Ickelsamer, Valentin - Ein ernstlich vnd wunderlich gesprech zwayer kinder ...

Ickelsamer, Valentin - Ein ernstlich vnd wunderlich gesprech zwayer kinder ...

1525

Vorrede

Dem Ersamen, meinem Christlichen lieben bruoder Casparen Weydlin, buochfuorer zu Nüremberg, wünsch ich Valentin Ickelschamer zu Rotenburg Gottes sterck, huld vnd hilf vnd die mechtige vnd reiche liebe gotes, durch Christum den gecreützigten.

ICh hab nu ein kleine zeit vß dem beruof vnd beuelch Gottes die kinder hye zu Rottenburg teütsch geleert vnd in dem wort gottes vnterwisen, byß got in etlichen mit seinem geyst mercklich vnd rechlich zu wirken vnd sy selbs zu leeren angefangen, Das auch jr zwey (welche in disem buochlein mit einander reden) sdolches geschickten vnd christlichen verstandts in diser zeit worden sein, das sy auf dise weiß (wie hyrin begriffen) mit geringer vnterrichtung durch mich, oft mit einander geredt vnd einander vnterwisen haben. Welche hohe gnade gottes will vnd soll ich in keinen weg verschweigen, Schicke dir darumb dises gesprech hyemit zu, dz wöllest (so es dich für gut ansihet, vnd der juget einen nutz dadurch zu schaffen vermeinest) im truck außgeen lassen, dann billich ist es, das man keyn mühe, arbeit oder kost, die kinder gottes gepot, zucht vnd gehorsam zu leern, spare. Meines tails halt vnd schätze ich, kinder recht zu leern, für ein sach, das man billich solliche lewt vber sy setzen solt, die sonst das Euangelium durch den geist Gottes rain, lauter vnd gewiß predigen können. Ich main auch, es soll nyemants zürnen mit disen kindern, das sy ein wenig vngedultig sein vber das gemein schuolmeistervolck, das sy von jnen, wie das ander arm volck, bißher von den predigern der rechten leer beraubt sein gewest, Derohalben nicht vnrecht jrer vnschuld auch zu gedencken ist vnd zu beclagen, das man sy also vnterwisen vnd geleeret hat, als solten sy ewig nach der welt behendigkeit vnd listigkeit vnd nit nach der gotseligkeit trachten oder synnen. Ich halt aber, sy mainen allein einen, der hye bey vns auch ein kinderverderber, wie heist, kinderleerer1) ist, ein jschariotischer knecht, das ich yn nit baß nenne, der nit benügt ist, die vnschuldigen juget in allerley gotteslesterung vnd vnzucht leben zu lassen vnd darin zu stercken, Sonder, wie er kan vnd mag, lestert er vnd schilt mit den allerschentlichsten vnd gröbsten worten die kinder, die zu mir geen. Das thut er auf gut pfeffisch vnd nach seiner art rc., das ich nicht sag, nach der art etlicher seiner patronen vnd gönner, das thuo ich, das sy alte grawe vnd tapffere menner sein. Aber dieweil der Edel Camillus nymmer verhanden ist, der solch vngetrewe schulmeister jren kindern mit ruotten außzuhawen gibt vnd beuilcht, so bleibt es frey erlaubt, vngetrewlich zu handlen mit den kindern. Du aber richte dich, gottes eere auch zu suochen in klein dingen, so wirstu von jm groß vberkomen. Der frid gots sey mit vns. Datum Rotenburg. Ascensionis domini 1525.

Johan Bürckle schuosters sone vnd Jacob Krebs Lutzhuotters hansen.

