Hofacker, Ludwig - Predigt am fünften Sonntage nach Trinitatis

Hofacker, Ludwig - Predigt am fünften Sonntage nach Trinitatis

Bey Gott ist kein Ansehen der Person.

Text: Koloss. 3,18-25.

Ihr Weiber, seyd unterthan euren Männern in dem HErrn, wie sich’s gebühret. Ihr Männer, liebet eure Weiber, und seyd nicht bitter gegen sie. Ihr Kinder, seyd gehorsam den Eltern in allen Dingen; denn das ist dem HErrn gefällig. Ihr Väter, erbittert eure Kinder nicht, auf daß sie nicht scheu werden. Ihr Knechte, seyd gehorsam in allen Dingen euren leiblichen Herren, nicht mit Dienst vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern mit Einfältigkeit des Herzens und mit Gottesfurcht. Alles, was ihr thut, das thut von Herzen, als dem HErrn, und nicht den Menschen; und wisset, daß ihr von dem HErrn empfangen werdet die Vergeltung des Erbes; denn ihr dienet dem HErrn Christo. Wer aber Unrecht thut, der wird empfangen, was er Unrecht gethan hat; und gilt kein Ansehen der Person. Ihr Herren, was recht und gleich ist, das beweiset den Knechten, und wisset, daß ihr auch einen HErrn im Himmel habt.

Unsere heutige Abend-Lection gibt uns eigentlich eine Beschreibung, wie es in einer christlichen Haushaltung zugehen soll. Wir wollen uns aber dieß Mal ausschließlich mit dem Inhalte des 25. Verses beschäftigen, und in diesem die wichtige Wahrheit betrachten:

Bey Gott ist kein Ansehen der Person.

Lasset uns

I. diesen Satz näher beleuchten, und ihn sodann
II. auf uns selbst anwenden.

HErr, mein Gott! ich bitte Dich, Du wollest meine Schwachheit unterstützen, und wollest das Wort: daß vor Dir kein Ansehen der Person gilt, tief in unsere Seelen eindringen lassen, damit wir zu den Wunden JEsu fliehen, und in diesem Ruhe finden. Amen!

I.

Es ist eine der wichtigsten Wahrheiten, eine Wahrheit, die von dem größten Einfluß auf unser Verhalten gegen Gott und den Nächsten seyn muß, eine Wahrheit, die von dem natürlichen Menschen gar nicht in ihrem Lichte erkannt werden kann, eine Wahrheit, welche in ihrem ganzen herrlichen und furchtbaren Lichte einst am Tage der Vergeltung und großen Ausgleichung alles Dessen, was bisher ungleich und uneben gewesen war, wird erkannt und herausgestellt werden; ich meine die Wahrheit: daß Gott die Person nicht ansieht, sondern einen Jeglichen behandelt und abwägt, nachdem er es verdient, nach den ewigen Rechten Seiner Gerechtigkeit. – „Gerechter Vater, die Welt kennet Dich nicht!“ hat JEsus Christus noch in Seinem letzten hohenpriesterlichen Gebete gesagt. Sie kennet Dich nicht in Deiner Gerechtigkeit; sie weiß nicht, wie heilig Deine Wege, wie unverbrüchlich Deine Gesetze, wie gerecht Deine Gerichte sind; sie läßt sich durch die gegenwärtige Gestalt der Dinge blenden, und weiß nicht, daß Du über Allem wohnest, Alles siehest und regierest, alle Bosheit und Finsterniß an das Licht bringen wirst; daß Alles, - es mag jetzt in der Welt aussehen wie es will, auch das, was schon längst vergessen war, auch das, was verborgen geblieben ist vor den Augen der Menschen, auch das, worüber man sich schon lange hinweggesetzt, hinweggescherzt, hinwegverkünstelt hatte, und hatte sich die Geschwüre des Gewissens mit den Lügen dieser oder einer andern Zeit ausheilen wollen, - daß auch dieses noch werde durch Deine Allmacht hervorgeholt, in das Wiedervergeltungsrecht hineingeführt, und einem Jeglichen bezahlt werden nach seinen Werken, Worten und Gedanken, und zwar ohne Ansehen der Person. – Das glaubet die Welt nicht; denn wenn sie es glaubte, wenn sie sich’s in das Herz eindringen ließe, daß bey Gott, dem gerechten Richter, kein Ansehen der Person gilt, sondern nur das, was Er in der Tiefe des Herzens und in dem ganzen Gange eines Menschen kennt und siehet, nicht aber das, was der Mensch sich selbst beredet, daß er sey, oder was andere Menschen von ihm denken; - würde die Welt das glauben und sich in’s Herz dringen lassen; so würde sie ja von dem Augenblicke an mit Ernst, mit Furcht und Zittern trachten, daß sie vor den Augen Gottes möge in der Wahrheit erfunden werden, so würde sie aufhören, Welt zu seyn, so würde sie sich bekehren. Aber sie glaubt das nicht; darum bekehrt sie sich auch nicht, und bleibt also in der Lüge und in der selbstgemachten Weisheit und im eiteln Wandel nach väterlicher Weise, bis der große Tag anbricht, der Tag der Gerechtigkeit, der Tag des Gerichts, wo vor den feuerflammenden Augen des Richters alles Ansehen der Person, und Alles, was äußerlich groß scheinet und über die innere Gestalt des Herzens als eine schützende Decke hereingezogen wurde, als zum Lügenreich gehörig, wie ein Dunst verschweben, wie eine Spinnewebe zerreißen wird. – Schrecklich, wenn jener Tag erst die Heucheley aufdecken wird, da du jetzt unter der Gnadenzucht des Heiligen Geistes leben und selig seyn könntest! – schrecklich, wenn dir erst jener Tag, an welchem es zu spät ist, zeigen muß, wer du bist!

