Unbekannt - Einige Hauptgedanken über Pfingsten und das Pfingstereignis

Unbekannt - Einige Hauptgedanken über Pfingsten und das Pfingstereignis

Zur Abwehr moderner Strömungen

Man hat in den letzten Wochen am Niederrhein und im Kohlenrevier manches gehört von sogenannten „Pfingstversammlungen“ die in … veranstaltet worden seien und die einiges Aufsehen, aber auch einige Beunruhigung bei vielen Gläubigen hervorgerufen hätten. Vielleicht erwarten manche Leser des „Gärtner“ es schon länger, daß auch wir uns über dieselben äußern möchten, und wir können das auch wohl verstehen. Aber es ist uns doch nicht gut möglich, einem solchen Wunsche unsererseits nachzukommen, vor allem aus dem Grunde, weil wir selbst nicht Gelegenheit hatten, an den genannten Versammlungen teilzunehmen. Wir haben einen werten Bruder im Herrn, dessen Name in den christlichen Kreisen Westdeutschlands bekannt und geschätzt ist, und der Gelegenheit hatte, an den Versammlungen teilzunehmen, gebeten, uns etwas über sie im „Gärtner“ zu berichten; wir wissen aber nicht, ob er es tun wird; er wird es, wenn er es nicht tut, nicht deshalb unterlassen, weil er nichts sagen könnte, sondern weil er die Dinge noch nicht für so entwickelt und geklärt ansieht, daß man ein Urteil über dieselben abgeben könnte.

Wenn wir nun aber doch etwas auf diese „Pfingstversammlungen“ zu reden kommen, so geschieht es nur, um einige Gedanken zu äußern, die zwar schon oft ausgesprochen sind, die aber in diesen Tagen der Not und Verwirrung nicht oft genug wiederholt werden können. Zunächst: Wem gehört Pfingsten? Dürfen wir überhaupt auf dem Boden der Gemeinde aus den Heiden ein neues Pfingsten erwarten? - Auf die erstere Frage lautet unsere Antwort: Pfingsten gehört dem Volke Israel, und wir, die Gläubigen aus den Nationen, wandeln auch in diesem Stück nur im Genusse der Segnungen, die dem Samen Abrahams gegeben sind. Eine auch nur ganz oberflächliche Betrachtung des Inhalts der prophetischen Verheißung kann uns das zeigen. In Joel Kap. 1 und 2 haben wir die Androhung des Gerichts über Israel und in den Versen 12-17 des zweiten Kapitels die Aufforderung an das Volk, Buße zu tun; in Kap. 2,18-27 die Schilderung der dem Volke wieder zugewendeten Gnade, und dann in Kapitel 3 und 4 die Schilderung des Gerichts über die Nationen, die an Israel sich vergriffen haben. Joel beschäftigt sich ausschließlich mit dem Volke Israel; ihm allein gelten Verheißungen. Der Ausdruck „Alles Fleisch“, der gerade der Pfingstverheißung voransteht, ändert das nicht; er bedeutet, wie das Vers 1 und 2 klar zeigen, nur, daß alle Angehörige des Volkes Israel, alle seine Glieder, Söhne und Töchter, Greise und Jünglinge, ja sogar die Sklaven und Sklavinnen des Volkes an demselben teil haben werden; der Ausdruck besagt aber nicht, daß alle Menschen zu denen zu rechnen seien, über die Jahwe seinen Geist ausgießen will. Während über die Völker die Gerichte Gottes gehen werden, strömt der göttliche Geistesregen in einer solchen Fülle auf das zuerst verstoßene, nun aber wieder herumgebrachte Volk der Wahl, daß die letzten und untersten Glieder desselben von seinem lebendigen und krafterfüllenden Wasser überrauscht werden.

Wir sehen also auch, daß die Weissagung des Joel bis heute noch gar nicht in Wahrheit erfüllt ist, denn bis heute ist in der Geschichte Israels ein Ereignis nicht eingetreten, von dem man sagen könnte, daß es der Weissagung bei Joel ganz entspräche. Weil aber Gottes Wort nicht lügt, darum erwarten wir für Israel diese Erfüllung noch, und sie wird gewißlich kommen und zwar dann, wie es Joel 4,1 heißt: „In jenen Tagen und in jener Zeit, wo ich das Geschick Judas und Jerusalems wandeln werde.“ Und von dort an wird geschehen, wie es Kap. 2,26 heißt, daß „mein Volk in alle Zukunft nicht mehr wird zu Schanden werden.“ Das wird noch kommen, heute ist das noch nicht.

