Krummacher, Friedrich Wilhelm - Salomo und Sulamith - Salomos Lager.

Krummacher, Friedrich Wilhelm - Salomo und Sulamith - Salomos Lager.

Vierzehnte Predigt

Hohelied Salomons 3, 7. 8.
Siehe, um das Bette Salomo her stehen sechszig Starke aus den Starken in Israel. Sie halten alle Schwerter, und sind geschickt zu streiten. Ein jeglicher hat sein Schwert an seiner Hüfte, um der Furcht willen in der Nacht.

Ein merkwürdiges Wort; räthselhaft, aber nicht weniger gedankenvoll und tief. Es dürfte schwer sein, es ganz und erschöpfend zu entziffern; doch geht der Ahnung Manches auf, und was sich ihr enthüllt, ist köstlich. Wir richten den betrachtenden Blick auf

  1. Den König Salomo,
  2. Sein Lager, und
  3. Dessen Umgebung.

I.

„Siehe“, beginnt der Text. Ein wichtiges Wörtlein. Will sagen: „Thue die Augen auf; es gibt hier was zu schauen.“ Wer aber spricht das „Siehe“? Darauf kommt Alles an. Daß ich es rufe oder du, davon sieht noch Keiner. Bei geistlichen Gesichten muß ein Anderer das „Siehe!“ sprechen, und zwar Der, von dem es heißt: „So Er spricht, so geschieht's“; der, dessen Aufforderungen Geheiße der Allmacht sind, und der mit dem „Siehe!“ zugleich das sehende Auge pflanzt, oder das gepflanzte öffnet, richtet, schärft und seiner Schleier entkleidet. Er selbst muß es sagen, wie Er's an unserm Orte zur Sulamith auch thut; Er persönlich, Er mit dem frischen Odem des Lebens; dann hat's Erfolg: man siehet. Ja, ins Wesen der Dinge dringt dann der innere Blick. Man sieht, und hat die erschaute Sache. Man lebt darin. O auch durch unsere Mitte erklinge wunderthätig sein: „Siehe! Siehe!“

„Siehe!“ Was ist zu sehen? - Zuförderst eine erhabene Person. Salomo, der urbildliche, der wahre. In dem Könige Israels jenes Namens wandelte sein Schattenriß über die Bühne der Geschichte; hier ist seine leibhaftige Erscheinung. Ja, Salomo, Gottes Jedidja in erhabnerem Sinne, als es sein Vorbild war; König des Israels Gottes, des Volks, um blutiges Lösegeld erkauft; gekrönt mit einer Krone, in der als schönste Perle die Dankthränen geretteter Sünder schimmern. Salomo und David in einer Person zugleich; als Salomo im Genuß der Siege, die er als David heiß errungen; als Salomo im Besitz des Freudenreichs, zu dem er als David die blutigen Gründe legte; als Salomo auf dem Thron der Herrlichkeit, um den er als David mit tausend Feinden kriegte; als Salomo die Segnungen verbreitend über sein Volk, deren Quellen als David in schwülen Tagen er gegraben.

Baute der König Israels dem Herrn das Haus von Stein, so baute dieser, im Steinbruch der Menschheit brechend, den lebendigen Tempel, dessen Grund Er selber ist. Sprach zu jenem der Herr: „Begehre, was ich dir gewähren soll!“ so hieß es zu diesem: „Heische von mir, so will ich dir die Völker zum Erbe geben!“ Schloß jener, obwohl Abrahamide, eine Ehe mit einer Heidin, so spiegelt sich darin nur die Verlobung unseres Salomo's mit den armen Sündern. Zog jener durch seine Weisheit wie durch seine Pracht die Bewunderung einer Welt auf sich; wie vielmehr mag zu diesem die Königin von Saba sprechen: „O selig, selig die Leute, die allezeit vor dir stehen!“