Bey Gott ist kein Ansehen der Person. Solches Ansehen findet nur in der Welt Statt. Da gibt es Herren und Knechte; da gibt es Aemter und Würden, Titel und Wappen, Rang und Ehrenstellen; da gibt es Kleider und Röcke, Bänder und Zeichen; da gibt es Arme und Reiche, Geringe und Vornehme, Gebildete und Ungebildete, Gelehrte und Ungelehrte; da gibt es mancherley Stände und Zünfte, Geschäfte und Ordnungen; da gibt es mancherley Nationen und Stämme, Sprachen und Sitten, Lehren und Religionen. Mit diesem Allem hängt die Welt zusammen, und es ist schon gut, daß es so ist; auch der Christ siehet es mit an, und gibt gerne Ehre dem, welchem Ehre gebühret. Aber das ist nicht gut, daß aus dem Allem ein Ansehen der Person gemacht wird, daß Einer um seines Rockes, um seines Titels, Geldes oder Körpers willen höher geachtet und geschätzt wird als der Andere, der diese vergänglichen Vorzüge nicht hat. Oder meinest du, die Seele eines Reichen sey gewichtiger als die Seele eines Armen, oder die Seele eines Vornehmen vornehmer als die Seele eines Geringen? Oder meinest du, wenn ein in der Welt geachteter Mann sich zu Christo bekehre, so sey Ihm dieß eine größere Ehre, als wenn ein Mensch, den die Welt ausstößt, sich bußfertig zu Ihm wendet? Oder meinest du, wer äußerlich höher gestellt sey als ein Anderer, der dürfe der Ordnung Gottes, wie Er sie als Weg zum Leben vorgeschrieben hat, eher trotzen als ein Anderer, und ein Reicher habe eher das Recht, ein Narr oder ein Spötter zu seyn in dieser Welt, und seine eigenen Wege zu gehen in Augenlust, Fleischeslust und hoffärtigem Wesen als ein Armer? Meinest du, ein Gelehrter, der seinen Unglauben gegen das Wort und Kreuz Christi in schulgerechte Formen zu bringen, und seiner hochmüthigen Klugheit einen feinen, wissenschaftlichen Anstrich zu geben weiß, habe in Absicht auf das Gericht, welches dem Unglauben angedroht ist, ein besonderes Privilegium vor den Ungelehrten, weil er besser zu schreiben und witziger zu vernünfteln weiß als viele Andere? Meinest du, vor Gott gelten die Begriffe der Menschen dieser Zeit, die Begriffe und Grundsätze der Welt; meinest du, Gott sehe die Person an? – Ich sage Nein; Gott siehet nicht die Person an, sondern Er ist ein gerechter Richter, der Jeglichen, er sey groß oder klein, gebildet oder ungebildet, gelehrt oder ungelehrt, reich oder arm, richten wird nach seinen Werken, und über Jeglichen, er heiße wie er wolle, der nicht geglaubet hat, der nicht zu Christo als ein armer Sünder gekommen, nicht vom HErrn erkannt, nicht eingeschrieben worden ist in das Buch der Lebendigen, erkennen wird, wie Er’s vorausgesagt hat, und ihn verdammen; Preis aber und Ehre und unvergängliches Wesen gegen wird allen Denen, die mit Geduld in guten Werken nach dem ewigen Leben trachten, sie seyen arm oder reich, gering oder vornehm, gebildet oder ungebildet, gelehrt oder ungelehrt. Er hat über Alle gleiches Erbarmen, gleiche Gesetze, gleiche Gerichte.

