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 Dies gelang dem Papste Johann XIII. schon im Jahre 967 unter dem Herzoge Boleslaus, dessen Schwester Mlada förmlich zur römischen Kirche übertrat, und, von Rom zurückgekehrt, auch ihren Bruder zu einem solchen Religionswechsel vermochte. Die Großen des Reiches folgten dem Beispiele des Fürsten; das Volk aber konnte nicht so schnell zum Abfall von der griechischen Kirche bewogen werden. Anfangs war Allen, welche der letzteren treu blieben, freier Gottesdienst gestattet; aber die Päpste arbeiteten immer ernstlicher darauf hin, sich die Alleinherrschaft zu erringen und Alles aus dem Wege zu räumen, was sich vor ihrer dreifachen Krone nicht beugen wollte. Dies gelang dem Papste Johann XIII. schon im Jahre 967 unter dem Herzoge Boleslaus, dessen Schwester Mlada förmlich zur römischen Kirche übertrat, und, von Rom zurückgekehrt, auch ihren Bruder zu einem solchen Religionswechsel vermochte. Die Großen des Reiches folgten dem Beispiele des Fürsten; das Volk aber konnte nicht so schnell zum Abfall von der griechischen Kirche bewogen werden. Anfangs war Allen, welche der letzteren treu blieben, freier Gottesdienst gestattet; aber die Päpste arbeiteten immer ernstlicher darauf hin, sich die Alleinherrschaft zu erringen und Alles aus dem Wege zu räumen, was sich vor ihrer dreifachen Krone nicht beugen wollte.
  
-Nachdem noch im J. 977 die einstweilige Erlaubnis zum Gebrauch der slavischen Volkssprache beim Gottesdienst gegeben worden war, verbot dies Papst Gregor VII. in einem Schreiben an den Herzog Wratislaw, vom J. 1079, auf das entschiedenste.((Siehe Pescheck, Geschichte der Gegenreformation in Böhmen. Erster Band. S. 5: „Es hat uns,“ sagt der heilige Vater, „die Betrachtung der heiligen Schrift zu der Überzeugung geführt, dass es dem allmächtigen Gott gefallen habe und noch gefalle, den Gottesdienst in einer geheimen Sprache zu verrichten, wenn auch nicht alle, besonders ungebildete Leute, ihn verstehen. Denn würde insgemein und laut von allen gesungen, so könnte die Sache leicht in Geringschätzung und Überdruss kommen. Auch hat die Erfahrung gelehrt, dass viele Nachteile und Ketzereien dadurch (durch den kirchlichen Gebrauch der Volkssprache) entstanden sind. Es kann also nicht gewährt werden, was euer Volk unverständiger Weise verlangt, und wir untersagen es im Namen Gottes und des allerheiligsten Petrus. Euch aber beauftragen wir, dem allmächtigen Gott zu Ehren, solcher törichten Unbesonnenheit auf alle Weise euch zu widersetzen.“ ))+Nachdem noch im J. 977 die einstweilige Erlaubnis zum Gebrauch der slavischen Volkssprache beim Gottesdienst gegeben worden war, verbot dies Papst Gregor VII. in einem Schreiben an den Herzog Wratislaw, vom J. 1079, auf das entschiedenste.((Siehe Pescheck, Geschichte der Gegenreformation in Böhmen. Erster Band. S. 5: „Es hat uns,“ sagt der heilige Vater, „die Betrachtung der Heiligen Schrift zu der Überzeugung geführt, dass es dem allmächtigen Gott gefallen habe und noch gefalle, den Gottesdienst in einer geheimen Sprache zu verrichten, wenn auch nicht alle, besonders ungebildete Leute, ihn verstehen. Denn würde insgemein und laut von allen gesungen, so könnte die Sache leicht in Geringschätzung und Überdruss kommen. Auch hat die Erfahrung gelehrt, dass viele Nachteile und Ketzereien dadurch (durch den kirchlichen Gebrauch der Volkssprache) entstanden sind. Es kann also nicht gewährt werden, was euer Volk unverständiger Weise verlangt, und wir untersagen es im Namen Gottes und des allerheiligsten Petrus. Euch aber beauftragen wir, dem allmächtigen Gott zu Ehren, solcher törichten Unbesonnenheit auf alle Weise euch zu widersetzen.“ ))
  
 Ebenso wurde von Rom aus auf die Ehelosigkeit der Priester und auf die Abendmahlsfeier ohne den Kelch gedrungen. Ebenso wurde von Rom aus auf die Ehelosigkeit der Priester und auf die Abendmahlsfeier ohne den Kelch gedrungen.
