Ich kenne Menschen, die mich lieben und solche, die mich hassen. Wunderbar, unter Denen, die mich lieben, sind viele, die ich beleidigte, und unter Denen, die mich hassen, sind wenige, die ich beleidigte. Meine Beleidiger hassen mich am meisten. Es ist, als könnten sie mir ihre Beleidigung nicht vergessen, und zwar die Beleidigung, die sie übten. Mich dünkt, dass der sündhafte, unbereute Hass seinem Wesen gemäß zu neuem Hasse treibt, und die häufige Erfahrung, dass der Beleidiger mehr hasst, als der Beleidigte, bestätigt sich auch mir. Diese Erfahrung soll mich bestärken in der Liebe. Ich will allen meinen Beleidigern ohne Ausnahme vergeben. Von Stund an wird meine Seele mild und gütig gegen sie gestimmt sein; von Stund an wird sie friedvoll sein; denn Vergeben ist ein heiliges Tun, im Heiligen aber ist Ruhe. Vergeben ist ein Geschenk; und wer schenkt, der hasst nicht, sondern liebt den Beschenkten und freuet sich. So will ich denn nicht warten, bis in meinen Beleidigern das Herz sich ändert; sondern mein Herz soll sich gegen sie ändern alsogleich. Bleiben sie aber, wie sie sind, so will ich sie bedauern um des Hasses willen, der sie quält, der zu neuen Beleidigungen sie drängt, die mehr sie schmerzen, als mich. Dies Alles will ich - nach dem inwendigen Menschen. Aber von der Macht des widerstreitenden Gesetzes in meinen Gliedern musst Du mich erlösen, mein Vater, durch Jesum Christ. Du allein kannst zu dem Wollen, das Du gegeben, auch das Vollbringen geben. Du kannst dann auch meine Feinde mit mir zufrieden machen. Du kannst zu meinem Widersacher sprechen, wie Du einst zu Laban sprachst: „Hüte dich, dass du mit Jakob nicht anders redest, denn freundlich.1)“ Lenke ihnen das Herz, mein Vater!