Salomo; ja, das Recht, womit unser Jesus diesen Namen trägt, ist eben so wohl begründet, als die Bedeutung reich und tief, in der Ihm dieser Name zukommt. Salomo heißt Fürst des Friedens, und welche Friedensschlüsse, die wir unserm Herrn verdanken! Er hat Frieden gemacht im Himmel, ja, daß wir menschlich reden, im Wesen Gottes selbst. Die ewige Gerechtigkeit und Gnade mogten sich nicht einen; da schlang Er das Band einer blutigen Versöhnung um sie, und der Streit hatte ein Ende, und Gnade und Gerechtigkeit umarmten und küsseten sich im Acte der Sünderbeseligung. Er befreundete die heiligen Engel den Kindern Adams wieder, und das in einem Grade der Gründlichkeit und Wahrheit, daß es jenen seitdem zur Lust gereicht, diese dienend zu umgebend, ja auf den Händen sie zu tragen. Frieden und Harmonie brachte Er zurück, wie durch Wegnahme der Sünde, in das Verhältnis Gottes zu den Menschen, so durch Darreichung des Geistes der Kindeszuversicht und Liebe, in das der Menschen zu Gott, von dem sie sich so weit entfremdet hatten. Zur seligsten Friedensgemeinschaft verknüpfte er die Brüder mit den Brüdern. Das Ungethüm der Selbstsucht ward in ihnen vom Thron gestürzt, und sie in eine Anschauungsweise entrückt, in der sie einander nach dem Fleische nicht mehr kennen. Ja, durch Ihn bin ich jetzt in Frieden mit mir selbst. Ich verklage mich nicht mehr; ich gefalle mir in Ihm. Ich verdamme mich nicht mehr; in Ihm bin ich mit mir zufrieden. Ich bin im Frieden durch Ihn mit meinem Leben, das hinfort in keinen andern Beeten strömt, als welche sein Erbarmen ihm gegraben, und das nur, was mir zum Heil gereicht, mir bringen kann. Wie dürfte ich denn noch um eines Dinges willen mit ihm hadern wollen! In Frieden bin ich in Ihm mit Mose, der mir in Christo so wenig mehr mißfällt, als ich in meinem Bürgen ihm mißfalle. Ja, mit dem Tode selbst durch Ihn in Frieden. Aus einem Feinde wird er mein Freund; aus einem Würgeengel ein Engel der Erlösung. Seht, seht, welche Friedensbegründungen! Jesus selbst ist unser Friede. Mit wie vielem Rechte heißt Er Salomo!

Und wie Er uns zu seinem Frieden führt, das wißt ihr. Er vergällt uns den falschen Frieden dieser Welt. Er scheucht uns aus allen Ruhelagern auf, die wir uns außer Ihm bereiten; schneidet uns alle creatürlichen Friedensstützen ab, und läßt jede menschliche Beschwichtigungsquelle unter unserer Hand vertrocknen. Jakobs Weg wird der unsre, und wird es immer aufs neue. Die Sonne neigt sich, unheimliche Nacht senkt ihren Flügel; unwirthbare Oede breitet sich um uns aus; Gebrüll der wilden Thiere schreckt aus der Ferne. Eine Herberge zum Uebernachten ist nirgends zu erschauen, und als einziges Lager bietet nur ein Stein sich dar, der Eckstein Jesus Christus. Die Roth bettet uns darauf, und - wir sehen den Himmel offen.

II.

