobus schreibt im 5. Kapitel.
Daß Gott Jesum Christum im Himmel allein zum Mittler und Fürbitter gesetzt habe.
Wenn aber die armen sündigen Menschen Gottes Herrlichkeit und Heiligkeit erkennen, und dagegen ihre Nichtigkeit, Schwachheit und Unreinigkeit empfinden, so scheuen sie sich vor dem herrlichen Angesicht Gottes und dürfen als Unwürdige nicht davor erscheinen. Daher erwählen sie sich Mittler, Unterhändler, Fürsprecher, Fürbitter oder Schutzherren, durch welche Gott ihnen gnädig werde, und so erwählt sich dieser einen Apostel, jener einen heiligen Märtyrer u.s.w. Das Alles aber thun sie nicht nach Anleitung des göttlichen Wortes, sondern aus sich selbst, d.i. aus eigenem Gutdünken. Darum mißfällt dieses Thun Gott dem Allmächtigen.
Gott unser treuer und gnädiger Vater, der unsere Mängel und Gebrechen wohl kennt, auch das, was uns von ihm nothwendig ist, hat dem menschlichen Geschlechte einen Mittler, Unterhändler, Fürsprecher, Fürbitter und Schutzpatron vor seinem Angesicht im Himmel bestimmt, nämlich Jesum Christum seinen Sohn unsern Herrn, und er will auch, daß wir durch diesen allein zu ihm kommen und mit ihm verkehren. Unangenehm, widerwärtig und verhaßt ist bei Gott, (Joh. 5.) was man wagt außer Christo ihm vorzubringen. Denn er will, daß wir auf diesem einigen Altar alle unsere Opfer darbringen und nur durch diesen einigen ewigen Hohenpriester zu ihm kommen; ja wer diesen einigen Priester nicht hat, kommt nimmermehr zu Gott. Wer aber einen andern an seine Statt stellt, der bricht Gottes Ordnung und versündigt sich schwer.
Daß wir aber durch den Fürbitter Christum und durch seine Fürbitte allein vor Gott kommen, Gott angenehm werden und für unser Gebet Erhörung finden, mag ein Jeder vornehmlich daraus erkennen, daß wir ein klares Gebot haben, in dem Namen Christi zu bitten, dazu auch eine klare Verheißung, Gott werde uns erhören. Kein Gebot aber und keine Verheißung haben wir, wenn wir Andere anrufen. Der Gläubige setzt deshalb den Grund seiner Anrufung und seines Gebets auf Gottes Wort, Geheiß und Verheißung. Und weil er im Worte Gottes nur dann ein Geheiß und eine Verheißung hat, wenn er im Namen Jesu Christi betet, so betet er auch allein in dessen Namen. Siehe darüber Joh. 6.
Zudem ist kein anderer Weg noch Zugang zum Vater, als allein durch den Sohn; darum geht auch der Gläubige keinen andern Weg denn durch den Sohn zum Vater. Siehe darüber Joh. 10. und 14. und Paulus an die Epheser 4. Hebr. im 5. Kap. stellt er Christum als den Gnadenthron mitten in der Kirche allen Menschen vor und ermahnt sie, zu ihm zu kommen da werde man Gnade und Hülfe finden. So zeigt er im 7. und 9. Kap., wie Christus allein unser einiger, ewiger oberster Priester und allein vor Gottes Angesicht zu erscheinen würdig sei und auch allein treulich für uns im Himmel bitte.
Daß Christus alle Sünder zu sich rufe und ihnen alle Gnaden und alles Gute anbiete.
Und ob Jemand einwenden wollte, er dürfe nicht zu Christo kommen, wegen der Herrlichkeit Christi und wegen menschlicher Sündhaftigkeit, so bedenke derselbe, wenn er so in seinem Unglauben bleibt, daß er nicht im Glauben zu Christo gehen und nicht glauben will, Christus wolle ihm seine Sünden verzeihen und ihn mit dem Vater versöhnen, so würden auch die Heiligen, wenn sie sich schon seiner annehmen wollten und könnten, doch vor Gott nichts für ihn wirken. Denn der Herr fordert Glauben von uns, und ohne Glauben, sagt die Schrift, ist es unmöglich, daß Jemand zu Gott komme oder ihm gefalle. Dazu will er in Hinsicht der Sünde niemand hören noch annehmen, denn allein Christum, als die einige und ewige Versöhnung.
