Luther, Martin - Wittenberger Predigten

Luther, Martin - Wittenberger Predigten

Diese Predigten habe ich aus verschiedenen Quellen - daher kommen einige mehrfach vor.


Als der Satan der Lehre Lutheri weder durch die Gelahrten, als Tetzeln, Wimpina, Sylvester Prierias, D. Eck, Emser, Murnar, Ochsenfart, Latomum und Andere, noch durch den Pabst und römischen Kaiser, und die Hohenschulen im deutschen Lande und in Frankreich nicht abbrechen konnte: da gedachte er auf andere Weise Luthero zuzusetzen, und durch falsche Geister und Secten ihm Schaden zu thun, und versuchte Solches (seiner alten Art nach) inwendig in der Kirchen zu Wittenberg, an dem Ort, da zum ersten das Evangelium wieder an Tag kommen war, und brauchte dazu vornehmlich D. Andreas Carlstadt, der zuvor Luthers Geselle und Beistand in der Leipzigschen Disputation gewesen. Dieser, weil 0. Luther abwesend in seinem Patmos war, richtete, ans Mißverstand der christlichen Freiheit, ein wüstes Wesen zu Wittenberg an. Denn nachdem sie aus dem Evangelio gelernet hatten, daß ein christlich Leben stünde nicht in äußerlichem Gepräng, Wildern, Kleidung, Fasten, Essen oder Trinken rc., 1 Tim. 4, 3., sondern im Geist und Glauben; und daß Fleisch, Eier rc. essen, nicht von Gott verboten, sondern zu jeder Zeit, mit Danksagung zu genießen, erlaubt sei; und der Pabst die Ohrenbeichte nicht Macht hätte zu gebieten: fuhren er und Andere zu, stießen um die Winkelmesse, stürmten und verbrannten die Bilder, zerstörten die Altäre, hoben die Ohrenbeichte auf, ließen die Gesänge und Ceremonien der Kirchen fallen, wollten nicht mehr Kelch und Patene gebrauchen, liefen unverhöret und unangegeben zum Sacrament, wollten in diesen Stücken ihre christliche Freiheit beweisen; ließen keine Predigt vorhergehen, da aus Gottes Wort die Herzen von der wahren Gottseligkeit zuvor unterrichtet, und die irrigen Meinungen ihnen genommen wären worden; thatens nicht mit Bewilligung und Vorbewußt der Obrigkeit, fragten auch nicht darnach, daß sie die Schwachen darob ärgerten und vor den Kopf stießen; sondern thatens alles aus lauter eigenem Frevel, Vermessenheit und eitel Ehre; gaben vor, sie würden dazu durchs erste Gebot und christliche Freiheit getrieben, und wären des heiligen Geistes voll; verdammeten als Ketzer Alle, die es mit ihnen nicht hielten. Es ließ auch O. Carlstadt ein Buch im Druck ausgehen von Abthuung der Bilder, Anno 1522 am Montage nach der Bekehrung St. Pauli, welches er Herrn Wolf Schlicken, Grafen zu Passau, zugeschrieben.

Als nun vor D. Luther diese Neuerung und groß Aergerniß gebracht ward, und er mit betrübtem Gemüthe sah, daß der Teufel Unterdrückung der Lehre, Zerrüttung und Aufruhr damit suchte; da erhub er sich alsbald nach Wittenberg, diesem Uebel zu steuern, und predigte wider die vorgenommene Neuerung; lehrete, daß sie nicht den rechten Prozeß geführet, Mißbräuchen zu wehren, oder christliche Freiheit zu gebrauchen, wenn man also mit Gewalt handeln, und nicht zuvor die Herzen genugsam unterrichten wollte von der Lehre des Glaubens (denn ja selbige vorhergehen müsse), damit sie in ihren Gewissen gestärkt und versichert wären, und in der Anfechtung und Vorwürfen, warum sie zum Sacrament also gelaufen, selbst angegriffen, Bilder aus den Kirchen zu reißen, Eier und Fleisch gegessen, nicht stecken bleiben dürften.

Man müsse erstlich durchs Wort strafen und verdammen des Pabsts Greuel von der Opfermeß, von den Bildern, von der Beichte, von der Fasten, von verbotener Speise. Wenn also erstlich die Herzen von den Stricken frei würden, so wäre die äußerliche Abschaffung desto leichter; ja, das alles würde von ihm selbst wohl fallen. Auch könnte man alsdenn um der Schwachen willen in den äußerlichen Satzungen wohl Geduld haben, und allein bei den Starken der Freiheit sich gebrauchen; daß also gleichwohl die christliche Liebe darin bedacht würde, auf daß nicht ein armer Christ, der noch nicht davon weiß, geärgert würde.

Quelle: Luthers Volksbibliothek, Band 17 + 18


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