Ickelsamer, Valentin - Ein götliche leer, ...

Ickelsamer, Valentin - Ein götliche leer, ...

… von jugent auf sich zu erkennen vnd Gottselig zu leben, den kinder auf frage vnd antwort gestellet.

Reden mit einander Margreth vnd Anna.

Margreth. Was bistu?
Anna. Ein vernunfftige creatur Gottes, ein Mensch.
Marg. Wie bistu ein mensch worden vnd ins wesen kommen?
Anna. Gott hat mich erschaffen vnd ein lebendige seel in mein fleisch gegeben, das sie in diesem haus des elends, aufs erdtrich geboren, sich nach Gott jrem schöpffer sehnen vnd jn erkennen solte.
Marg. Wie bistu im fleisch aufs erdrich geboren?
Anna. Arm vnd nackhet in sunden.
Marg. Ha dich Gott in sunden erschaffen?
Anna. Nein zwar.
Marg. Wo kumbt vns denn die sünde so balde here?
Anna. Dahere, das der erste mensch Adam den lust der sünde anname vnd gottes, seines schöpffers, gebot vberfüre, bracht er sich in diesen schaden, darin wir alle von jme geboren sind, durch dise sund des vngehorsams also von Gottis art (nach welcher der mensch zum ersten geschaffen wurdt) verwildet, das all vnser hertz, muth vnd gedancken, zum bösen geneigt, Gott nicht erkennen,
Marg. Ist doch Adams sünd ein frembde schuld, warumb sollen wirs ergelten?
Anna. Adams gethane sünd wirdt dir nicht zugerechnet, Aber dieweil jn die sünd so vergifft vnd verderbet hat, vnd wir seine kinder nach disem fall von jm herekumen, hat er kein lebendige kinder können geperen, dieweil er todt was. So sollen wir vns nu keiner frembden schuld beschwert wissen, sonder wie Dauid im 1. Psalm, vber vnser eigen vntugend klagen, darin wir von vnsern eltern empfangen sind, vnd werden vnsern kindern dise morgengab vnd heyratgut auch mitgeben, hie ists vberall bös mit vns.
Marg. Wie ists denn mit vnser fleischlichen oder leiblichen geburt?
Anna. Sie ist gantz arck vnd bös, vnd müssen von newem geboren werden, wöllen wir Gottis kinder sein, vnd selig werden.
Marg. Ist den kain frumbkeit mehr nach dem fal Ade in vns zu finden?
Anna. Freilich keine, wo man Gott nicht lieben vnd erkennen kan, ist eitel sünd vnd finsternis. Drumb sagt Christus Jo. am iij. zu dem frumen vnd redlichen man Nicodemo, das er mit aller seiner frumkeit vnd weißheit Got nicht erkennen vermöge, er werde denn von newem geboren.
Marg. Wie wird man von newem geboren?
Anna. Aus dem wasser vnd geist.
Marg. Wie gehet das zu?
Anna. Dweil wir so gar von Gottes erkentnis durch die sunde gewand sind, so künnen wir von vns selbs nicht widderkeren vnd vns mit Got versönen, sondern Gott wirckt dise newe geburt nach seinem barmhertzigen willen jn vns, durch den heiligen gaist.
Marg. Was ist denn aus dem wasser geboren werden?
Anna. Wir müssen nach der ersten vergifften geburt gantz getödtet werden, vnd mus in vns vnthergehen all vnser wesen, vermögen, krefften, weißheit, vnd willen, auf das wir new geborne kinder Gottes vnsers vatters willen vnd werck leiden vnd annemen können.
Marg. Ach wir armen kinder, vnsers elends, wie gar blind vnd armselig sindt wir.
Anna. Ya leider, aber es ist der trost noch nicht gar aus. Erken du dein schwacheit vnd förcht dich nicht, Gottes gnad vnd herligkeit wirstu noch sehen.
Marg. Ist aber dennoch got noch mit vns?
Anna. Ya, er ist mit vns, vnd sorgt für vns, vnd will vns dazu das ewig leben geben.
Marg. O wie soln wir denn got dise wolthat vorgelten?
Anna. Wir soln sein grosse lieb gegen vns erkennen, dz er vns mit jm selbs wider versünet hat durch Jesum Christum, seinen Son.
Marg. Wie ist Christus vnser versönung worden?