Darum halte sich ein Jeder zu Christo und sehe, daß er Glauben habe. Denn sonst hilft weder Noah noch Hiob, weder Moses noch Samuel oder Daniel, wie Gott selbst durch seine Propheten spricht. (Jer. 15. Ez. 14). Damit wir aber gläubig zu Christo kommen mögen, sollen wir seine tröstliche, gnädige, herzliche Einladung hören, womit er uns zu sich ladet und ruft, indem er im heil. Evangelio Matth. 9. spricht: Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, die Gerechten zu berufen, sondern die Sünder zur Buße. So redete aber der Herr, weil die Pharisäer übel zufrieden waren, daß er die Sünder annahm und mit ihnen freundlich umging. Dahin gehört auch der Ausspruch Pauli 1. Tim. 1: Das ist ein gewisses Wort und aller Annahme würdig, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen. Matth. 11. spricht der Herr Christus: Alle Dinge sind mir von meinem Vater übergeben; so kommt zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe geben. Hierauf gehen auch die Worte Jesajas 55. und die Worte Pauli Hebr. 2. Christus mußte in Allem den Brüdern gleich werden, damit er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester im Dienste vor Gott, um die Sünden des Volkes zu versöhnen; denn worin er gelitten hat und selbst versucht worden ist, vermag er denen, die versucht werden, zu helfen. Darum ermahnt unser Herr Christus selbst seine Jünger, in seinem Namen zu bitten oder zu begehren, was sie bedürfen, es müsse ihnen werden. So hat er auch alle die Sünder, die je zu ihm kamen, gnädig aufgenommen und in Frieden entlassen, nachdem er sie gesättiget und beruhigt hatte. Die aber ihm nicht vertrauen wollen, hat er in ihren Sünden und in ihrem Elend verlassen.
Kurz - Gott der himmlische Vater hat uns Christum Jesum seinen Sohn, unsern Herrn, geordnet zum einigen, ewigen Fürbitter, Mittler, Schützer und Schirmer. Der ist der allerbeste, liebste, wertheste und dem Vater angenehmste. Ihm mangelt überall nichts von Allem, was ein rechter Mittler und Fürsprecher haben soll. Er ist aller Dinge mächtig, und so freundlich und allen armen Sündern gnädig ladet er sie alle zu ihm und verheißt ihnen alle Treue und Liebe. Das ist zuverlässig wahr. Wer nun dem nicht glaubt und in seinem Unglauben verharrt, der ist ein undankbarer Mensch und keiner Gnaden werth. Wer aber dem glaubt, der läßt sich an Christo genügen und begehrt keines andern Fürsprechers.
Darum fällt hier alles Disputiren über die Fürbitte der Heiligen weg. Denn was brauchst du nun von ihnen zu reden? Christus ist ja dein Fürsprecher, was mangelt dir doch an Christo? Wenn du Christum nicht willst, so ist dir nicht zu helfen und kann dir kein Heiliger helfen. Oder meinst du, daß die lieben Heiligen sich an Christi Statt stellen? Sie begehren dieser Ehre nicht. Sie weisen dich selbst zu Christo, den allein sie auch für ihren Fürsprecher hielten, indem nie kein Heiliger den andern angerufen hat. Denn sie wurden auch allein durch Jesum Christum zu Gott geführt. Sie wollen auch nicht, daß man sie also ehre. Das ist offenbar aus ihrer eigenen Lehre und ihrem Beispiel.
Wenn wir dieß behaupten, verschmähen wir deshalb die lieben Heiligen im Himmel nicht, sondern wehren bloß, daß ihnen nicht aus Unbedacht das von uns beigelegt werde, was allein Christi ist und daher nicht von ihnen begehrt wird. Sonst sind wir allen denen feind, die die Heiligen verachten und schmähen. Denn wir haben sie lieb in Gott, wir anerkennen sie als treffliche Gottesfreunde, die jetzt in der Seligkeit sind, deren Glauben und Tugenden wir in der Kirche rühmen und nachfolgen sollen, auch loben wir Gott in ihnen und bitten, daß er uns zu ihnen hinaufnehme, damit wir bei ihnen ewige Freude in Gott haben mögen.
Daß sie zu der Predigt des heil. Evangeliums hinzu gethan und von dem Herrn selbst eingesetzt sind.
Es ist oben gesagt worden, die heil. Sakramente dienen zu der Ordnung, Pflanzung und Mehrung des Glaubens, weil sie zu der Predigt des Glaubens hinzugethan sind. Nun wollen wir dieß eingehender erklären. Unser Herr Christus hat selbst zu den Predigten des heil. Evangeliums die Sakramente beigefügt und seinen Apostel geboten, zu predigen und daneben die Sakramente zu spenden.
