Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Evangelium nach Markus

Roos, M. Magnus Friedrich - Andachten zum Evangelium nach Markus

Mk. 9

Ich glaube, HErr, hilf meinem Unglauben.
Mark. 9,24.

Ein Jude hatte seinen mondsüchtigen Sohn zu den Jüngern Jesu gebracht und sie gebeten, den bösen Geist, welcher die Ursache seiner Krankheit war, von ihm auszutreiben. Es war aber dieser Geist von einer besonderen argen und starken Art, daß die Jünger nichts wider ihn vermochten. Als nun der HErr Jesus dazu kam, sah Ihn der Vater dieses Sohnes als einen Menschen an, der vielleicht ein wenig mehr vermöge als seine Jünger, war aber dabei in einer großen Ungewißheit und Verlegenheit. Er sagte also zu Ihm: kannst du aber was, so erbarme dich unser, und hilf uns. Der HErr Jesus sprach aber mit Worten, die voll Kraft waren, zu ihm: wenn du könntest glauben. Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubet. Diese Worte drangen dem Juden tief in’s Herz. Er erkannte, er fühlte, daß er sich durch seinen Unglauben versündigt habe, daß seine Worte die Ehre des HErrn Jesu angetastet haben, und daß er zu Ihm ein Vertrauen fassen müsse, wenn er seiner Barmherzigkeit froh werden wolle. Es wurde auch eben damals ein solches Vertrauen in ihm angezündet, wobei er aber doch noch seinen Unglauben fühlte. Indem er also in einem innerlichen Kampf und Gedränge stand, schrie er mit Thränen: ich glaube, HErr, hilf meinem Unglauben; das ist: erlöse mich von meinem Unglauben, hilf mir zum völligen Sieg über meinen Unglauben.
Der Glaube ist nicht Jedermanns Ding, das ist, er wird nicht in Jedermann gepflanzt, und kann nicht in Jedermann gepflanzt werden, weil Viele dem Geist widerstreben, und zuletzt sich selbst zum Glauben untüchtig machen. Wo er aber gepflanzt ist, da ist noch Unglaube neben ihm. Ach das menschliche Herz ist so verwundert und erschreckt, und wird durch Nöthen und Sünden in eine solche Furcht gesetzt, daß es nie so völlig glaubt, als es glauben sollte; sein Glaube ringt immer noch mit einem Unglauben. Niemals ist sein Glaube so groß, so fest, so weit ausgebreitet, als die in Christo Jesu erschienene Liebe Gottes, als die im Evangelium uns zugesicherte Gnade Jesu Christi, und als der uns im Wort Gottes versprochene Beistand des Heiligen Geistes. Die Gerechtigkeit Gottes, das ist Deine Gnade, die Er in der rechten Ordnung erzeigt, steht wie die Berge Gottes (Ps. 36,7.). Aber unser Glaube ist wie ein kleines Blümlein am Fuß eines solchen Berges, oder wie ein schwaches Auge, das den Gipfel dieser Berge nicht sieht. Der HErr hält mich bei meiner rechten Hand, und die Kraft, womit Er mich hält, ist unermeßlich: aber meine rechte Hand, und die Kraft, womit Er mich hält, ist unermeßlich: aber meine rechte Hand, das ist mein Glaube, ist wie die Hand eines Kindes, dessen Sicherheit nicht darauf beruht, daß es seinen starken Führer hält ( wiewohl es ihn auch halten muß), sondern vielmehr darin, daß es von ihm gehalten wird. Das Bekenntniß: ich glaube, ist wichtig und nöthig. Den Unglauben halte man für gefährlich. Wenn er überhand nimmt, und den Glauben verdrängt, so ist die Seele verloren. Es ist also nöthig, daß man den HErrn Jesum bitte: hilf meinem Unglauben, oder meiner Seele, die bei dem Glauben auch noch unglaubig ist; errette mich von meinem Unglauben.(Magnus Friedrich Roos)

Mk. 10

Jesus herzte die Kindlein, und legte die Hände auf sie, und segnete sie.
Mark. 10,16.

