Rubanowitzsch, Johannes - Das Abendmahl für die Gläubigen

Rubanowitzsch, Johannes - Das Abendmahl für die Gläubigen

Keinem Fremden unter dem Volke Israel war der Genuß des Passamahles erlaubt, obwohl ihm für die Dauer der siebentägigen Passahzeit das ungesäuerte Brot geboten war (2. Mo. 12,43 ff.). Wer sich zu Israel hielt aber doch während dieser Tage gesäuertes Brot aß, der mußte des Todes sterben und ausgerottet werden vom Volk (2.Mo. 12,15). - Die Fremdlinge waren den allgemeinen, diesem Feste eigenen Geboten unterworfen; doch zu dem tiefsten Segen, zu dem Passahmahle selbst, konnten und durften sie nicht zugelassen werden. Am Passahmahl durfte nur teilnehmen, wer das Zeichen des Volkes Gottes an sich trug, wer beschnitten war wie jeder Israelite, und zwar beschnitten, nicht einer heimischen Sitte wegen, wie auch die Ägypter sich beschneiden ließen, sondern beschnitten im Namen Jehovas und für Jehova. Dann erst hatte ein solcher das Recht, am Passah teilzunehmen.

Auf diese Verordnung bezieht sich der Heilige Geist in dem Worte: „Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja ungesäuert seid. Es wurde ja unser Passah geschlachtet, Christus.“ (1. Kor. 5,7) Die dieses Passahlamm nicht angenommen haben, die haben kein Recht, von unserem Altar zu essen, selbst wenn sie Jehovadiener sind. Vom wahren Passah, dem hingeopferten Sohne Gottes, haben nur die Glieder des Volkes Gottes ein Recht, zu essen, welche das Zeichen des Volkes Gottes tragen, und zwar um Gottes willen, für Gott und durch Gott. Mit anderen Worten: Niemand darf am Abendmahl teilnehmen, der nicht die Wiedergeburt bzw. die Vergebung der Sünden (nach vorangegangener Sündenerkenntnis und im allgemeinen nach dem Bekenntnis seiner Schuld) in Christo gesucht und gefunden hat durch den Glauben. Niemand anders darf daran teilnehmen. Dieses Passah ist einzig für das Volk Gottes bestimmt. Da dürfen nicht nahem, welche des Altars pflegen, die der Hölle dienen, dem Alten Bunde.

Warum sind diese Bemerkungen so wichtig? Weil sie zu unserm allgemeinen Thema den Hauptgedanken beleuchten: „Ein Brot ist es, so sind wir, die vielen, ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig geworden sind.“ Der Genuß des Passahmahles war der sichtbare Beweis der Zugehörigkeit zum auserlesenen Volke Gottes, für die Gesamtheit und den einzelnen, denn sonst durfte ja niemand daran teilnehmen. Deswegen sagt hier auch der Heilige Geist: „Ein Brot ist es, so sind wir, die vielen, ein Leib.“ An diesem Brote haben nur teil, die zu dem einen Leibe gehören. Die Teilnahme an diesem Brote ist der schärfste und stärkste Beweis, daß ich auch ein Glied des Volkes Gottes bin.

Wie behandelt die heutige Christenheit diese Wahrheit? Die meisten gehen nur zweimal im Jahre, am Karfreitag und Neujahr, zur Kirche und nehmen gleichzeitig das Abendmahl. Dann sind sie für das ganze Jahr fertig. Das ist die Praxis der Kirche seit Jahrhunderten. Seitdem das Volk Gottes, die eine Richtschnur, die Bibel, nicht mehr kannte und die eine Rücksicht Gott gegenüber nicht mehr wahrte, seitdem das Volk Gottes diese beiden Punkte außer acht ließ, bildete sich die katholische Kirche, und Mißachtung der heiligen Grenzen Gottes trat ein. Die Fortsetzung davon finden wir auch heute noch in den verschiedenen Kirchen. Jeder kann zum Abendmahl kommen, der nur den Christennamen trägt. Ja, die Verhältnisse sind in einzelnen großen Städten sogar so, daß auch ein Jude und ein Heide zum Abendmahl kommen kann. Wer kennt sie denn? Ohne Anmeldung und ohne mit dem Seelsorger gesprochen zu haben, finden sie sich ein und nehmen das Abendmahl. Es hat mir ein Pastor in Hamburg selber erzählt, daß die Konfirmanden die Oblate am Altar ausgespieen haben. Diese Leute gehen zum Abendmahl! Seht, das ist nur denkbar und möglich geworden durch Verachtung göttlicher Grenzen. Wer darf, sobald die göttliche Grenze aufgehoben ist, sobald die Bibel nicht mehr die Richtschnur für die Ordnung der Gemeinde Gottes ist, dann einem noch zurufen: „Du hast kein Recht, am heiligen Abendmahl teilzunehmen!“ Da hört ja alles auf; und man kann in dieser Beziehung sagen: „Zu der Zeit war kein König in Israel, ein jeder konnte tun und lassen, was er wollte.“ (Ri. 17,6; 18,7; 21,25). Dieser Spruch kommt im Buche der Richter immer wieder vor.