Von dem ersten Prediger des heil. Evangeliums steht geschrieben (Marc. 1.): Johannes taufte in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Verzeihung der Sünden. Von unserm Herrn Christo steht geschrieben (Joh. 3. und 4.): Jesus und seine Jünger kamen in das jüdische Land, und daselbst hielt er sich mit ihnen auf und taufte, wiewohl Jesus nicht selbst taufte, sondern seine Jünger; und Jesus machte mehr Jünger und taufte mehr als Johannes. So ist bekannt, daß der Herr nach seiner Auferstehung seinen Jüngern befiehlt, das Evangelium zu predigen und zu taufen (Matth. 28 Marc. 16.), ebenso, daß er neben dem Predigen das Nachtmal mit seinen Jüngern begangen und befohlen, dasselbe in gleicher Weise zu halten. Daraus ist es klar und unwidersprechlich, daß die heil. Sakramente vom Herrn selbst zur Predigt hinzugefügt worden und neben derselben sollen gebraucht und nicht abgesondert oder als unnöthig oder unnütz unterlassen werden. Ebenso soll auch das Gebet in dieser Gottesordnung eingeschlossen sein.
Doch ist hier zu bemerken, daß das Wort des Herrn vortrefflicher ist als die Sakramente. Daher spricht Paulus (1. Cor. 1.): Christus sandte mich nicht zu taufen, sondern das Evangelium zu predigen; nicht daß Paulus nicht getauft oder die Taufe als von Christo nicht geboten verachtet habe, sondern daß mehr an dem Predigen als an dem Ausspenden der Sakramente gelegen ist.
So soll nun der Gläubige wissen, daß die heil. Sakramente Christi und seiner christlichen Kirche keinen andern Ursprung haben, denn Gott allein. Nur von Gott haben wir unsere Sakramente, und niemand soll, kann noch mag Sakramente einsetzen, als Gott allein. Denn die Sakramente sind Religionsgebräuche der Christen, dienen zum Gottesdienst und sind Zeichen, Anzeigen und Zeugnisse des Willens Gottes. Wer kann aber sagen oder wissen, wie und was der Wille Gottes ist, denn Gott allein! Wie auch Paulus lehrt 1. Cor. 2. Wer kann oder soll Gottesdienst einsetzen, als nur Gott, der in der ganzen Schrift bezeugt, daß ihm die Dienste mißfallen, die der Mensch für sich selbst und aus sich selbst erfindet und einsetzt oder verrichtet.
Gott hat aber seine Sakramente nicht so eingesetzt, daß er ihrer nicht mehr achte, sondern er will in seinen Gläubigen, die sich an seine Ordnung halten, wirken, wie und was er in seinem Worte zugesagt hat. Darum wie die Gläubigen das Wort Gottes nicht predigen hören als der Menschen Wort (1. Thess. 2.) oder als unnütze Mährchen, sondern als das Wort Gottes selbst, das von Gott, dem Allerhöchsten ausgeht, so empfangen sie wohl von der Hand der Diener die Sakramente, erkennen aber dabei, daß dieß also Gottes Ordnung ist, und daß Gott in seinen Gläubigen wirkt, weshalb sie die Sakramente als von der Hand des Herrn, auf den sie allein sehen, empfangen und gebrauchen, also daß, obgleich Mängel, Sünde und Gebrechen am Diener sind, sie beim Empfang der Sakramente versichert sind, daß in der Ordnung und Einsetzung Gottes gar kein Mangel noch Gebrechen sich findet, sondern daß Gott in seiner Ordnung wirkt, ungehindert durch die Mangelhaftigkeit des Dieners.
Wie die Sakramente geheiligt oder gesegnet und verwandelt werden.
Heiligen heißt Gott und heiligen Gebräuchen zueignen, d.i. von dem gemeinen Gebrauch absondern, und nach der Ordnung Gottes zu einem besondern, heiligen Gebrauch bestimmen und verwenden. So bezeugt die ganze heil. Schrift und spricht, die Bundeslade, die Priester und anderes dergleichen seien geheiligt, d.i. Gott besonders zu seinem Dienste geeignet und verordnet. Das heißt auf Deutsch sonst auch weihen. Denn wenn Wasser, Brot und Wein als Sakramente gebraucht werden und das Gebet der Gläubigen ordnungsgemäß geschieht, so weichen sie von ihrem gemeinen Gebrauche und kommen durch Ordnung und Geheiß zu einem andern und besondern Gebrauch, werden also, was sie zuvor nicht waren. Vorher waren sie nur schlichtes gemeines Wasser, Brot und Wein in gemeinem täglichen Gebrauch der Menschen, die sich äußerlich mit dem Wasser gewaschen und darin gebadet, Brod und Wein aber zu leiblicher Nahrung gebraucht haben. Davon weichen sie aber jetzt, wenn sie zu Sakramenten angenommen werden; denn sie werden das durch die Verordnung Gottes, was sie zuvor nicht waren, und deshalb werden sie auch auf andere Weise gebraucht. Nämlich die Taufe ist nicht mehr wie zuvor nur ein leibliches Bad, sondern ein Zeichen und Sakrament der Wiedergeburt und Verzeihung der Sünden; und das Brot und der Wein in des Herrn Nachtmal sind nicht mehr wie zuvor eine leibliche Speise, womit man gewöhnlich den Leib speiset und tränkt, sondern ein Sakrament des Leibes und Blutes Christi, welches uns geistlich speist und tränkt zum ewigen Leben; darum gebrauchen dieß jetzt die Gläubigen nicht wie vorher, leiblicher Weise, sondern mit glauben und nach der Weise, Form und Art, wie sie der Herr gelehrt und ihnen bestimmt hat. Und das ist jetzt auch ganz ein Anderes, als wenn man sonst außer des Herrn Ordnung Wasser vergießt, Brot und Wein ißt und trinkt.