Nachdem der HErr Jesus in den Tages Seines Wandels auf Erden Juden und Heiden, Gelehrten und Ungelehrten, Männern und Weibern, Zöllnern und Sündern freundlich und weislich begegnet war, so waren noch die kleinen Kinder übrig, von denen man nicht wissen konnte, wie Er gegen sie gesinnt sei. Es geschah aber unter der Vorsehung des himmlischen Vaters, daß man Kindlein zu Ihm nicht hinführte, sondern brachte, und dabei nicht die Absicht hatte, daß Er mit ihnen reden, sondern nur, daß Er sie anrühren, oder wie Matthäus sagt, die Hände auf sie legen möchte. Diese Kindlein waren nicht krank, weßwegen man nicht begehrte, daß Er sie durch’s Anrühren wie andere Kranke gesund machen möchte, und die Jünger Jesu hätten auch ein solches Begehren nicht getadelt: sondern es war den Leuten um einen geistlichen Segen zu thun, den die Kindlein von Jesu empfahen sollte, wie denn der HErr Jesus auch hernach vom Reich Gottes redete. Weil nun die Jünger nicht glaubten, daß Kindlein, die noch keiner Belehrung fähig sind, einen geistlichen Segen von Jesu empfahen können, so fuhren sie diejenigen an, die sie trugen, und warfen ihnen ohne Zweifel vor, daß sie etwas Unmögliches oder Ungereimtes begehren. Da es aber Jesus sahe, ward Er über Seine Jünger unwillig, und sprach zu ihnen: lasset die Kindlein zu Mir kommen, und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes, folglich sind sie auch eines geistlichen Segens fähig. Wahrlich, setzte Er hinzu, wer das Reich Gottes nicht empfähet als ein Kindlein, nämlich ohne Verdienst der Werke, mit einem Geist ohne Falsch, und so, daß seine Seele dabei ohne eigenmächtiges Wollen oder Laufen empfängt, was ihr umsonst gegeben wird, der wird nicht hinein kommen. Der HErr Jesus bezeugte also, daß die Seelen kleiner Kinder sogar des Reichs Gottes fähig seien, und daß alle Seelen der Erwachsenen, um dasselbe Reich zu empfahen, den Seelen jener Kindlein ähnlich werden müssen, wie Er es auch Matth. 18,3. bezeugt hatte. Nach diesen Worten rief Er die Kindlein zu Sich, nahm sie einzeln nach einander in oder auf Seinen heiligen Arm, und umfaßte sie liebkosend mit demselben, und nachdem Er dieses gethan hatte, legte Er, ohne ein Wort mit den Kindlein selbst zu reden, die Hände auf sie und segnete sie. Ohne Zweifel hat die Auflegung Seiner heiligen Hände und Sein ausgesprochener Segen eine Kraft gehabt, und diesen Kindlein eine geistliche Gabe für die damalige, und einen Genuß der göttlichen Liebe auf die künftige Zeit verschafft.
Was hindert es also, daß man kleine Kinder nicht taufen sollte, da sie doch dem HErrn Jesu lieb, und eines geistlichen Segens, ja des ganzen Reichs Gottes fähig sind? Wie denn auch der Täufer Johannes noch im Mutterleibe mit dem Heiligen Geist erfüllt worden ist. Die Kinder verstehen nichts bei der Taufe: sollte aber Gott, der allmächtige Schöpfer aller Menschenseelen, nur durch die Thüre des Verstandes zu ihnen eingehen können? Sollte Er ihnen nichts mittheilen, und nichts in ihnen wirken können, wenn sie sich dessen nicht bewußt sind? Ist doch die Erbsünde in sie eingedrungen, ohne daß sie es wußten, warum sollten nicht auch geistliche Gaben in sie gelegt werden können, ohne daß sie es wissen? (Magnus Friedrich Roos)

Mk. 14

Vater, nicht, was Ich will, sondern was Du willst.
Marc. 14,36.