Was folgt nun aus dem eben Gesagten, meine teuren Geschwister? Kann und darf ein Gotteskind, ein wirkliches Glied des Leibes Jesu, mit solchen Leuten Abendmahl feiern? Es würde ja durch die Tat, durch seine Gegenwart unter ihnen, bekunden und bestätigen: Wir bilden alle einen Leib. Der Trinker neben mir, der gleich nach dem Abendmahl in die Wirtschaft geht, ist ein Glied an dem Leibe, zu dessen Gliedern auch ich mich zähle. Ein solches Tatzeugnis ist ein Verbrechen! Solche Leute sind Schandflecke an dieser Stätte! (Sonst mögen sie sehr ehrbare Leute sein; das ist eine Sache für sich). Aber bei dieser Handlung ist es dann für die Gläubigen ein Verbrechen, gegenwärtig zu sein, teilzunehmen und damit zu bestätigen: Wir sind Glieder am Leibe des Herrn! Im umgekehrten Falle aber ergibt sich für uns die Frage: Ist denn der Leib Christi aus Sündengliedern zusammengesetzt? Der Apostel fragt im Galaterbrief: „Sollten wir, die wir suchen, durch Christum gerechtfertigt zu werden, noch selbst als Sünder erfunden werden? Ist denn Christus ein Sündendiener?“ (Gal. 2,17). Seht, wenn ihr mit unbekehrten Menschen oder auch mit Bekehrten, die in Sünden leben und keine Buße tun, das Abendmahl feiert, so bestätigt ihr damit: „Christus ist ein Sündendiener!“ Ist denn sein Leib eine Behausung von Sünden? Wir antworten darauf als „Verständige“: Nein, nie! Sein Leib ist keine Behausung von Sünden; keine Zusammenstellung verschiedener Verbrechen. Nie!

Nicht nur haben die meisten Kinder Gottes sich der schweren Schuld teilhaftig gemacht, mit Unbekehrten zum Abendmahl zu gehen, sondern viele haben sogar ihre unbekehrten Verwandten noch dazu beredet, zum Tisch des Herrn zu kommen. Dazu gehen sie in ihrer Verblendung noch heute so weit, daß sie meinen, man dürfe an dieser hergebrachten Weise nur ja nicht zweifeln, nur ja nicht daran rühren, ja nicht aussprechen, daß man mit dem Leibe Jesu Christi so nicht umgehen dürfe. Ist es auch recht, daß der Leib meines Herrn so geschändet wird? Ein solches Handeln gibt eine ganz falsche Darstellung vom Erlösungswerk. Das haben Gläubige Jahre und Jahrzehntelang getragen ohne lauten Protest. Wie will man das im Angesichte Christi verantworten? Falscher, fauler, verfluchter Friede war es, den man gesucht, gepflegt und gehalten hat. Meine Brüder und Schwestern, wer unter uns sich dieser Sünde teilhaftig gemacht hat, mit Bewußtsein mit Unbekehrten am Tisch des Herrn zusammen gewesen zu sein, der tue Buße, der bitte um Gnade und Vergebung und schäme sich bis in die Seele hinein, aus irgend welchem verwerflichem Grunde darüber geschwiegen und es geduldet zu haben. Damit kommt man vor Gott nicht aus. Die Lügenmasten fallen, die Kampfesstunde schlägt. Laut muß es jetzt erschallen, was unsere Brust bewegt.

„Ein Brot ist es, so sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir alle eines Brotes teilhaftig geworden sind.“ Was stellt die Einheit der Gläubigen dar? Worin liegt der Beweis der Gliedschaft der Kinder Gottes? „Ein Brot ist es, so sind wir, die vielen, ein Leib, weil wir eines Brotes teilhaftig geworden sind.“ Genau so, wie in unserm Körper alle Glieder und alle Organe derselben Kräfte und Speisen, die wir genießen, teilhaftig werden, genau so ist es im Leibe Christi. Weil die einzelnen Gotteskinder Glieder sind, bekommt ein jegliches Gotteskind von der gleichen Speise zu genießen. Eine Trennung kann da nicht eintreten, es ist ja ein Leib.

Und welch eine wunderbare Sache ist es mit diesem einen Leib! Welch eine Tiefe von Gnade liegt doch in dieser Wahrheit: Ich armer gesunkener Mensch, ich Schwächling, der so viel Sünden und Missetaten in seinem Leben begangen, der hunderte Mal die Hölle und ewig verstoßen zu werden verdient hat, auch ich darf ein Glied an diesem Leibe sein. Welch eine Gnade ist das! Was macht diesen Leib so wichtig, was macht ihn so bedeutungsvoll? Das Haupt! Und wenn ich nur ein Teilchen des allergeringsten Gliedes am Leibe Jesu bin, so bin ich doch an dem Leibe, zu welchem Jesus das Haupt ist, in welchem Jesus denkt, an dem Leibe, in welchem Jesu Blut pulsiert, in welchem Jesu Kräfte wirksam sind, in welchem Jesu Geist lebt, in welchem Jesu Seele fühlt. An diesem Leibe darf ich gesunkenes Menschenkind ein Glied sein! Auch du, mein Bruder, mit deinen vielen Fehlern, und du, Schwester, mit deinen schweren Sünden, darfst ein Glied an diesem Leibe sein!

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1907

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