Es besteht deshalb die Kraft der Weihung oder Heiligung der Sakramente nicht in Bezeichnungen, Segnungen oder Worten von Menschen gemacht oder gesprochen (denn auch die heil. Apostel bedienten sich nichts dergleichen), sondern in dem Willen, Geheiß, in der Einsetzung und Anrufung Gottes, also daß die gemeinen Elemente, Wasser, Brot und Wein darum heilige Sakramente heißen und sind, weil sie Gott dazu bestimmt hat und seine Bestimmung durch sein Wort täglich erneuert, bezeugt und heiliget, womit die Gläubigen ihre Gebete zu Gott verbinden. Dem Worte Gottes glauben die Gläubigen und gebrauchen die Sakramente nach dem Befehle des Herrn mit frommem Gebet, welches auch ihnen zur Heiligung dient, gleichwie dem Naeman (2. Kön. 5.) sein Gehorsam und gläubiges Waschen im Jordan zur Reinigung vom Aussatz diente.
Daraus läßt sich auch das wohl verstehen, daß eine Verwandlung in den Sakramenten Statt hat, nicht als ob das Wasser in der Taufe oder Brot und Wein im Nachtmal Christi in ihrem Wesen so verwandelt würden, daß sie nicht mehr Wasser, Brot und Wein seien. Denn die Schrift gibt ihnen bei ihrem Genusse diese Namen, zudem empfinden wir Alle keine solche Verwandlung, sondern (wie schon bemerkt) sie werden so verwandelt, daß sie jetzt nicht mehr sind, was sie zuvor waren. Denn zuvor waren sie nicht Sakramente, jetzt aber sind sie durch die Einsetzung Christi Sakramente geworden, und das Wasser in der Taufe wird vergossen nicht zur leiblichen Reinigung, sondern zur Erneuerung und innerlichen Reinigung, so wird auch das Brot und der Wein im Abendmal genossen nicht zur leiblichen, sondern zur geistlichen Nahrung.
Warum das Nachtmal von Christo auf solche Weise eingesetzt worden sei, und wie der Leib Christi gegessen werde.
Am meisten aber liegt daran, daß wir das Geheimniß dieses Sakramentes recht verstehen und wissen, warum es der Herr so mit Darreichung des Brotes und Weines eingesetzt habe. Er selbst meldet zu zwei Malen den allervornehmsten Grund, indem er spricht: Thut dieß zu meinem Gedächtniß. Darum will der Herr mit diesem Nachtmal in seiner Kirche in frischem Andenken behalten seinen Tod, durch den wir sind erlöst, gespeist und getränkt und selig werden. Er will auch, daß wir das thun, was er zu thun geheißen hat, nämlich, daß wir an ihn glauben und ihm Lob und Dank sagen. Darum nimmt er Brot, bricht es, bietet es ihnen dar und heißt sie essen; und dazu setzt er seine Auslegung: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben oder gebrochen d.i. gemartert und getödtet wird. Das thut zu meinem Gedächtniß. Ebenso nimmt er den Kelch, bietet ihnen denselben dar, heißt sie alle daraus trinken und setzt seine Auslegung hinzu: Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird, oder: Das ist das neue Testament in meinem Blute, welches vergossen wird, oder: Das ist das neue Testament in meinem Blute, welches vergossen wird zur Verzeihung der Sünden. So oft ihr dieß thut, so thut es zu meinem Gedächtniß.
Und hier soll man nicht so ängstlich ergründen wollen, ob das Brot und der Trank der natürliche Leib und das wesentliche Blut Christi werde und sei. Denn wir haben schon erklärt, daß in den Sakramenten die Zeichen den Namen der bezeichneten Dinge empfangen, jedoch nicht in ihr Wesen verwandelt werden. Dieß ist die allgemeine Regel zur Auslegung der Sakramente, die auch von Anfang der Christenheit in Geltung war, und in vielfältigen und übereinstimmenden Beispielen der Schrift sowie auch im Zeugniß der alten Lehrer ihre Begründung hat. Es haben immer die Zeichen eine Aehnlichkeit (Analogie) mit den bezeichneten Dingen, worauf sie hinweisen. Denn wie das Brot und der Wein den Menschen leiblich speisen, tränken und erhalten, also erhält uns geistlich der hingegebene Leib und das vergossene Blut Christi. Wie das Brot gebrochen wird zur Speise und der Wein ausgegossen zum Trank, also wird Christi Leib getödtet und sein Blut vergossen, damit sie uns Speise und Trank werden. wie das Brot und der Wein weder speisen noch tränken, den Hunger und Durst nicht stillen, wenn sie nicht gegessen und getrunken werden, so werden wir kein Leben in uns haben, wenn wir nicht den Leib Christi essen und sein Blut trinken. Und wie die Gläubigen äußerlich mit dem Munde das Brot des Herrn essen, also essen sie innerlich durch den Glauben den Leib Christi.
