Hutter, Leonhard - Inbegriff ... - Sechsundzwanzigster Artikel. - Von den Mönchsgelübden und s. g. evangelischen Ratschlägen.

Hutter, Leonhard - Inbegriff ... - Sechsundzwanzigster Artikel. - Von den Mönchsgelübden und s. g. evangelischen Ratschlägen.

1. Weil die Untersuchung über die Mönchsgelübde die Frage über die Klöster in sich schließt: so sage mir doch, was für Nutzen gewährten einst die Klöster?

Zur Zeit Augustins waren die Klöster freie Kollegien, oder Schulen der heiligen Schrift und anderer Künste, so der Kirchen nützlich sind; auch wurden aus ihnen die Pastoren und Bischöfe genommen. Augsb. Conf. Art. 27. S. 76. Schmalk. Art. Thl. 2. Art. 3. S. 513.

2. Was sind aber heutzutage die Mönchs- und Nonnenklöster?

Jetzt bindet der Papst die Freiheit des Mönchslebens in die Banden der Gelübde, und macht jene Kollegien zu eitel Gefängnissen, indem er vorgibt, dass man durch diese Lebensart Gnade und Gerechtigkeit verdienen könne. Ja, er predigt sogar, dass es ein Zustand der Vollkommenheit sei, der allen andern Lebensarten, die doch von Gott verordnet sind, vorgezogen werden müsse, so dass er auf unverschämte Weise versichert, die Mönchsgelübde seien der Taufe gleich, ja noch besser, als sie. Augsb. Conf. a. a. O. Schmalk. Art. Th. 2. Art. 14. S. 542.

3. Welche sind denn diese Mönchsgelübde?

Ob es gleich drei Gattungen der Mönchsgelübde gibt, nämlich Keuschheit, Armut und Gehorsam, so pflegen sie doch das erste, nämlich die Keuschheit und Enthaltsamkeit, vorzüglich mit dem Namen des Gelübdes zu bezeichnen.

4. Was also nennen die Katholischen ein Gelübde?

Bei den Katholischen ist und wird das ein Gelübde genannt, wenn die Mönche, nachdem sie der Ehe für immer abgeschworen, sich durch ein Gelübde zum ehelosen Leben verpflichten, so dass sie, nachdem dies Gelübde einmal getan ist, bei Strafe der ewigen Verdammnis das ehelose Leben niemals mit einem ehelichen vertauschen können. (S. 158)

5. Was hältst du von diesen Mönchsgelübden?

Dass sie gottlos und nichtig sind. Denn erstens befiehlt Gottes Gesetz, dass sich die, welche die Gabe der Keuschheit nicht haben, in die Ehe begeben. 1 Kor. 7,2: „Um der Hurerei willen habe ein jeglicher sein eigenes Weib, und eine jegliche habe ihren eigenen Mann.“ Dann dringet und zwinget Gottes Geschöpf und Ordnung alle die zur Ehe, welche die Gabe der Enthaltsamkeit nicht besitzen, 1 Mos. 2,18: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“ Daher muss dies höhere und göttliche Gesetz mit Recht dem niederen oder menschlichen vorgezogen werden, und diejenigen sündigen nicht, welche dem Befehl und der Ordnung Gottes gehorchen. Und es kann auch kein Gelübde Gottes Befehl und Ordnung zu nichte machen. Augsb. Conf. Art. 27. S. 76.

6. Also können diese Gelübde, auch wenn sie schon getan sind, geändert und aufgelöst werden?

Ja; „denn die Doctores sagen, dass die Gelübde auch wider des Papsts Recht unbündig sind; wie viel weniger sollen sie denn binden, Statt und Kraft haben wider Gottes Gebot? Wo die Pflicht der Gelübde keine andere Ursach hätten, dass sie möchten aufgehoben werden, so hätten die Päpste auch nicht dawider dispensiert oder erlaubt; denn es gebühret keinem Menschen, die Pflicht, so aus göttlichen Rechten herwächst, zu zerreißen.“ Augsb. Conf. a.a.O. S.77.

7. Gib noch einen andern Grund an, womit du bestätigest, dass solche Mönchsgelübde aufgehoben werden können?

Bei jedem Gelübde, wenn es soll fest und unveränderlich sein, muss die Natur des Gelübdes beachtet werden, dass es nämlich in einer möglichen Sache willig und ungezwungen geschieht. Aber bei den Mönchsgelübden wird hiervon nichts beobachtet. Also sind sie nichtig. Dass aber bei den Mönchsgelübden hiervon nichts beobachtet wird, geht daraus hervor, 1) dass es in keines Menschen Gewalt steht, beständige Keuschheit zu geloben. 2) Dass nur sehr wenige mit freiem Willen und Entschluss das Gelübde ablegen. Denn die Jungfrauen und Jünglinge werden, ehe sie eignes Urteil haben, zu dem Gelübde beredet, bisweilen sogar gezwungen. Daher zerreißen etliche canones und päpstliche Rechte die Gelübde, die unter fünfzehn Jahren geschehen sind; ja, ein anderer canon verbietet, das Kloster-Gelübde unter achtzehn Jahren zu tun. Ebend. S. 78. (S. 159)