Anna. Also das er Gottes seines vaters lieb, willen vnd barmhertzigkeit zu dem menschen gehorsam ist gewest, den todt für vns zu leiden, an dem creutz zu bezalen vnsern vngehorsam, vnd den schaden vnserer sünde.
Marg. So kan vns kein feinde mehr vmb vnser sünde anklagen?
Anna. Nein, hie stehet nu Christus, der vertrit vns, vnd niemands kan vns hynreissen, Gottes kinder sind wir wider durch Christum worden.
Marg. Wie soln wir Christum drumb ehren vnd erkennen?
Anna. Er ist drumb ein herr gesetzt vber alles, dz wir alle in seinem namen selig werden, vnd jn ewig preysen sollen, wie vns Paulus leret zun Philippern am andern capitel.
Marg. Das wir denn disen tittel recht verstunden, das wir Christen heissen, vnd den nicht so falsch trügen?
Anna. Ja diser name solt vns stets vnsers herren vnd Hertzogs Christi ermanen, jme gehorsamlich vnd vleissig zu dienen, auf jn vertrawen vnd alles vmb seintwillen thun vnd leiden, drumb sagt Paulus, Gott hat seinen Sone (vmd seins leidens vnd gehorsams willen) einen namen geben, der über alle namen sey, das jn dem namen Jesu sich biegen sollen aller der knie, die im hymel vnd auf erden vnd vnther der erden sein, vnd alle zungen bekennen sollen, das Jesus Christus der Herr sey zum preyß Gottes des vatters.
Marg. Ach, so las vns nu frume vnd liebe kinder Gottes sein.
Anna. Er lest sich zwar vnsern vatter nennen, vnd ists auch, wo wir frume vnd gehorsame kinder weren.
Marg. Fragt aber Gott auch ernstlich nach vns kindern, oder sein wir noch zu iunk?
Anna. Du gedenckst, Gott achte der kinder so wenig, als die böse wellt thut, die jre kinder wie die wilden thier böser art lest gewonen, vnd acht jr gar nichts.
Marg. Wie handelt mans denn recht mit vns kindern, vnd was stünde vns wol an bey Gott vnd den menschen?
Anna. Ein redlich, züchtig vnd Gott fürchtig leben, dazu solten vns vnsere eltern halten, vnd vns gottes wort vnd gebot so bald von iügend auf leren.
Marg. Hat Gott das auch jrgend geheissen?
Anna. Ja, Deut. am. vj vnd. xi. cap. sagt Gott zu den eltern, Meine gebot soltu deine kinder leren, vnd S. Pauls ermanet die Eltern oft i nseinen Episteln an disen Beuellch Gotes, das ein Christ sol gehorsame, glaubige vnd gottfürchtige kinder ziehen, in zucht vnd ermanung an den Herren. So sicht man auch Matthei am. xviij. und xix. ca., wie sich Christus der kinder annimbt, das sich gewiß ein fruumb kind alles gutten hat zu Goot zu uersehen. Ja es gilt ein frumb kind so vil bey Got, das er aller wüeterey der welt, vnd allen seinen feinen, auf ein solch kind trutz beut, wie Dauid jm achten Psalm zu Gott sagt. Herr, aus dem mund der iungen kinder vnd seuglinge hastu ein macht zugericht, vmb deiner feinde willen, das du schweygest den feind vnd den rachgirigen.
Marg. Da hör ich, das vns vnsere Eltern auch bessers solten leren.
Anna. Ja, wo sie das vbersehen werden, müssen sie rechenschaft geben vor dem richterstuel Gottes, vnd Gott wirt jrer kinder blutt von jren henden foddern.
Marg. Ey, das sie denn so vleissig sindt allein auf welltliche vnd böse ding, mehr denn disen ernst mit den kindern zu betrachten?
Anna. Gott vnser vatter durch vnsern Herren Jesum Christum wölle sie erleuchten, das sie anfangen, sein reich vleissig zu suchen, vnd vns zu der gottseligkeit weisen, zu erlangen den ewigen segen Gottes, welches ist sein preis vnd die ehre seins namens in ewigkeit.
Marg. Vnd das wir kinder diser werlt boßheit fliehen, vnsern eltern vnd allen menschen ehre vnd wolthat beweysen, vnd Gott allein dienen in forcht vnd gehorsam vnser leben lang.

Quelle: Cohrs, Ferdinand - Die Evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion - Band 1

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