Hier aber muß man unterscheiden zwischen dem leiblichen und geistlichen Essen. Der Leib Christi und sein Blut können leiblich mit des Menschen Mund weder gegessen noch getrunken werden. Der Leib Christi ist im Himmel in der Herrlichkeit und nicht hienieden auf Erden in der Zerbrüchlichkeit.
Geistlich aber soll und muß Christi Leib gegessen und sein Blut getrunken werden. Und dieß Essen geschieht von Menschen mit und durch Glauben. Nämlich der Herr, der einen wahren Leib hat und wahrhaftig einmal gelitten, wirkt jetzt vom Himmel durch seinen Geist innerlich in den Herzen der Menschen, also, daß er ihnen das Leben und Alles, was er ihnen mit seinem heiligen Fleische oder seinem Leiden erworben hat, mittheilt, die Menschen aber dasselbe mit dem Glauben annehmen. Denn wie die leibliche Speise durch das Essen angenommen im Menschen kräftig wirkt und empfunden wird, also wird Christus, der mit seinem Tode uns lebendig gemacht, durch wahren Glauben von uns angenommen, so daß er fühlbar in uns wirkt, in uns wohnt und lebt und wir in ihm leben. Denn also spricht Christus selbst (Joh. 6.): Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten; und wer mich ißt, der wird durch mich leben. Jedermann mag daraus erkennen, daß wir unter dem Glauben nicht eine leere Einbildung oder ein müßiges Anschauen verstehen (wie man uns andichtet), sondern eine göttliche Kraft und einen fühlbaren Genuß der himmlischen Gaben, wie auch anderswo vom Glauben geschrieben steht: Der Gerechte wird aus dem Glauben leben. Und solches Essen des Leibes oder Fleisches Christi und Trinken seines Blutes ist nothwendig zur Seligkeit, also, daß wer das Fleisch Christi nicht isset und sein Blut nicht trinkt, nimmermehr das Leben haben wird, wie der Herr selbst ausdrücklich sagt Joh. 6. Dieses Essen aber geschieht zu allen Zeiten und an allen Orten auch außer dem Nachtmal, so viel und oft der Mensch glaubt. Davon spricht St. Augustinus: Du darfst nicht den Mund und Bauch dazu rüsten; glaube, so hast du ihn genossen!
Es gibt aber auch ein sakramentliches Essen, indem der Gläubige nicht allein innerlich glaubt, daß der Tod Christi sein Leben sie, sondern auch aus solchem Glauben äußerlich zu des Herrn Tische geht oder zu des Herrn Mal sitzt und da gehorsam und mit Freuden des Herrn Mal nach seinem Wort empfängt als ein Sakrament des wahren Leibes und Blutes Christi, welche für ihn am Kreuz zu seiner Seligkeit dahingegeben und vergossen werden. Da empfängt der Mund äußerlich des Herrn Brod und Trank, die Seele aber genießt innerlich des Herrn Christi, ergötzt sich in ihm als in der einigen rechten Lebensspeise und dem wahren Lebenstrank. Diese Nahrung und Labung des Lebens hat er auch schon vorher, da er glaubte, empfangen; jetzt aber fährt er fort, bei diesem Male seinen Glauben zu üben, Christi Tod und Erlösung zu genießen und mit Freuden dafür zu danken. Der Segen dieses Leidens und Todes wird ihm auch hier erneuert und wieder seinem Gedächtnisse aufgefrischt. Daraus sieht Jedermann, daß wir hier nicht leere Zeichen haben und nur Brod essen und Wein trinken, wie man uns nachredet. Denn weil Christus in seiner Einsetzung kräftig wirkt und die Gläubigen seine Wirkung empfinden, nämlich daß Christus in ihnen lebt und sie in Christo leben, ja Ein Leib mit Christo und allen Gläubigen sind, wer kann denn nicht einsehen, daß der Gläubigen Nachtmal nicht ein leeres Brodessen ist, sondern auch ein Genuß Christi? Die aber keinen Glauben haben, empfangen wohl des Herrn Brod und Trank, sie empfangen und empfinden aber Christum und sein Leben nicht. Darum versündigen sie sich am Leib und Blute Christi, weil sie dieselben nicht mit wahrem Glauben genießen und deshalb den Tod Christi verachten, was ihnen zum Gerichte gereicht. (Hebr. 10. 1. Cor. 11.).
