2 Kor. 13, 11.
„Freut euch, seid vollkommen, tröstet euch, habt einerlei Sinn, seid friedsam: so wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein.“
In Gott ist unendliche Lust und Freude, und er heißt deshalb der selige Gott.1) Wohl uns, dass wir in Ihm einen Gott der Liebe haben. Denn als Solcher will Er Seine Freude nicht für Sich behalten. Nicht bloß in Ihm soll Freude sein, sondern auch außer Ihm und vor Ihm. „Vor dir, o Herr, ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu deiner Rechten ewiglich.“2) „Du willst mich erfüllen mit Freude vor deinem Angesichte.“3) Ja, Ihm, dem Gott der Liebe, ist es lieb, wenn es hell wird im Herzen Seiner Kinder und die Freude darin aufgeht.
Freut euch! es ist der Wille Gottes. Und wie sehr habt ihr Ursache, euch zu freuen. Ihr steht vor Gottes Traualtar zum unauflöslichen Bunde. Der köstliche Besitz des geliebtesten Menschenherzens wird euch zugesprochen. Nun besitzt jeder von euch Beiden ein Herz, für das er leben kann. Wie nimmer und nirgendwo beginnt für euch das Glück des Beglückens. Nur im Beglücken wohnt das Glück. Ach, das Geheimnis des Glücks ist so Vielen verhüllt. Man strebt und jagt nach dem Genuss und weiß nicht, dass der Genuss aus dem Genuss entspringt, den wir Anderen bereiten; dass die Freude aus dem erfreuten Herzen in das eigene fließt und dass man für ein anderes Wesen leben muss, um wahrhaft zu leben! Lieben und Leben ist Eins!
Seid dieser Wahrheit stets eingedenk, und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein. Ihr werdet glücklich werden.
Doch muss Alles, was ihr füreinander tut, geregelt und bestimmt sein durch das Wort: Seid vollkommen! Euer Vater im Himmel ist darum voll Freude, weil er vollkommen ist. Je mehr ihr euch annähert der göttlichen Vollkommenheit, desto näher kommt ihr der göttlichen Freudigkeit. Darum kann eure Ehe nur dann glücklich sein, wenn sie eine Schule der Heiligung ist. Heilige, o Mann, dein Weib. Gib ihr zu genießen das Köstlichste, womit der Herr deine Seele nährt. „Ihr Männer, liebt eure Weiber, gleichwie Christus geliebt hat die Gemeinde.“4) Christus hat die Gemeinde geliebt, indem er Sich Selbst, Sein eigenes göttliches Wesen, der Gemeinde zu eigen gegeben hat. Nimm hin, o Mann, Jesu heiligen Geist und dann gib dich selbst, das Beste deiner selbst, deinen geheiligten, göttlichen Geist, deinem Weibe! Heilige, o Weib, deinen Mann!
Der verborgene Mensch des Herzens mit sanftem und stillem Geist, der köstlich vor Gott ist, blicke labend und stärkend aus deinem häuslichen Walten in die Seele deines Gatten hinein. Der heilige Glaube werde ihm immer teurer, indem er ihn lebendig findet in deinem Herzen und in die anmutsvolle Stille einer Christo geweihten Seele sich versenkt. Dann hat er in seiner nächsten Nähe einen Born, aus dem er immer wieder Erfrischung für sein inneres Leben trinkt.
Und wenn dann die Trübsal - ach, sie kann nicht ausbleiben euer Leben verdüstern will: dann könnt ihr kräftig erfüllen die Forderung: Tröstet euch! Denn ihr habt den Tröster, den alleinigen Tröster, den heiligen Geist in euerm Hause und in euerm Herzen. Wahrlich, Trost kann nur von diesem Tröster kommen. Trost kann nur von Gott kommen. Darum ist jede Verbindung trostlos, jede Ehe unglücklich, die nicht in Gott geschlossen und geführt wird. Ungläubige machen sich immer unglücklich. Nur gläubige Ehegatten sind glücklich. Gott, der Beglücker, ist der Dritte in ihrem Bunde und einigt sie durch Seinen Geist. Wenn dieses Band zerreißt, fällt die Ehe auseinander. Darum kann die Forderung: „Habt einerlei Sinn!“ nur von Denen erfüllt werden, die sich einigen lassen von Gott.
In dieser Einigkeit wallt denn durchs Leben. In dem Herzen des Geliebten werdet ihr immer wieder Ersatz finden für alle Kränkungen von außen. An diesem, in Gott geliebten, Herzen habt ihr eine Welt, die alle Herrlichkeit der prunkenden Welt aufwiegt, überwiegt. Noch mehr, diese Welt hat nur eine Scheinherrlichkeit. Betrogen wird Jeder, der in ihr seine Befriedigung sucht. Wer aber im Gottesstrahle der verborgenen Welt gläubiger Liebe wohnt, dem kann nicht beifallen, er habe an jener trügerischen Welt Etwas verloren. Gläubige Liebe schützt vor ihrem Betruge. Sie sehnt sich nicht nach der rauschenden Welt und stimmt ein in das Wort des größten Dichters, der je von Frauenliebe gesungen:
Die Welt ist außen schöne, ist grün, weiß und rot;
Doch innen schwarzer Farbe, finster wie der Tod.5)
Aber im Tempel des Hauses, darinnen der Mann als Priester und das Weib als Priesterin walten, da ist helle, stille Freude und heiliger Frieden. Da winkt nach den arbeits- und kampfvollen Berührungen mit der Außenwelt - ohne die freilich der Mann nicht sein kann immer wieder die entlastende Ruhe und das heilige Asyl. Darum, was euch auch bevorsteht, ihr werdet still und friedsam sein, wenn ihr euch liebt, treu liebt in Gott.
Das Bild Gottes leuchtet in Christo. Aus Ihm soll es hineinscheinen in eure Seelen. Er ist auch der unsichtbare Priester, der heute Seine Segenshände auf euch legt. Wie ihr heute vor Ihm stehet, so werdet ihr an jenem großen Tage abermals zusammen vor Ihm erscheinen. Er weiß, wie weit Sein Bild jetzt in euch glänzt, wie weit nicht. Er wird dann zusehen, ob eure Ehe euch geheiligt hat, ob ihr euch seliger gemacht habt in Seiner Kraft. Und wenn sich dann herausstellen wird, dass ihr euch gegenseitig geläutert habt, wenn er mit göttlicher Freude sehen. wird, dass Sein Bild in euch heller erglänzt als heute: dann wird er euch abermals einsegnen mit einem noch höheren, spürbareren Segen als heute und wird euch zusammen an Sein göttliches Herz ziehen und wird eure Ehe preisen als Mittel der Erziehung zu seinem himmlischen Reiche, und ihr werdet selig sein bei Ihm. Dann werdet ihr euch noch inniger, stärker lieben als heute, noch begeisterter euch danken für die heilige Treue.
O dreieiniger Gott, walte mit Deiner Gnade über diesem teuren Paare! Gib, dass ihre Liebe immer zunehme; denn wenn sie nicht zunimmt, so nimmt sie ab! Gib, dass sie in gegenseitiger Hingabe immer mehr los kommen von sich selbst, immer freier werden von Selbstsucht! Gib ihnen die Gnade, dass ihnen diese Aufopferung der Eigenheit zu einer Schule werde, in der sie lernen, sich Dir aufzuopfern! Verlobe sie mit Dir, wie Du den Gläubigen verheißen hast: Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit; ja, im Glauben will ich mich mit dir verloben!“6) Nimm sie auf in die selige Ehe mit Dir, höchstes Gut. Amen.