Johan. Du kind, gib Got rechenschaft deines lebens.
Jacob. Byn ich doch zu junck, vnd got straft noch meine sünd nit.
Johan. Gottes zorn ist vber allen vngehorsam, auch der kleinen vnd jungen kinder, wann Dauid bitet Got, er soll nit gedenken der sünde seiner juget.
Jac. Ey du sagst mir grausame vnd erschrockliche ding.
Johan. Es ist besser, du wiss vnd erschreckst, dann du es nit wist vnd kemest dadurch zum teüfel.
Jac. Sag mir, wue hat got ye ein kind so grausam gestraft?
Johan. Lyß im buch der künig. Da Elias gen Bethel gieng, da kamen kleyne knaben zu der stat hynauß vnd spoteten yn, vnd er wandt sich vmb, da er sy sahe, fluocht er yn im namen des herrn, da kamen zwen Beeren auß dem wald vnd zurissen der kinder xlii.
Jac. Warumb straft sy got so grausamlich?
Joan. Darumb, das sy vngehorsame vnd freche kinder waren vnd den frommen propheten vnd getrewen knecht gottes verspotteten.
Jac. Das hab ich aber nye gethan.
Jo. Wenn du in eynigem vngehorsam vnd verachtung gotes steest vnd lebest, so hastu schon alles solches gethan.
Jac. Ist dem also, so sag mir mer von den bösen kindern.
Jo. Ey so gedenk, dz du fromm dauon werdest vnd got fürchtest, das dir auch nit also geschech.
Jac. Darumb wolt ich yetzo gern von dir geleert vnd gewarnet werden.
Jo. Am ersten buoch Samuel laßt der geist Gotis auch beschreiben den grossen grewl, den got hat an den bösen und ungehorsamen kindern, da er spricht, Vnd die Süne Eli waren kinder Belial vnd wußten nicht von dem herrn rc. Da ist nicht anders, dann ein ernstliche straff gottes vber die bösen kinder angezeigt.
Jac. Hör auf, hör auf mit diser newen leer, mainstu, das Got so ernstlich mit den kindern handel?
Jo. Ja, hör weiter, Got gepewt den kinder von Israel, wenn vater vnd muoter einen Sone hetten, der eygenwillig vnd vngehorsam wer, so solten sy hyngeen zu den eltisten der stat vnd solten jn verklagen, das er versteinigt wurde.
Jac. Was zeigt dises gepot Gottes von den kindern ane?
Jo. Eben das ,dz got fromme kinder will haben, vnd das jme hart wider ist die boßheit vnd das vbel der juget, vnd das die kinder jr vatter vnd muoter eeren sollen, wie jn got gepoten hat. Exodi am xx. capit.
Jac. Es sein aber ytzo villeicht nit so böse kinder?
Jo. Sein sy nit tausentmal böser, so sein sy doch jhenen gleich.
Jac. Ey, es sein ytzo feine Christen, die leiden nit, das jre kinder so böse vnd vngehorsam sein.
Jo. Ja, ein Christe zeücht seine kinder ernstlich zu gottes forcht vnd gehorsam, die aber solches nit thunt, es sey elter oder schuolmeister, die sein nit Christen, sonder teüfelische vnd gotlose leüt, wie seer sy sich des Christlichen namens berümen.
Jac. Wie wenn es aber ytzo villeicht nit so nötlich wer, so grosse muohe vnd sorg mit den kindern zu haben.
Jo. Du wilt mir ymmer entlauffen mit menschenlugen, ich würd bald zu dir sagen, Gee auß, du böser geyst vnd gib got sein eere. Hör doch, was got sagt am v. buoch Mosi, da er spricht, Meyne gepott soltu deine kinder leeren, vnd Christus sagt Mathei am xix. capit. Lassend die kinder vnd werend jn nit, zu mir zu komen, dann solcher ist das himelreich, vnd Mathei am xviii. stelt Christus ein kind herfür vnd spricht, Wer ein solches kind aufnimpt in meinem namen, der nympt mich auf rc. Merckstu nu was got für ein ernst mit den kindern zu haben beuolhen hat.
Jac. Leern mich doch weder mein schuolmeister, noch meine eltern solches, vnd sagen doch ymmer von Christo, sy sagen wol, was man mich dz wort gottes in der schuol wöll leeren, man sols in der kirchen leeren, vnd sagen, ich sey noch ein kind, was es mir soll.