Also zwingen wir den Leib Christi nicht in das Brot, wir mischen auch das natürliche Blut Christi nicht mit dem Wein, wir stellen den Leib und das Blut Christi nicht zum Brod und Wein in unsichtbarer und doch leiblicher Weise und machen auch das Brot nicht zum Leib Christi, noch verhüllen wir ihn unter der Gestalt des Brotes und Weines. Denn dies Alles dient so wenig zur Vervollkommnung dieses Sakramentes, als es zur Vollkommenheit der heiligen Taufe erforderlich ist, daß das Wasser der Taufe leiblich und wesentlich in das Blut Christi verwandelt werde oder daß unter der Gestalt des Wassers das Blut Christi natürlich aber unsichtbar verborgen liege… Unser Herr Christus ist somit nicht seinem natürlichen, menschlichen Leibe nach in oder bei dem Brote.
Nichts desto weniger haben wir nicht ein Abendmahl ohne Christum. Denn eben der Christus, der leiblich zur Rechten Gottes sitzt und nach seiner menschlichen Natur nicht auf Erden ist, derselbe ganz Christus ist mit seinem Geist, seiner Kraft, seinem Leben und seiner Wirksamkeit als die rechte Sonne der Gerechtigkeit in dem Nachtmal zugegen, nämlich in der Gemeinde der Gläubigen, in den Herzen der Gläubigen, die das Nachtmal mit wahrem Glauben begehen. Da lebt und ist er, so wie die gläubige Seele ihn hier genießen kann. Und in anderer Gestalt, Art und Weise Christum zu haben, können die Gläubigen nicht begehren. Denn wo der Herr selbst von dem Essen und Trinken seines Fleisches und Blutes spricht, da sagt er unter anderem: das Fleisch ist nichts nütze, d.h. nicht durchaus, sondern wenn es nur leiblich gegessen wird, denn sonst ist es höchst nützlich; und setzt hinzu: der Geist ist’s, der da lebendig macht. Darum wenn wir sagen, wir genießen Christi Fleisch und Blut geistlich, verstehen wir nicht eine leere Einbildung oder ein bloßes Nichts. Denn Christus, der wahrhaft gelitten und uns wahrhaft erlöst hat, macht uns mit seinem Geiste der Erlösung theilhaft und lebendig etc.
Ueberdieß gibt er bei diesem letzten Nachtmal, wo er spricht: Das ist mein Leib, das ist mein Blut – den Seinigen noch weitläufiger genaue Kunde, daß er nicht mehr leiblich auf Erden sein werde, er wolle aber durch seinen Geist bis ans Ende bei seiner Kirche sein und durch diesen den Seinen Alles darreichen, was sie bedürfen. Siehe darüber Joh. 14. 15. und 16. Solche Worte und Reden sollten nicht weniger als der Spruch: Das ist mein Leib – genau erwogen werden, um keinen Streit über den Glauben anzufachen oder aufkommen zu lassen.
Das ist demnach die ganze Hauptsumme der christlichen Lehre und unsers Glaubens, daß wir durch den hingegebenen Leib und das vergossene Blut Christi Verzeihung der Sünden und die Erbschaft des ewigen Lebens erlangt haben, was wir allein durch den Glauben annehmen, und daß Christus durch den Glauben und seinen Geist in seinen Gläubigen lebe, während er doch leiblich im Himmel wohne und nicht mehr auf Erden sei. Wenn aber Jemand darauf beharren würde, zu der Gerechtmachung des sündigen Menschen sei nicht nur nothwendig, daß Christus dem Gesetze genug gethan habe, einmal am Kreuz gestorben sei, durch seinen Geist uns seiner durch sein Leiden erworbenen Gerechtigkeit theilhaft mache oder uns geistlich mit seinem Blute besprenge, was wir auch geistlich durch den Glauben empfangen und annehmen müssen; sondern es sei auch nothwendig, daß Christus täglich leiblich oder fleischlich in unser einem Jeden wohne, ja uns sein Blut wesentlich mittheile, welches wir nicht nur geistlich, sondern leiblich mit dem Munde empfangen müssen, so daß auch sein Fleisch leiblich in uns sei, würden nicht alle Verständigen urtheilen, dies wäre eine unnöthige und unheilsame Lehre, gar nicht gemäß der Lehre des neuen Testamentes? etc. Weil denn die Sakramente der christlichen Lehre als Zeichen hinzugefügt werden, so können sie gewiß nicht etwas dieser Lehre Widersprechendes bezeugen oder bezeichnen.
