Watts, Isaac - Eine lesenswerthe Stelle aus dem Engländer Watts.

Watts, Isaac - Eine lesenswerthe Stelle aus dem Engländer Watts.

Wenn ihr diese besondere Herrlichkeiten und Wohlthaten des Evangelii zu verblümten und figürlichen Dingen machet, was ist dabey eure Absicht, oder was hoffet ihr damit zu gewinnen? Was ist es vor ein Vortheil, den ihr vorgebet oder erwartet von alle diesem Zwang, den ihr der Schrift anthut, als daß ihr die christliche Religion, indem ihr sie ihrer besondern Ehre beraubet, der natürlichen Religion um so viel ähnlicher beydes uns und unsern Ungläubigen vorstellen möget? Erlaubet mir aber noch in Gottes Namen zu fragen: Warum schämen wir uns so sehr dieser besondern und übernatürlichen Herrlichkeiten des Evangeli, welche als die auserlesensten Schätze einer verruchten Welt vom Himmel herab gesandt worden? Müssen denn alle geoffenbarte Lehren Gottes und seines Sohnes so herunter gesetzet werden, daß sie den Ungläubigen schmecken und gefallen, ehe wir, die wir uns selbst Christen heißen, sie zu glauben das Herz haben? Soll man keine göttliche Wahrheit glauben, es sey denn, daß sie mit ihren Meinungen übereinstimme? Warum sollen wir so sorgfältig feyn dem Mißfallen derjenigen zu entgehen, welche diese Glaubensartikel verleugnen und verlachen, die doch die bekannte und heilige Meinung der Worte der Schrift sind, und die uns gegeben worden, daß sie das Leben unserer Seelen seyn? Warum sind wir so läppisch, denenjenigen zu willfahren und zu schmeicheln, welche die deutlichen und ausdrücklichen Lehren des Neuen Testaments leugnen? Warum sind wir so eifrig und thöricht, uns gegen die offenbaren Feinde Christi und seines gesegneten Evangelii auf eine so verschwenderische Weise höflich zu bezeigen, daß wir die edelsten Geschenke des Himmels fahren lassen, um uns nach ihrem Sinn zu richten und ihnen gefällig zu seyn? Wenn dieses Lehren oder Schätze wären, deren nur zufälliger Weise und ein oder andermal in der Schrift Meldung geschähe; wenn sie nur in Blidern, verblümten Reden und dunkeln Weissagungen vorgetragen; wenn sie nur in den heftigen und pathetischen Theilen der Schrift berühret, und ein in den Stellen, worinn die Lehren des Christenthums geflissentlich vorgeleget worden, erwähnt würden; wenn sie nur von einem einiigen Apostel geprediget, oder nur in einem Theile einer Epistel beschrieben worden; wenn sie kein Zeugniß oder Bekräftigung von den vorigen Offenbarungen Gottes, oder von andern Theilen der göttlichen Haushaltung mit den Menschen hätten; so möchte ein ehrlicher und nachforschender Mensch leicht auf die Gedanken kommen, ob auch die Worte, welche dieselben ausdrucken, müßten in buchstäblichem Verstande erkläret werden; oder zum wenigsten, ob es Glaubensartikel von einiger Wichtigkeit wären in der Christenheit. Allein da Christus selbst von diesem Grundriß der Wahrheit, so fern es sich bey seinem Leben thun ließe, gesprochen, und das beydes in Gleichnissen und in deutlichen Reden; da sowohl Petrus und Johannes, als Paulus davon zeugen, und das nicht nur in einem Theil ihrer Schriften fast an allen Orten, wo sie die großen Lehren des Christenthums mit gutem Bedacht vortragen, und sie solche Wahrheiten füglich mit anbringen können; da ihre Briefe voll sind von diesen Redensarten, so oft sie von den großen und wichtigen Lehren des Evangelii, oder dem praktischen Gebrauch derselben sprechen; da sie von den alten Propheten vorher gesagt, und in den vornehmsten Cerimonien der alten Kirche vorgebildet sind, und in den Sacramenten des Neuen Testaments vorgehalten werden. Ich sage, wenn ich dieses alles zusammen nehme: so werde ich davon, daß dieses die wahre und deutliche Meinung der Schrift sey, so gewaltig überzeuget, daß ich mich wundern muß, wie es einem Menschen, der eine Vernunft hat und dieselbe recht gebrauchet, möglich sey, das Neue Testament zu lesen, und darinn diese zween grossen Artikel von der Versöhnung für unsre Sünden durch das Blut Christi, und der Heiligung unserer Herzen durch den heiligen Geist, nicht zu erblicken.

Quelle: Wöchentliche Beyträge zur Beförderung der ächten Gottseligkeit.

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