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 Diese Verbindung diente zur gegenseitigen Unterstützung gegen den gemeinschaftlichen Feind; sie war aber keine gänzliche Verschmelzung und Vermischung. Denn die Waldenser in Böhmen unterhielten mit ihren Glaubensgenossen in Frankreich und Piemont einen fortwährenden innigen Verkehr, der auf brüderlicher Gemeinschaft des Glaubens beruhte. Sie unterstützten sich gegenseitig mit Geld; besonders von den Tälern Piemonts kamen Prediger (Barben) zu den Brüdern nach Böhmen, und diese schickten, wie uns der Geschichtsschreiber Leger versichert, ihre Jünglinge in die Täler, damit sie dort im heiligen Amte unterrichtet würden. Diese Verbindung und Unterstützung, über welche sich noch um das Jahr 1330 die römischen Katholiken bei König Johann beschwerten, wurde gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts durch ein trauriges Ereignis unterbrochen. Aus den Tälern Piemonts kamen zwei Prediger ((Leger nennt sogar ihre Namen: Daniel von Valence und Stephanus von Molines. Bd. I. S. 203.)) nach Böhmen, um dort den Waldensern das Evangelium zu verkünden. Aber sei es aus Unvorsichtigkeit, sei es weil sie sich hatten bestechen lassen - sie entdeckten der römischen Geistlichkeit die Orte, wo alle Waldenser sich zu versammeln pflegten. Über diese erging nun eine schwere Verfolgung, welche sie ihren italienischen Glaubensgenossen mit der Bitte meldeten, ihnen keine Prediger mehr zu senden, deren Treue sie nicht erprobt hätten. Diese Verbindung diente zur gegenseitigen Unterstützung gegen den gemeinschaftlichen Feind; sie war aber keine gänzliche Verschmelzung und Vermischung. Denn die Waldenser in Böhmen unterhielten mit ihren Glaubensgenossen in Frankreich und Piemont einen fortwährenden innigen Verkehr, der auf brüderlicher Gemeinschaft des Glaubens beruhte. Sie unterstützten sich gegenseitig mit Geld; besonders von den Tälern Piemonts kamen Prediger (Barben) zu den Brüdern nach Böhmen, und diese schickten, wie uns der Geschichtsschreiber Leger versichert, ihre Jünglinge in die Täler, damit sie dort im heiligen Amte unterrichtet würden. Diese Verbindung und Unterstützung, über welche sich noch um das Jahr 1330 die römischen Katholiken bei König Johann beschwerten, wurde gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts durch ein trauriges Ereignis unterbrochen. Aus den Tälern Piemonts kamen zwei Prediger ((Leger nennt sogar ihre Namen: Daniel von Valence und Stephanus von Molines. Bd. I. S. 203.)) nach Böhmen, um dort den Waldensern das Evangelium zu verkünden. Aber sei es aus Unvorsichtigkeit, sei es weil sie sich hatten bestechen lassen - sie entdeckten der römischen Geistlichkeit die Orte, wo alle Waldenser sich zu versammeln pflegten. Über diese erging nun eine schwere Verfolgung, welche sie ihren italienischen Glaubensgenossen mit der Bitte meldeten, ihnen keine Prediger mehr zu senden, deren Treue sie nicht erprobt hätten.
  
-Unleugbar kam durch die Waldenser ein neues Lebenselement nicht bloß in die ihrem Ersterben nahe griechische Kirche, sondern auch in die böhmische Christenheit überhaupt. Die Saat des rein evangelischen Glaubens, welche sie überall ausstreuten, wohin sie kamen, musste ihre Früchte tragen. Die Regierung Karl IV. begünstigte das erwachte geistige Leben. Er gründete im Jahre 1348 die erste Universität Deutschlands zu Prag, „damit,“ wie er sich selbst ausdrückte, „die Böhmen nicht mehr genötigt wären, ihren unablässigen Heißhunger nach den Früchten der Wissenschaft durch Betteln bei den Ausländern zu stillen.“ Aus Karls unmittelbarer Umgebung erstanden mehrere tüchtige Zeugen der Wahrheit. Der Stadtpfarrer zu Prag, Conrad von Nordhausen, einem Orte in Österreich, geißelte mit außerordentlicher Beredsamkeit, unter dem höchsten Beifall des Volkes, die Schlechtigkeit seines Zeitalters und ermahnte zur Buße und zu wahrer Frömmigkeit. Sein von König Karl IV. hoch geehrter Amtsgenosse Johann Militz, zu Kremsier in Mähren geboren, drang auf die Abendmahlsfeier unter beiden Gestalten. Matthias von Janow aus Prag, ein Schüler von Militz, wies sogar auf die Notwendigkeit einer Reformation der Kirche hin.(())+Unleugbar kam durch die Waldenser ein neues Lebenselement nicht bloß in die ihrem Ersterben nahe griechische Kirche, sondern auch in die böhmische Christenheit überhaupt. Die Saat des rein evangelischen Glaubens, welche sie überall ausstreuten, wohin sie kamen, musste ihre Früchte tragen. Die Regierung Karl IV. begünstigte das erwachte geistige Leben. Er gründete im Jahre 1348 die erste Universität Deutschlands zu Prag, „damit,“ wie er sich selbst ausdrückte, „die Böhmen nicht mehr genötigt wären, ihren unablässigen Heißhunger nach den Früchten der Wissenschaft durch Betteln bei den Ausländern zu stillen.“ Aus Karls unmittelbarer Umgebung erstanden mehrere tüchtige Zeugen der Wahrheit. Der Stadtpfarrer zu Prag, Conrad von Nordhausen, einem Orte in Österreich, geißelte mit außerordentlicher Beredsamkeit, unter dem höchsten Beifall des Volkes, die Schlechtigkeit seines Zeitalters und ermahnte zur Buße und zu wahrer Frömmigkeit. Sein von König Karl IV. hoch geehrter Amtsgenosse Johann Militz, zu Kremsier in Mähren geboren, drang auf die Abendmahlsfeier unter beiden Gestalten. Matthias von Janow aus Prag, ein Schüler von Militz, wies sogar auf die Notwendigkeit einer Reformation der Kirche hin.