Ueber dieses Alles sagt die heil. prophetische und apostolische Schrift., daß Gott nicht in Häusern wohnt, die von Menschenhänden gemacht sind, ihm werde auch nicht von Menschenhänden gedient (1. Kön. 8. Jes. 66. Ap. 7 und 17. Dan. 11.). Zudem warnt uns unser Herr im Evangelio (Matth. 24): Wenn man euch sagen wird: Siehe Christus ist in der Wüste! so geht nicht hinaus; siehe er ist in verschlossenen Kammern! so glaubet es nicht u.s.w. Darum beten die Gläubigen den herrn Christum Jesum zur Rechten Gottes an und essen und trinken hier auf Erden sein Fleisch und Blut geistlich durch den Glauben, ja sie essen und trinken auch nichts desto weniger in dem Nachtmal das Sakrament seines Leibes und Blutes zum Gedächtniß seines Leidens und seines hingegebenen Leibes und vergossenen Blutes mit Lob und Danksagung.
Daß der Mensch den Tod allezeit vor Augen haben soll.
Die Schrift gedenket eines geistlichen und eines leiblichen oder natürlichen Todes. Des geistlichen Todes erwähnt sie in gutem und bösem Sinne. In gutem, wenn sie sagt, die Menschen sollen dem alten Adam abgestorben sein und in Christo leben (Röm. 6.). In bösem aber, wenn sie sagt, die in den Lüsten dieser Welt leben, seien lebendig todt. So spricht auch der Herr. Ihr werdet in euren Sünden sterben. 1. tim. 5. 1. Mos. 2 u 3. Auf diesen Tod folgt in jener Welt der ewige Tod, welcher nicht ein Aufhören des Lebens ist, als ob wir nicht mehr sein würden in jener Welt (Marc. 9.). Denn unsere Seelen bleiben dort am Leben und vergehen nicht, und so werden auch unsere Leiber am jüngsten Tage von den Todten auferweckt. Weil aber das Leben den Verdammten in jener Welt nichts anders ist, denn Angst und Jammer, Pein und unaussprechliche Noth, so nennt die Schrift solches Leben den ewigen Tod.
Es ist aber auch ein leiblicher oder natürlicher Tod, welcher nichts anderes ist, als das Abscheiden der Seele von dem Leibe; durch ihn beginnt der Leib, des natürlichen Lebens beraubt, zu verderben und zu verfaulen. Die Seele aber, wenn sie vom Leibe geschieden ist, hört nicht auf zu leben, vergeht auch ganz und gar nicht. Darum hüte sich doch jeder fromme Christ vor den viehischen Reden, die von verruchten und heillosen Menschen geführt werden, wenn der Mensch sterbe, so sei Alles aus, denn es sei kein künftiges Leben in einer andern Welt; die Menschen sterben dahin wie das Vieh, und wenn es dem Leibe wohl ergehe, so habe die Seele es auch wohl gehabt etc. Das sind greuliche Gedanken und solches macht gewiß auch verruchte Leute und schändet den christlichen Glauben. Deßhalb sollten auch solche Reden von der Obrigkeit nicht ungestraft bleiben. Denn ist dort kein zukünftiges Leben, was bekennen wir denn in unserm Glaubensbekenntniß: Wir glauben ein ewiges Leben? Ist kein anderes Reich als das irdische, warum beten wir dann: Zu uns komme dein Reich? Doch unser Herr Christus, dem wir billig vor Allem, was diese leichtfertige Welt schwatzen mag, Glauben schenken, gibt uns hinreichende Auskunft, wenn er spricht: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib tödten, die Seele aber nicht zu tödten vermögen, fürchtet vielmehr den, der beides, Seele und Leib in der Hölle verderben kann (Matth. 10.). Darum werden auch die Seelen nach dem natürlichen Tode erhalten, entweder zur Seligkeit oder zur Verdammniß. Denn der Herr sprach zum Mörder am Kreuz: Heute wirst du bei mir im Paradiese sein (Luc. 23.), unstreitig der Seele, nicht dem Leibe nach. Darum schrie auch der heil. Stephanus, als er gesteinigt ward, zu dem Herrn Jesu, und sprach: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf! (Ap. 7.) St. Paulus aber sprach: Ich habe Lust und ein Verlangen abzuscheiden oder aufgelöst zu werden und bei Christo zu sein. Ja auch unser Herr Christus, als er am Kreuz scheiden und sterben wollte, schrie mit lauter Stimme: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist. Den wahrhaften Zeugnissen der Wahrheit soll ein Christ mehr glauben als aller Philosophie und allem ungegründeten Geschwätz heilloser, verruchter Buben. Geschweige daß kein Weiser noch Verständiger je die Unsterblichkeit der Seele in Zweifel gestellt, wie sich dieß leicht aus den Schriften der weisen Heiden erweisen ließe, so bedarf es alles dessen nicht, da wir so gute Gründe in dem wahrhaftigen Worte Gottes haben. Denn wer Gott nicht glaubt, wem wird oder kann der glauben?