Der HErr Jesus redete diese Worte am Oelberg als der Menschensohn, der Seine Schwachheit fühlte, und weil Er Seine menschliche Natur von göttlichen Freuden damals ausgeleert hatte, ein heftiges Grauen vor dem Kelch, der Ihm dargeboten wurde, das ist vor dem bevorstehenden Leiden und Tod empfand. Aus dieser Empfindung der Schwachheit und au diesem Grauen entstand ein reiner und unschuldiger Wille Seiner Seele, dieses Kelches überhoben zu sein, wenn es möglich wäre, oder wenn des Vaters Wille solches erlaubte. Wider diesen Willen des Vaters aber hatte Er keinen Augenblick auch nur die geringste Widersetzlichkeit in sich. Ja Er sagte selber, daß nicht dasjenige geschehen sollte, was Er als Mensch wollte, sondern was der Vater als Gott wolle. Er trauerte, zitterte und zagte damals, und war bis an den Tod betrübt; und gab doch zu verstehen, der Vater solle wegen alles dessen Seiner nicht schonen, wenn Sein göttlicher Wille erforderte, daß Er den Leidens- und Todeskelch trinke. Der VatersName machte ihm hiebei den göttlichen Willen höchst ehrwürdig und lieb. Als der eingeborne Sohn wollte Er den Vater durch Seinen Gehorsam ehren, und als der eingeborne Sohn des Vaters glaubte Er wider die Empfindung Seiner menschlichen Natur, daß des Vaters Wille gut sei.

Unser menschlicher Wille ist nie so rein, als der menschliche Wille des HErrn Jesu gewesen ist; weil sich immer auch ein Widerstreben wider den Willen Gottes, oder eine Unzufriedenheit über Gottes Rath und Verfügung in unser Wollen mengt, und es gibt Stunden, wo auch heilige Seelen dieses Widerstreben und diese Unzufriedenheit zu ihrer Demüthigung empfinden müssen. Desto mehr haben wir aber zu ringen, daß wir unsern Willen Gott aufopfern, und auch alsdann Gott mit unserer Zufriedenheit und unserem Gehorsam ehren, wenn uns von Ihm ein schmerzliches Leiden auferlegt, oder etwas Erwünschtes versagt wird. Vergeblich ist der menschliche Sinn: dieses oder jenes sollte nicht sein, oder: dieses oder jenes sollte sein; denn so hoch der Himmel über der Erde ist (und dieses ist die weiteste Entfernung, die wir denken können), so hoch sind Gottes Gedanken über unsere Gedanken, und Seine Wege über unsere Wege erhaben. Allein nicht nur die Erhabenheit der göttlichen Gedanken muß uns in der Ehrerbietung gegen Gott erhalten, sondern es muß auch Sein Vatersname durch den Glauben eine ruhige Zufriedenheit in uns wirken. Wir wissen ja und dürfen glauben, daß der Vater unseres HErrn Jesu Christi auch unser Vater sei. Soll es uns nun allzuschwer sein, zu denken und zu sagen, daß des Vaters Wille geschehen solle? Kann der Wille des höchsten Vaters schädlich sein? Können wir etwas Arges dabei muthmaßen? Freilich ist das Ende eines jeden Dinges, das der Vater will, besser als sein Anfang. Lasset uns also mit Geduld auf das Ende warten, und schon bei dem Anfang des Leidens auf dieses Ende, welches Alles ersetzen wird, hinaussehen. Auch am Abend dieses Tages sage ich also mit allen glaubigen Christen: Vater, nicht, was ich will, sondern was Du willst, geschehe. Dein Wille geschehe auf Erden, wie im Himmel.

Sie verdammeten Ihn Alle, daß Er des Todes schuldig wäre.
Mark. 14,64.