Genug von Salomo selbst. Wir treten an sein Bette. „Siehe, um das Bette Salomo her“ - beginnt der Text. Was ist nun unter diesem Bette zu verstehen? Laßt uns forschen. Den Vermuthungen ist hier wenigstens ein weiter Raum gegeben. „Das Bette Salomo,“ höre ich sagen, „ist des Vaters Schooß.“ Des Vaters Schooß? Das läßt sich hören. „Der Sohn, der in des Vaters Schooß ist,“ nannte sich Jesus. Freilich, dieser Schooß war von Ewigkeit her sein Lager. Hier ruhete Er im Vollgenuß der väterlichen Liebe, dieser Jedidja Gottes, dieses andere Ich des Allerhöchsten, dies sein lebendiges, wesenhaftes Spiegelbild, und darum der Gegenstand seines ganzen Wohlgefallens. Die Wächter um jenes erhabene Bette wären dann die tausendmal Tausend, die starken Helden, die anbetend von ferne stehen, und ihre Angesichter mit Flügeln bedecken. Doch nein! der Salomospfühl in unserem Verse ist was Anderes; – aber was doch? „Vielleicht der Tempel!“ sprecht ihr. Der Tempel? Wie das denn? „Nun, war es nicht an dieser Stätte, wo Jehovah vorzugsweise wohnte? Ließ Er sich hier nicht über der Bundeslade in Gnaden herab? Erfüllte hier nicht so oft „die Herrlichkeit des Herrn das Haus?“ Ja, sprach Er nicht selber von diesem Orte: Hier will Ich zelten; hier ist meine Ruhe ewiglich?“ Dem ist so; aber „die Starken umher?“ Wer waren die? Und was bedurfte dieses Lager, wenn wir den Tempel so heißen wollen, einer Schirmwacht? Nein, auch der Tempel ist das Bett nicht. „So ist's denn etwa die Schrift, das Wort?“ Dieser Gedanke hat schon ein Mehreres für sich. Allerdings, im Worte ruht unser Salomo, wie in einem Lager. Die Weissagungen und Vorbilder schließen Ihn ein; wer das Auge dafür hat, entdeckt Ihn wie in zarter Verhüllung von Seite zu Seite. Es ist wahr, daß nur der die Schrift recht lies't, auch die des Alten Testamentes, der sie liefet, als wäre sie durchweg mit Christi Blut geschrieben. Und daß um dieses Lager Starke Wacht gehalten, wer kanns verkennen? Eine Welt lag wider das Wort zu Felde; es hat die Welt überwunden. Die ganze Hölle tobte dagegen an; das Wort blieb stehen, und steht bis diese Stunde ungefährdet. Wer will ihm was? Richtet ihr nur das Wort; am Ende richtet's doch euch Alle! Wie wahr indeß das Alles ist, das Wort ist nicht das Bette. „So ist es denn das Kreuz? - Das Kreuz? - Nun ja, auch das mag Salomos Lager heißen. Es ist ein Paradebette, wie wenig es den Schein hat. Der Mann darauf, mag er in seinem Blute schwimmen, Er ist ein König. Seht dieses bleiche auf die Brust gesenkte Antlitz! Welche Majestät in allen Zügen! Welche Gottesruh! Hört den Sterbensruf: „Es ist vollbracht!“ Ruf des Triumphs ist es -über Sünde, Welt, Tod und Teufel. Schall der Siegsposaune. „Das Kreuz ist das Lager!“ Man mögte es denken; und doch ist es das Lager nicht, das unser Text meint. Was meint denn der Text? Den Himmel etwa? Der Himmel ist , allerdings sein Stuhl. Nachdem Er sein Lösungswerk vollendet, „sitzet“ Er hinfort zur Rechten des Majestät, seiner Siege genießend. „Er hat sich gelagert, wie ein Löwe; wer will sich wider Ihn auflehnen?“ In stolzer Ruhe führt Er sei königliches Regiment, und wartet, bis Ihm alle seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt werden. Aber nein; auch der Himmel ist das Bett nicht, dessen an unserm Orte gedacht wird. Was ist es denn?

Das Bette Salomo ist unbestritten die wahre Gemeine.

Ja, die Gemeine sein Lager, sie die Stätte, wo Er ewiglich wohnen und weilen will. Hier hat Er sein Wesen fort und fort; hier ist Er allaugenblicklich mit seinem Geist und seiner Gnade gegenwärtig. In der Gemeine kam sein Herz zur Rast. Es dürstete Ihn nach der Seligkeit der Sünder; hier ward sein Durst gestillt; hier ging sein sehnlichstes Begehren froh vor Anker. In der Gemeine ruht Er gleichsam nach seiner blutigen Arbeit aus; in ihr genießt Er den Lohn seiner Mühe und Schmerzen. Er ruht in ihr mit stiller Siegeswonne; mit seiner Liebe ruhet Er in ihr: denn es strahlt Ihm ja sein eigen Bild aus ihr entgegen. Er lebt da durch den Glauben in den Herzen, und gewann Gestalt darinnen. Sie in Ihm und Er in ihnen. Er ist da der Hüter Israel, der nicht schläft noch schlummert, der überraschende, der zusprechende Freund, der Helfer und Tröster in allen Nöthen; und wird auch mitunter dort sein Antlitz nicht gesehen, so doch seine Hand, oder sein Fuß: gegenwärtig ist er immer. „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ Zion, ja, du hast die Ehre, deines Salomo's Bette zu sein. Freilich ein armer Pfühl. Nur wie ein Lager zur Noth erscheinst du; aber es kommt die Zeit, da bist du sein Paradelager und sein Thron. Wenn dein Licht aufgehen wird wie ein Glanz, und deine Herrlichkeit entbrennt, wie eine Fackel; wenn sein Leben in dir der letzten Hüllen sich entkleidet, und nun in ungetrübter Klarheit zu Tage tritt; ja dann wird er herrlich erscheinen in feinen Gläubigen, und wunderbarlich in seinen Heiligen. Dann, Jerusalem, bist du auch in der Erscheinung Jehova's Stuhl, und alle Völker werden dich nennen die Stadt des Herrn, und das Zion des Heiligen in Israel.