8. Kannst du wohl noch einen dritten Grund nennen?

„Aller Gottesdienst von den Menschen, ohne Gottes Gebot und Befehl, eingesetzt und erwählet, Gerechtigkeit und Gottes Gnade zu erlangen, ist wider Gott und dem Evangelio und Gottes Befehl entgegen. Wie denn Christus selbst sagt Matth. 15,9: Sie dienen mir vergebens mit Menschen-Geboten. So lehrts auch Sct. Paulus überall, dass man Gerechtigkeit nicht soll suchen aus unsern Geboten und Gottesdiensten, so von Menschen erdichtet sind, sondern dass Gerechtigkeit und Frömmigkeit für Gott kommt aus dem Glauben und Vertrauen, dass wir glauben, dass uns Gott um seines einigen Sohnes Christus willen zu Gnaden annimmt. Nun ist es ja am Tage, dass die Mönche gelehrt und gepredigt haben, dass die erdachte Geistlichkeit, und besonders die Mönchsgelübde, genug tue für die Sünde, und Gottes Gnade und Gerechtigkeit erlange. Darum folget, dass solche Gelübde unrechte, falsche Gottesdienste gewesen. Derhalben sind sie auch unbündig.“ Ebend. S. 79.

9. Also behauptest du, dass kein Gelübde ein Gottesdienst sein könne?

Unter dem Alten Testamente musste die Art und Weise der Gelübde nach gewissen Gesetzen eingerichtet werden, so dass nicht allen erlaubt war, zu geloben, was sie wollten. Und daher konnte das nicht ein Gottesdienst sein, was vermöge eines Gelübdes geschehen war. Im Neuen Bunde aber, wo die ganze Art und Weise des Gottesdienstes in das Wort Gottes gefasst ist, können und sollen die Gelübde nicht für Gottesdienst gehalten werden. Denn was von Gott nicht befohlen ist, sondern aus menschlichem Willen geschieht, das kann kein Gottesdienst sein. Röm. 14,23: „Was nicht aus dem Glauben geht, das ist Sünde.“ Apolog. Art. 13. S. 467 f.

Dann wird im Neuen Testamente auch durchaus kein Beispiel gefunden, dass Gott die Gelübde, als einen angenehmen Gottesdienst sich gefallen lasse. Ebend.

10. Können denn aber heutzutage nicht auch Gelübde getan werden, wenn man nur die Meinung des Verdienstes, des Gottesdienstes und der Notwendigkeit nicht an sie bindet?

Ja, wenn man sie tut, um Sünden sorgfältiger zu vermeiden, oder um die Berufsgeschäfte treuer zu vollbringen, oder andere Zwecke, welche für Kirche und Staat nützlich und erlaubt sind, zu erreichen; als wenn z. B. jemand gelobt, sich des Weines oder des Spieles zu enthalten, weil er sieht, dass ihm und Andern daraus viel Schaden erwächst usw. (S. 160)

11. Kann das Mönchsleben auf die evangelischen Ratschläge bezogen werden?

„Auch dies ist falsch und erlogen, dass das Mönchsleben, als Keuschheit, freiwillige Armut und Gehorsam, sollte sein eine Erfüllung der Consilien oder Räte im Evangelio. Denn das Evangelium hat nirgend geraten, solche Unterscheid der Kleider, der Speise, oder durch solchen Bettelstab der Leute Güter auszusaugen. Denn das sind eitel Menschensatzungen, von welchen Paulus sagt 1 Kor. 8,8: Die Speise macht uns nicht heiliger für Gott etc. Darum sind es auch nicht Gottesdienste, die für Gott fromm machen, sind auch nicht eine evangelische Vollkommenheit.“ Apolog. Art. 13. S. 470 ff.

12. Aber was hältst du von dem Gehorsam, den doch Christus selbst Matth. 19,21 unter die evangelischen Ratschläge zu stellen scheint?

Die Worte Christi lauten also: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komme und folge mir nach. Aber hiemit versteht er nicht einen Gehorsam, welcher auf menschlichen Rath und Willen übernommen ist, sondern den, welcher nach eines jeden Beruf geschieht. Ebend. S. 479 ff.

13. Wie ist das zu verstehen?

Es muss so verstanden werden, dass, wie die Berufe ungleich sind, so auch dieser Beruf, von welchem Christus dort spricht, nicht für alle ist, sondern nur der Person angehört, mit welcher Christus daselbst zu tun hat; gleich wie wir den Beruf Davids: ein König zu sein, oder den Abrahams: seinen Sohn zu opfern, nicht nachahmen dürfen. Ebend.

14. Wieso?

Weil zwischen den Berufen und dem Gehorsam genau unterschieden werden muss. Denn die Berufe gehen die einzelnen Personen an, so wie die Geschäfte selbst nach Seiten und Personen verschieden sind: aber das Beispiel des Gehorsams ist ein allgemeines, alle Menschen angehendes. Daher würde jenem Jünglinge, mit welchem Christus spricht, die Vollkommenheit zu Teil geworden sein, wenn er diesem Beruf geglaubt und gefolgt hätte. So gereicht es uns zur Vollkommenheit, wenn ein jeder seinem Berufe in wahrem Glauben Folge leistet. (S. 161)

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