Wer waren die frechen und blinden Richter, welche den großen Propheten, den heiligen Wunderthäter, den Messias und hochgelobten Sohn Gottes verdammten, und den Ausspruch thaten, daß Er des Todes schuldig sei? Es waren die Rathsherren, welche nicht nur das Stadtgericht zu Jerusalem, sondern das höchste jüdische Gericht ausmachten, das die wichtigsten Sachen entscheiden sollte, die unter dem ganzen Volk Israel vorkamen. Welches war denn das Gesetzbuch, wornach diese Rathsherren sprechen mußten? Es war kein weltliches, sondern ein göttliches Gesetzbuch. Es war das Gesetzbuch Mosis. In demselben nun stand unter Anderem auch dieses 3 Mos. 24,16. geschrieben: welcher des HErrn Namen lästert, der soll des Todes sterben, die ganze Gemeine soll ihn steinigen. Dieses Gesetz war gerecht und gut; aber die Anwendung desselben auf den HErrn Jesum, der bekannt hatte, Er sei Christus, des lebendigen Gottes Sohn, und der deßhalb für einen Gotteslästerer gehalten wurde, war äußerst ungerecht. Warum haben diese Richter nicht verlangt, daß der HErr Jesus diese Seine Aussage beweise, gleichwie Er sie Joh. 5. vor den Ohren vieler Bürger zu Jerusalem bewiesen hat? Warum sind sie so schnell zugefahren? Sie waren Ihm eben feind, und hatten Seinen Tod schon vor dem Verhör beschlossen, wie aus Joh. 11,50.53. erhellet. Warum ist aber der HErr Jesus nicht gesteiniget worden, wie das Gesetz befahl? Darum weil der jüdische Rath damals kein Todesurtheil vollziehen lassen durfte; wie denn die Juden selber zu dem Pilatus sagten: wir dürfen Niemand tödten. Vermuthlich war ihnen das Recht zu tödten wegen der vielfältigen Ungerechtigkeiten, welche sie zum Aergerniß der Heiden dabei begingen, von dem Kaiser entzogen worden, wiewohl sie es hernach in einer Zwischenzeit, da ein Landpfleger abgezogen und sein Nachfolger noch nicht angekommen war, an dem Stephanus wieder ausübten. Der HErr Jesus aber wurde dem Landpfleger Pilatus vorgestellt, der Ihn nach dem kaiserlichen Recht kreuzigen ließ, weil Er des Aufruhrs beschuldigt wurde.
Dieses Verfahren lehrt uns, daß gute Gesetze zur Handhabung der Gerechtigkeit nicht genug seien, sondern daß es vornämlich auf gute Richter ankomme. Wie oft ist schon ein unschuldiger und wahrhaftig heiliger Mensch so verdammt worden, daß man sich dabei auf die Bibel oder auf das weltliche Rech berufen hat; weil man ihm feind war, weil man seinen Untergang aus Geiz, Neid und Stolz beschlossen hatte, und hernach die Beschuldigung einer schädlichen Ketzerei, einer Verwirrung der Kirche oder des Staats, oder einer Gotteslästerung gern glaubte! Auch außer einer gerichtlichen Handlung kann es geschehen, daß man fromme Leute schmähet, drücket, und allerlei Böses von ihnen redet und glaubt, und dabei die Miene eines klugen und gerechten Eifers an sich nimmt. Hiebei ist aber das Angedenken Jesu tröstlich. Nach Seiner Weise leiden ist rühmlich; aber auch nach Seinem Vorbild still wie ein Lamm sein, oder mit Bedacht und Sanftmuth sich verantworten, pflichtmäßig. Seine Verdammung zum Tode ist die Quelle der Rechtfertigung und des ewigen Lebens für Alle, die an Ihn glauben.(Magnus Friedrich Roos)

Mk. 15

Und sie kreuzigten mit Ihm zween Mörder, einen zu Seiner Rechten und einen zur Linken. Da ward die Schrift erfüllet, die da saget: Er ist unter die Uebelthäter gerechnet.
Marc. 15,27.28.