Was aber machen wir dann mit dem in der Apostelgeschichte erzählten Pfingstereignis, was sagen wir zu der Erklärung des Petrus in seiner Rede an das Volk: „Das ist das, was gesagt ist durch den Propheten Joel.“ (Apg. 2,16). Nun, da ist kein Hindernis für unsere Auffassung. Wir haben in dem Ereignis der Pfingsten eben eine vorläufige Erfüllung der Joel-Weissagung zu erblicken, auf die wir denselben Ausdruck anwenden könnten, den Paulus im Blick auf die uns gewordene Geistesgabe gebraucht: es ist ein „Angeld“ (nämlich auf Größeres), eine „Abschlagszahlung“, eine Vorerfüllung, der die Haupterfüllung noch folgen wird. Man hat darauf aufmerksam gemacht, daß Petrus den Ausdruck gebraucht (V. 17): „Ich will ausgießen von meinem Geist“ während es bei Joel heißt: „meinen Geist“, um auf andere Abweichungen nicht einzugehen. Wer es nicht annehmen will, wer in dem Pfingstereignis die volle Erfüllung der Joel-Weissagung haben will, der muß eben erklären, wie dann die Weissagung von dem großen und schrecklichen Tage, an dem die Sonne rot wird wie Blut und der Mond schwarz wie ein Sack, erfüllt worden sei, auch muß er erklären, inwiefern jene Pfingsten als eine Darstellung des in allen Gliedern geisterfüllten Israel gelten könne. Es kann keine Frage sein, daß bei dem in der Apostelgeschichte erzählten Pfingsten das nicht eingetreten ist, was Joel 3,1.2 von Israel weissagt. Dagegen wird sich das erfüllen an jenem Tage des Herrn, der noch kommt.

Jenes erste Pfingstereignis hebt aber auch die Tatsache nicht auf, daß die Geistesweissagung dem Volke Israel gehört, denn jene Gemeinde, die den heiligen Geist empfing, muß als eine Repräsentation Israels angesehen werden; wenn das in nicht anderem ausgesprochen wäre, so doch darin, daß die Zahl der Apostel der der israelitischen Stammväter entspricht und die in Apostelgeschichte 1 angegebene Zahl 120 auf eine Darstellung Israels hinweist. Kurz: Israel hat einmal den Geist empfangen und wird ihn abermal empfangen und auch in diesem Stück wird die Weissagung frei und offen an den Tag kommen. Was aber die Heiden betrifft, so wandelten die Gläubigen der Apostelzeit in dem Lichte der Israel gegebenen Segnung. Im Hause des Cornelius wurde festgestellt, daß auch sie an dem geschenkten Heiligen Geiste teil hätten, und demgemäß handelten dann die Apostel weiter. Nie hat Paulus ein neues Pfingsten begehrt, oder auch nur eine neue besondere Ausgießung des Geistes; es steht ihm vielmehr fest, daß der Geist allen denen gegeben wird, die das Evangelium von Christo annehmen. So schreibt er an die Galater: „Das allein will ich von euch wissen: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben“, wörtlich: Die „Anhörung des Glaubens“ d.h. der Glaubensbotschaft? Die Antwort, die der Apostel von den Galatern erwartet, ist klar. Und das ist auch in unserer Zeit der Weg des heiligen Geistes teilhaftig zu werden: Verkündigung und Annahme des Evangeliums.

Wir brauchen nun gewiß nicht noch näher zu sagen, was wir - prinzipiell betrachtet - von der Veranstaltung von Pfingstversammlungen und von der Erwartung eines neuen Pfingsten in unserer Zeit zu halten haben. Ja, das neue Pfingsten wird kommen; wie, das sagt uns Joel.