Der leibliche natürliche Tod ist von Gott allen Menschen als eine Strafe der Sünden auferlegt. Er sprach: Erde und Staub bist du (nämlich aus der Erde geschaffen), zu Erde und Staub mußt du wieder werden (1. Mos. 3.). Diese Strafe muß zwar Jeder aus uns leiden. Aber doch schadet dieser leibliche Tod den Gläubigen nicht mehr, als die Ruthe einem Kinde, welches wohl weiß, daß der Vater mit ihm wohl zufrieden ist, doch daß es nur gehorsam sei und die Züchtigung annehme. Denn der Gläubige weiß wohl, daß der ewige Tod in Christo von ihm genommen und daß er in Christo leben wird, also daß, wenn er die Strafe des zeitlichen Todes erlitten hat und von hinnen geschieden ist, er dort weder Pein noch Tod mehr empfinden wird, nicht seines Gehorsames und seines willigen Todes wegen, sondern um des Gehorsames und des Todes Christi willen, in welchem der Gläubige sich auch willig in den Tod fügt und so in Christo lebt.
Und diesem Tode mag niemand entfliehen, wie Hiob spricht im 23. Kap. Der Herr hat dem Menschen ein Ziel gesteckt, das wird er nicht überschreiten. Da hilft ja keine Weisheit, keine Stärke, kein Gut, überall Nichts. Wider die Feinde kann man Wehr und Waffen, Geschütz und Heerzug rüsten, sich zu schützen; wider den Tod hilft keine Wehr noch Harnisch. Wenn dein Stündlein vorhanden ist, so muß es sein. Denn wer ist je von allen denen übrig geblieben, die hier das zeitliche Leben empfangen haben? Sie sind alle gestorben und mahnen uns Alle, ihnen nachzufolgen.
Weil nun dem also gewiß ist, so säume doch Niemand. Denn die Zeit ist viel kürzer als du meinest. Es gibt Solche, die in diesem armen sterblichen Leben so verwirrt und bethört sind, daß sie vom Tod auch nicht ein Wort hören wollen, in der Meinung, sie seien entronnen, wenn sie vom Tode nichts hören. Du thörichter Mensch, du trägst den Tod bei dir im Busen und bist keinen Augenblick sicher, wenn dir Gott dein Leben aufkündet. Lieber lies doch im 12. Kap. Lucä, wie sich ein reicher Mann vornahm, lange in Freuden zu leben, aber jählings von hinnen mußte. Darum bekehre dich zu deinem Gott und Herrn. Folge dem weisen Manne, der zu uns sagt: Gedenke allezeit an deinen Tod und dein Ende, so wirst du nicht sündigen. Denn wenn du bedenkest, daß dein Leib bald der Würmer Speise wird und du dein Hab und Gut verlassen mußt und dir nicht ein Heller in dein Grab folgt, was willst du deines Leibes Lüste zum Verderben pflegen und durch allerlei Ungerechtigkeit zu deiner Schande und deinem ewigen Schaden die zeitlichen Güter zusammen häufen? Zerbrechlich und hinfällig ist Alles, was da ist. Wer Gott liebt, der bleibt in die Ewigkeit. Kurz und mehr denn kurz ist das Ziel deines Lebens. Du kannst nicht wissen, wann du von hinnen scheiden mußt, und doch mußt du von dannen, darum gedenke daran; wache und bete.
Darum aber wollte Gott nicht, daß der Mensch die Stunde seines Endes voraus wüßte, erstens, damit wir unsre Besserung nicht versparten bis auf den letzten Athemzug, sondern alle Tage und Augenblicke uns besserten, sodann auch, damit wir desto ruhiger wären. Denn weil der Tod allen Menschen von Natur schrecklich und greulich ist, o welch ein elend Leben würden wir haben, wenn wir die Stunde unsers Todes voraus wüßten! Nun aber sind wir stille in Hoffnung und sagen: Mein Leben steht in des Herrn, meines Gottes und Vaters Hand; da steht es mir wohl; wann und wie er will, so ist mein End und Ziel. Daneben trösten sich die Gläubigen in den Schrecken des Todes mit Christo, der sich auch vor dem Tode entsetzt hat, jedoch gestärkt ward und alle seine Gläubigen stärken und trösten will. Daher tönt allezeit in den Ohren der Gläubigen das Wort des Herrn: Wachet und betet; denn ihr wisset nicht, wann euer Herr kommt, ob am Abend, oder zu Mitternacht, oder um das Hahnengeschrei, oder am Morgen, auf daß er nicht, wenn er unversehens kommt, euch schlafend finde.
Quelle: Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformirten Kirche - Band V