Unter den Menschen ist der Stand eines Uebelthäters der allerniedrigste, und wer die Freiheit zu wählen hat, wird immer wünschen auf dem Bett zu sterben, sollte es auch nach großen Schmerzen geschehen. Der Stand eines Uebelthäters wird nämlich durch die große Schmach, die auf ihm liegt, sehr bitter gemacht. Er muß sehen, hören und fühlen, daß man ihn für einen Auswürfling halte, der nicht werth sei, länger unter den Menschen zu leben. Er wird also unter das ganze zu seiner Zeit lebende menschliche Geschlecht herabgewürdigt, und dieses wird ihm nicht nur durch die Hinrichtung, deren er sich gemeiniglich mit einem gesunden Leib unterwerfen muß, sondern auch durch fürchterliche Anstalten und Auftritte zu erkennen gegeben. Auch der Ort, wo ein Uebelthäter hingerichtet wird, vermehret sein Grauen. Es ist ein unehrlicher Platz, ein Platz, auf dem schon Viele, die man für solche Auswürflinge gehalten hat, hingerichtet worden, und wo zuweilen noch ihre Leichname oder Gebeine vorhanden sind. Wird Jemand hingerichtet, der gegen die Ehre ein empfindsame Seele hat, so vermehrt es seine Schmach, wenn er mit andern ehrlosen Personen zur Hinrichtung hinausgeführt und hingerichtet wird. Dieses Alles ist nun dem hochgelobten Sohn Gottes Jesu Christo widerfahren, denn Er wurde, wie Jesaias Kap. 53,12. geweissagt hat, unter die Uebelthäter gerechnet. Wer jemals über einen Uebelthäter das Todesurtheil hat sprechen hören, und ihn auf den Richtplatz hinausführen, und da hinrichten sehen, erinnere sich, daß es dem Heiland der Welt auch so gegangen sei. Wenn es nur um die Schmerzen zu thun gewesen wäre, die der Heiland für uns leiden sollte, so hätte Er sie insgeheim leiden, und unter großen Qualen irgendwo sterben können: Er sollte aber gerichtlich zum Tode verdammt, Er sollte in den schmählichen Stand eines Uebelthäters versetzt werden, und zwischen zwei Mördern öffentlich sterben, damit Sein Leiden und Sein Tod Zeugen hätten, und damit Er auch dasjenige für uns litte, was in der heiligen Schrift Schande oder zu Schanden werden heißt. Wir verdienen, öffentlich zu Schanden gemacht und im Beisein aller Engel gerichtet, verdammt und in’s höllische Feuer hingewiesen zu werden. Diese Schmach hat Jesus übernommen, um uns, die wir an Ihn glauben, von derselben zu erlösen. Darum will Ihm der himmlische Vater wie Jes. 53,12. gesagt wird, eine große Menge (auserwählter Menschen, an denen Er Seine Lust hat) zur Beute geben, und was die starken bösen Geister anbelangt, welche die Menschen gefangen hielten, so will Er ihnen ihren Raub entreißen, weil Er Sein Leben in den Tod gegeben hat, und den Uebelthätern gleich gerechnet ist, und Er Vieler Sünden getragen hat, und für die Uebelthäter gebeten hat. Gelobet sei der HErr Jesus für die Schmach, die Er in der Gesellschaft der Uebelthäter williglich getragen hat. Er nehme auch mich und die Meinigen als eine Beute hin und verhelfe uns zu der Ehre, ewiglich Seine Knechte und Erben zu heißen. In dieser Welt wollen wir gern Seine Schmach tragen und uns erniedrigen, damit Er uns in jener Welt erhöhen könne. (Magnus Friedrich Roos)

Mk. 16

Gehet hin in alle Welt, und prediget das Evangelium aller Kreatur.
Mark. 16,15.