Und für heute noch Eines. Die oben erwähnten, in … stattgefundenen „Pfingstversammlungen“ waren nicht für jedermann zugänglich, sondern insofern abgeschlossen, als nur solche Zutritt erlangen konnten, die vorher ihr Einverständnis mit denselben schriftlich dokumentiert hatten. Was sollen wir dazu sagen? Nun, wir machen darauf aufmerksam, daß jene Pfingstversammlung in Jerusalem in der allerbreitesten Öffentlichkeit stattfand. Alle hatten Zutritt, sogar solche, die die Geisterfüllten für Trunkenbolde ansahen; und Petrus war sogar bereit, diesen an Ort und Stelle sofort Antwort zu geben. Also warum die Abgeschlossenheit? Heißt das nicht, allem Argwohn Raum geben, wenn man sich abschließt und verschließt? Die Gemeinden der nachapostolischen Zeit haben das Abendmahl abgeschlossen gefeiert; sie haben es aber später bitter bereuen müssen…. Nachtrag zu diesem Artikel

Gärtner 38/1909

Vor kurzem haben wir im „Gärtner“ einen Aufsatz gebracht über die Bedeutung der Pfingstgeschichte und dabei zum Schlusse darauf hingewiesen, daß die erste Pfingstversammlung in breitester Öffentlichkeit stattfand und auch Spötter sogar Zutritt hatten und Erklärungen bekamen. Wir wollten dadurch warnen vor der Art, wie man jetzt zu … „Pfingstversammlungen“ abhält, nämlich, indem man die Versammlungen für alle verschließt, welche nicht mit der Sache einverstanden sind. Wir hatten dabei auch darauf hingewiesen, daß die Christen der nachapostolischen Zeit angefangen hätten, das Abendmahl hinter verschlossenen Türen zu feiern, und daß sie das hätten bitter bereuen müssen. - Der dies bezügliche Satz lautete: „Die Gemeinden der nachapostolischen Zeit haben das Abendmahl abgeschlossen gefeiert; sie haben es aber später bitter bereuen müssen….“ (Gärtner Nr. 34 vom 22. Aug. Seite 269). - Dieser Satz ist nun mißverstanden worden, und geben wir zu, daß das leicht möglich ist, weil wir uns nicht deutlich und klar genug ausgedrückt haben. Wie aus einem an das „Allianzblatt“ gelangten „Eingesandt“ hervorgeht, ist unser Satz so aufgefaßt worden, als wollten wir gegen die Abendmahlsfeier im geschlossenen Kreise der Gläubigen protestieren. Das ist natürlich nicht unsere Meinung. Das Abendmahl gehört den Gläubigen allein, aber es ist unsere Meinung, daß man das Abendmahl nicht hinter verschlossenen Türen feiern sollte, sondern so, daß jedermann anwesend sein und zuhören darf, wenn er es auch nicht mitgenießen kann. Eben das machten die Christen jener Zeit anders; die Türen wurden verschlossen und die Sache als Geheimnis, als Arkanum, behandelt, von dem auch nicht öffentlich geredet wurde. Dadurch entstanden dann in der Folge jene bösen Gerüchte, die ja bis heute nicht ausgestorben sind; es wurde wohl von Lauschern, etwa von Sklaven, an der Türe gelauscht und da die Worte gehört „das ist mein Blut“, „das ist mein Leib“, und entstanden die Gerüchte, die Christen schlachteten bei ihren Zusammenkünften Kinder und feierten unsittliche Orgien. Wenn der römische Geschichtsschreiber Tacitus die Christen „foedus generis humani“ nennt, d.h. einen Abscheu des Menschengeschlechts, so hat er wohl diese Gerüchte dabei im Auge. Aber die Geheimniskrämerei der Christen hat dazu mitbeigetragen. Deswegen sollten also, das war unsere Meinung, unsere Versammlungen so offen sein, daß jeder sehen und hören kann, was wir tun und reden. Selbstredend soll damit nicht gesagt sein, daß wir nicht beratende Versammlungen und dergl. abhalten könnten, die nur für die zugänglich sind, die zur Sache gehören. Wenn man aber bei derartigen Versammlungen, wie sie in … stattfanden, sogar Gläubige nicht zuläßt, weil sie ihr Einverständnis nicht dokumentieren von vornherein, so ist das eine Sache, die geeignet ist, Argwohn zu erregen und mit der man sofort Mißtrauen gegen das sät, was man mit seinen Veranstaltungen vertritt. Inzwischen sollen ja auch, wie schon mitgeteilt, die Versammlungen zu … öffentlich geworden sein. Das wäre jedenfalls ein Gewinn, womit freilich über den Wert der Sache selbst mehr nichts weiter gesagt ist.

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1909

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/z/zungenbewegung/zb-einige_hauptgedanken_ueber_pfingsten_und_das_pfingstereignis.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain