Arnd, Johann - Wie ein Mensch durch's Gebet die Weisheit Gottes suchen soll - Capitel III.

Daß der Mensch großen Nutzen und Frommen habe von stetiger Uebung des Gebets.

Joh. 16, 24.: Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei.

Der Mensch nach dem Fall ist faul und ungehorsam worden zu allen göttlichen Sachen. Daß er nun darin nicht bleibe noch verderbe, soll er sich durch's Gebet aufmuntern und erwecken durch mancherlei Betrachtungen, und erstlich bedenken den großen Nutzen, Trost und Frommen des heiligen Gebets, daß er nämlich den ewigen, wahren, lebendigen Gott bekenne, ehre, anbete, und keine fremden Götter dichte und anrufe, sondern den einigen und wahren Gott. Desselben Befehl und Gebet hat er in Acht, als ein gehorsam Kind, bittet, suchet, klopft, ruft, preist seinen Schöpfer, Vater und Seligmacher rc.

2. Zudem verachtet er nicht die Zusage Gottes, sondern gibt mit seinem Gebet zu erkennen, daß sie hoch zu achten, und der wahrhaftige Gott nicht wolle noch könne lügen.

3. Zum dritten nimmt der Glaube zu, und wächst täglich wie ein Baum. Denn im Glauben steht alle unsere Kraft, Trost und Stärke wider alle unsere Feinde und Widerwärtigkeit; ja, er ist „der Sieg, der die Welt überwindet“, 1. Joh. 5, 4. auch die Ungläubigen, die uns Uebels wünschen.

4. Ueber das „empfahen wir den heiligen Geist“, Luc. 11, 13. Zach. 12, 10. das ist: wir geben ihm Raum und Statt zu herrschen; er bleibt und „macht Wohnung bei uns“, Joh. 14, 23. Wir werden erweckt in dem wahrhaftigen Licht und Erkenntniß Gottes, daß wir seinen Willen recht verstehen, und bleiben im Reich Gottes, theilhaftig aller himmlischen Güter.

5. Auch verhüten wir hiedurch Sicherheit, widerfechten den Sünden, Fleisch und Blut, wandeln im fröhlichen Gewissen, „üben eine selige Ritterschaft, behalten den Glauben und gut Gewissen“, 1 Tim. 1, 19.

6. Deßgleichen widerstehen wir großer Anfechtung, Gefahr und Elend, dem Teufel und bösen Menschen. Denn das Gebet ist ein starker Thurm wider alle Feinde; eine feste Burg Gottes, zu der wir durch's Gebet fliehen, Ephes. 6, 17. Sprüchw. 18, 10. Ps. 31, 3. Und ob der Teufel oder böse Menschen einen Eingriff thun, muß es doch den Frommen zum Besten gereichen.

7. Letztlich kann ein stets betender Mensch sich immer freuen im heiligen Geist mit Dankbarkeit, nach der Lehre St. Pauli 1 Thess. 5, 16. 17. 18.: „Freuet euch allezeit; betet ohne Unterlaß; seid dankbar in allen Dingen“. Keine Angst, keine Unlust, Bekümmerniß, Traurigkeit entsteht aus dem Gebet, sondern Freude, Wonne, Luft wegen des lieblichen Gesprächs mit Gott, dem ewigen Könige. Und nach dem Gebet wird man gewiß, unsere Sachen werden einen glücklichen Ausgang gewinnen. „Alle Sorge werfet auf den Herrn“, 1 Petr. 5, 7. „Gott ist nahe, sorget nicht“. Phil. 4, 6. „Befiehl dem Herrn deine Wege rc.“ Ps. 37, 5. Alle Kümmerniß entsteht aus dem Mißtrauen gegen Gott. Das Mißtrauen kommt von Unterlassung des Gebets. Der Glaube und das Gebet trauen Gott, vertreiben alle Sorge. rc.

Gebet um Aufmunterung zum Gebet

O Herr Gott! hilf mir, daß ich erkenne, wie du mich treibest und ermahnest zu meinem großen Nutzen, nämlich zu dem wahren Gebet, damit aller Nutzen erlangt wird. Erwecke mich, so erwache ich; ermuntere mich, so stehe ich auf, und folge Christo nach allein. Amen.