Luther, Martin - Von dem allernöthigsten: Wie man Diener der Kirchen wählen und einsetzen soll.

Luther, Martin - Von dem allernöthigsten: Wie man Diener der Kirchen wählen und einsetzen soll.

Den Fürsichtigen und Weisen Herren Bürgermeistern und Rath, auch ganzer Gemeinde in der Stadt Prag in Böhmen, seinen Lieben in Christo.

Martinus Luther, Ecclesiast zu Wittenberg, wünscht Gnade und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo,

Fürsichtige, günstige, liebe Herren, oft und vielmal, auch durch Vieler Schrift, bin ich gebeten worden, euch zu schreiben von der Ordnung, wie man die Hirten der Kirchen fordern und einsetzen soll; zuletzt mich die christliche Liebe gedrungen hat, solches mit nichten abzuschlagen. Und wiewohl ich weiß, daß es über mein Vermögen ist, dazu auch daheim mehr zu schaffen habe, denn ich allein ausrichten mag; jedoch, dieweil es euer Nutz und Nothdurft also erzwingt, so darf die Liebe Alles wagen; denn sie verläßt sich darauf,, sie vermöge alle Dinge, so nur allein der in ihr wirkt, Gott, der sie bekräftiget. Hierum so gebe ich euch, was ich habe; aber dergestalt, daß ganz einem jeden hierin sein Urtheil frei zu fällen vorbehalten sei. Denn mein Dienst, darin ich gefordert bin, lässet mich nicht weiter geben, denn wohin mich fordert eines andern Gewalt; darum ich auch niemand will ein Ursacher sein, Etwas anzufahen, denn nur allein mit rathen und ermahnen. Der Herr aber, der in euch angefangen hat, daß ihr die Dinge fordert und begehrt, der wolle auch erfüllen und vollbringen, was ihr vorgenommen und im Sinn habet, mit vollkommener und reichlicher That, zu Lob seiner Gnaden und des Evangelii, der da gepreiset sei immer und ewiglich, Amen.

Eine Bedingung.

Von allererst bedinge ich und bekenne, ob Etliche wären, die da verhofften, ich würde hierin Etwas lernen oder darin bessern von dem lang her gehaltenen Brauch, zu bescheeren und zu salben die Priester; die sollen wissen, daß sie gar nichts angehet, was ich in diesem Büchlein handeln werde. Ich will ihnen vergönnen, daß sie ihrer Geistlichkeit, ja ihrem Aberglauben, wie gemein, alt und hoch berühmt er ist, warten, wie lang sie wollen. Wir aber suchen die lautere und rechtschaffene Weise, die uns in der Schrift vorgebildet ist; bekümmern uns nicht viel, was der Brauch und die Väter in der Sache für eine Weise gegeben oder gehalten haben. Dieweil wir nun längst zuvor gnugsam gelernet haben, daß wir nicht schuldig sind, auch nicht müssen oder wollen den menschlichen Sätzen unterworfen sein; sondern wir wollen, wie es uns gefallen wird, aus christlicher Freiheit Herren drüber sein, wie geschrieben stehet 1 Cor. 3, 21. 22.: „Alle Ding sind euer, es sei Petrus oder Paulus, aber ihr seid Christi.“

Eine Vermahnung, daß man von den Papisten keine Weihe empfahen soll.

Ehe wir aber ansahen zu reden von unsrer, das ist, von der christlichen Einsetzung der Hirten, ist billig und recht, daß wir vorhin schauen die Weihe (als sie es nennen) der Papisten, und öffentlich hervor ziehen den großen Greuel ihres Weihens, daß derselben Bosheit, wie David saget, häßlich und hässig erfunden werde, und desto leichter sich davor zu hüten, die, so noch zu strenge daran haften, beredet werden. Und damit wir an dem Geringern ansahen, wollen wir am ersten regen die Ursache, derhalben ihr Böhmen sonderlich und vor andern beschweret seid.

Nachdem der Satan überhand genommen hat, und die man nennet Bischöfe und Priester, aus dem Lande waren, auch dazu das ganze Böhmische Königreich verwüst und einsam verlassen ist, seid ihr durch Gewalt der Römischen Bischöfe durch harte und erbärmliche Noth eure Priester, um die Papisten-Weihe zu erkaufen, von Jahr zu Jahr in Welschland (Italien) zu schicken gedrungen worden. Denn die Bischöfe um euch her, dieweil sie euch für verstockte Ketzer halten, wollen sich mit nichten die zu weihen bewilligen. Was großer Nachtheil und Gefährlichkeit hat aber über euch eingeführt diese Nothdurft? Ich lasse anstehen, was sie an Leib und Gut leiden, da sie mit großer Arbeit und Kosten solches fernern Wegs, unter Fremden, ja unter Feinden sich bemühen müssen, und zuletzt herwieder kommen, daß sie euch regieren; aber mit wie viel erholten Krankheiten, ja, mit wie viel bösen Sitten, und mit was verderbten Gewissen? Doch, das mehr zu erbarmen ist, daß sie durch schändlich und unehrlich Verbündniß von eurem Tyrannen und seinen Stockmeistern, das ist, von den Bischöfen, wider das Gewissen benöthigt und gezwungen werden, ihre Weihe zu kaufen; also, daß sich ihr keiner immer mit gutem Gewissen berühmen darf, er sei durch die rechte Thür eingangen in Schafstall. Nun ist je dieß das Allerschwerste, daß ihr allwege und allein solche Hirten haben müsset, die anderswo durch die Thür eingangen sind.

Nachmals, auch dieser Ursache ist eine greuliche Freiheit worden, einem jeden leichtfertigen Buben und Abtrünnigen seines Ordens, auch denen, die sonst kein Land ertragen möchte, zu euch zu kommen, und allda anzunehmen das Priesteramt; also, daß diese eure elende Noth gleich zu einem Sprüchwort gerathen ist, nehmlich: so schon einer bei den Deutschen den Galgen oder Rad verdienet hätte, noch gäbe er einen guten Pfaffen im Böhmerland. Also hat Böhmerland müssen erfüllet werden mit ausbündigen bösen Buben, dazu auch mit ungelahrten Hirten, ja, vielmehr mit reißenden Wölfen. Was hat das dieweil angangen den heiligen Stuhl zu Rom, die Böhmen verdürben, wie sie wollten? Ja, er hat gedacht, er thue ein Werk daran, daß ihm fast wohl gebührlich fei, so er Geld nähme, und diesen Gift und Bestien die Freiheit und Muthwillen verkauft, damit sie eure Seele verheeren und verderben möchten. Wiewohl er euch auch dieselben nicht vergönnet hat; noch hat ihn vermocht die Liebe des Pfennigs, daß er so barmherzig würde, und verkauft den Ketzern und seinen Feinden seine heilige Weihe.

Daher fleußet auch die große Verwüstung und Babylonische Unordnung in eurem so edlen Königreich: da Etliche die Noth dringt, daß sie müssen Pfaffen haben; Etliche zu schwach sind, daß sie nicht strafen mögen die, so sie haben; und also geschiehet, daß ein jeder lehret, was er will. Da wird gepredigt dieß, da jenes; Etliche betrügen das Volk, so sie sich für Priester fälschlich angeben, und sinds nie worden; Etliche kaufen die Pfarr; Etliche werden mit Gewalt eingedrungen; und etwa der hernach kommt, anders predigt, denn der zuvor da war. Und dieweil weder Weise noch Art eines rechten Priesterthums da ist, so stehet mich das edle Böhmerland nicht anders an, denn gleich wie das Babylon, das Jesaias beschreibt, K. 13, 21., darin die Ungeheuer springen, die Eulen und Uhu singen. Was ist nun Wunder, daß unter dieser Unordnung alles Volk in Böhmen nichts anders ist, denn lauter zwieträchtige Partei untereinander, und daß nieder eine rechte Weise ist weder zu gläuben noch zu leben; darum all ihr Priesteramt für nichts Anders, denn für ein Amt des Verderbens gehalten wird.

Fürwahr, diese Dinge, als erschrecklich und greulich sie sind, sollten billig und recht bewegen, daß mit gemeinem Rath das ganze Böhmerland diesen Greueln verschlossen würde. Ja, so je verstanden wäre ein so großer Unfall und Noth, daß man in keinem Wege andere Diener der Kirchen haben möchte, so wollte ich ganz tröstlich1) gerathen haben, daß ihr ehe gar keinen Diener überall hattet. Denn es wäre viel sicherer und heilsamer, daß ein jeder Hausvater daheim in seinem Hause vorlese das Evangelium. Und dieweil auch die einmüthige Meinung und Brauch der ganzen Welt zulässet den Laien, daß sie taufen mögen; wäre auch mein Rath, daß die Hausväter, so ihnen Kinder geboren würden, dieselbigen selber tauften, und also, nach der Lehre Christi, sich selbst und die Ihren regierten, ob sie schon durch ihr Lebenlang das Sacrament des Altars nicht dürften oder empfangen möchten. Denn das Sacrament des Altars bei Gefährlichkeit des Heils nicht von Nöthen ist; aber das Evangelium und die Taufe allein genugsam sind, dieweil allein der Glaube fromm macht und die Liebe allein wohl lebt.

Fürwahr, so auf diese Weise zwei, oder drei, oder zehen Häuser, oder eine ganze Stadt, oder mehr, bei ihnen selbst der Sache übereinkämen, und übeten also unter ihnen selbst daheim durch das Evangelium den Glauben und Liebe, obschon nimmer zu ihnen käme ein Geweiheter, Beschorener oder Gesalbeter, oder sonst für einen Diener ihnen aufgelegt wäre, wie es wollte, der ihnen des Altars und andere Sacrament reichte, Christus ohn allen Zweifel würde mitten unter ihnen sein, und sie für seine Kirche erkennen; würde sie nicht darum verdammen, sondern auch krönen und belohnen diese ihre gottesfürchtige und christliche Enthaltung von allen andern Sacramenten, die ihnen durch unchristliche und gotteslästerliche Diener hätten müssen gereichet werden. Denn er hat also gesaget: „Nur eins ist noth,“ das ist das Wort Gottes, darin der Mensch das Leben hat. So nun der Mensch lebet durchs Wort, und hat das Wort, so mag er der andern gerathen, besonders so er dadurch vermeiden will beide, Lehrer und Amt der Unchristlichen. Und was wäre es nütz, so man der andern alle genießen möchte, und doch nicht haben das Wort, dadurch man allein das Leben hat? Aber die erkauften und eingedrungenen Papisten mit ihrer Weihe unterstehen sich bei euch keines Andern, denn daß das Wort Gottes nirgends sei in Böhmerland; sondern da allein bleiben die Sacrament; das ist, sie berauben euch der nöthigen; und durch die Dinge, die nicht vonnöthen wären, wollen sie eure Herren sein.

Dawider mag ein Hausvater in diesen nothdürftigen Dingen die Seinigen durch das Wort versehen, und dieweil er ist in solcher Gefängniß, mag er in christlicher Demüthigkeit der unnöthigen gerathen. Da muß man gleich thun nach der Weise und Gesetz der Juden, da sie gefangen waren; welche da sie zu Jerusalem weder sein noch opfern konnten, erhielten sie doch den Glauben durch das Wort, und lebten wohl unter den Feinden; erseufzten aber und sehneten sich nach Jerusalem. Also auch dieser Hausvater, davon ich rede, unter dieser Tyrannei des Pabsts thäte er am allerrechtesten und sichersten, so er seufzete und sich sehnete nach dem Sacrament des Altars, das er weder dürfte noch empfahen möchte; doch daß er daheim ernstlich und getreulich den Glauben die Seinigen lehnte und unterweisete, durch das Wort Gottes, bis sich etwa Gott vom Himmel herab erbarmet?, und entweder auflöset diese Gefängniß, oder sonst schicket einen Diener, der dazu tüchtig wäre. Also sage ich, besser wäre es, man habe gar keinen, denn daß man habe einen gotteslästerigen, einen unchristlichen, einen schändlichen Diener, der allein kommt, daß er erwürge und verderbe, als ein Dieb und Mörder.

Nun aber, Gott sei Lob, solcher Unfall und Noth nirgend ist, es wäre denn allein bei den Schwachen, und bei denen, die sich sonst leichtlich etwas kümmern lassen z so haben doch die Andern, die da glauben und die Wahrheit erkennen, freie Gewalt und Macht zu vertreiben alle unchristliche Diener der Kirchen; herwieder zu erfordern und einzusetzen allein die, die da tauglich und christlich sind, als oft es ihnen gefallen wird. Denn das je gar ein hübscher Fund ist, den allein derselbige Mensch der Sünden2) hat erdenken sollen, daß er seine Priester durch das unaussprechliche Malzeichen der Weihe ewig machet3) die man von keiner Verschuldung wegen verändern möge. Freilich darum, daß er also seine Tyrannei beständig macht, und einen ungestraften Muthwillen zu sündigen befestiget, so man nirgends besser erwählen dürfte, und doch eben die schändlichen also leiden müßte. Doch von solcher Gewalt wollen wir hernach reden. Jetzt aber, dieweil wir euch Böhmen durch euren Schaden selbst ermahnet haben, daß ihr die Papistenweihe gar und ganz ein gut Jahr haben lassen4) sollt und fahren lassen, will ich doch eine gemeine Ursache hinzu setzen, dadurch wir euch und der ganzen Welt einen Ekel machen wollen, abzuweichen von gemeldter scheulichen und greulichen Papistenweihe.

Ich will der Papisten Weihe indeß übersehen, daß alle die, so nun genennet werden Priester, allein durchs Bischofs Gewalt, ohn ersuchte und ohn erlangte Verwilligung und Wahl des Volks, darüber man sie setzen will, geschmiert und eingesetzt werden; so doch demselbigen Volke, dieweil es ein Volk Gottes ist, am allermeisten daran gelegen und darein zu sprechen wäre, daß man ihm gar niemand auflegte ohne seine eigene Wahl; sondern den sollte allein der Bischof bestätigen, welchen sie wohl kenneten und berufen hätten, daß er ihnen tauglich wäre. Nun aber alle die, so geweihet werden, die werden gemeiniglich dahin geweihet auf ein Ungewisses, also, schier keiner weiß, welches Volkes er künftig Priester werden soll; dazu das mehrer Theil werden sie allein auf Lehen geweihet, daß sie Messe opfern sollen. So gar ist es weit davon, daß das Volk wissen möchte, welche Priester ihm doch der Bischof salbet. Das sage ich aber, will ich die Papistenweihe auf eine Zeitlang übersehen, wiewohl es eine sehr schädliche Unordnung ist, und ein schändlicher Greuel.

Darob soll aber billig ein jeder, der Christum lieb hat, hoch erschrecken, und lieber, was es wäre, leiden, ehe er von den Papisten seine Weihe empfahen wollte; darum, daß Alles, was in derselbigen Weihe ist, mit der allerhöchsten und allerunchristlichsten Verkehrung geschieht und gehandelt wird. Und wo sie nicht mit solcher Blindheit und Unsinnigkeit geplaget wären, so möchte man sie dafür ansehen, als wollten sie mit besonderem Fleiß Gottes unter Augen spotten. Denn weil die priesterliche Verordnung oder Weihe erstlich durch Zeugniß der Schrift, nachmals durch Exempel und Satzung der Apostel allein dahin gestellet ist, daß man dadurch einsetzete dem Volke Diener im Wort Gottes (ich sage von dem öffentlichen Amt der Gemeinde im Wort Gottes, dadurch ausgespendet werden die Geheimnisse Gottes), dasselbige Amt soll durch diese heilige Ordnung eingesetzt, ein Ding, das über Alles andere in der Kirchen das höchste und größeste ist, in welchem alle Kraft des ganzen Standes der Kirchen begriffen ist; dieweil Nichts in der Kirchen bestehen mag ohn das Wort, und durch das einige Wort bestehen alle Dinge. Aber meine Papisten lassen ihnen auch nicht träumen von diesem Amt, wenn sie weihen oder Priester verordnen. Was thun sie denn?

Für das Erste, so sind sie alle mit einander geschlagen mit Blindheit, wissen fürwahr nicht, was da ist, weder das Wort noch das Amt des Worts, voraus die Bischöfe selber, welche die also weihen oder zu Priestern verordnen. Wie möchte denn geschehen, daß sie Diener des Wortes einseheten mit ihrem Weihen? Darnach, anstatt der Diener des Worts weihen sie Pfaffen, die Messe opfern sollen und Beichte hören. Denn das meinet der Bischof damit, wenn er ihnen den Kelch in die Hand gibt, und befiehlet ihnen die Gewalt zu segnen, und zu opfern das Sacrament des Altars für Lebendige und für Todte. Ja, diese hohe Gewalt, die sie berühmen, es habe sie nie kein Engel empfangen, ja, es habe sie auch die Mutter Gottes nicht; und sie selbst sind doch daneben unreiner, denn die Hurer und die Mörder. Item, das meinet auch der Bischof damit, so er ihm mit überheiliger Geheimnis; einbläst den heiligen Geist, und sie also zu Beichtvätern macht, sprechend: Nehmet hin den heiligen Geist rc., das ist, die Gewalt Messe zu halten und Beichte zu hören, die man so fast bis hieher hat preisen müssen.

Ich will, daß du mich gröblich dichten und lügen heißest, wenn du Einen findest unter Allen, die mit dieser Ordnung geweihet werden, der sagen dürfte, es sei ihm in der Weihe befohlen worden, auszuspenden die Geheimnisse Christi, oder daß er predigen sollte das Evangelium und regieren die Kirche Gottes, die er mit seinem Blut erworben hat. Fürwahr, ihr keiner höret solches immer,5) vermeinen auch nicht, daß ihnen solches zugehöre. Den Kelch nimmt er wohl, und meinet, das sei es nun gar mit einander, darum er geweihet werde, daß ihm hinfort Christum in der Messe zu segnen und zu opfern geziemen soll; darnach, daß er auch Beichte hören möge. Ja, noch vielmehr forschet man allein nach dem, ob er etwa einen Titel habe auf ein Lehn6), damit der Bauch versehen sei; also daß gänzlich auf Nichts gesehen wird, denn allein auf das Messe opfern; das ist die Erfüllung aller Weihe mit einander. Wer das davon bringt, der ist schon von der Kirchen verordnet zu einem Priester, und diese Gewalt hat alsdenn niemand anders; wie denn gewißlich bezeugen die Schmier der Finger und die Platte des Schädels. Des Andern, das ist des Amts im Wort Gottes halben, haben sie eine andere neue Erforderung, welche als ohn alle Gleichniß geringer denn die heilige Weihe und das priesterliche Malzeichen, schlechthin durch einen Pfarrherrn, oder sonst etwa durch eine weltliche Obrigkeit gemeiniglich muß versehen werden. Was wäre es, daß sich so hohe Häupter als Hirten und Bischöfe, damit bekümmerten? Es soll allein befohlen sein den Allerniedrigsten, den Schlechtesten, den Aergsten, als ein Ding, das ihnen viel zu schlecht und gering ist; darum, daß Geheimniß Gottes auszuspenden und die Seelen weiden ein schlecht Amt ist, und hat kein unauslöschlich priesterlich Malzeichen, und heißt nicht ein Sacrament der heiligen Weihe. Aber Christum segnen und opfern, da, da, das muß ein unauslöschlich Malzeichen haben, das ist das rechte Sacrament der heiligen Weihe.

Ueber Solches schlaudert7) noch der Zorn Gottes diese spöttische Bischofslarven, also, daß sie nicht allein verachten das Amt des Wortes, an welches Statt sie einsetzen das Amt Messe opfern; sondern auch die heilsame Taufe, dadurch die Menschen leben und geheiliget werden die vernünftigen Seelen zu dem ewigen Leben, schieben sie von sich, als ein Amt, das ihnen gar fremd muß sein, und zumal unwürdig solcher ausgestickten Hauben, mit edlen Steinen und güldenen Mänteln. Aber da stehet ihnen dafür fast wohl an, daß sie anstatt der Seelen todte Geschöpfe, die keine Seele haben, taufen sollen, als Steine, Altar, Glocken, welche der Taufe wohl so empfänglich sind, als sie selbst der Wahrheit. Das ist eine so große Unsinnigkeit und Thorheit, daß du vor Lachen erstarren müßtest, wo du außerhalb des Ernsts einen Bischof also spielen sähest; aber so du im Geist die Lästerung Gottes erwiegest, die hierin geschieht, möchtest du vor lauter Unwillen zerreißen.

So man denn ja leugnen soll, daß Priester sein, so mußt du leugnen, daß Priester sein alle die, so der Papisten Weihe geschmieret haben: denn aus Vorgesagtem nun gnug kund ist, daß sie sich deß gar nicht unterwinden, damit sie verordnete Diener des Worts, sondern allein Meßpfaffen und Beichthörer. Sie können auch nicht anders thun oder handeln, denn gleich das, daß sie im Willen haben zu thun und zu handeln, das ist, sie trachten nicht, daß sie verleihen das Amt, ein Volk zu lehren, sondern, daß sie allein Macht geben Messe zu halten, und Sünde zu hören: darum mit nichten geschehen mag, daß sie ein Anders erlangen. Dieweil nun nichts Gewissers ist, denn daß die Messe kein Opfer sei; darnach, daß auch ihre Beichte Nichts gilt, davon sie sagen, es sei ein geboten Ding; sondern die beide nichts Anders sind, denn Menschen-Werk, gotteslästerliche Sünde und eitel Lügengedicht; so folgt daraus, daß durch solche ihre heilige Weihe vor Gott Keiner zum Priester oder zu einem Diener werden mag, sondern allein werden sie ein lauter Larvenspiel der Lügen und Eitelkeit, zu opfern, da kein Opfer ist, Schuld zu vergeben, da kein Ankläger sollte sein; gleichwie der auf dem Schauplatz, der ihm selbst lachete und sprang, da er niemand hatte, der ihm zuschauete oder sein lachen wollte.

Das sind nämlich die Stücke, die nicht allein euch Böhmen, sondern auch mit einander alle christliche Herzen bewegen sollten, ehe Alles zu leiden, denn mit dieser gotteslästerlichen Weihe befleckt zu werden; auch die, so bisher also geweihet worden sind, sollen ihnen billig Leid lassen sein, daß sie dermaßen durch die Larven der Lügen betrogen sind. Und fürwahr, so sie einmal recht Messe gehalten haben, oder das Amt des Dieners der Kirchen erfüllet, so ists gewiß geschehen nicht aus Kraft ihrer so heiligen Weihe, welche nur lauter Lügen und Verspottung Gottes ist, sondern durch Kraft des Glaubens und Heißens der Kirchen, so dieselbigen also an Statt des rechten Amts hat dulden müssen, auch sie zuzulassen gezwungen war. Nun aber, dieweil die Sache offenbar wird, geziemet sich nicht, weiter Gott zu verhöhnen und zu verspotten; sondern solche Larven der Lügen soll man fliehen, als die greulichste Vergift der Seelen, und als die allerschändlichste Schmach der ganzen Kirchen. Wer aber durch diese Larven in die Stätte des Amts kommen ist, der eile, und ergreife nun das rechte Amt, und verrichte hinfort sein Amt rein und würdiglich, verlasse das Amt Messe zu opfern, lehre dafür sein Volk das Wort Gottes, und regiere seine Kirchen wohl. Und verwerfe und verfluche von Herzen die Schmiere und alle Weihe, dadurch er eingegangen war. Denn nicht vonnöthen ist, daß er darum auch die Stätte des Amts verlasse, wiewohl er unchristlicher und verkehrter Weise eingestiegen ist, so doch das Gemüth gebessert, und damit die Ungestalt seines Einganges verworfen und verdammet würde.

Ferner, so die gefärbten Pfaffen und gelarveten Bischöfe mit ihrem Weihen und Opfern, es wäre ihnen gleich Schimpf oder Ernst, etwas thäten, das nur nichts stracks strebet wider das Evangelium, ließen uns doch daneben allein Christum in seinem Reich unverworren: so möchte vielleicht solche ihre Narrheit sänfter gestrafet, oder dieser Frevel leichter getragen werden. Nun aber ist ihre Unfähigkeit und greuliche Thorheit dermaßen beschaffen, daß Christus muß gar verleugnet und vertilget werden, sollen anders ihre Opfer und Aemter bestehen, wie ich das auch anderswo gnug hab angezeiget, doch jetzt abermals ein wenig vorzubringen nicht verdrießen sollen. Also hält inne das Evangelium und alle Schrift, „daß Christus sei der höchste Priester, der allein einmal, und durch das einige Opfer sein selbst, aller Menschen Sünde weggenommen hat, und sie ewig heilig gemacht, da er einmal in das Heilige eingegangen ist, durch sein eigen Blut, und hat daselbst eine ewige Erlösung erfunden,“ wie die Epistel Ebr. 9, v. 11. 14. 28. sagt; also, daß uns für unsere Sünde ohne das einige hinfort gar kein ander Opfer überbleibt. Und so wir auf dieses einige Opfer mit reinem Glauben vertrauen, werden wir selig, ohn all unser Verdienst und Werk, von allen unsern Sünden. Desselbigen Opfers und seiner für uns Dargebung, hat er ein ewige Gedächtniß eingesetzt, da er wollte unter dem Sacrament des Altars dasselbige Opfer verkündiget haben, und also genähret und gestärkt den Glauben, den man an dasselbige Opfer haben muß.

Was thut aber hie der Papisten Weihe in ihren Greulichkeiten? Das thun sie: sie opfern alle Tag den Leichnam und das Blut an unzähligen Orten durch die ganze Welt, als ob ihnen das einige Opfer nicht gnugsam wäre, oder als er nicht einmal erfunden hätte die ewige Erlösung; und verheißen mit solchem ihrem Opfern Vergebung der Sünden; doch nicht eine ewige, sondern eine igliche, die man alle Tage verneuern muß. Eben der Greuel übertrifft fürwahr alle Vernunft. Denn was heißt das Anders thun, denn gleich nur allein mit dem bloßen Namen herrühmen das Opfer Christi, und doch dasselbige in der Wahrheit verleugnen und vertilgen? Denn wie können die beide bei einander bestehen, daß ich glaube, ich hab erlangt eine ewige Vergebung der Sünden durch Christum, der einmal für mich geopfert ist; und gleich zumal daneben suche immer eine andere und andere Vergebung, durch das tägliche Wiederopfern des vorigen Opfers? Denn so ich gläube, daß mir die Sünden in ewige Zeit durch Christum, einmal für mich geopfert, erlassen sind, so kann ich nicht noch einmal suchen Erlösung der Sünde durch die andere Opferung. Suche ich aber durch ein täglich Opfer Erlassung derselbigen, so muß von Noth wegen der Glaube untergehen, welcher also gläubt, daß alle meine Sünden, durch Christum einmal geopfert, in ewige Zeit weggenommen sind.

Hie sehet ihr nun, wie mit schrecklicher verkehrter Weise diese Opferpfaffen unter dem Namen Christi uns Christum mit seinem ganzen Reich weggenommen haben, und an seine Statt ihr eigen Werk, ihr Opfer, ihr Fündlein haben aufgericht; wie Christus hat vorgesagt Matth. 24, 15.: „Es werde ein Greuel stehen an dem heiligen Ort.“ Hie gehet auch im Schwang das Wort Christi v. 5.: „Ihr werden viel kommen in meinem Namen, und sprechen: Ich bin Christus.“ Geben sie sich nicht aus für Christus, so sie das verheißen durch die Opfer, da sie täglich an so viel tausend Orten wieder opfern, das Christus allein auf einmal durch sein einigs Opfer hat zuwegen bracht? Heißet nicht das wegnehmen den Glauben von dem Felsen der Wahrheit, die in Christo ist, und denselbigen bauen auf den Sand menschlicher Lügen?

Also sehen wir, was für Priester werden durch der Papisten Weihe; fürwahr nicht Priester Gottes, sondern des Teufels Priester, allein daß sie Christum mit Füßen untertreten, sein Opfer vertilgen, aber sich selbst unter seinem Namen verkaufen, und die Welt lehren, auf ihr Opfer vertrauen. Darum es jetzt keiner Frage mehr bedarf, ob man die Weihe von den Papisten begehren und empfahen möge; sondern es ist ein beschlossen Urtheil schon da, daß man an keinem Ort weniger verleihe die Weihe, und Priester mache, denn unter dem Reich des Pabsts. Es ist wohl eine Gestalt da, die prächtiglich scheinet, als weihete man und machete Priester; es gehöret aber dem Könige des Gleißens8) zu, daß er Nichts verleihe, denn lauter ledig Gleißen, damit er seine Greuel bestärken möge. Darum uns hie unser eigen Gewissen im Glauben bezwingt, daß wir uns bei dem höchsten Bann verhüten von ihm weihen zu lassen; dazu gänzlich treffliche Ursach unserer Seligkeit zwingt uns mit Gewalt, daß wir uns enthalten von demselbigen gotteslästerlichen und verdammten Weihen. Wehe denen, die sich weihen lassen einen solchen Widersacher Gottes, diesen Baal Peor, voraus so sie das wissen und verstehen.

Fürwahr, diese einige Ursache vor allen andern Nationen euch Böhmen am meisten bewegen soll. Denn es euch nicht allein, wie den andern, vor Gott unchristlich gerechnet wird; sondern es ist euch auch schändlich vor allen Menschen, daß ihr die Weihe von eurem Feinde sucht und empfahet, der Johannsen Huß und Hieronymum von Prag, sammt vielen andern, mit der ärgsten Schmach ihres Namens verbrannt hat;9) Der nie nichts Anders gewollt, denn daß ihr vertilget würdet; der euch bisher ohne Ende, ohne Maße, beschmeißt mit dem schändlichen Namen der Ketzerei; welches giftigem Vornehmen ihr mit so viel Blut so oft habt müssen widerstehen. Noch dennoch schämet sich der blutige Tyrann seiner Bosheit nicht, reuet ihn auch nicht, widerruft auch nicht die schändliche That am unschuldig verdammten Blut; will euch dazu noch nicht wiedererstatten den lästerlichen Raub des christlichen Namens, den er euch genommen hat. Es ist ihm auch mit nichten leid, daß so viel deutsches Bluts wider euch vergeblich, und mit Schaden der Seele von seiner gotteslästerlichen Tyrannei wegen ist vergossen worden; sondern so hart verstockt ist seine Stirn und Nacken, daß er noch heutiges Tages viel lieber wollte, ihr und wir verdürben auf einmal beide mit einander, daß nicht ein Fünklein mehr überbliebe, das Christo zu Errettung feiner Ehre ein wenig scheinen möchte.

Er hält noch unter seinem losen und nichtigen Bann oder Fluch König Georgen, mit allen denen von Münsterberg10), das da ein herrlich Herzogthum ist unter der Krone zu Böhmen; wie er auch hat mit viel Andern gethan. Aber Gott Lob, „daß der Mensch der Sünde offenbar worden ist,“ 2 Thess. 2,3., davon Petrus 2 Epist. 2, 10,, vorlängst gesaget hat: „Könige und Fürsten wird er verfluchen ohne Schrecken.“ Wir haben auch einen andern Bischof; was dieser verflucht, das kann er segnen, wie geschrieben stehet: „sie werden verfluchen, aber du wirst segnen“. Also, daß der Fluch des Pabsts über König Georgen, und über das Herzogthum Münsterberg, auch alle die, so dergleichen gelitten haben, allewege und noch nichts Anders gewesen ist, denn die, davon Solomon in Sprüchen am 26. Kap. v. 2. sagt: „Gleichwie der Vogel in der Höhe vorüberfleucht; also wird auch nicht kommen der Fluch, der ohne Ursach gegeben ist;“ sondern vielmehr ists und bleibet ewiglich eine sehr große Ehre vor Gott, gemeldtem Könige Georgen, und allem seinem Geschleckt, vor allen anderen Königen und Landsfürsten, daß er also von dem Fluchstuhl, und von dem Kinde der Versuchung ist versucht worden.

Ach, liebe Böhmen, wolltet ihr auch noch hinfort von diesem euren Feind also vergeblich so gar lästerliche und schändliche Weihe empfahen, oder auch das Wenigste mit ihm zu schaffen haben, der also grausam ist, der ein solcher Blutsäufer, ein solcher Flucher ist, der sogar mit nichten zu versöhnen ist, der vor Gott und vor Menschen ein solcher Greuel ist? Denn so ihr das thuet, fallet ihr ihm nicht zu mit dieser That und glimpfet11) ihn, als hätte er recht dran gethan, so er euch verdammet hat? Ist es nicht, daß ihr damit alle eure so redliche und ehrliche Thaten verdammet, so ihr wider ihn begangen habt?

Fallet ihr nicht euch selbst hiemit ab als Widerwärtige? Machet ihr nicht hiemit das christliche Blut Johannen Huß, unschuldiglich vergossen, zu einem unchristlichen Blut, als das mit Recht und Ehren von ihm vergossen sei? so ihr küsset die Hand deß, der es vergossen hat, so ihr zu Füßen fallet dem, der euch mit Füßen tritt, und euch mit ewiger Schmach also martert. Wie viel thätet ihr rechter an dem, daß ihr euch von ihm so ferne hintan machet, damit ihr auch nicht fühlet den Geruch seines giftigen Namens, so viel als möglich wäre? dieweil auch Paulus gebeut 1. Cor. 5, 11., wie man den Hurer und Trunkenbold meiden soll, wie viel mehr von allen denen, die Christum bekennen, soll gemeidet werden dieser Greuel, der die allerletzte Verwüstung ist, die niemand zwingen, niemand strafen mag.

Nun, ihr lieben frommen Herren, laßt mich am Ersten das an euch erhalten; ja, es sollts erzwingen (ob ihr es sonst nicht gerne thätet) euer eigen Gewissen und Furcht Gottes, daß ihr hinfort die Weihe weder begehret noch empfahet von diesem „Kind des Verderbniß,“ 2 Thess. 2, 3., ob er euchs schon selbst anböte. Auch daß ihr noch weniger aufnehmet Einen, der von ihm geweihet daherkommet, und bringet mit sich den Namen und Malzeichen dieser Bestien. Denn, es sei denn Sache, daß dieses von euch am Ersten erlanget werde, so ist alle Mühe verloren, und wir suchen vergeblich Rath, wie man euren Sachen helfen soll. Dazu so wird auch euer hochberühmter, ja seliger Abfall von Satans Reich nicht anders, denn für einen losen Schein und Farbe zu rechnen sein.

Denn was ists, sich rühmen, als habe man sich des päbstlichen Jochs verziehen, und doch niemand anders zulassen, der die Gewissen leite, denn eben die Henker und Mörder desselbigen Tyrannen, dem man entsaget haben will? Wird nicht alle Welt urtheilen, daß ihr (mit so viel Bluts, mit so viel Gefährlichkeiten, auch damit, daß ihr bisher geduldet und gelitten habet, daß man euch Christen also geschmähet hat, auch allewege für Ketzer gehalten,) nicht anders erstritten habet, denn daß es allein einen Titel und Namen hat, als hättet ihr dem Pabste entsaget, und doch in der Wahrheit euch selbst hiemit ausgeleget seine Tyrannei zwiefältiglich? Viel seliger tragen wir deutschen Narren seine Tyrannei einfältiglich, ob wir schon deß, als wären wir ihm ungehorsam, keinen Namen haben, so wir das leiden, das an ihm selber ist, wie es den Namen hat; damit wir nicht durch falschen Ruhm unsere Unseligkeit zertrösteten, das ist, nicht eine besondere Freude dem verfluchten Tyrannen macheten, eben durch das, darin unser selbst zu verspotten wäre.

Es möchte Einer sagen: Was finge man denn für eine Weise an? Die große Noth, die will je der Dinge aller nicht achten. Wir haben keine Priester und können ihr doch mit nichten entrathen? Ja, wenn das gelten soll, so mußte man es ehe also gefühlet, gesaget, und erkennet haben, ehe man von dem Pabste abgefallen wäre; oder aber gewißlich noch aufs baldest wiederzukehren zu der Bekenntniß der Unterthänigkeit, die man verlassen hat. Und das viel lieber, denn also unseliglich verlieren die Freiheit, und allein dermaßen gespeiset werden mit eitler Luft, als hatte man Freiheit überkommen, so man doch dieweil zwiefältiglich schwerer in Gefängniß kommen ist. Hierin stehet uns das zu, daß wir die Sache angreifen, daß wir noch heut dieses Tags entweder lernen, wie wir uns selbst außerhalb der Tyrannei des Pabsts mit Priestern versehen; oder aber, so wir das nicht wollen, dieweil wir doch mögen, daß wir uns gerne und willig geben unter die Gefängniß, und daselbst unter dem König des Verderbniß mit Wissen und guter Vernunft dienen im Dienst des Verderbniß, welches Christus, unser barmherziger Herr und Meister, von uns abwenden wolle, Amen.

Es ist nicht Ein Ding, Priester und Diener. Zum Priester wird Einer geboren; zu einem Diener wird man durch Wahl oder Berufung.

Hie muß man allererst einen festen Glauben fassen, auf daß wir durch Kraft des göttlichen Worts aufheben dies weitläuftige und mächtige Aergerniß, da man nach menschlicher Weise Priester hat genennet, und nachmals mit halsstarrigem Trotz vertheidigt alle die, so durch Bischöfe beschoren und gesalbet werden. Denn durch solchen Schmuck dieses Namens ist der Satan betrüglich eingangen, und hat also verheeret und verwüstet alle Dinge mit unmäßlichem Wüthen; da hat er sieben andere Teufel, noch ärger denn er, zu sieb genommen, mit denen ist er eingangen in seinen Hof, da sitzt er sicher, und wohnet mit Ruhe, also, daß kein Mensch überall anders gedenkt noch verstehet durch das Wort Priester, denn ein solch beschoren und gesalbet Wunder, aufgeblasen und eingeführet durch menschlichen Frevel und Aberglauben Wenn du da nicht die Augen zu will! thun, und vorüber laufen vor allem Brauch, alt Herkommen und Menge, und dich allein gar hängen mit offnen Ohren an das einige Wort Gottes, so wirft du dieser Aergerniß mit nichten obliegen.

So soll uns nun am Ersten für einen unbeweglichen Felsen bestehen, daß im Neuen Testament Keiner Priester ist oder sein mag, der auswendig gesalbet sei. Sind aber Etliche, so müssens nur Larven und Oelgötzen sein, denn solcher ihrer Ueppigkeit haben sie vor sich weder Exempel noch Schrift, noch ein einiges Wörtlein in allen Evangelien, in allen Episteln der Apostel; sondern durch lauter Menschenfund sind sie aufkommen und eingeführt, wie etwa Jerobeam that im Volk Israel.

Denn ein Priester, voraus im Neuen Testament, nicht gemacht, sondern geboren werden muß; wird nicht geweihet, sondern geschaffen. Wird aber geboren; nicht durch die Geburt des Fleisches, sondern durch die Geburt des Geistes, aus Wasser und Geist, im Bade der Wiedergeburt. Deshalben sind gar alle Christen mit einander Priester, und alle Priester sind Christen, und sei eine verfluchte Rede, so man sagen wollte, ein Priester wäre ein ander Ding, denn ein Christ? ist; denn Solches wird geredet ohne Gottes Wort, nur auf Menschenlehre, auf alte Herkommen oder auf die Menge Deren, die es also dafür halten. Aus welchen Dreien, so man Eins, welches man will, für einen Artikel des Glaubens ausstellet, so ists eine Lästerung und Greuel; wie ich denn an andern Orten reichlich gesaget habe. Aber die göttliche Schrift, damit wir unser Gewissen, daß Alle, und allein die Christen Priester sind, wider die Geöleten und Beschornen schmücken und stärken sollen, sind die: „Du bist ein Priester in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchisedech“, Ps. 110, 4. Christus ist weder beschoren worden noch geölet, daß er dadurch Priester würde; darum auch einem Jeden, der Christo nachfolgen will, nicht genug ist, geölet werden, daß er ein Priester sei; sondern er muß viel ein Anders haben, überkommt er das, so darf er der Schmier und Schier12) gar nichts. Daß du siehest, wie lästerlich irren der Larven Weiher, die Bischöfe, so sie sagen, man muß geölet und geweihet werden, sonst möge man nicht Priester sein, und ob Einer schon der Allerheiligste, ja Christus selbst wäre. Sagen wiederum: durch diese Ding werde Einer ein Priester, ob er schon boshaftiger und schändlicher wäre, denn Nero und Sardanapal13) gewesen sind.

Was thun sie Anders hiemit, denn daß sie verleugnen Christum mit seinen Christen, Priester zu sein? Denn so sie also weihen und ihr Amt vorbringen, machen sie Keine zu Priestern, er verleugne denn, daß er vorhin ein Priester sei. Und eben damit, daß sie Priester machen, entsetzen sie dieselben vom Priesterthum, also, daß ihr Weihen vor Gott nichts Anders ist, denn wahrlich ein Larvenspiel, wiewohl daneben allzu eine wahre und ernstliche Entweihung. Denn was heißt das anders gesaget: ich werde Priester geweihet, denn mit der That bekennen! ich war bisher und bin noch nicht Priester? aller Ding? gleichwie der Mönche Greuel ist, da sie geloben evangelische Räthe14), und doch daneben die Gebote Gottes verleugnen.

Daß aber das wohl und christlich schließe: Christus ist Priester, darum sind alle Christen Priester; ist offenbar aus dem 22. Psalm v. 23.: „Ich will verkündigen deinen Namen meinen Brüdern“; und wieder einmal Ps. 45, 8.: „Darum hat dich, Gott, gesalbet Gott dein Herr, mit dem Oele der Freuden über deine Mitgenossen.“ Daß wir seine Brüder sind, geschieht nur allein durch die neue Geburt; darum wir auch Priester sind, wie er; wir sind Söhne, wie er; König, wie er. Denn „er hat uns sammt ihm in das himmlische Wesen gesetzt, daß wir seine Genossen und Miterben sollen sein, in welchem und mit welchem uns alle Dinge geschenkt worden sind,“ Eph. 2, 6. Tit. 3, 7. Röm. 8, 32. Auch haben wir sonst noch viel dergleichen Sprüche, dadurch wir mit Christo Ein Ding genennet werden; als, ein Brod, ein Trank, ein Leichnam, ein Glied am andern, ein Fleisch, ein Gebein aus seinen Gebeinen; daß wir ja auch mit ihm alle Dinge gemein haben.

Also folget auch hübsch heraus: Christus ist der erste Priester worden des Neuen Testaments, ohne Schier, ohne Schmier, dazu ohne das priesterliche Maalzeichen, und ohne alle diese Larven bischöflicher Weihe; hat auch alle seine Apostel und Jünger nicht durch solche Larven Priester gemacht. Darum nicht vonnöthen ist einer solchen Larvenweihe. Und so sie schon dabei ist, ists doch nicht genug, daß du Priester werdest; sonst müßtest du auch sagen, daß weder Christus noch seine Apostel Priester gewesen sind. Damit du doch allenthalben sehest, wie wahr ich gesagt habe, daß an keinem Ort so gar nicht Priester find, denn eben da man zu unsern Zeiten jetzt Priester weihet. Denn sie lassen die Dinge alle dahinten, dadurch Christus und seine Apostel sind zu Priestern worden, die auch allein zu Priestern machen; sie sagen nur allein aus eigenem Gehirn, und setzen diese Lügen: Durch diese Dinge würdest du Priester; sonst würdest du nicht Priester. Das ist so viel gesagt: Christus ist von uns weder bescheren noch gesalbet worden; darum so ist er auch nicht Priester.

Aber lasset uns fortfahren, und dasselbige auch bewähren aus den Aemtern der Priester (wie sie es nennen), daß alle Christen zu gleicher Weise Priester sind; denn diese Sprüche, 1 Petr. 2, 9.: „Ihr seid ein königlich Priesterthum,“ auch Offenb. 5: „Du hast uns Gott gemachet ein Reich und zu Priestern“; die habe ich nun genugsam eingeführt in andern Büchern. Dies sind aber fast die priesterlichen Aemter alle, lehren, predigen, und das Wort Gottes verkündigen, taufen, segnen, oder das Sakrament des Altars reichen, binden und auflösen von Sünden, bitten für die Andern, opfern und richten über alle andere Lehre und Geist. Fürwahr, das sind großmächtige und königliche Dinge.

Das erste aber und allerhöchste, daran alle andere haften und hangen, ist lehren das Wort Gottes. Denn mit dem Wort lehren wir, segnen, binden und entbinden, taufen, opfern, richten und urtheilen Alles; daß wir, wenn wir das Wort befehlen, demselben mögen mit nichten verfügen Alles, das einem Priester zugebührt. Nun aber dasselbige Wort ein gemein Ding allen Christen ist, wie Jesaias saget Kap. 53, 13.: „Ich werde alle deine Söhne geben, daß sie von Gott gelehret sollen sein. Dies sind aber, die von Gott gelehret sind, die es hören und leinen vom Vater,“ als Christus Johannes am 6. v. 45. auslegt. „Das Hören geschieht aber durch das Wort Christi,“ zun Römern am 10. v. 17., damit dieses Lob bestehe am 149. Psalm v. 5.: „Dies ist der Preis aller seiner Heiligen. Welcher? Die Freude an Gott in ihren Kehlen, zweischneidige Schwerter in ihren Händen, sich zu rächen an den Geschlechten, zu strafen die Völker, und zu binden ihre Könige mit Fesseln, und ihren Edelsten mit eisernen Handband, daß sie in ihnen vollbringen das beschriebene Gerichte.“

Zum Ersten, daß nun das erste Amt, nämlich das Amt in Gottes Wort, allen Christen gemein sei, bewähre auch, über das, so gesagt ist, dieser Spruch 1 Petr. 2, 9.5 „Ihr seid das königliche Priesterthum, daß ihr verkündigen sollt die Tugend des, der euch berufen hat von der Finsterniß zu seinem wunderbaren Licht.“ Ich bitte euch, welche sind doch die Berufenen von der Finsterniß in das wunderbarliche Licht? Sind es allein die beschorenen und gesalbeten Larven; oder sind es nicht alle Christen? Petrus aber gibt ihnen nicht allein das Recht, sondern auch ein Gebot, „daß sie verkündigen sollen die Tugend Gottes“; welches fürwahr nichts Anders ist, denn predigen das Wort Gottes. Lasse sie nun herkommen, die da zweierlei Priesterthum erdichten: eines geistlich und gemein; das andere ein sonderliches und äußerliches Priesterthum, und geben für, St. Petrus rede hie von dem geistlichen Priesterthum. Was ist denn das Amt ihres sonderlichen und äußerlichen Priesterthums? Ist es nicht „die Tugend Gottes verkündigen?“ Petrus aber gebeut solches hie dem geistlichen und gemeinen Priesterthum. Wiewohl sie haben, diese Lästerer, ein ander äußerliches Priesterthum, dadurch sie verkündigen nicht die Tugend Gottes, sondern den Pabsts, und ihr eigen gottlos Wesen. Sonst, gleichwie sich findet keine andere Verkündigung in dem Amt des Worts, denn diese einige der Tugend Gottes, die allen Christen gleich gemein ist; also findet sich auch kein ander Priesterthum, denn das geistliche, das auch allen Christen gemein ist, welches hie Petrus beschrieben hat.

Das beweiset auch Christus durch Matthäum, Marcum und Lucam, da er am letzten Abendessen zu ihnen allen spricht: „Das thut zu meinem Gedächtniß.“ Dies hat er nicht allein zu den Beschornen und Geöleten gesagt, sonst dürfte niemand den Leichnam und das Blut Christi nehmen, denn eben die Beschornen und Geschmierten. Es ist aber dieselbige Gedächtniß nichts Anders, denn das Wort predigen; wie das Paulus auslegt 1 Cor. 11, 26.: Denn „so oft ihr von diesem Brod esset, und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis daß er kommt.“ Nun ist „den Tod des Herrn“ verkündigen, nichts Anders verkündigen, denn „die Tugend des Herrn, welcher uns von der Finsterniß hat berufen in sein wunderbares Licht.“ Derhalben hie nicht gelten die Träume der gottlosen Menschen, die da wollen, es sein hie die Apostel zu Priestern, das ist, mit ihren Larven geweihet worden, so ihnen allen insgemein ein einiges, und jedem dasselbige Amt des Wortes Christus hie ausgeleget und befohlen hat. Es ist ihnen allen recht, und geboten zu halten die Gedächtniß des Herrn, auf daß Gott in seinen Tugenden überall gelobet und gepreiset werde. Er meinet aber nicht diese Gedächtniß, die die Opferpfaffen in Schlupfwinkeln halten, oder wenn sie in ihrer Himmelssehung15) stehen; sondern die öffentlich und durch das Amt des Worts selig zu machen die Seelen der Zuhörer, geschehen soll.

Auch bekräftiget es St. Paulus 1 Cor. 14, 26., da er nicht zu etlichen Beschornen, sondern zu der ganzen Gemeinde, und zu jedem Christen insonderheit also spricht: „Ein jeglicher hat Psalm, er hat Lehre, er hat Offenbarung, er hat Zungen und Auslegungen.“ Und hernach v. 31.: „Ihr könnet wohl alle weissagen, einer nach dem andern, auf daß sie alle lernen und ermahnet werden.“ Lieber, sage mir doch, was meinet er damit, so er spricht: „Ein Jeglicher?“ Was bedeutet das Wörtchen, Alle? Will er allein die Beschornen damit angezeiget haben? Darum nun genugsam und Mit diesen Sprüchen auf das allerstärkste und klärlichste befestiget sei, daß das Wort Gottes, das höchste Amt in den Kirchen, nur allein einig ist, und Allen gemein, die nur Christen sind; nicht allein von Recht, sondern auch aus Gebot. So muß auch das Priesterthum kein anders sein, denn auch ein einigs, und das auch allen Christen gemein ist: also, daß wider diese göttlichen Donnerschläge nicht gelten mögen alle Väter, alle Concilia, wären ihr schon so viel, daß sie niemand erzählen möchte; auch nicht eine ewige Gewohnheit, noch die Menge aller Welt; mit welchen Stoppeln die beschornen Larven sich unterstehen, ihr Priesterthum zu befestigen.

Zum Andern: Das andere Amt ist, taufen; das haben sie auch selbst durch täglichen Brauch in der Noth den Weibern gemein gemacht, und das also, daß es gar nahend nicht ein Priesteramt angesehen wird. Aber sie wollen oder wollen nicht, so mögen wir sie damit beschließen, und mit ihrem eigenen Urtheil ergreifen, daß Alle, und allein die Christen, auch die Weiber, ohne Platten und ohn das priesterliche Malzeichen, Priester sind. Denn so man tauft, so spricht man je aus das lebendige Wort, das die Seele wiedergebieret, und von Tod und Sünden erlöset. Welches ja unschädlich mehr ist, denn das Brod und den Wein segnen: dieweil dieß ist das höchste Amt in der Kirchen, nämlich verkündigen das Wort Gottes. Darum die Weiber, wenn sie taufen, vollbringen sie das rechte Priesteramt; und das nicht mit einem eigenen besondern Werk, sondern mit einem gemeinen und öffentlichen Amt der Kirchen, welches denn allein einem Priester zugehöret.

Denn mag man sich wohl verwundern an der Pausten Narrheit und Unsinnigkeit, die sich an dem Ort also gröblich merken lasset. Sie haben das Taufamt mit jedermann gemein gemacht; und zwingen doch das Priesteramt für sich allein zu eigen: so doch das Taufen niemand zugehören mag, denn nur allein einem Priester. Dazu setzen sie selbst, die Taufe sei das erste Sacrament; und geben doch niemand zu, daß er Sacrament reichen soll, denn allein den Priestern. Nun ist je kein Sacrament würdiger oder besser, denn das andere; dieweil alle Sacramente durch das einige Wort Gottes bestehen. Aber es hat sie betrogen ihre eigene Blindheit, davor sie nicht sehen die große Herrlichkeit des Worts Gottes, die in der Taufe regieret. Wenn sie dieselbige ansehen, wie es billig wäre, so finden sie keine Würdigkeit auf Erden, es wäre priesterliche oder bischöfliche, ja auch dazu päbstliche Heiligkeit, die sie nicht würden zuschreiben dem, dem sie zulassen das Amt des Worts. Der priesterliche, bischöfliche und auch päbstliche Name würde ein schlecht Ding gerechnet sein, wenn man sie vergleichen würde gegen den Namen des Dieners, der das Wort Gottes verkündiget, das lebendig ist und bleibt in Ewigkeit, das alle Dinge vermag und thut.

Also spielen sie auch gar lächerlich, wenn sie die Weihe geben. Da halten sie den bischöflichen Stand nicht für ein Sacrament, geben ihm auch kein sonderlich Malzeichen16), aus welchem sie die priesterliche Würde und Gewalt für die höchste achten; doch nichts desto weniger muß der bischöfliche Stand der höchste sein, dieweil er die Weihe verleihet, und priesterliche Malzeichen eindruckt; und doch zugleich dabei der niedrigste; dieweil er selbst weder Weihe ist, noch besondere Malzeichen hat; und giebt also das da minder ist, dasjenige, das größer ist. Darum, da sie sollten diese ungeschickte Dinge beschönen, mußten sie einen neuen Unterschied erdichten unter der Würdigkeit und Gewalt. Ach, was sollte oder möchte doch anders, denn also narren die unvorsichtige Lüge, die nirgend auf einer Meinung bleiben kann? Damit Christus anzeiget, wie es alles in des Pabstes Reich keinen Grund hat, und alles widersinnisch und unsinniglich zu muß gehen. Darum auch nicht Wunder ist, daß sie das priesterliche Sacrament der Taufe jedermann haben gemein gemacht und doch daneben ihnen selbst allein zugeeignet das Priesterthum.

Zum Dritten: Das dritte Amt ist, segnen oder reichen das heilige Brod und Wein. Hier rühmen sie sich eines besondern Triumphs, die Beschornen; hie trutzen sie herrlich und sagen: diese Gewalt habe niemand sonst, weder die Engel, noch auch die Jungfrau und Mutter Gottes. Doch lassen wir fahren ihre Unsinnigkeit, und sagen, daß dieß Amt auch allen Christen gemein ist, gleichwie das Priesterthum. Und sagen das nicht darum, daß man uns glauben müsse; sondern bezeugen das durch die Worte und Zeugniß Christi, der also an dem Abendessen gesprochen hat: „Das thut zu meinem Gedächtniß.“ Denn es wollen auch die beschornen Papisten selbst, daß durch diese Worte Christus habe Priester gemacht, und die Gewalt zu segnen verliehen. Nun hat er diesen Spruch zu allen den Seinen gesagt, die dazumal waren gegenwärtig, von diesem Brod und Wein aßen und trunken, auch zu allen denen, die hernach künftig von diesem Brod und Wein essen und trinken würden. Aus dem folget: was daselbst ist verliehen worden, das ist ihnen allen verliehen worden. Und sie haben Nichts, das sie hie widersetzen mögen, ohn allein die Väter, Concilia und den langen Brauch, dazu auch ihren allerstärkesten Artikel des Glaubens, der also heißt: Unser sind viel, und wir haltens also, darum muß es gewißlich wahr sein.

Es kommt auch für einen Zeugen herzu Paulus, 1 Corinth. 11, 23.: „Ich habe es von dem Herrn empfangen, das ich euch gegeben habe.“ Paulus redet auch hie zu allen Corinthern und macht sie ihm alle gleich, das ist, er weihet sie alle Priester, die dieß Sacrament segnen mögen. Aber es steckt auch hie ein großer Balken den Papisten in ihren Augen, dafür sie die Herrlichkeit des Worts Gottes nicht sehen mögen, und verwundern sich dieweil deß, wie das Wesen des Brods und des Weins in den Leichnam und Blut Christi verwandelt wird. Lieber, ich bitte dich, sage mir, was ist doch diese Gewalt, zu segnen Wein und Brod, gegen der Gewalt zu taufen und Gottes Wort zu verkündigen? Ein Weib taufet, und prediget das Wort des Lebens, dadurch die Sünde wird ausgetilget, dadurch der ewige Tod weggenommen wird, dadurch ausgetrieben wird der Fürst dieser Welt, dadurch der Himmel wird zu eigen geschenkt; Summa, dadurch sich die ganze göttliche Majestät in die Seele gießt. Was thut aber dieser Wunderer, der Priester, dieweil? Das Brod verwandelt er. Womit? Nicht mit einem andern Wort, auch nicht mit einem mehreren oder gewaltigern. Was folget hernach nach dieser Verwandlung des Brods? Gar Nichts, denn daß sich der Priester entsetzt und verwundert über seine hohe Würdigkeit und Gewalt, die er hat. Heißt nicht das aus einer Mücken einen großen Elephanten machen? Darum haben sie fast wohl verdienet, die, so die Kraft des Worts verschmähen, daß sie sich dieweil nur allein solches verwundern sollen.

Darum sehen wir auch, wie selten die Evangelisten und Apostel dieses Sacraments gedenken, daß viel sind, die da wollten, sie hätten mehr davon geredt. Aber kein Ort ist, da sie nicht treiben und das Amt des Worts anziehen, so viel und oft, daß es manchmal gleich schier verdrießlich ist. Das ist freilich darum geschehen, daß der Heilige Geist wohl gesehen hat, es würden die beschornen Larven mit ihrem verkehrten Greuel kommen, die das Herz abkehren würden von dem kräftigen Wort der Wahrheit, und dasselbige zukehren auf die todte Verwandlung des Brods und des Weins, und würden sich gar heften und anhängen ihr Lebenlang an diese auswendige Gestalt derselbigen, würden dieweil verachten das wunderbarliche Licht, darinnen wir berufen sind. Darum, ob schon kein Zeugniß der Schrift vorhanden wäre, so ist doch das wahr und gewiß: so das Größeste Allen verliehen wird, das ist, das Wort und die Taufe, so kann auch rechtlich nicht versaget werden das Geringeste, das ist, das Sacrament zu segnen: wie Christus auch selbst dergleichen schließt Matth. 6, 25.: „Das Leben ist mehr, denn die Speise, und der Leib mehr, denn die Kleidung.“ Als ob er spräche: So Gott das gibt, das groß ist, so wird er auch jenes geben, das geringe ist.

Zum Vierten: Das vierte Amt ist, binden und von Sünden entbinden. Dieß Amt haben sie nicht allein zu sich gerissen und durch Vermessenheit an sich gebracht; sondern haben es auch dahin gezogen, daß ihnen daher allein zugehöre Recht und Macht, Gesetze zu machen. Denn das Binden dolmetschen sie, es heiße so viel als Gesetz machen, gebieten und verbieten; welches leider! wahr ist. Denn es heißt wohl die Gewissen gebunden; es ist aber Nichts, denn lauter Lügen und Betrügniß, da die Gewissen ohne Ursache gebunden werden. Als da ist das Verbot, dadurch sie den Geistlichen haben die Eheweiber verboten, und die Speise, die Gott geschaffen hat, und uns zu essen verordnet. Herwieder so heißt das bei ihnen, „auflösen“ oder entbinden, Geld darum nehmen und dispensiren, das ist, ihre eigene falsche Gesetze zerreißen, damit sie vor verbunden haben, und also die Gewissen, die sie fälschlich gebunden haben, betrüglich wieder ledig lassen. Sonst gebrauchen sie sich auch in der Beichte und Bann dieses Amts, zu binden und zu entbinden; sie haben aber kein Recht dazu, es ist ein verdammter Mißbrauch.

Durch diesen Raub und lästerlichen Diebstahl der Gemeinde Gewalt haben sie gemacht, daß das Amt oder die Schlüssel, zu binden und zu entbinden, nirgend weniger ist, denn bei ihnen; wiewohl sie sich überall hoch rühmen, sie haben die Schlüssel. Denn sie den Himmel weder auf noch zusperren den Gewissen; sie sperren wohl aller Welt Seckel auf. Aber wir alle, als viel unser Christen sind, haben diese Gewalt der Schlüssel gemein; welches ich habe so oft in meinem Büchlein wider den Pabst bewährt und angezeiget. Denn hie stehet das Wort Christi, Matth. 18, 15., das er nicht allein zu den Aposteln, sondern zu allen Brüdern geredt hat: „Sündiget dein Bruder an dir, strafe ihn. Höret er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.“ Und eineswegs hernach, v. 17. 18.: „Höret er die Gemeinde nicht, so halte ihn für einen Heiden und Zöllner. Wahrlich, ich sage euch, was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein; und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.“

Hier lasse ich mich nicht bekümmern die Larven mit ihrem Larvengespei, die bei diesem Spruch dichten einen solchen Unterschied: Es sei ein ander Ding um das Recht oder Gewalt der Schlüssel, denn um den Brauch der Schlüssel: denn sie thun Solches aus eigener Vermessenheit, ohn alle Schrift. Sie sollten das von einem guten Anfang und Grund her bewähren; das thun sie, gleichwie überall ihre Gewohnheit ist. Sie sollten am Ersten weisen und wahr machen, daß sie eine andere Gewalt hätten, denn da ist die gemeine Gewalt der Kirchen; so werfen sie das„ selbe auf, als hätten sie es schon erwiesen und wahr gemacht; und fahren daher mit diesem ihren erdichten Unterschied und Lügen: die Kirche habe wohl das Recht und Gewalt der Schlüssel, aber der Brauch sei der Bischöfe.

Das heißt leichtfertig geredt, und das von ihm selbst darnieder fället. Christus giebet hie einem jeden Christen die Gewalt und Brauch der Schlüssel, da er sagt: „Er sei dir als ein Heide.“ Wer ist der, er sei dir? Wen redet Christus an mit dem Wörtlein Dir? Den Pabst? Ja, er redet einen jeglichen Christen insonderheit an. So er aber spricht: „Er sei dir,“ giebet er nicht allein das Recht oder Gewalt, sondern befiehlet und gebeut ihm den Brauch und die Ausrichtung desselbigen. Denn was ist, so er spricht: „Er sei dir als ein Heide,“ oder du sollst ihn halten dafür; ist es nicht so viel, als spräche er: Du sollst nicht bei ihm wohnen und du sollst mit ihm keine Gemeinschaft haben? Nun ist dasselbe in der Wahrheit nichts Anders, denn in Bann thun, binden und den Himmel zusperren.

Dieses bestätiget auch das, so hernach folget v. 18.: „Was ihr binden werdet, soll gebunden sein.“ Wer sind die, die er also anredet? Sind es nicht alle Christen? Ists nicht die christliche Gemeinde? Sagen sie, daß er hie nicht den Brauch, sondern allein die Gewalt oder Recht der Schlüssel der Kirchen gegeben hat, so wollen wir auch sagen, er habe, Matth. 16, 19., den Brauch der Schlüssel gar niemand, auch nicht St. Petern gegeben. Denn es lauten die Worte Christi überall ganz gleich, damit er dieses Amt übergibt. Und so sie an einem Ort, oder gegen einer Person bedeuten, daß hiemit die Gewalt gegeben sei, so bedeuten sie dasselbige überall. Herwieder, so sie an einem Ort bedeuten, es sei damit der Brauch gegeben, so bedeuten sie dasselbige auch überall, daß derselbige Brauch gegeben sei. Denn sich je nicht ziemet, daß man den Worten Gottes, so sie überall gleich stehen, jetzt an dem Ort den Verstand gebe, und alsbald an einem andern Ort anders auslege; als denn diese Larven dürfen thun, und also mit ihrem Dichten verspotten die Geheimniß Gottes.

Darum ist Nichts diese Lüge der Menschen. Denn die Schlüssel sind der ganzen Gemeinde aller Christen, und eines jeden, der ein Glied ist derselbigen Gemeinde: und dasselbige nicht allein nach der Gewalt, sondern auch nach dem Brauch und nach allerlei Weise, die da sein mag, auf daß wir den Worten Christi keine Gewalt thun, der stracks hin und insgemein zu Allen redet: „Er soll dir sein“ rc. Item: „Du hast gewonnen deinen Bruder“ rc. Item: „Alles, das ihr binden werdet“ rc. Ich möchte auch diesen Spruch: „Dir will ich geben die Schlüssel des Himmelreichs,“ (den Christus zu St. Petro allein hat geredet,) hie zu einer Bekräftigung handeln. Item, den Matth. 18, 19.: „Wo zweene eins werden auf Erden.“ Item, v. 20.: „Wo zweene versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ In welchen Sprüchen das allervollkömmlichste Recht, und der Brauch aufs allervölligste zugeeignet wird und bekräftiget, daß sie binden und auflösen mögen. Es wäre denn, daß wir wollten Christo selbst das Recht und den Brauch der Schlüssel versagen, wenn er mitten unter zweien wohnet. Aber diese Sprüche habe ich überflüssig an andern Orten gehandelt. Auch haben wir droben gesagt, das Amt des Worts sei Allen gemein. Es ist aber das „binden“ und „entbinden“ gänzlich nichts Anders, denn predigen das Evangelium, und dasselbige in Brauch wenden. Denn was heißt „auflösen“ Anders, denn verkündigen, daß die Sünden vor Gott erlassen sind? Was heißt „binden“ denn das Evangelium weggenommen, und verkündigen, daß die Sünden behalten weiden? Darum, sie wollen, oder wollen nicht, so erhalten wir, daß die Schlüssel Allen mit einander gemein sind, dieweil sie nichts Anders sind, denn das Amt, dadurch man das Wort in Brauch und Uebung kehret.

Doch was ist es noth, daß wir uns lange hadern, dieses Amt uns zu erobern, die wir Christum kennen. Es ist uns nun genug angezeigt, daß bei den Papisten keine Erkenntniß Christi ist, daß ihnen auch der Glaube und das Evangelium ganz und gar ist unbekannt. Wo aber Christus nicht erkennet wird, und der Glaube unbekannt ist, ists unmöglich, daß sie sehen, was Sünde ist vor Gott. Ihre Blindheit und ihr Unglaube zwinget sie dazu, daß sie das müssen gut heißen, das böse ist, und böse heißen, das gut ist, wie Jesaias sagt, und müssen irren ganz und gar. Wo man aber nicht weiß, was Sünde ist oder gut Werk, ist auch nicht möglich, daß man binden und entbinden könne. Aus dem folget: Wenn wir in der Wahrheit nach der Meinung Christi davon reden und halten wollen, daß bei den Papisten und diesen beschornen Opferpfaffen, so lange sie auf ihrem Verstande beharren, weder sei noch sein möge das Amt zu binden und zu entbinden; schweige denn, daß sie Priester wären, oder allein dieses Amt haben sollten, oder das mit ihrer Weihe verliehen. Was willst du doch binden, so du nicht weißt, was du binden sollst? Darum geräth auch ihr Toben nach ihrer Blindheit, daß sie de n Himmel zuschließen, und die Hölle aufthun, ihnen selbst und den Ihren, mit dem, daß sie jetzt das Evangelium verdammen und binden, preisen aber und lösen auf ihre Menschensätze; dadurch sie die Schlüssel selbst sammt der Gewalt und Brauch verloren haben, daß sie sich also verkehrter Weise und lästerlich mißbrauchen derselbigen.

Zum Fünften: Das fünfte Amt ist opfern. Dieß ist die rechte Krone des Ruhms, der Trunkenen von Ephraim, wie Jesaias sagt. Durch das Amt haben sie sich selber von uns abgeschieden, und die ganze Welt toll und thöricht gemacht; haben sich doch daneben auf Nichts, denn auf tölpische und unhöfliche Lügen gesteurt, daß sie aus diesem Sacrament ein Opfer haben gemacht: davon oben gesagt ist, darum wollen wir es hier nur kürzlich überlaufen. Wir berufen uns aber auf Zeugniß des Neuen Testaments, auf dieselbigen wir auch wider den Teufel trotzen, daß in dem Neuen Testament kein ander Opfer ist, denn das einige, das aller Welt gemein ist, zu den Röm. am 12, 1., da uns Paulus lehret, wie „wir unsere Leibe opfern sollen“ durch die Kreuzigung unseres Fleisches, gleicher Weise wie Christus seinen Leichnam für uns am Kreuz geopfert hat. In diesem Opfer begreift Paulus das Opfer des Lobes, und das Opfer der Danksagung. Eben dasselbige heißt uns auch Petrus, 1 Epist. 2, 5., „daß wir opfern geistliche Opfer durch Christum, die Gott angenehm sind,“ das ist, uns selber, nicht Gold oder Viehe.

Hierum, das sie für ein sonder Opfer rühmen, das ist wahrhaftig wohl ein sonder Opfer; ja, ihres sonderlichen Priesterthums: Aber welches Opferns nicht allein kein frommer Christ sollte oder wollte theilhaftig sein, sondern auch verdammen als die ärgste Lästerung und Abgötterei, und begehren, daß er sich aufs weiteste verhüten möge von der Gemeinschaft desselbigen, wie fast sie es auch hervorziehen, und sagen: es sei ein alter Brauch und der große Haufe halte es also. Wer mit vielen irret, der irret nichts desto weniger; der mit vielen börnet17), der börnet auch nichts desto weniger. Darum sollen wir uns das stark und fest lassen sein, daß nicht mehr denn dieses einige Opfer in der Kirchen sei, das ist, unsere Leiber. Dieweil nun kein ander Opfer mag sein, denn allein das, das durchs Wort Gottes getödtet und vollbracht wird, und das Wort, wie wir gesagt haben, Allen gemein ist; so folget hieraus, daß nicht mehr, denn ein gemein Opfer mag sein.

Nun aber, dieweil allein „geistliche Opfer“ in der Kirchen sind, als der heilige Petrus saget, das ist, allein solche, die im Geist und in der Wahrheit geopfert werden, so ist unmöglich, daß sie geopfert werden, denn nur allein von dem, der da geistlich ist, das ist. von einem Christen, der den Geist Christi hat. Aber den Papisten gefällt nur ihr Ploterment18), damit sie kläffen, ihr Opfer möge auch von denen geschehen, die voller Laster stecken, will geschweigen, daß sie geistlich sollten sein. Denn sie wollen, daß ihr Opfer angenehm sei, aus dem Werk, wie es an ihm selbst geschieht, ohne angesehen den, der es opfert. Durch welche ihre eigene Zeugniß sie deß überwunden sind, die greulichen Gotteslästerer, daß sie Gott lehren, er soll ansehen die Gabe Cain, ob er schon Cain nicht ansehe. Denn sie selbst rühmen, ihr Opfer sei ein auswendig Werk, auch einer unangenehmen und verdammten Person, so doch in der Kirchen gar Nichts Gott gefallen mag, es gefalle ihm denn am ersten die Person, und sei angenehm, wie der Habel war. Sie wird aber eine solche durch den Glauben und Geist, nicht aus dem Opfer. Weil sie denn auch bekennen müssen, ihre Opferpfaffen sein das mehrere Theil ohne Geist, und doch in der Kirchen niemand Gott opfern mag, er habe denn den Geist; so schließt es sich hieraus, daß ihr Opfer nicht ein Opfer der Kirchen ist, sondern nur eine Menschenlüge.

Zum Sechsten: Das sechste Amt ist, beten für die andern.“ Wie schändlich und unverschämt sie damit betrogen haben die ganze Welt, diese Larven, auch wie sie dazu aus der wahrhaftigen Kirchen gemacht haben eine erdichte Judenschule, ist schändlich anzuhören. Aber Christus hat allen und jeden seinen Christen ein einiges tägliches Gebet gegeben, durch welches allein wir genugsam bewähren und befestigen mögen, daß ein einiges Priesterthum ist, jedermann gemein; herwieder das papistische Priesterthum nichts Anders, denn lauter Lügen ist, außerhalb der Kirchen erfunden, und durch lauter unverschämte Vermessenheit darunter eingeführt. Denn dieweil beten für Andere sonst Nichts ist, denn mitten zwischen Gott und treten für einen Andern; wie denn allein Christo zugebührt und dazu allen seinen Brüdern zu beten geboten ist: so ist uns gewißlich auch allen geboten, daß wir priesterlich Amt verbringen sollen. Denn auch die Papisten selbst dadurch wollen Priester sein, daß sie für andere Christenlaien beten. Ja, solch Beten ist ihr Abgott Dagon, ihre Nahrung, der einige Gott ihres Bauchs.

Nun möchte jemand schier nicht wissen, ob dieser gelarveten Leute Unverstand oder Thorheit größer sei, daß sie die Kraft und das Amt dieses Gebets des Herrn nicht geprüfet haben, dieweil sie selbst geprediget haben, es sei jedermann ein gemein Gebet; und haben doch das Amt zu beten, als ein priesterliches, allein ihnen selbst zugeeignet, allen Andern abgesprochen. Denn was ists geredt, so man also sagt: Wir sind allein Priester, ihr seid Laien, denn so viel: Wir sind allein Christen und mögen beten, ihr seid Heiden und sollet nicht beten; sondern euch mag allein durch unser Gebet geholfen werden? Herwieder, so man spricht: Ihr möget auch beten, nicht allein wir, gilt so viel, als sagte man: Ihr seid auch Priester und Gebrüder Christi, die ihr auch hervortreten mögt und stehen für die Andren.

Aber Gott rächt sich recht und wohl an diesen Greuelbetern. Siehe, da sie allein die sein wollten, die für das Volk beten, sind sie worden durch wunderbarlichen Rath Gottes nichts Anders, denn gemalete Beter: daß fürwahr diese Bosheit, damit sie Gott und allen Menschen lügen wollten, niemand anders, denn ihr selbst hat lügen müssen, wie David sagt. Wer ist doch in der ganzen Zahl so vieler Stift, Klöster und Pfründnern, der da bete? Sie plappern wohl die Worte des Gebets mit ihrem Munde; sie meinen wohl, sie haben die Saitenspiel des Gesangs, als David hatte, wie Jesaias spricht; aber der heißts nur ein Gemurmel, der also spricht, c. 29. v. 13.: „Dieß Volk ehret mich wohl mit ihren Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir.“

Also wirst du wohl ihr viel auch finden, die vierzig Jahr, oder alle ihr Lebenlang die heiligen Worte des Glaubens mit dem Maul geplaudert haben, haben doch noch nie keinen einigen Augenblick ein einigmal vor Gott ein Gebet vollbracht. Und diese Greuel sollen deß werth sein, daß man sie halte und Priester nenne, daß man ihnen solche große Kirchengebäu aufrichte, auf die wir so viel Kosten, so viel Rent und Gülte19) wenden, denen wir aller Welt Königreich unterwerfen, ja auch unterwerfen zuletzt die wahren und rechten Priester und Beter Gottes, das ist, fromme Christen, für die sie bitten wollen, so sie doch Gott kaum allein den Heiden zu vergleichen würdig schätzt, die da verhoffen, durch viele Worte erhört zu werden. Diese aber, wie Christus sagt, denken auch nicht daran, daß sie erhöret sollen werden. Wie wollten sie es denn verhoffen? Sie machen auch nicht darum so viel Plapperns und Plauderns, daß sie hoffeten, sie würden dadurch erhöret; sondern allein darum, daß sie Gott mit den Lippen ehren; darnach, daß sie durch diesen Treudel20) vom Volk den Zins verdienen, und damit ihre Wänste mästen: noch sind sie durch päbstliche Gewalt die Priester Gottes; ja, des Teufels, der ein Gott über diese Welt ist. Sie beten ja für uns, das ist, den wahren rechten Gott erzürnen sie wider uns.

Darum laßt uns hie hören Christum, den rechten Richter und Schlichter in dieser Sache. Er spricht, Joh. 4, 24.: „Gott ist ein Geist; und wer ihn anbeten will, der muß ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten;“ denn solche Anbeter will er haben, das ist, nicht die ihn auf diesem Berge oder zu Jerusalem anbeten. Dieß ist der Beschluß und endlich Urtheil der göttlichen Majestät; dieweil der bestehet, bestehen wir auch, und sprechen aus, unverzagt und getrost, als redets Gott selbst, daß der Pabst und seine Papisten haben wohl ein sonderlich Priesterthum und ein besonder Amt zu beten über alle Christen; aber nicht ein solches, dadurch Priester oder Beter würden, sondern dadurch sie Larven und Götzen sind, das ist, Bilder und Gleichniß, als wären sie Priester oder Beter; sonst sinds allein, und zwar alle Christen, welche, gleich als sie allein im Geiste rufen: Abba, lieber Vater; also beten sie allein und sind alleine Priester.

Zum Siebenten: Das siebente und letzte Amt ist, urtheilen und erkennen über alle Lehre. Fürwahr, es ist nicht eine schlechte Ursache, darum die Priesterlarven und gefärbten Christen dieses Amt zu sich gerissen haben. Nämlich, sie haben es wohl vor gesehen, so sie dieß Amt unter der Gemeine bleiben ließen, so geschehe, daß sie der obgemeldeten Amt keines möchten zu eigen behalten. Denn so den Zuhörern das Recht, über die Lehre zu urtheilen, genommen würde, was mag oder darf nicht ein Doctor oder Lehrer wagen, obs möglich wäre, daß er schon ärger denn der Teufel wäre? Herwieder, so das Urtheil den Zuhörern vergönnet und geboten wird, was mag oder darf sich ein Lehrer unterstehen, wenn er schon mehr denn ein Engel vom Himmel wäre? Denn wo man das zuließe, würde nicht allein Paulus Petrum strafen, sondern auch die Engel vom Himmel verdammen: hätten auch ohne Zweifel die Päbste und Concilia mit viel größerer Furcht und Schrecken geredt und gesetzt vom Priesterthum, vom Predigtamt, von den andern Aemtern, als, zu taufen, zu segnen, zu binden, zu beten und über die Lehre zu urtheilen, so sie der Zuhörer Gericht und Urtheil hätten fürchten müssen; ja, es wäre nimmer ewiglich aus dem ganzen Pabstthum Etwas worden, so dieß Urtheil regieret hätte. Darum haben sie ihnen selbst fast wohl gerathen, da sie ihnen allein dieß Amt zugetheilt.

Sie haben aber solches vermocht und erhalten, „bis daß der Zorn Gottes,“ wie Daniel sagt, e. 11, 36,, „erfüllet ward.“ Aber min, „so der Heiland kommt und uns erleuchtet mit seiner Zukunft, hat angefangen zerstöret zu werden dieser Schalk; der Athem seines Mundes tödtet diesen Widerchrist, der sich über alle Gottes Ehre erhöhet hat,“ 2 Thess. 2, 4. 8. Hie bestehet jetzt der Spruch Christi, Joh. 10, 5.: „Meine Schäflein hören nicht der Fremden Stimme;“ und Matth. 7, 15.: „Hütet euch vor den falschen Propheten;“ Matth. 16, 6.: „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, der nichts denn Gleißnerei ist;“ Matth. 23, 2. 3.: „Auf Mosis Stuhl haben sie sich gesetzt, die Schriftgelehrten und Pharisäer. Alles, was sie euch nun sagen, daß ihr halten sollet, das haltet und thuts; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht thun.“ Mit diesen und andern dergleichen Sprüchen des Evangelii und ganzer Schrift (dadurch wir ermahnet werden, nicht zu glauben den falschen Lehrern), was lehret uns Christus Anders, denn daß ein jeder für sich selbst seines eigenen Heils und Seligkeit wahrnehmen soll, daß er wisse und gewiß sei, was er glauben und wem er nachfolgen soll; daß er auch sei ein frei gevollmächtigter Richter aller derer, die ihn lehren wollen, und sei inwendig allein von von Gott gelehrt, Joh. 6, 45. Denn es wird dich nicht verdammen oder selig machen eines Andern Lehre, sie sei falsch oder gerecht, sondern dein Glauben allein. Es lehre und predige Einer, was er wolle, so mußt du zusehen bei deinem höchsten Schaden oder Nutz, was du glaubest.

Doch Paulus, 1 Cor. 14, 30., hat aufs allergewaltigste diesen Kerlen in seinem eigenen Hof gebunden, und ihm geraubet alle sein Hausgeräth, da er spricht: „So aber eine Offenbarung geschiehet einem andern, der da sitzet, so schweige der erste.“ Und abermal daselbst v. 32.: „Und die Geister der Propheten sind den Propheten unterthan.“ Noch einmal v. 31.: „Ihr könnt wohl alle weissagen, einer nach dem andern.“ Was wird nun hie gelten, das trunkene Lallen des Pabsts und seiner Papisten, wie fest es auch im Brauch gewesen ist lange Zeit, da er spricht: Wir wollen und ernstlich gebieten. Item: Die römische Kirche ist eine Meisterin über alle Kirchen, und die Regel, wie man gläuben müsse. Wohlan, sie sei es, sie sitze und lehre, und sei eine Meisterin; und dennoch wird ihr geboten zu schweigen, so eine Offenbarung geschiehet einem Sitzenden; und sie sollen nicht allein weissagen, sondern wir mögen alle weissagen, Einer nach dem Andern. Also sagt Paulus, der auch ein Meister und Strafer Petri ist, da er zu einem Meißner ward, von außen sich anders stellete, denn er innen war, Galat. 2,14. Wie viel mehr mögen wir tröstlich richten und urtheilen die römische Kirche, die Nichts denn eine Gleißnerin ist, und auf Nichts, denn auf lauter Gleißnerei stehet und gegründet ist. Sollen auch nicht leiden von ihr, daß sie uns richten und urtheilen möge, bei Gefährlichkeit unserer eigenen Seligkeit, und als lieb, als ungerne wir Christum verleugnen wollten.

Sehet aber zu, wie sie hie einem so hübsche Weisheit vorgeben, diese Larven; sehet an, wie sie ihnen selbst so schändlich widerwärtig erfunden werden, weil sie Gott und alle dem, das Gottes ist, widerwärtig sind. Denn wir gläuben, daß sie es gläuben also, oder sehen doch aufs Wenigste, daß sie es also bekennen, und rühmen sich deß, daß sie sein aller Christenmenschen Leiter und Hirten; so meine ich doch, sie müssen auch bekennen, daß der ein Christ sei, der den heiligen Geist hat, welcher Geist denselbigen, als Christus sagt Joh. 14, 26., Alles lehret, und auch Johannes sagt 1 Epist. 2, 27.: „Seine Salbung wird euch alles lehren,“ das ist, damit ichs aufs Kürzeste sage, ein Christ ist so gewiß, was er gläuben und nicht gläuben soll, daß er auch dafür stürbe, oder doch dafür zu sterben bereit wäre. Nun bitte ich dich, was ist das für eine unverschämte Stirn der Papisten, so sie sich also hoch aufwerfen und sagen: die Laien müssen ihnen gläuben, und nicht ihnen selbst? Was ist das geredt, denn so viel: Wir bekennen, daß die Christen haben den heiligen Geist, dadurch sie gewiß wissen, was sie gläuben oder nicht glauben sollen, Dieweil aber der Heilige Geist nicht so viel ist als wir, und wir viel gelehrter sind, denn er; darum so müsse er uns unterworfen sein, und uns gehorchen?

So haben sie nun sich allein darum selbst für Meister machen wollen, auf daß sie lehren und predigen möchten, was sie wollen, weil niemand (den sie fürchten mußten) darein durfte reden. Da sie das zuwegen brachten, war es ihnen darnach gar leicht, alle Dinge zu sich zu bringen, und unzweideutig Alles, was Gott und Menschen zugehöret, und sind schlecht unsre Götter worden. Uns ist aber ein Anders gesagt, Matth. 23, 8.: „Einer ist euer Meister, Christus; ihr aber seid alle Gebrüder.“ Darum gelten wir alle gleich, und haben alle nur Ein Recht. Denn es will sich je nicht leiden, daß die, so Gebrüder heißen, und alle eine Gemeinschaft haben, Einer über den Andern sei, mehr Erbtheils empfahe, und ein besser Recht, denn der Ander habe, voraus in geistlichen Sachen, davon wir jetzt handeln. Hierum auch dieses Amt, zu richten und zu urtheilen, eben als wohl als alle obgemeldete, ein solches ist, das wir nicht allein wiederzuholen Macht haben; sondern auch, so wirs uns nicht wiederholen, werden wir Christi, als eines Bruders, verleugnen. Denn wir hie nicht sagen von dem, das man will oder ziemlich ist; sondern wir handeln von dem, das geboten, vonnöthen ist. Also, daß gewiß verflucht müsse sein jeder, der des Pabsts Tyrannei bekennet; wiederum gebenedeiet ein jeglicher, der sie mit christlichem Abfallen meidet.

Doch dies alles haben wir allein von gemeinen Rechten und Macht aller Christen gesagt. Denn dieweil allen Christen alle Ding gemein sollen sein, die wir bisher erzählet haben, das wir auch bewähret und beweiset haben; so wills nicht gebühren, Einem, der sich von ihm selbst hervor wollte thun, und ihm allein zueignen, das unser aller ist. Ueberwinde dich dieses Rechten, und lege es auch am Brauch, sofern wo kein Anderer ist, der auch ein solch Recht empfangen hat. Das erfordert aber der Gemeinschaft Recht, daß Einer, oder als viel der Gemeinde gefallen, erwählet und aufgenommen werden, welche anstatt und im Namen aller derer, so eben dasselbige Recht haben, verbringe diese Aemter öffentlich; auf daß nicht eine scheußliche Unordnung geschehe in dem Volk Gottes, und aus der Kirchen weide ein Babylon, „in welcher alle Ding ehrbarlich und ordentlich sollen zugehen,“ wie der Apostel gelehret hat, 1 Cor. 14. Es ist zweierlei, daß Einer ein gemein Recht durch der Gemeinde Befehl ausricht; oder daß Einer sich desselbigen Rechten in der Noth gebraucht. In einer Gemeine, da Jedem das Recht frei ist, soll sich desselbigen niemand annehmen, ohne der ganzen Gemeinde Willen und Erwählung; aber in der Noth brauche sich desselbigen ein Jeder, der da will21).

Nun lasset uns reden mit den papistischen Pfaffen, und sie fragen, daß sie uns anzeigen, ob ihr Priesterthum andere Aemter hat, denn diese Aemter sind? So es andere hat, so wird ihr Priesterthum nicht ein christlich Priesterthum sein. Hat es aber eben die, so wir gezählet haben, so wird es nicht ein sonderlich Priesterthum sein mögen.

Also beschließen wir sie, sie kehren sich hin, wo sie wollen, daß sie entweder kein Priesterthum haben, das ein anders sei, denn das, so den Christen allen gemein ist; haben sie aber je ein anders, so müsse es Satans Priesterthum sein. Denn Christus uns gelehnt hat, Matth. 7, 20., „daß wir alle Bäume an den Früchten sollen kennen lernen.“ Wir aber haben nun gesehen die Früchte unsres gemeinen Priesterthums; so laßt sie uns entweder andere Frucht zeigen, denn diese, oder bekennen, daß sie nicht Priester sind. Denn daß diese Frucht sonderlich oder öffentlich getragen werden, bewähret nicht ein ander Priesterthum; sondern einen andern und andern Brauch des Priesterthums. Werden sie uns aber, zu bewähren ihr Priesterthum, allein die Platten und Schmier anzeigen, dazu den langen Rock; das wollen wir ihnen zugeben; daß sie sich des Drecks berühmen; denn wir wissen, man möchte leichtlich auch eine Sau oder Blochs22) scheeren und schmieren, und mit einen langen Rocke bekleiden.

Wir bestehen fest auf dem, daß kein ander Wort Gottes ist, denn das allein, das allen Christen zu verkündigen geboten wird, daß nicht eine andere Taufe ist, denn die, die alle Christen geben mögen; daß kein ander Gedächtniß ist des Abendessens des Herrn, denn das, so ein jeder Christe begehen mag, welches also zu halten Christus hat eingesetzt: auch daß keine andere Sünde ist, denn die ein jeder Christ binden und auflösen mag. Item, wir halten, daß kein Opfer sei, denn der Leib eines jeden Christenmenschen: daß auch niemand beten kann oder möge, denn allein der Christ, dazu daß niemand urtheilen soll über die Lehre, denn allein der Christ. Diese sind aber je die priesterlichen und königlichen Aemter. Darum so lasse uns die Papisten entweder andere Aemter der Priester zeigen; oder aber übergeben ihr Priesterthum, und verzeihen sich deß. Daß sie aber uns lang vorhalten die Schmiere und Platten, Kleider und ander Brauch oder Gewohnheit der Menschen, eingeführt durch lauter Aberglauben, das ficht uns nicht an, obs schon ein Engel vom Himmel hätte aufgesetzt; noch viel weniger geben wir darauf, so es allein ein alter Brauch ist, allein ein Wahn vieler Menschen, wie es wohl nun in ein solch groß Ansehen gerathen ist.

Nun meine ich, aus diesem allen sei bekräftiget, daß die, so dem Volk in Sacramenten und Wort vorstehen, nicht mögen noch sollen Priester genennet werden. Daß sie aber Priester geheißen werden, das ist entweder nach heidnischer Weise geschehen, oder ist überblieben von des Jüdischen Volks Gesetze; darnach ist es zu großem Schaden der Kirchen angenommen. Aber nach der evangelischen Schrift würden sie viel besser genennet Diener, Diaconi, Bischöfe, Haushalter, welche auch derweil von wegen ihres Alters Presbyteri, das ist, die Aeltesten, genennet werden. Denn also sagt Paulus, 1 Cor. 4, 1.: „Dafür soll uns halten der Mensch, als die Diener Christi, und Haushalter der Geheimnisse Gottes“; hat nicht gesagt, soll uns halten als Priester Christi. Er wußte wohl, daß der Namen des Priesters und das Amt desselbigen Allen gemein war. Daher kommt das gemeine Wort Pauli, Haushalten; desgleichen, Ministerium, Minister, auf Deutsch, Dienst, oder Amt und Diener. Er nennet sich auch servum, das ist, einen Knecht; auch spricht er mehr denn einmal, servio in Euangelio, ich diene am Evangelio rc. Das thut er darum, daß er allenthalben nicht den Stand, noch den Orden; sondern das Amt und Werk allein berühme, und das Recht und Würdigkeit des Priesterthums in der Gemeinde bleiben lasse.

So sie denn allein Diener sind, so gebet auch mit unter ihr priesterlich unauslöschlich Malzeichen, und die Ewigkeit ihrer priesterlichen Würde. Und daß Einer allweg Priester bleiben müsse, ist nur ein erdichtet Ding; sondern man mag einen Diener wohl absetzen, wenn er nimmer getreu wollte sein. Hierwieder mag man ihn so lange im Amt leiden, so lange er sich verdienet und der Gemeinde gefällig ist. Als, ein jeder, der in weltlichen Sachen, gleichen Brüdern, ein gemein Amt unter ihnen verwaltet; ja der Diener in geistlichen Sachen noch viel besser abzusetzen ist, denn kein ander in weltlichen Sachen; dieweil er, so er ungetreu wird, viel unleidlicher ist, denn kein weltlicher, der nur allein in zeitlichen Gütern dieses Lebens schaden Möchte, der geistliche aber verwüstet und verderbet auch die ewigen Güter. Darum den ander n Brüdern, wo der geistliche Diener zu einem Schalk würde, zugebührt, daß sie ihn von der Gemeinde ausrotten; welches denn heißt in Bann gethan, und also an seine Statt einen Andern setzen.

Mit diesen Stücken und gewisser Befestigung der Schrift (sollen wir anders den Worten Gottes glauben) wird gerathen dem unseligen Jammer, der bisher Böhmerland bezwungen hat, daß es schier hat betteln müssen, die beschorene Priesterschaft, und wo irgend der Allerunwürdigste dazu gewesen ist, hat leiden müssen. Denn wir haben hie, heller denn der Tag und gewisser denn gewiß, woher man die Priester oder Diener der Worts nehmen soll. Nämlich, man soll sie aus der Schaar Christi, und nirgend anderswoher erwählen. Denn dieweil genugsam ist angezeigt, daß ein jeder das Recht hat, zu dienen in dem Wort, ja, daß auch einem jeden im Wort zu dienen geboten ist, so er flehet, daß entweder kein Andrer vorhanden ist; oder, so die, die vorhanden sind, unrecht lehren, als Paulus 1 Cor. 14, 27 ff. gesetzt hat, damit die Tugend Gottes durch uns alle verkündiget werde; wie wollte denn nicht vielmehr etwa eine ganze Gemeinde das Recht und dies Gebot auch haben, daß sie solch Amt durch gemeine Wahl Einem oder Mehren an ihrer Statt befehlen möchte, und dieselbigen den Andern durch Mitwillen derselben, auch weiter befehlen?

Also thut auch Paulus, 2 Tim. 2, 2., da er spricht: „Das befiehl treuen Menschen, die tüchtig sind, Andere zu lehren.“ Hie wirft weg Paulus alles Gepränge des Scheerens und des Schmierens, gedenkt auch keiner Weihe; will allein haben, die tüchtig sind, Andere zu lehren, und will schlecht, daß ihnen allein das Wort befohlen werde. So nun das Amt des Worts Einem verliehen wird, so werden ihm auch verliehen alle Aemter, die durch das Wort in der Kirchen werden ausgericht, das ist, die Gewalt zu taufen, zu segnen, zu binden und zu lösen, zu beten und zu richten oder urtheilen. Denn das Amt, zu predigen das Evangelium, ist das höchste unter allen; denn es ist das rechte apostolische Amt, das den Grund legt allen andern Aemtern, welchen allen zugehört, auf das erste zu bauen: als da sind die Aemter der Lehrer, der Propheten, der Regierer, deren, so die Gabe gesund zu machen haben, wie sie denn Paulus nach einander ordnet, 1 Cor. 12, 8 ff. Denn auch Christus auf das allermeiste allein gepredigt hat das Evangelium, als der, der sich des höchsten Amts gebrauchen sollte, und nicht taufen. Paulus „rühmt sich auch, daß er nicht gesandt sei zu taufen,“ als zu einem wenigeren und nachfolgenden Amt, „sondern daß er gesandt sei, das Evangelium zu predigen,“ als zu dem vornehmsten Amt, 1 Cor. 1, 17.

Dazu zwingt uns auch die Noth, und der gemeine Verstand des Glaubens räth dazu, das ist, zu obgemeldter Wahl. Denn so die Kirche durchs Wort geboren, genähret, aufenthalten und gestärket wird, so ist offenbar, daß sie des Worts nicht gerathen mag. Ist sie aber ohne das Wort, so ists ein Zeichen, daß sie nimmer eine Kirche ist, sondern aufhören muß eine Kirche zu sein. Darnach, dieweil ein Jeglicher aus der Taufe zu dem Amt des Worts geboren ist, und die Päbste, Bischöfe solche Diener des Worts nicht setzen wollen, sondern allein solche, die nur das Wort vertilgen, und die Kirchen verderben wollen: so will der eins folgen, entweder, daß wir zulassen, daß die Kirche ohne das Wort verderbe; oder aber machen eine Versammlung, und aus uns einer, oder als viel noth ist, so dazu tüchtig sind, durch gemeine Wahl erwählet werden, und alsdenn mit Gebet durch Auflegung der Hände also der Gemeinde befehlen und vor ihr bestätigen; und alsdenn dieselbigen für rechte Bischöfe und Diener des Worts erkennen, und in Ehren haben, und allerdinge ohne Zweifel glauben, daß alles dies, das der Meinung durch die gemeine Wahl der Gläubigen, die das Evangelium wissen und bekennen, ist gehandelt und begangen worden, daß es von Gott gehandelt und geschehen sei.

Ja, obschon alle obgemeldete Befestigungen nichts beschließen sollten; so wäre doch das Uebrig genugsam zu ermahnen und zu bekräftigen, das Christus Matth, am 18. Cap. v. 19. 20. sagt: „Wo zween eins werden auf Erden, warum es ist, daß sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater, der im Himmel ist. Denn wo zween oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ So nun der einmüthige Wille dreier oder zweier in dem Namen des Herrn alle Dinge vermag; auch Christus sich einen Meister desselben Werks bekennet, das dieselbigen thun: wie vielmehr sollen wir glauben, daß es geschehe oder geschehen werde durch Gott, der es annehmen würde und uns darin ein Mittler sein, so wir in seinem Namen zusammen kommen und beteten; darnach alle Bischöfe und Diener des Wortes aus uns selbst erwähleten? Dieweil wir schon von erst, alsbald wir getäufet werden, ohne eine solche Wahl zu diesem Amt geboren und berufen sind.

Und so wir deß ein Exempel begehren, hie ist Apollo, von dem wir im Buch der Zwölfboten-Geschichte Cap. 18, 24 ff. also lesen, daß er ohn alle andere Berufung und Weihe sei kommen gen Epheson, habe daselbst allein aus inbrünstiger Hitze der Liebe geprediget, auch die Juden überwunden gewaltiglich. Lieber, ich bitte dich, aus was Rechten hat er sich gebrauchet und unterwunden dieses Amts des Wortes? Er hat sich da keines andern Rechtes gebraucht, denn des gemeinen, und aus allem Geschlecht der Christen frei ist, nämlich das geschrieben ist durch St. Paul 1 Cor. 14, 30.: „So einem, der da sitzt, eine Offenbarung geschiehet, so soll der erste schweigen;“ und 1 Petr. 2, 9.: „daß ihr verkündiget seine Tugend.“ Und derselbe Mann ist nachmals auch ein Apostel worden, ohn alle andere Weihe oder Ordnung: und ist also nicht allein zum Predigtamt kommen; sondern hat auch sonst viel Nutz geschafft bei denen, die da schon gläubig waren. Also ist auch ein jeglicher Christ schuldig zu thun, so er stehet, daß man Mangel am Worte hat, und er tauglich ist dazu, ob ihn schon dazu die Gemeinde nicht erforderte; vielmehr, so er von den Brüdern, die ihm in den Rechten gleich sind, und von einer ganzen Gemeinde gebeten und erfordert wird.

Ein ander Exempel haben wir an St. Stephan und St. Philipp, die allein zu dem Amt des Tisches verordnet waren. Nichtsdestoweniger „that St. Stephan Wunder und große Zeichen im Volk,“ und disputirte mit den Synagogen, und überwand die Concilia der Juden mit dem Wort des Geistes, Apostg. 6, 5. 8. Philippus auch, so bekehrete die Samariter, zog hin und her durch Asoton und Cäsarean, Apostg. 8, 12. Lieber, aus welchen Rechten, aus welchem Gewalt thaten sie das? Sie waren je gewißlich von niemand weder gebeten noch erfordert; sondern sie haben das von ihnen selbst gethan, und aus gemeinen Rechten: dieweil ihnen eine Ursach und Zugang zu solchem vorhanden kam, und sie sahen, daß das unwissende Volk ihres Amts nothdürftig, und des Wortes beraubet war. Wie vielmehr würden sie das gethan haben, wenn sie gebeten, es wäre von Etlichen, oder von einer ganzen Gemeine dazu wären erfordert? Und der Verschnittene, Apostg. 8, 38., der vom Philipps bekehret ward, ist er ein rechter Christ blieben, wie denn zu glauben ist, ohne Zweifel, so hat er viel Andere das Wort Gottes gelehret; dieweil ihm geboten war, „zu verkündigen die Tugend deß, der ihn berufen hatte von der Finsternis; zu seinem wunderbaren Licht,“ 1 Petr. 2, 9. So er aber das gethan hat, so ist nach erfolget, aus seinem Wort oder Predigt, der Glaube bei Vielen; dieweil „das Wort Gottes nicht leer wieder heim kommt,“ Jes. 55, 11. Aus diesem Glauben ist eine Kirche worden: dieselbige Kirche hat alsdann durch das Wort empfangen und erfüllet die Aemter, zu taufen, zu predigen, und alle andere, so oben erzählet sind. Und dieses alles ist also durch denselben einigen Verschnittenen erfüllet worden, durch kein anders, denn durch das Taufrecht und seines Glaubens, voraus so Andere nicht vorhanden waren, die solches ausrichten konnten.

Darum ist nun nicht mehr da, (liebe Herren), denn daß ihr anziehet einen festen beständigen Glauben: dieweil hierin nichts so noth ist, als eines muthigen reifen Glaubens, wollet ihr anders wohl und nützlich rathen eurem Böhmerland. Wir schreiben auch diese Dinge niemand, denn eben denen, die da glauben; auch mögen sie nicht verstanden werden, denn nur allein von denen, die da glauben. Welche aber ungläubig sind, verstehen es gar nicht. Auch gilt es mit denselbigen gleich, sie haben Bischöfe oder nicht; weil sie auch weder Christen noch Kirche sind, die sich so offenbare Schrift und Exempel nicht bewegen lassen. Lassen sich aber bewegen diese leichtfertigen Larven, als da sind, die Platten und Schmier und die Kleider, ohne alle Schrift, ohn alle Exempel: allein darum, daß es ein alter und langer Brauch ist, und daß es Vielen also wohlgefället. Aber ein frommer Christ muß die Dinge aus den Augen thun, und allein ansehen das kräftige Wort Gottes; soll auch mit vollem Glauben also daran nicht zweifeln, er möge thun und erlangen Alles, das er weiß, daß ihm durch dieses Wort verheißen ist.

Ja sie sagen: Ei, ein neu Ding, hats doch noch niemand also gewagt, der also Bischöfe erwählet und gemacht hat? Darüber ist meine Antwort, es ist eine sehr alte Meinung, und bewähret durch die Exempel der Apostel, auch ihrer Jünger; wiewohl dieser Brauch durch der Papisten Widerspiel und durch ihre pestilenzische Lehre abgethan und ausgelöschet worden ist. Darum soll man auch desto mehr arbeiten, damit ihr wiederum austreibet das neue pestilenzische Exempel, und wieder .hervor bringet und aufrichtet das alte Exempel des Heils und Seligkeit. Und ob es denn schon gar mit einander ein neu Ding wäre; dennoch, dieweil hie das Wort Gottes also leuchtet und scheinet, dazu gebeut und heißet, auch zumal der Seelen Nothdurft dazu dringt und zwingt: so soll hie gar nichts irren, daß es eine neue Sache ist, sondern allein regieren und gewaltig sein des Worts Herrlichkeit. Nun sage mir doch Einer, was ist nicht neue, das der Glaube handelt? Ist nicht zu der Apostel Zeit dies Amt auch neu gewesen? War es nicht ein Neues, da Abraham seinen Sohn opferte? Ists nicht ein Neues gewesen, daß Israel durchs rothe Meer ist gangen? Wird mir nicht das auch ein Neues sein, daß ich durch den Tod ins Leben soll gehen? Aber das Wort Gottes wird hie allein in denen Dingen angesehen, nicht die Neurung; denn so man die Neurung ansehen will, so wird man gar keinem Wort Gottes nimmer gläuben dürfen.

Darum, lieben Brüder, glaubet allein dem Wort Gottes, so wird euch nicht bekümmern, daß es ein Neues ist. Und nehmet deß an euch selbst ein Exempel. Denn so die Neurung Etwas gelten sollte, warum hat sie dasmal auch nicht golten, da ihr Böhmen allein dem Pabst widerstundet, und durftet alle Ding thun von Johannes Hussen wegen? War es nicht auch ein neues Ding, da sonst niemand dergleichen that? Ja, die ganze Welt hält das Widerspiel, bis auf den heutigen Tag. Und ihr das thatet zu der Zeit, da ihr noch nicht mit so offenbarer Schrift gestärkt waret, als ihr jetzt seid in diesem Fall. So ihr dazumal keck waret, nachzufahren eurem Rechten dasselbige zu bekennen und zu beschützen, wie sehr es abgethan und ausgelöschet war, da noch keine solche, oder eine kleinere Noth der Seelen vorhanden war; warum wollet ihr hie nicht auch eurem Rechte nachkommen, dasselbige bekennen und beschützen? Wiewohl es abgethan ist, dieweil ihr bewapnet seid mit so viel Schilden und Streitgezeug des Thuns David, dazu auch eine solche dringende Nothdurft der Seelen vorhanden ist, auch eine so elende jämmerliche Gefängniß; herwieder, dieweil euch dazu ladet und reizet eine so große Freiheit, dieweil sich so guter Fug und Glimpfs solches zu erlangen begibt. Es wird sich mit der Zeit selbst lindern und abessen23), ob schon etwas Neues in der Sache wäre, das zu rauem angesehen würde, viel leichter denn sich vorhin gelindert hat euer Abfallen von der papistischen Tyrannei. Das ists allein, daß ihr es kühnlich waget in dem Herrn, so wird der Herr mit euch sein.

Darum thut ihm also: Am Ersten suchet Gott daheim mit eurem Gebet, öffentlich in der Gemeinde, und sonst ein jeder bei ihm selbst. Denn es ist je eine große Sache, darinnen mich nicht so sehr bewegt die Neurung, als die Größe. Darum ich wollte, daß ihr euch hie nichts unterstündet, weder durch eure eigene Kräfte noch Fürsichtigkeit; sondern sahet die Sache an mit Furcht und Zittern in der Demüthigkeit; beklaget und bekennet, ihr habet dieses Elend und euer Gefängniß mit euren eigenen Sünden verdienet: das thut vor dem Gnadenstuhl Gottes, und vor dem Thron seiner Barmherzigkeit, der da ist Jesus Christus, der Bischof unserer Seelen: bittet und begehret, daß er seinen Geist sende in eure Herzen, der mit euch arbeite; ja vielmehr der in euch wirke das Wollen und das Erfüllen. Denn soll die Sache glücklich angehaben werden, und selig ausgehen, „so ist noth, daß Gottes Kraft mit wirke, welche euch,“ als Petrus bezeugt 1. Epist. 4, 11., „Gott allein darreichen mag.“

Wenn ihr aber also gebeten habet, sollt ihr nicht zweifeln, daß der, den ihr gebeten habet, treu sei, und wie er gesaget hat, halten werde, also, daß er euch geben werde, was ihr begehret habt, „werde aufthun euch Anklopfenden, werde sich finden lassen von denen, die ihn suchen,“ Matth. 7, 7., Jer. 29, 13. 14.; damit ihr in der Sache gewiß werdet, daß ihr sie nicht selber treibet; sondern vielmehr selbst getrieben werdet in dieser Sache. So ihr denn zu euch erfordert habt, und zu euch freiwillig kommen sind alle die, welcher Herzen Gott berühret hat, daß sie einmüthig und eines Sinnes sind mit euch, alsdenn so fahret fort in dem Namen des Herrn: erwählet, wen und welche ihr wollt, die ihr dazu würdig und tüchtig erkennen werdet. Darnach, die die Vornehmsten sind unter euch, legen ihnen die Hände auf, und bestätigen sie also dazu, und befehlen sie dem Volk, der Kirchen oder Gemeinde; und durch das Einige sollen sie eure Bischöfe und Hirten sein, Amen. Wie aber die sollen sein, die man wählen will, lehret genugsamlich Paulus, Tit. 1, 5 ff. und 1 Tim. 3, 2 ff.