Jo. Das sein Christen, wie judas ein apostel war, wurden doch zum ersten die Clöster darumb gepawet, das man fromme vnd geleerte lewt darin hielte, die dy kinder Gottes gepot vnd ein Christliches leben leereten vnd ward allenthalben von den eltern grosser vleiß fürgewandt, die kinder recht vnd wol zu ziehen. Man sihet auch die grosse sorg des heiligen geist im Salomon für die kinder, da er im buch der sprüch für vnd für treibt vnd ermant zu götlicher forcht, zucht vnd gehorsam.. Vnd sant Paulus, zum Tito am ersten, will, das ein Christe soll glaubige vnd gotzfürchtige kinder ziehen, da er spricht, Wo einer ist, der vntadelich ist, ein man eines weibs, der glaubige kinder habe, die nit mit vngehorsam rc. verleümbt sein. Dieweil du mich aber da ermanest vnd so hoch treibest, dörft ich schier heraußsagen, das ytzo nit vngehorsamere, vnzüchtigere vnd bösere kinder erfunden werden, dann eben am maisten bey den vermeinten Christen, die sich felschlich des Christlichen namens berümen vnd am freytag die gröste stuck fleysch dörffen essen, Hab dir nu deine geferbten Christen mit jren Belialskindern.
Jac. Du vberredtst mich mit souil leern vnd gepoten gottes, das ich glauben muoß, das es gott an den kindern nit ein wenig gelegen sey.
Jo. Es wird warlich wider den willen Gottes verseumbt, was man an den kinden versaumbt oder verderben leßt.
Jac. Wie muß ich mich dann haten, das ich ein liebes vnd glaubigs kind gottes werde.
Jo. Du must gedencken, was du seyest, wie ein armer vnd nackender mensch in sünden du auf dißß erdtreich geporn seyest.
Jac. Ist das genuog?
Jo. Nayn, wenn alleyn dein armselikeit bedechtest vnd erkanntest, so verzweiffeltestu vnd fundest nyrgent kein hilff noch trost, vnd rissen dich deine sünde in die helle hynein.
Jac. Was muß ich dann weyter thun?
Jo. Wenn du dich recht wol erkennest vnd besihest, so findest du nichts, dann eytel sünd, verdamnus vnd ein vnuermügligkeit aller kreffen vnd gutter werck in dir, so mustu dann zu gott fliehen, dich alles guttes, aller lieb vnd trew als zu deinem barmhertzigsten vater zu jm versehen, jn erkennen, liebhaben vnd in jn glauben.
Jac. Wamit tröst mich der vatter, vnd wadurch wurd ich selig?
Jo. Der vatter offenbarte vnd leeret vns seinen sune erkennen, den er für vnser vnuermögligkeit vnd für vnser sünd gegeben vnd jme den schaden aller vnser sunde aufgelegt hat, darin wir die vnaussprechliche lieb vnd barmhertzigkeit ddes vatters gegen vns mercken vnd versteen, durch dise lieb bleiben wir denn vor den pforten der helle.
Jac. Was ist Christum erkennen?
Jo. Es ist nichtz anders, dann ein liebreich erfarung vnd erkundigung des gecreützigten reichen vnd mechtigen Sone gotes, das Christus, der sone gottes, für vnser sünd gestorben sey.
Jac. Werden wir durch dise erkentnus Christi selig?
Jo. Ja, dann also hat der prophet Esaias von dem Messia Christo gesagt, das in der erkentnus dises gerechten wurden vil gerecht werden, vnd Christus sagt das selbs Joan. vj. da er spricht, warlich sag ich euch, wer mein fleisch yßt vnd mein pluot trinckt, der hat das ewig leben.
Jac. Was ist das fleysch Christi essen vnd sein bluot trincken?
Jo. Nichts anders, dann glauben, dz Christus im pesten willen vnd höchsten gehorsam gegen seynem vatter, auß lauter lieb vnd barmhertzigkeit, sein fleysch für vns an das creütz gegeben vnd sein bluot für vns vergossen hab.
Jac. Ey der grossen vberschwencklichen lieb gotes für vns arme elenden menschen, wer wolt doch nit widerumb so bald auß der wiegen her got suchen vnd liebhaben. Ich weyß ytzo schon, Got sey lob vnd preyß, was ich thun soll, dieweil ich lebe, so ich gottes güt, lieb vnd barmhertzigkeit so reichlich erkenne.
Jo. Was wiltu thun?
Jac. Es soll mich kein mutwill, vngehorsam, eygenwilligkeit, vnzucht, oder was der tollen vnd vnbesonnen juget für laster vnd leichtuertigkeit anhangen, von gottes lieb, forcht vnd gehorsam abziehen, Sonder ich will dises alles vmb Gottes willen mit füssen tretten, mich allein in gottes worten, willen vnd gebotten erfrewen vnd belustigen.
Jo. Du hast hye mer gelernet, dann du selbs versteest.
Jac. Was ist das?
