Humburg, Paul - Die ganz große Liebe - Zwei Söhne

Humburg, Paul - Die ganz große Liebe - Zwei Söhne

“Ein Mensch hatte zwei Söhne.“ (V. 11)

Mit diesem Satz beginnt das Gleichnis vom verlorenen Sohn, das doch eigentlich das Gleichnis von zwei verlorenen Söhnen ist. Mancher denkt: „Der verlorene Sohn, das ist der ganz schlimme; die Geschichte geht mich nichts an.“ Aber eigentlich ist sie die Geschichte von dem andern verlorenen Sohn und zeigt uns, dass nicht nur die ganz schlimmen, sondern dass gerade die äußerlich ganz „frommen“, ehrbaren Leute ohne Gott verloren sind. Der ältere Bruder in diesem Gleichnis, selbstgerecht, lieblos und hart, ist auch verloren, ja, der ist am Schluss eigentlich der verlorene Sohn, der draußen steht. Er war immer fromm, aber nie froh; ganz nahe beim Vater, aber innerlich ihm weltfern und ohne Gemeinschaft mit ihm. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist also eigentlich gar nicht für die bestimmt, die wir als die ganz Fremden und Fernen meist damit einladen wollen, sondern für die, die „ganz nahe“ sind. Ganz nahe und doch draußen! (vgl. V. 2).

Es waren beides „verlorene Söhne“, der eine leichtsinnig, der andere kaltsinnig und hart, der eine ungerecht und verkommen, der andere selbstgerecht und stolz, der eine liederlich, der andere geizig, der eine zuchtlos, der andere herzlos. Der Vater konnte auf keinen von beiden stolz sein. Sie gehen beide unter, wenn sie nicht gerettet werden.

Wir sind alle verloren. Wir gehen nicht verloren, wir sind verloren.

Die einen versinken im Schlamm der Sünde, grauenvoll, ekelhaft. Und die andern? Es gibt eine Hintertür in die Hölle für die Mitglieder christlicher Vereine, Gemeinden und Gemeinschaften. Es gibt einen Bürgersteig am breiten Weg, der nicht so ganz durch den Schlamm führt; aber die darauf wandern, sind auch verloren. Sie sind auf dem breiten Weg. Ob eine Blume zertreten im Staube liegt oder in der Vase prangt: seitdem sie von der Wurzel abgeschnitten ist, ist sie dem Tode verfallen.

Zwei Söhne sind es, aber nur von einem lesen wir, dass er umkehrt. Der andere stößt die Gnade von sich und geht unter. In jeder Hinsicht, beim Verlorengehen und beim Gerettetwerden, ist es gerade der andere, von dem man es nicht erwartet hätte. Der verlorene Sohn kommt an des Vaters Herz, und der ehrenhafte ältere Bruder wendet dem Vater mit klarer Entscheidung den Rücken. Mancher kommt noch zurecht, von dem man es nicht erwartet hätte; und mancher geht unter, von dem es keiner dachte. Wir werden uns einmal an jenem Tage wundern. Viele Wege, die in gleicher Weise begonnen wurden, enden an sehr verschiedenen Stellen. Zwei Schächer hingen auf Golgatha. Es war derselbe Hügel, auf dem sie verscharrt wurden; dieselben Kriegsknechte brachen ihnen die Beine; derselbe Abend war’s, an dem ihr Leben schloss. Und wie sie erwachten, da war der eine in der Verdammnis, der andere im Paradies.

Verloren sind wir alle. Die Frage ist, ob wir gerettet werden. Jesus macht nicht unnötig scharfe Worte und ist kein Freund einer überspitzten Rede; aber er sagt einmal (Lk. 17, V. 34-36): „Zwei werden liegen auf einem Bett. Einer wird angenommen, der andere wird verlassen werden. Zwei werden miteinander mahlen. Eine wird angenommen, die andere wird verlassen werden. Zwei werden auf dem Felde sein. Einer wird angenommen, der andere wird verlassen werden.“ Die Frage nach der ewigen Errettung ist nicht eine Frage für mehrere, sondern für jeden allein. Niemand kann ihr ausweichen. Sie geht uns ganz persönlich an. Ein Mensch hatte zwei Söhne, beide verloren. Einer wurde gerettet, der andere ging an seinen Ort. Welcher von beiden bist du?

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