Jans uyt den Briel, Anneken - Das Testament, das Anneken ihrem Sohn Esaia hinterlassen hat

Jans uyt den Briel, Anneken - Das Testament, das Anneken ihrem Sohn Esaia hinterlassen hat

Es wurde am 24. Januar Anno 1539, morgens 9 Uhr übergeben, als sie sich bereitete, für den Namen und das Zeugnis Jesu zu sterben. Damit nahm sie Abschied von ihrem Sohn zu Rotterdam.

Esaia, empfange Dein Testament!

Höre, mein Sohn, die Unterweisung Deiner Mutter! Öffne Deine Ohren, um zu hören die Reden meines Mundes. Sieh. ich gehe heute den Weg der Propheten, Apostel und Märtyrer und trinke den Kelch, den sie alle getrunken haben. Ich gehe den Weg, sage ich, den Christus Jesus, das ewige Wort des Vaters, voll Gnade und Wahrheit, der Hirte der Schafe, der durch sich selbst (und nicht durch einen andern) das Leben ist, gewandelt ist, der auch diesen Kelch trinken mußte, wie er sprach: „Ich muß einen Kelch trinken und mit einer Taufe getauft werden. Wie angst ist mir, bis daß die Stunde vollbracht ist“. Nachdem er es nun vollbracht hat, ruft er seine Schafe, und seine Schafe hören seine Stimme und folgen ihm nach, wohin er geht. Denn dies ist der Weg zum rechten Brunnen.

Diesen Weg sind gegangen die königlichen Priester, die vom Aufgang der Sonne kommen, wie es in der Offenbarung steht, und sind eingegangen in die Zeiten der Ewigkeiten und haben diesen Kelch trinken müssen.

Diesen Weg sind die Toten gegangen, die da unter dem Altar liegen (Offbg. 6,1ff.), die da rufen und sagen: „Herr, allmächtiger Gott, wann willst du rächen das Blut, das da verschüttet ist?“ Und es wurden ihnen leuchtende Kleider gegeben und geantwortet: „Wartet noch ein wenig, bis daß die Zahl eurer Brüder voll ist, die noch um das Zeugnis Jesu getötet werden sollen.“ Diese haben auch den Kelch getrunken und sind bis zum Ende gegangen, um zu feiern den ewigen, heiligen Sabbat des Herrn.

Dies ist der Weg, den die vierundzwanzig Ältesten (Offbg. 4,4) gewandelt sind, die da stehen vor dem Stuhl Gottes und werfen ihre Kronen und Harfen vor den Stuhl des Lammes, fallen auf ihr Angesicht und sprechen: „Herr, dir allein sei Preis, Herrlichkeit, Kraft und Stärke, der du rächen wirst das Blut deiner Knechte und Diener und wirst den Sieg durch dich selbst behalten. Groß ist dein Name, du, der da war, ist und kommen wird allmächtig.“

Diesen Weg sind auch gewandelt die Gezeichneten des Herrn, die das Zeichen Thau auf ihrer Stirn empfangen haben (Heb. 9,4ff.), die da erwählt sind aus allen Geschlechtern der Menschen, die nicht mit Weibern befleckt waren (versteht das!) (Offb. 14,4) und dem Lamm nachfolgen, wohin es geht.

Sieh, alle diese haben den bitteren Kelch trinken müssen. So müssen es auch alle die, die noch fehlen an der Zahl und Erfüllung Zions, der Braut des Lammes, welches das neue Jerusalem ist, das da von oben aus dem Himmel herniederkommt, eine Wohnstatt und ein Thron Gottes, in welchem die Herrlichkeit des großen Königs gesehen werden wird, zur Zeit, wenn man halten und feiern wird das hochzeitliche Laubhüttenfest, in den Tagen der ewigen Ruhe und Freude.