III.

In welcher Umgebung stellt das Bette Salomo sich uns nun dar? Die Beschreibung unsres Textes zeigt's uns zunächst in nächtiger Umschattung; und freilich, gegen den Morgen gehalten, dem die Gemeine entgegengeht, ist die Zeit ihrer Erdenwallfahrt eine Nacht; und daß sie es ist, o wir empfinden das tausendfältig. Entfesselt die Nacht das lichtscheue Geschlecht der wilden Thiere, so umschleicht uns, so lange wir durch diese Wüste pilgern, der brüllende Löwe. Umschwärmt von den bösen Geistern unter'm Himmel ziehen wir dahin, und bedenkliche Ueberfälle und Versuchungen bedrohen uns von allen Seiten. Die Sonne ist tief hinter den Wolken. Wir schauen das Angesicht unseres Lebensfürsten nicht. Nur Sternenschimmer beleuchtet milde unsern Weg. Wir wandern im sanften Glänzen seines Worts und seiner Verheißungen. Wir sehen darum auch die göttlichen Dinge wie im Zwielicht nur. Das Geheimniß unserer Erlösung, unsre Vollendung in Christo, die Herrlichkeit unsres Kinderstandes, der Glanz unsrer Zukunft jenseits: dieses Alles malt sich freilich im Spiegel unsres Glaubensauges; aber in hingehauchten Umrissen nur, in dämmernden Bildern, und wie durch zart gewobene Schleier. Doch mag's uns gut sein, daß wir's nicht in schärferer Beleuchtung schauen; es mögte das schwache irdene Gefäß unsrer Leiblichkeit die Empfindungen seliger Verwunderung sonst nicht tragen können. Es ist Nacht. Eine nächtliche, kühle Atmosphäre, in der wir athmen; tausende von dämpfenden und kältenden Einflüssen, mit denen unser Herz zu kämpfen hat. Nächtliche Schrecken jagen uns auf, und machen uns das Blut erstarren. Wir gleichen einem Menschen, der im Dunkeln durch einen Wald geht, und bald hier was Unheimliches zu erschauen meint, bald da; doch mehrentheils nur vor leeren Schatten zittert, und vor nichtigen Phantomen, den Gestalten seiner eigenen Einbildung, zusammenfährt. Doch ist es freilich auch die Nacht, in der die Räuber ihre Schlupfwinkel verlassen, die Mörder ihre finstern Wege gehn; die den Abgründen ihre Opfer zuführt, und die Steine im Wege zu gefahrdrohenden Klippen macht. Auch nach diesen Seiten darf die Nacht zu einem Bilde für die Zeit unsres Erdenwallens dienen. Ja, Gefahr um und um; Anstöße wohin wir treten; Abgrund neben Abgrund; und doch ist für Gottes Volk kein Grund zur Sorge. „Siehe, um das Bette Salomo her stehen 60 Starke aus den Starken in Israel. Sie halten alle Schwerter, und sind geschickt zu streiten. Ein jeglicher hat sein Schwert an seiner Hüfte, um der Furcht willen in der Nacht.“ Vortreffliche Lage der Gemeine! Erwünschte Bedeckung! „Sechszig Starke.“ Eine runde Zahl; eine bestimmte für eine unbestimmte. Es ist der Starken ein ganzes Heer; und Starke „in Israel“ sind es, das ist: solche, die in Israel nur ihre schirmende Macht beweisen. Alles, was Israel deckt, beschützt, umwallt, ist unter den Starken verstanden. Zuerst sind es die Verdienste des großen Mittlers, die gleich heiligen Bergen das Volk des Herrn umgeben. Ein mächtiger Schutzwall, undurchdringlich, unerstürmbar, hinter dem von Allem, was Fluch, Zorn, Gericht und Strafe heißt, nichts zu fürchten ist. Der Gehorsam des göttlichen Bürgen ist unser. Welch eine Bedeckung! Wir haben in Ihm, was wir mit unsern Sünden verdient, vollaus erduldet: so kann selbst aus unsern Gebrechen uns keine Gefahr mehr erwachsen. Der Gott, ohne den keine Creatur sich regen noch bewegen kann, darf, kann und wird nichts Schädliches an uns kommen lassen, weil uns in den Verdiensten unsers Vertreters nur Gutes zukommt. Er muß allem Unheilbringenden allmächtig wehren, daß es uns berühre; seine Gerechtigkeit gebeut es Ihm, nach deren unwiderruflichem Urtheil es Entsündigten und Gerechten gebührt, wie seine Augäpfel gehalten und behütet zu werden. Eine andere Gewähr für seine ewige Sicherheit sieht das Volk des Herrn in den Tausenden von göttlichen Verheißungen, die, einem Kranze hoher und fester Schlösser ähnlich, das Lager Israels umschließen. Könnte je das Unmögliche möglich werden, daß in gewissen Fällen geistlicher Rückgängigkeit selbst die Verdienste Christi uns nicht mehr zu schirmen vermögten, so stellten uns doch jene Zusagen außer aller Gefahr, in denen Gott sich zu unserer ewigen Benedeyung und Bewahrung dergestalt verbunden hat, daß Er, verließe und verleugnete er uns in irgend einem Falle, Sich selbst verleugnen und verlassen würde. In Gottes Auftrag bilden um das auserwählte Volk herum einen dritten Schutz- und Trutzcordon die heiligen Engel; sie, die zum Dienst um derer willen Ausgesandten, die die Seligkeit ererben sollen; sie, die göttlich dazu Bestellten , daß sie uns auf den Händen tragen, damit unser Fuß nicht an einen Stein stoße. Zu hoher Freude gereicht ihnen der Beruf, denjenigen Handreichung zu thun, die ihr großer König seine Brüder nennt; beflügelten Fußes folgen sie den segnenden Winken, die ihnen stündlich von ihrem hochherrlichen Gebieter zu unsern Gunsten gegeben werden. Keinen Moment lassen uns diese eben so mächtigen, als hochseligen Wesen ohne ihr vorkämpfendes und bedeckendes Geleit, und stürzte unser Weg in Löwengruben sich hinab und Feueröfen: sie gehen mit uns. Und wollt ihr von einer vierten Umschanzung hören? Es ist die mächtigste, die erhabenste von allen. In majestätischem Kreise zieht sie sich wie ein unübersteiglicher Felswall, wie eine feurige Mauer um sie her. Es bilden sie die sämmtlichen Vollkommenheiten Gottes! seine Liebe, Gnade, Freundlichkeit und Erbarmung, wie seine Gerechtigkeit, Weisheit, Allmacht und Treue. Wie ein riesiger Phalanx halten sie uns umringt; alle in Huld uns zugeneigt, alle zu unserm Wohl verbündet; alle, ich möchte sagen solidarisch einstehend für unser Heil, und Sorge tragend, daß nichts als Heilsames uns widerfahre. Und das sind in Wahrheit Starke, die „Alle Schwerter halten und geschickt sind zu streiten. Ein jeglicher hat sein Schwert an seiner Hüfte um der Furcht willen in der Nacht!“ Wer will gegen diese Hüter an? Hölle, Welt, Teufel, Tod und Sünde, ihr gewaltigen Mächte, ihr schauerlichen Majestäten, überschlagt die Kosten, ehe ihr zu Felde rückt! Hier seid ihr Stroh vor der Gluth, zerschäumende Meereswogen am Felsgebürg der Küste! -