Zur Zeit des Alten Testaments konnte ein Israelit singen: der HErr zeiget Jakob Sein Wort, Israel Seine Sitten und Rechte. So thut Er keinen Heiden, noch lässet sie wissen Seine Rechte. Hallelujah, Ps. 147,19.20. Der HErr Jesus aber sagte vor Seiner Himmelfahrt zu Seinen Aposteln: gehet hin in alle Welt, und prediget das Evangelium aller Kreatur. Keine Gegend der Welt war also den Aposteln verschlossen, keinem Volk war das Evangelium versagt. Wer den Namen einer Kreatur führte, durfte es hören, und dadurch selig werden: ja auch auf unvernünftige und leblose Geschöpfe sollte ein Nutzen vom Evangelio ausfließen, weil ihnen darin eine Befreiung vom Dienst des vergänglichen Wesens verheißen war. Weil nun Christus den Aposteln einen so uneingeschränkten Beruf gab, so gab Er ihnen auch am Pfingstfest das Vermögen, mit fremden Sprachen zu reden, weil sie das Evangelium in vielen Sprachen predigen mußten. Zwar sind die zwölf Apostel wegen der Kürze ihres Lebens, und wegen der vielen Hindernisse, die ihnen vorkamen, nicht in der ganzen Welt herumgekommen, und haben nicht allen Völkern das Evangelium geprediget: der HErr Jesus hätte aber dasselbe nach Seiner ausgebreiteten Liebe allen Völkern und allen Menschen gegönnt, und deßwegen hat Er Seinen Aposteln einen so uneingeschränkten Beruf gegeben. Die Hindernisse, welche der völligen Ausrichtung dieses Berufs im Wege standen, kamen von der Bosheit der Menschen her, welche sich vom Satan antreiben ließen, die Apostel zu verfolgen und zu tödten. Ob nun gleich heut zu Tag keine Apostel mehr leben, so ist man doch noch immer berechtigt, das Evangelium nach dem Maße der Gnade, welche den jetzt lebenden Knechten Gottes gegeben ist, einem jeden Volk, bei dem die Vorsehung Gottes es möglich macht, zu predigen: denn weil der HErr Jesus Seinen Aposteln befohlen hat, das Evangelium aller Kreatur zu predigen, so darf man es noch jetzt aller Kreatur predigen, weil Seine Liebe noch so ausgebreitet ist, als sie ehemals war. Das Evangelium ist nichts Schreckliches, nichts Schädliches. Es ist die Lehre Christi, die christliche Religion, die ganze heilsame Wahrheit, welche die Menschen erleuchten, heiligen und selig machen kann. Wer es glaubt und getauft wird, wird selig, wer es nicht glaubt, wird verdammt werden. Auch zu unsern Voreltern ist dieses Evangelium gekommen, aber freilich später als zu andern Völkern. Nun ist es aber leider Vielen, die es gehört haben, entleidet und unwerth worden. Sie erdichten sich eine andere Religion: sie werfen ihnen selber Lehrer auf, nachdem ihnen die Ohren jücken. Der größte Haufe aber wandelt, ohne sich über die Religion zu besinnen, nach seinem Herzensdünkel und nach seinen Lüsten. Wir aber wollen das Evangelium immer für unser Licht, für unsern Schatz, für eine von Gott ausgeflossene Wahrheit, und für eine Gotteskraft halten, welche Alle selig macht, die daran glauben. Das Evangelium soll uns durch die Knechte Gottes, durch welche es verkündigt wird, nicht verächtlich werden; denn obgleich dieselben mangelhafte Menschen sind, und heutiges Tages wider Viele derselben Vieles einzuwenden ist, so ist doch das Evangelium, das sie predigen, ein Wort Gottes, und hat seine Glaubwürdigkeit, seine Kraft und sein Ansehen von Gott selbst. Wem es geprediget wird, der darf und soll es glauben, und auf sich selbst deuten. Der Heilige Geist schließe uns den Inhalt desselben immer weiter auf, und lasse uns seine Kraft zu unserer Seligkeit empfinden.