Sieh, diese alle haben nicht hinzukommen können, bevor sie nicht das Urteil und die Strafe an ihrem Fleisch getragen haben. Denn Jesus Christus, die ewige Wahrheit, ist der erste gewesen, wie geschrieben steht: „Das Lamm, das von Anbeginn getötet wurde“ (Offbg. 3,18). So sagt auch Paulus: „Also hat es Gott gefallen, daß alle, die er von Ewigkeit her bestimmt hat, die hat er gerufen, erwählt und gerechtfertigt und hat sie gleichförmig gemacht dem Bilde seines Sohnes“ (Röm. 8,29).

Auch spricht unser gebenedeiter Seligmacher (Matth. 10,24f): „Der Knecht ist nicht besser als sein Herr. Aber es ist ihm genug, daß er seinem Herrn und Meister gleich ist.“ Auch bezeugt Petrus und spricht (1. Petr. 4,17): „Es ist Zeit, daß das Gericht beginnt am Hause Gottes. Wenn es nun aber bei uns beginnt, welches Ende wird es nehmen mit jenen, die an das Evangelium Gottes nicht geglaubt haben? Wenn es schwer hält, daß der Gerechte selig werden wird, wie will dann der Sünder und Gottlose bestehen?“ Auch steht Spr. 11,31: „Wenn dem Gerechten hier auf Erden vergolten wird, wo dann dem Sünder und Gottlosen?“

Sieh, mein Sohn, da hörst Du, daß niemand zum Leben kommt als über diesen Weg. Darum geh ein durch die enge Pforte und nimm die Züchtigung und Unterweisung des Herrn an und beuge Deine Schultern unter sein Joch und trage es gern von Deiner Jugend an als eine große Ehre und danke mit Freuden. Denn er nimmt keinen zum Sohn an, den er nicht züchtigt. Weiter sagt Paulus (Hebr. 12,8): „Wenn ihr die Züchtigung verlaßt, welcher sie alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr Bastarde und keine Kinder“ und sollt ausgeschlossen werden vom Erbteil der Kinder Gottes.

Wenn du also Lust hast und begehrst, einzugehen in die Teile der heiligen Welt und in die Erbteile der Heiligen, so umgürte Deine Lenden und folge ihnen nach! Untersuche die Schrift und sie wird Dir ihre Wege zeigen. Als der Engel zum Propheten sprach, sagte er ihm (4. Esr. 7,7): „Da ist eine Stadt voll kostbarer Güter. Und der Eingang davon ist nur den Fußstapf eines Menschen breit. An der einen Seite steht ein Feuer und an der andern Seite ein großes Wasser. Wie könnt ihr die Stadt zum Erbteil empfangen, wenn ihr nicht erst durch die Enge tretet?“ Sieh, mein Sohn, auf diesem Wege gibt es kein Ausweichen. Da sind keine Umwege oder krumme Pfade. Wer zur rechten und linken Seite fällt, gilt als tot für sein Erbteil. Sieh, dies ist der Weg, der von so wenig Menschen gefunden wird und von noch viel weniger begangen. Denn es gibt manche, die wohl merken, daß dies der Weg zum Leben ist. Aber er ist ihnen zu hart. Es tut ihrem Fleisch weh.