Seht, Miterlöste, so ruhen wir geborgen. Eine Schirmwacht nach der andern um uns her, Gott selbst unsere Burg und Festung; wie sollte uns noch bangen! Grundloseres gibt es nichts, als eines Gotteskindes Furcht und Sorge; nichts Begründeteres dagegen, als, Israel, dein Friede! Wie spärlich aber wird dieser Friede in Jerusalem genossen, und wie oft geschiehet uns, wie dem Knaben Gehasi zu Dothan. Wie auch wir die feindliche Macht um die Stadt mit Rossen und Wagen lagern sehen, fahren wir zusammen, und ein: „Ach weh, mein Herr, wie wollen wir nun thun?“ ist die erste Empfindung unsers verzagten Herzens. Aber das Wort spricht: „Fürchte dich nicht, denn derer ist mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind.“ Und kommt zum Wort die Kraft des Herrn hinzu, und öffnet uns die Augen, dann senken wir beschämt den Blick zur Erde: denn siehe, auch wir erblicken den Berg um uns herum voll feuriger Rosse und Wagen, uns zu bedecken. - O es thue denn der Herr also an uns, so oft wir's brauchen können; Er schärfe uns den Blick des Glaubens in die unvergleichliche Herrlichkeit unserer Stellung in Christo Jesu, und gebe auch uns als bleibenden Laut die tapfere apostolische Loosung in die Brust: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein!“ Amen.

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