Wer glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
Mark. 16,16.

Ein Mensch ist nach seinem natürlichen Zustand ein finsteres Geschöpf, unwissend, und noch dazu mit falschen Vorstellungen angefüllt, welche verkehrte Lüste in ihm erwecken. Der alte Mensch verderbt sich durch Lüste in Irrthum. Es wäre aber weder seiner Natur noch dem Zweck, zu dem ihn Gott erschaffen hat, gemäß, wenn ihn Gott mit einer Kraft, welcher Niemand widerstehen kann, ohne sein Wissen und Wollen umschaffen wollte. Worte des Satans haben die Menschen verderbt: Worte Gottes müssen sie wieder zurechtbringen. Das Gesetz, das ist alles Scharfe in der Bibel, das man ohne Bezug auf Christum und Seinen Geist aus der Bibel herausnimmt, ist auch ein Wort Gottes, aber dieses Gesetz ist nicht des Glaubens, sondern der Mensch, der es thut, wird dadurch leben, Gal. 3,12. Der Glaube ist also an sich selber kein thätiger Gehorsam, weil, wenn er’s wäre, das Gesetz und der Glaube sich geradezu aufeinander bezögen. Der Glaube muß ein anderes Wort Gottes haben: und was für eines? Dasjenige, welches Evangelium heißt. Darum sagte Christus zu Seinen Aposteln: predigt das Evangelium aller Kreatur; wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden. Evangelium ist nach Seinem Namen etwas Liebliches, eine gute Botschaft, folglich, wenn es die Religion betrifft, eine Verkündigung der Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes, die in Christo Jesu als dem Mittler ihren Grund hat, und durch die Wirkungen des Heiligen Geistes dem Menschen zugeeignet wird. Hier ist nun nichts nöthig als glauben. Wer das Evangelium glaubt, bei dem vertreibt es die Finsterniß der Unwissenheit und der lügenhaften Vorstellungen, und die daraus entspringenden verkehrte Lust und Furcht; da es dann an dem thätigen Gehorsam nicht fehlt, weil der verheißene Geist, den man durch den Glauben empfängt, dazu tüchtig macht. Wer das Evangelium glaubt, an dem wird es realisirt oder erfüllt. Gott sagt im Evangelio: du sollst selig werden, und der Mensch wird selig durch den Glauben, und seine Seligkeit fängt schon an, wenn er glaubig wird, wird aber durch das Schauen vollendet. Ueberhaupt kommt der Glaube mit dem Sinn, Vorsatz, Ausspruch, und der Anstalt Gottes überein, und macht den Menschen des ewigen Lebens fähig. Dabei ist aber doch auch die Taufe nöthig. Warum aber? Weil Christus sie befohlen hat, und weil Sein Vorsatz dahin ging, daß eine Gemeinde der Glaubigen gesammelt werden sollte, welche durch die Taufe von andern Menschen ausgezeichnet würde, und, damit dieses Taufen keine schwache und dürftige Satzung wäre, durch dieselbe geistliche Gaben empfinge. Wer aber das Evangelium nicht glaubt, bleibt ein finsteres und durch Lust und Furcht zerrüttetes Geschöpf, denkt Arges von seinem Schöpfer, vermag Seinem Gesetz nicht unterthan zu sein, hält Ihn, wenn Er ihm das wahre Evangelium verkündigen läßt, für einen Lügner, und setzt die Gedanken seines finstern Herzens dem geoffenbarten Rath und Willen Gottes entgegen. Wie kann ein Mensch, der so bleibt, selig werden? Er wird, wie Christus sagt, verdammt werden. HErr, wirke durch Dein Evangelium den Glauben, der Dein Evangelium annimmt, in vielen Herzen.

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