Darum, mein Kind, achte nicht auf die große Menge der Leute und trete nicht auf ihren Weg. Halte Deinen Fuß ab von ihrem Pfad. Denn sie gehen zur Hölle wie Schafe in den Tod. Wie Jesaja erzählt, wenn er sagt (Jes. 5,14): „Die Hölle hat ihren Rachen weit aufgesperrt“; auf daß hinein gehen beide, der Prinz und das gemeine Volk. „Es ist ein unverständiges Volk. Darum wird sein Schöpfer ihm nicht gnädig sein“ (Jes. 27,11). Aber wo Du hörst, daß ein armes, schlichtes, verstoßenes Häuflein ist, das von der Welt verachtet und verworfen wird, da schließe Dich an! Und wo Du vom Kreuz hörst, da ist Christus. Und weiche nicht davon! Fliehe die Schatten dieser Welt. Laß Dich von Gott annehmen. Laß ihn allein Deine Furcht sein; halte seine Gebote; beachte alle seine Worte, daß Du danach tust; schreibe sie auf die Tafeln Deines Herzens; binde sie an die Stirn; rede von seinem Gesetz Tag und Nacht, so wirst Du ein lieblicher Baum sein und ein Sproß im Hofe des Herrn, eine geliebte Pflanze, die in Zion aufwächst. Sage, des Herrn Furcht sei Dein Vater, so wird die Weisheit die Mutter Deiner Einsicht sein. Wenn Du dies weißt, mein Sohn, selig bist Du, wenn Du es tust. Halte, was Dir der Herr gebietet, und heilige Deinen Leib zu seinem Dienst, auf daß sein Name in Dir geheiligt, gepriesen, herrlich und groß gemacht werden kann. Und schäme Dich nicht, ihn vor den Menschen zu bekennen. Fürchte die Menschen nicht. Laß lieber Dein Leben, bevor Du von der Wahrheit weichst. Wenn Du Deinen Leib, der von der Erde gemacht ist, verlierst, der Herr, Dein Gott, hat einen besseren für Dich bereit im Himmel.

Darum, mein Kind, streite für die Gerechtigkeit bis zum Tode. Waffne Dich mit der Waffenrüstung Gottes. Sei ein frommer Israelit. Zertrete alle Ungerechtigkeit, die Welt und was darin ist, und liebe allein das, was oben ist. Gedenke, daß Du nicht von dieser Welt bist, wie Dein Herr und Meister es auch nicht gewesen ist. Sei ein treuer Jünger Christi. Es darf ihn niemand bitten, als nur, wer sein Jünger geworden ist, sonst nicht. Diejenigen, die da sagen: „Wir haben alles verlassen“, die sprechen auch: „Lehre uns bitten.“ Die waren es auch, für die der Herr bat, und nicht für die Welt (Joh. 17,9). Denn wenn die Welt bittet, so rufen sie ihren Vater, den Teufel, an und begehren, daß sein Wille geschieht, was dann auch passiert. Darum, mein Sohn, werde ihnen nicht gleich, sondern nimm Dich in acht und fliehe vor ihnen und habe keine Gemeinschaft mit ihnen. Achte nicht auf das, was vor Augen ist. Suche allein, was droben ist. Ach mein Kind, sei meiner Ermahnung eingedenk und verlasse sie nicht. Der Herr lasse Dich in seiner Furcht aufwachsen und erfülle mit seinem Geiste Deinen Verstand. Heilige Dich dem Herrn, mein Sohn, heilige Deinen ganzen Wandel mit der Furcht Deines Gottes. Durch alles, was Du tust, laß seinen Namen gepriesen werden. Ehre den Herrn durch die Werke Deiner Hände. Laß das Licht des Evangeliums durch Dich leuchten. Liebe Deinen Nächsten. Teile mit ausgeschüttetem, feurigem Herzen den Hungrigen Dein Brot, kleide den Nackten und warte nicht, bis es doppelt so schlimm ist. Denn es gibt immer solche, die Mangel haben. Alles, was der Herr Dir auf Grund des Schweißes Deines Angesichtes schenkt, das teile, sofern es über das hinausgeht, was Du brauchst, denen aus, von denen Du weißt, daß sie den Herrn fürchten. Und behalte es nicht bei Dir bis morgen. Dann wird der Herr die Werke Deiner Hände segnen und Dir seinen Segen zum Erbteil geben. Ach, mein Sohn, laß Dein Leben dem Evangelium gleich sein, und der Gott des Friedens heilige Dich an Seele und Leib zu seinem Preise. Amen.

Ach heiliger Vater, heilige den Sohn deiner Dienstmagd in deiner Wahrheit und bewahre ihn vor dem Bösen, um deines Namens willen, Herr!

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