  
 Die Werke des Widerchrists, dessen Zeit nun gekommen, sagte er, seien die Fabeln und Menschenerfindungen, welche in der Kirche herrschten, die Verehrung der Bilder und Reliquien. Ein jeder Mensch, eine jede Stadt habe einen eigenen Christum, weil man die Heiligen für Christum annehme. Alles, was durch der Menschen Selbstsucht in die Kirche eingeführt worden, sei nicht von Gott und Gottes Geiste und darum auszurotten und wegzuwerfen. Die Herrschaft des Papstes sei ein Missbrauch. In den ersten Zeiten der christlichen Kirche habe unter den Bischöfen vollkommene Gleichheit bestanden. Mit hoher Verehrung spricht Matthias von Janow von der Heiligen Schrift. Er nennt dieselbe seine Freundin und seine Braut, die er schon von Jugend auf geliebt habe. Aus ihrem Reichtum schöpfte er alles Licht und allen Trost; durch sich selbst klar und einleuchtend seien ihre göttlichen Wahrheiten. „O wie hat sie mich gespeist mit dem Brote des Lebens!“ ruft er begeistert aus. „Wie hat sie mich mit dem Wasser der Erkenntnisgetränkt in den Finsternissen, in welchen ich schwebte! Während Andere zu ihrem Schutze Reliquien und die Knochen verschiedener Heiligen mit sich überall herumtragen, habe ich mir die Bibel zur beständigen Gefährtin meiner Pilgrimschaft erwählt.“ Der evangelische Mann, welchen Karl IV. sogar zu seinem Beichtvater sich erwählt hatte, wurde auf Antrieb des römischen Hofes aus dem Lande verwiesen, musste mit der Widerrufung seiner Lehre die Erlaubnis zur Rückkehr erkaufen und starb als Privatmann im Jahre 1394. Die Werke des Widerchrists, dessen Zeit nun gekommen, sagte er, seien die Fabeln und Menschenerfindungen, welche in der Kirche herrschten, die Verehrung der Bilder und Reliquien. Ein jeder Mensch, eine jede Stadt habe einen eigenen Christum, weil man die Heiligen für Christum annehme. Alles, was durch der Menschen Selbstsucht in die Kirche eingeführt worden, sei nicht von Gott und Gottes Geiste und darum auszurotten und wegzuwerfen. Die Herrschaft des Papstes sei ein Missbrauch. In den ersten Zeiten der christlichen Kirche habe unter den Bischöfen vollkommene Gleichheit bestanden. Mit hoher Verehrung spricht Matthias von Janow von der Heiligen Schrift. Er nennt dieselbe seine Freundin und seine Braut, die er schon von Jugend auf geliebt habe. Aus ihrem Reichtum schöpfte er alles Licht und allen Trost; durch sich selbst klar und einleuchtend seien ihre göttlichen Wahrheiten. „O wie hat sie mich gespeist mit dem Brote des Lebens!“ ruft er begeistert aus. „Wie hat sie mich mit dem Wasser der Erkenntnisgetränkt in den Finsternissen, in welchen ich schwebte! Während Andere zu ihrem Schutze Reliquien und die Knochen verschiedener Heiligen mit sich überall herumtragen, habe ich mir die Bibel zur beständigen Gefährtin meiner Pilgrimschaft erwählt.“ Der evangelische Mann, welchen Karl IV. sogar zu seinem Beichtvater sich erwählt hatte, wurde auf Antrieb des römischen Hofes aus dem Lande verwiesen, musste mit der Widerrufung seiner Lehre die Erlaubnis zur Rückkehr erkaufen und starb als Privatmann im Jahre 1394.