Diese Form oder Weise zum Erwählen achte ich nicht vonnöthen sein, daß sie von Stund an gehalten werde in gemeinem Landtage des Landes Böhmen; sondern es mag eine jegliche Stadt für sich selbst Erwählung halten, darnach eine Stadt von der andern ein Ebenbild nehmen. Aber im Landtage mag man darüber rathschlagen, ob diese Form dem ganzen Lande anzunehmen sei oder nicht; oder ob ein Theil sie annehmen wolle, oder aufschieben auf eine andere Zeit; oder ob man sie gar unterwegen lassen wolle. Denn man soll niemand zum Glauben zwingen; sondern man soll dem Heiligen Geist Raum und Ehre lassen, daß er wirkt, wo es ihn gelüstet. Es ist auch nicht zu hoffen, daß, voraus also bald, diese Weise jedermann gefallen weide. Es soll euch auch nicht bekümmern, ob ihr schon in dieser Sache nicht alle eines Sinns werdet sein. Ja, eben dasselbige soll euch desto mehr bewegen dazu, so ihrer viel sind, die nicht dazu verwilligen. Es ist genug am Ersten, daß solch Exempel Wenig ansahen; und darnach dieselbigen, so sie also im Brauch stehen, mit der Zeit eine ganze Menge zu sich bringen durch ihr Ebenbild. Wo es aber durch Mitwirkung Gottes von Statten ging, daß viel Städte also auf die Weise Bischöfe erwähleten, so möchten darnach die Bischöfe unter ihnen selbst, wollten sie ja mit einander übereinkommen, einen oder mehr aus ihnen zu erwählen, die die Obersten unter ihnen wären, das ist, die ihnen dieneten und sie besuchten; wie Petrus auch die Kirchen besuchte, als wir im Buche der Apostel-Geschichte lesen: so lang bis hintennach ganz Böhmerland wiederkomme zu ihrem rechten und evangelischen Erzbisthum: nicht welches viele Rente und Gülte, Land oder Leute unter ihm hätte; sondern das reich wäre in vielen Aemtern und Besuchungen der Kirchen.

So ihr aber je dazu noch gar zu schwach waret, daß ihr diese freie und apostolische Weise, Priester einzusetzen, nicht angreifen dürftet; wohlan, so wollen wir noch eine Weil eure Schwachheit dulden, und zugeben, daß ihr die, so von den Papisten geweihet sind, annehmen möget; als da ist euer Gallus24) und seines gleichen. Welcher ihr auch gebrauchen sollt an Statt der papistischen Bischöfe; also, daß sie erfordern und erwählen mögen, und bestätigen die, die sie erkennen dazu tauglich sein, auch die ihr erleiden möget, nach Ausweisung des Obgemeldten, und nach der Lehre Pauli. Denn bei dem heil. Paulo der für einen Bischof gezählet wird, dem das Wort befohlen ist; wie denn ist euer Gallus, wiewohl er keine Insel25) oder Stab trägt, auch nicht hoch hereinprangt in andrer Ueppigkeit der Bischöfe; welche nichts Anderes sind, denn damit man allein dem Volk das Maul aufsperret. Und das geben wir euch zu, bis ihr wachst und stärker werdet, und wohl verstehen wöget, was die Gewalt des Worts ist. Fürwahr, auf eine andere Weife kann euch jetzt nicht gerathen werden, dieweil es je die Gestalt hat, daß ihr ohne Sünde und ohne Unglauben, darnach ohne große Gefährlichkeit den Verderbniß der Seelen, die papistische Weihe, auch die, so damit geweihet werden, mit nichten empfahen und annehmen könnt.

Wenn aber euch ein solcher Zweifel ängsten und irren wollte, daß ihr gedächtet, ihr wäret nicht eine Kirchen oder Volk Gottes; dazu sei meine Antwort: Die Kirche kann man an auswendigen Sitten nicht erkennen; man erkennet sie allein aus dem Wort Gottes, 1 Cor. 14, 24. 25., da er also sagt: „Der Ungläubige, so er unter die Gemeinde hinein ginge, und sähe, daß sie weissageten, würde er fallen auf sein Angesicht, und bekennen, daß Gott wahrhaftig in euch wohnet.“ Das ist aber bei euch gewiß, daß bei euch in Vielen sei das Wort Gottes und die Erkenntniß Christi. Es sei aber wo es wolle, da das Wort Gottes ist, sammt der Erkenntniß Christi, da lauft es nicht leer, wie schwach sie immer gesehen werden in auswendigen Sitten, die es also haben. Denn die Kirche, ob sie schon schwach in Sünden ist, so ist sie doch nicht unchristlich, sondern christlich, in dem Wort: sie sündiget wohl; aber sie bekennet und weiß das Wort, und leugnets nicht. Darum soll man dieselbigen, die also das Wort loben und bekennen, nicht verstoßen, wiewohl sie nicht scheinen oder gleißen mit wunderbarer Heiligkeit, so sie nur nicht offenbar in Lastern ein verstockt Leben führen. Derhalben ihr nicht zweifeln sollt, ob bei euch die Kirche sei, so schon nur zehen oder sechs wären, die also das Wort hätten. Denn Alles, was dieselben thäten in dieser Sache, auch durch Mitverwilligung der Andern, so noch nicht haben das Wort; noch sollte man gewißlich dafür halten, Christus hätte es gethan, wo sie nur die Sache in Demüthigkeit und mit Gebet, wie wir gesagt haben, handeln würden.

Zuletzt aber, als ich selbst besorge, daß werde sein die größeste Irrung und Hinderniß, damit dieser Rathschlag nicht vor sich gehe, das Kreuz, das dieser Sache gewißlich nachfolgen wird, wie einer jeglichen andern Sache, die aus Gott ist; denn der Satan nimmer schläft, auch wohl verstehet, was unsere Meinung ist, und was wir suchen hiemit. Darum wird er nicht faul oder säumig sein, er wird sich tapfer dawider setzen. Er ist der Fürst dieser Welt, und stehet unsere Gedanken; so erkennen wir seine Gedanken auch wohl. Ich rede aber von dem Kreuz, daß diese Gewalt dieser Welt, und die Fürsten der Heiden mit ihrem Gebot, euch solche Dinge anzufahen, nicht gestatten werden, sondern ehe verbieten, denn ihr sie anzufahen recht in Sinn nehmet. Denn da wird sich finden das Geschäft deß, der auch ein Gott, nicht allein ein Fürst dieser Welt, in den Herzen der Ungläubigen erfunden wird; also, daß fürwahr gar nicht Hoffnung vorhanden ist, daß es von euch geschehen möge mit Fried und mit Stille von außen, sondern mit höchstem Ungestüm und Widerwärtigkeit, daß ihr schier gedenken möchtet, das Schifflein, mit so viel Wellen bedeckt, müßte versinken und untergehen.

Was soll ich euch aber hie Anders vorsagen, denn den einigen Spruch Petri Apostg. 5, 29.: „Man muß Gott mehr gehorchen, denn den Menschen“: Denn weil ihr wisset, daß ihr eine heilige Sache unter Händen habt, und die Gott gefallet, als sie denn in der Wahrheit ist; so müsset ihr euch fest auf den Felsen steuren, und muthiglich verachten Wellen und Wind, die wider euch aufstehen und euch erschrecken wollen. Lasset her brausen alle Platzregen; und gedenket nur nichts wenigers, denn daß die Friede, Ruhe, Gunst oder Ehre sollten haben, die da vornehmen und thun wollen, was Gott gefället; sondern eben darum Christus dies Feuer in die Welt sendet, und den grausamen Behemoth erweckt; nicht darum, daß ers also greulich meine, wie Hiob sagt, sondern daß er uns also unterweisen und züchtigen will, damit wir verstehen, daß es nicht aus unsern Kräften kommt, die denn viel zu schwach sind; sondern aus der Stärke Gottes: damit wir uns nicht berühmen, oder sonst in Vermessenheit fallen wider die Gnade Gottes; sondern daß wir an uns gar mit einander verzweifeln, schweigen still, und als die Schrift oft vorbildet, ihn lassen streiten für uns, daß er durch unsere Schwachheit alle Gewalt und Macht überwinde: desgleichen in unserm Stillschweigen niederlege die Ungestüm und Wellen des ganzen Meers, als geschrieben stehet Jes. 30, 15.: „Im Schweigen und Hoffen wird eure Stärke sein.“ Und wiederum: „Ich habe ihm einen starken Streit gegeben, daß er überwinden soll.“

Ja, es soll euch allermeist fortzufahren bewegen, so ihr sehet, daß euch die Gewaltigen und Fürsten Widerstand thun; und soll euch stärken als ein gewisses Anzeichen, daß es aus Gott ist, was ihr angefangen habt, und daß Gott mit euch ist, welches Wort ihr habt. Denn so „dieser Rathschlag von dieser Welt wäre, so würde die Welt nicht allein zugeben, sondern auch lieben das Ihre. Nun aber, dieweil es nicht von der Welt ist, sondern Gott hat ihn gelegt in unser Herz durch sein Wort, darum so wird ihn die Welt nicht allein nicht zugeben, sondern auch hassen und verfolgen dazu“, Joh. 15, 19. „Aber seid getrost, er hat die Welt überwunden“, Joh. 16, 15., „und der in uns ist, ist mächtiger, denn der in der Welt ist“, 1. Joh. 4, 4. Ja, so es sich schon ansehen ließe, als wollte es vor Ungestüm und Zwietracht lauter zu Trümmern gehen, also daß auch die Ungläubigen fürchteten, es würde der Himmel fallen; liegt Nichts daran: denn unser Fels erbleichet nicht vor Blitz und Donnerschlägen, fürchtet sich auch nicht, wenn schon der Himmel trübe und gewölket ist, erschrickt auch nicht, wie sehr die Winde stoßen, und die Ungewitter brausen; sondern hat ein frei, sicher Gewissen gegen ihnen, und wartet gewiß auf ein schön lieblich Wetter.

Darum, o Juda und Jerusalem, fürchtet euch nicht, sondern bleibt beständig. Ihr werdet erfahren -die Hülfe Gottes über euch. Gehet nur frisch hinaus an dieses Werk. Gott wird selbst bei euch sein. Denn es je kein Neues ist, daß der Fürst dieser Welt also rase und tobe, dieweil es ihm an sein Königreich gehet. Was sollte er doch Anders dazu thun? Er wollte lieber seinen Hof im Frieden besitzen. Nun so er stehet, daß es nicht sein mag, versucht er seine allerletzte Rettung, das ist rasen und herwieder stürmen gewaltiglich. „Darum gehet er um und um, wie ein brüllender Löw, sucht wen er verschlingen möge“, 1 Petr. 5, 8. Dieweil uns Gott nun selber warnet vor ihm, daß er ein solcher zu erkennen ist; warum wollten wir gedenken, daß er anders würde gesinnet sein? Warum wollten wir ihm nicht im starken Glauben Widerstand thun? Derhalben seid beständig und fahret fort, liebe fromme Herren, wappnet euch mit dem Wort Gottes, das ist, mit dem unüberwindlichen und allmächtigen Schwert des Geistes, Eph. 6, 17. Es muß je der zweier Eins sein; entweder daß man es durch starken Glauben tapferlich angreife, oder gar unterwegen lasse. „Wir werden nicht zu fechten haben wider Fleisch und Blut, sondern wider die Geister der Bosheit unter dem Himmel“, Eph. 6, 12.

Dies sei nun gesagt nach meiner Einfalt, dieweil es je die Noth erfordert hat, von der Weise, wie man Diener der Kirchen einsetzen soll. Und ist mir genug, so ich also in diesem Fall denen, die dazu baß tüchtig und gelehrter sind, denn ich, auch davon zu denken und zu reden Ursache gebe. Denn wir nicht alle sind zu allen Sachen geschickt, und es sind die Aemter in der Gabe und Austheilung mannigfaltig; doch ist ein Herr Aller, der nicht in Einem allein, sondern in Allen wirket, nicht wie wir wollen, sondern wie er will, alle Dinge. Wie man aber die Messe26) bessern soll, und den Gottesdienst, sammt andern Aemtern des Kirchendiensts wieder aufrichten, das werden zu seiner Zeit Andere, oder ich selbst sagen. Wiewohl, so der Diener der Kirchen nach dem Evangelio ist eingesetzt, so mag er in dieser Sache, wie ihn lehret die göttliche Salbe27), selber wohl regieren. Jetzt ist genug, daß wir von erst mit Gebet und unsrer Andacht von Gott erlangen, daß wir rechte Diener überkommen, daß wir dieselbigen zu sehen und uns dadurch zu erfreuen würdiglich erlangen mögen, Amen.

1)
d. i. getrost.
2)
d. i. der Pabst.
3)
die Papisten lehren, wenn ein Mensch von ihnen zum Priester geweihet sei, so sei mit ihm eine wesentliche Veränderung vorgegangen und er bleibe nun ewig ein Priester, der opfern könne, wie der ein Mensch bleibt, der einmal zu einem Menschen geboren ist. Sie sagen daher, durch die Weihe bekomme ein Mensch einen unaustilgbaren Charakter.
4)
unbenutzt, brach liegen lassen
5)
d. i. jemals.
6)
einen Rechtsanspruch aus Einkünfte durch eine Stiftung.
7)
er gibt sie dahin.
8)
dem Scheinkönige, dem Pabst.
9)
Huß wurde 1415 und Hieronymus 1416 um der evangelischen Wahrheit willen durch die Papisten verbrannt.
10)
Sowohl über Georg von Podiebrad, seit 1458 König von Böhmen, als auch den Herzog Karl von Münsterberg, verhängte der Pabst den Bann deswegen, weil sie das heil. Abendmahl unter beider Gestalt nahmen.
11)
gebt ihm Ehrenrettung.
12)
Kahlscheerung, Tonsur.
13)
Nero war der grausame römische Kaiser zur Zeit der Apostel. Sardanapal war ein unzüchtiger assyrischer König zu Ninive, der viele Jahr vor Christo lebte.
14)
Die Papisten behaupten, Gott habe dem Menschen Manches zwar angerathen, aber freigestellt, das nennen sie denn die evangelischen Räthe, dahin die drei Mönchsgelübde gehören sollen, unbedingter Gehorsam, gänzliche Armuth und lebenslängliche Keuschheit oder Ehelosigkeit.
15)
d. i. in ihrer angeblichen Vertiefung in himmlische Betrachtungen.
16)
Die Papisten lehren, daß derjenige, welcher zum Bischof gemacht wird, nicht eine besondere Weihe, oder einen unauslöschlichen Charakter bekomme, wie der, welcher zum Priester gemacht wird.
17)
d. i. brennet.
18)
d. i. ihre Plauderei.
19)
d. i. vermachte jährliche Einkünfte, Zinsen rc.
20)
Trödel
21)
Luther will sagen: daß die Prediger das öffentlich und nach der Ordnung ihres Amtes thun, was alle Laien privatim und im Fall der Noth thun, das beweist nicht, daß die Priester anders besondere Priester sind, als die gemeinen Christen.
22)
d. i. Block, Klotz
23)
verlieren
24)
Dieser Gallus war bereits vom Pabst zum Verwalter des dortigen Bisthums gemacht worden.
25)
Bischofshut
26)
Luther meint hier mit der Messe die zur Handlung des heiligen Abendmahls vorgeschriebene Liturgie.
27)
Luther meint hier die Salbung des Heiligen Geistes, von welcher Johannes im 1. Briefe Cap. 2, V. 27. redet.
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