Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 58. Von der Revolution.

Den Schlüssel, die Revolution zu schließen, hat nur die Kirche, oder vielmehr Der, den sie predigt, Jesus Christus. Ein Volk, das Ihn verwirft, reift seiner Sklaverei und dem Aufruhr zugleich entgegen. Alle Bedingungen, welche zu seiner Unterdrückung herausfordern, wachsen in und mit seiner Gottlosigkeit auf. Diese ist immer der Quell, wenn auch nicht immer der Anlass seiner Unfreiheit, und die Revolution nur der Widerspruch des Fleisches gegen die verschuldete Beschränkung. Als die Juden Christum verwarfen und gekreuzigt, hatten sie gegen den erneuernden und belebenden Geist sich verschlossen, der eines größeren Maßes von Freiheit sie allein innerlich fähig gemacht haben würde. Der Tod Christi legte den Todeskeim auch der Freiheit, die sie noch hatten. Innerlich und vor Gott war das Todesurteil ihrer Freiheit schon entschieden. Die Ursache war schon da. Es fehlte nur noch der Anlass. Aber auch dieser weist auf die Ursache, auf den Unglauben, zurück und gründet in ihm. Die Empörung der Juden war der Anlass, dass die Römer ins Land kamen, Jerusalem zerstörten und Land und Leute nahmen. Die Ursache der Empörung aber war der Unglaube. Hätten sie Christum angenommen, so hätten sie nicht rebelliert. Sie hätten die Worte gehalten: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist!“1) „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat!“2) Wie haben sich die Hohenpriester und Schriftgelehrten betrogen! Sie sahen in Christo den Revolutionär. Sie fürchteten: „Lassen wir ihn also, so werden sie Alle an ihn glauben. So kommen dann die Römer und nehmen uns Land und Leute!“3) Und doch war Er gerade der einzige wahre und wirksame Antirevolutionär. Hätten sie Ihn erwählt, so blieb die Rebellion ungeboren, und sie hätten Land und Leute behalten.

Lernt hieraus, die ihr das Volk regiert, dass es Christum haben muss, wenn es bewahrt bleiben soll vor dem Aufruhr, seinem Verderben. Noch immer sind viele Obrigkeiten allein geschäftig, den Aufruhr zu dämpfen an seinen Mündungen, statt ihn in seinen Quellen zu verstopfen. Nicht wenige Obrigkeiten sind durch ihr laues Verhältnis zum Christentum an der Revolution mitverschuldet. Aus dem Giftkeim des Unglaubens, den sie selbst mit ihrem Beispiele predigen, helfen sie das aufrührerische Wesen groß ziehen und unternehmen, wenn es ausgewachsen ist, dagegen den schweren, ihrerseits vergeblichen Kampf.

Werdet doch weise, ihr Gebieter der Erde, die ihr den Aufruhr hasst wie den Tod und hasst hinfort den Unglauben, aus dem der Aufruhr entspringt.

Aber hasst ihn ernstlich und gründlich. Die unechte Farbe hält nicht vor. Alles, was ihr tut, Das tut von Herzen. Nur den Aufrichtigen lässt es Gott gelingen. Werdet lebendig, so werdet ihr Leben wirken, lebendige Christen nicht machen, sondern erwecken. Und lebendige Christen rebellieren nicht!

Aber kann es denn nicht Gewaltige geben, die nach dem Rate des Herrn durch Rebellen vom Throne gestoßen werden? Ja, es gab deren und wird deren geben. Sie fallen durch die Revolution vom Throne; doch wehe dem Revolutionär, durch den sie herunterfallen! Aber, wenn sie nicht ohne Gottes Rat herunterfallen, wie kann es sündlich sein, ein Exekutor des göttlichen Rates zu sein? Ist es denn nicht löblich, ein Diener des göttlichen Rates zu sein? Fragst du so, so frage ich dich: Wer hat dir den Rat Gottes enthüllt? Und wer hat dich so aufgebläht, dass du meinst, ohne dich werde Gottes Rat nicht ausgeführt werden? Du hast dich als Christ einfach an das Wort zu halten: „Menge dich nicht unter die Aufrührerischen!“4) Will Gott einen Tyrannen durch Revolution fällen, so hat er Namenchristen, eitle Neujuden und Judengenossen genug, die er nicht erst anzuregen, sondern nur loszulassen braucht, und die Revolution ist da, nicht durch göttliches Tun, sondern durch göttliches Zulassen. Denn das rebellische Gelüsten steckt tief im unwiedergeborenen Herzen, und Gott braucht es nur nicht zu hemmen und zu dämmen, so bricht es hervor.

„Auch hat Gott“ sagt Luther „noch eine andere Weise, die Obrigkeit zu strafen, dass du dich nicht selbst rächen darfst. Er kann fremde Obrigkeit erwecken, als: die Goten wider die Römer, die Assyrer wider Israel, so dass also überall Rache, Strafe und Gefahr genug ist über die Tyrannen und Obrigkeit und Gott sie nicht lässt mit Freuden und Friede böse sein; er ist kurz hinter ihnen, ja um sie her und hat sie zwischen den Sporen und im Zaume.“5) Zum Aufruhr haben demnach Christen in keinem Falle Grund, und die Geschichte lehrt, dass sie Das wissen. Treue Christen sind immer treue Untertanen gewesen. Dagegen ist die Urstätte der Auflehnung gegen die Stellvertreter Gottes auf Erden nicht verschieden von der Urstätte der Auflehnung gegen Gott selbst. Freilich haben gottselige Fürsten durch Heranbildung von Christen die Revolution nicht immer hindern können; denn der breite Weg ist immer noch voll Majestätsverbrecher. Aber sie haben doch durch ihre Glaubenspflege Alle, die sich weisen lassen wollen, vor dem Unheil des Selbstrebellierens bewahrt, das tausendmal schlimmer ist, als das Leiden der Revolution. Ferner haben sie in den echten Christen eine Kriegsschar, die mit der stillen Macht des Geistes wirksamer, als das größte Kriegsheer die Revolution bekämpft; eine Schar, an der sich das Wort bewährt: „Euer Einer wird Tausend jagen; denn der Herr, euer Gott, streitet für euch.“6) Die Christen sind es, durch die der Herr die Revolution, wenn auch nicht immer hindert, doch zum Stehen bringt und zu Grabe trägt. Aus dem Grabe der Revolution aber ersteht dem christlichen Fürsten ein Regiment, königlicher und herrlicher, denn je; denn „Denen die Gott lieben, müssen alle Dinge, auch die Schmerzen der Revolution, zum Besten dienen, und alle Menschen, auch die Fürsten, werden essen von den Früchten ihres Wesens.“7)

Traun, unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet! Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Was vermag der Feind? „Es ist ein Größerer mit uns, denn mit ihm. Mit ihm ist ein fleischlicher Arm, mit uns aber ist der Herr unser Gott, dass er uns helfe und führe unsern Streit.“8) Ich vermag Alles durch Den, der mich mächtig macht, Jesus Christus, und von Seinem Kreuze gilt noch heute das Wort:“ Mit diesem wirst du siegen,“ auch über die Revolution!

1)
Matth. 22, 21.
2)
Röm. 13, 1.
3)
Joh. 11, 48.
4)
Sprichw. 24, 21.
5)
Bei Walch, T. 10. S. 591.
6)
Josua 23, 10.
7)
Sprichw. 1, 31.
8)
2 Chron. 32, 7. 8.