Jo. Du hast gelernet, was rechte gutte werck sein, die Got wolgefallen, vnd ich merck auch von dir, das die werck eines menschen nit anders sein, dann wie er got erkennet vnd glaubet. Vnd es ist gewiß war, das man dem nit vil von guten wercken predigen darf, der Got vnd, den er gesand hatt, Jesum Christum recht erkennet vnd lieb gewinnet, er thut schon das höchst werck gottis, bekümmert sich gar nit mit disen nerrischen, vnnutzen, fruchtlosen vnd lieblosen, ja gotlosen wercken, damit man lange zeit vmbgangen ist, als wallen vnd lauffen zu den heiligen, kertzen aufstecken, glocken lewten, kirchen stifften, vnd was des Bebstlichen gaugelwercks mer ist, Sonder er sihet, das er sich nach Christo mit seinen wercken halte, Liebe got, volge got, suche wa dem nechsten vnd den armen zu helffen sey, Speyse den hungerigen, decke den nackenden, tröst den traurigen, verantworte vnd vertedinge den vnschuldigen, weise den jrrenden, verzeihe dem, der jn beleydigt hat, vnd thuo in summa, was der werck der barmhertzikeit ymmer mag gesein.
Jac. Gott sey dein lon, der du mich so vleissig, freüntlich vnd Christlich berichtest, was recht zu gottes ere diene vnd gehöre, dann das mag mir wol die recht proba vnd anzeigung der Christen sein. Ich mag dir hye nit sagen von denen, die vnutze werck, wie du oben erzelt hast, thun, da scheint herauß vnd leßt sich sehen, was das noch allenthalben für rohe, freche, vngeschlachte lewt sein, die sich Christen nennen vnd kein fünckle Christlicher lieb yrgentz erzeygen, baide, die das Euangelium predigen vnd das predigen hören, gar wenig außgenommen. Wa hilfft man den armen? wer weißt den jrrenden? wer sucht das verloren schefflein? wer duldet den, der ein anfechtung seines gewissens vnd glaubens hat, vnd offenbart es? wer schreyet nicht, er ist ein ketzer, man soll jn veriagen, an keynem ort leyden, verprennen, ja wie vngetrewlich handelt man noch mit vns armen kindern in den schuolen? wer sucht nicht allein an vns das sein? wer leert vns von hertzen getrewlich got zu suchen vnd erkennen? vnd hynfür vnser lebtag ein fein gotzförchtig, Christenlich, züchtig vnd ordenlich leben zu füren? Wer wirt anders schuolmeister, dann der allein mancherlay geschrifft vnd hübsche züg machen oder wol rechnen kan? dahyn wir arme kinder, von vnsern vnuerstendigen eltern gezwungen, alleyn lernen müssen, waß der bösen welt, dem laydigen geytz vnd aller boßheit vnd hoffart dienet.
Jo. Du fuorest ein billiche clag, es ist ja ein erbermliche sach, das man so bald mit der kinder leer vnrecht vnd wider got thut. Wol schreiben vnd rechnen lernen ist nit böß, ja so von ersten das reich gottes mit der lernung gesucht were. Aber ich merck, dz du weiter hyneinsihest, nemlich das die kinder mit solchen stoltzen schuolen vnd leern den geitz vnd hoffart erstlich eintrincken, welches das höchst verderbniß der juget ist. Auß sollichen lewten kan man denn (wie man sihet) nichts geschlachts oder Christenlichs ziehen noch machen. Doch wöllen wir hye nit mer sagen, dann das dz wort gottes, sein gepot, die kinder zu leern, soll oder mag nit verstanden werden, wol rechnen vnd schreiben leeren. Es geen aber auch an etlichen enden (got hab lob) solche schuol auf, die du haben wilt, vnd die zu haben got gepoten hat. Lasse vns got bitten, das er geben vnd verschaffen wöl, das sein nam in allen dingen geheiliget vnd gepreißt werde, Dann sein ist das reich vnd die kraft vnd die herligkeit in ewigkeit.
Jac. Bit got für mich, das er mich vnd alle menschen erleüchten wölle.
Jo. Das thuo ich allzeit, bitt du Gott auch für mich vnd gee hyn im fryde Gottes.

Quelle: Cohrs, Ferdinand - Die Evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion - Band 1

1)
wahrscheinlich Jos. Frankenhaim, damals Schulmeister in Rothenburg, der der katholischen Partei angehörte
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