Bey Gott ist kein Ansehen der Person. – Dieß erhellt schon aus Seinem Wort, in welchem Alle, ohne Unterschied des Standes, des Alters, der Bildung, des Geschlechts, der Nation, in das allgemeine Verdammungsurtheil hineingeworfen werden, das von Gott, dem Heiligen, über alle Unheiligen und Sünder ergehet. Er hat Alles beschlossen unter den Unglauben, und sie sind allzumal Sünder, Juden und Heiden, oder welches Amtes, Standes und Geschlechts sie seyen; sie sind Sünder, und mangeln des Ruhms, den sie vor Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht, aus Gnaden, durch die Erlösung, so durch Christum JEsum geschehen ist. – Höre, o Mensch, was dir dein Gott sagen lässet. Du bist von Natur ein Sünder, in Sünden empfangen und geboren, untüchtig von dir selbst zu allem Guten, das vor Gott gilt; und wenn du die trefflichsten Eigenschaften Leibes und der Seele besitzest, Ueberfluß an Allem hast, an Bildung deinen meisten Mitbrüdern vorangehst, dich in weiche Kleider hüllst, und alle Bequemlichkeiten und Wollüste dieses Lebens genießest; magst du seyn, wer du immer willst, angesehen als ein rechter Mann, als ein unbescholtener Bürger, oder als eine rechtschaffene Frau geachtet, oder nicht: du bist ein Sünder, und zwar ein recht armer Sünder, der durchaus das nicht hat, was er haben sollte, um selig zu werden. Vor dem Richter aller Welten können keinen Namen gelten. Du muß so gut als der ärmste Verbrecher selig werden, wenn du selig werden willst durch das Blut JEsu Christi, das für alle Menschen, für alle Sünder ohne Unterschied auf Golgatha geflossen ist. – Ach, wie sträubt sich die stolze Natur unter allerley Vorwänden gegen dieses Urtheil Gottes, das Er über alle Menschen ausgesprochen, worin Er feyerlich bezeuget hat, daß sie Alle todes- und verdammungswürdig seyen! Es gibt Leute, die schon vor dem Namen „Sünder“, „armer Sünder“, einen feindseligen Abscheu haben, denen sich das Herz vor Aerger umkehrt, wenn sie im Namen des HErrn damit benannt werden; es ist ja doch gar zu gemein, denken sie, dieses Wort; es widerspricht doch aller feinern Bildung dieser Zeit; man ist zwar nicht ganz ohne Fehler, aber doch zu gut, um ein solcher Sünder zu seyn, wie das Wort des ewigen Gottes jeden Menschen ohne Ausnahme nennt. Das überläßt man dem gemeinen Pöbel, der nichts Besseres weiß, das gehört – denkt man – für Leute, die im Zuchthause sitzen, oder das Schaffot besteigen müssen, - aber ein gebildeter Mensch ist etwas ganz Anderes; und so verschanzt man sich gegen die Wahrheit Gottes, macht Gott zum Lügner und Sein Wort zur Fabel. Da gibt es denn feine, gebildete Leute, ehrbare, rechtliche Bürger, ansehnliche Herren; diese können und dürfen doch keine armen, schlechten Sünder seyn, die die Hölle verdient hätten, wenn Gott nach Recht mit ihnen verfahren wollte; bey diesen wird es doch der HErr nicht so streng nehmen; sie haben, meinen sie, zwar auch ihre Schwachheiten wie alle Menschen, aber daß sie damit die Hölle verdient haben, nein, das ist nichts, das ist ihnen Uebertreibung und Schwärmerey. Es gibt Klassen von feineren, gebildeteren Leuten, die, weil sie zu solchen gehören, alle in den Himmel kommen müssen; sie brauchen sich in ihrer Sünde und Ungerechtigkeit, in ihrem Hochmuth und Verstandesdünkel, in ihrer Verachtung des Evangeliums und Freigeisterey, in ihrem Geiz, in ihrer Hurerey und Schlemmerey, in ihrer ganzen Erbärmlichkeit nicht vor dem HErrn zu demüthigen; sie haben, wie sie meinen, weil sie etwas mehr gesehen, gelesen und gelernt haben als Andere, ein Privilegium darauf, und gehen doch zum Leben ein. Wehe, wehe der Zeit, wo solche Grundsätze, feiner oder gröber, einheimisch und ausgesprochen werden! Glaubet nicht, daß ich nur von gewissen Ständen und Klassen der Menschen rede; es haben Alle, die sich nicht unter das Wort Gottes demüthigen wollen, ihre eigenen Entschuldigungen, ihre besonderen Vorwände und Ausflüchte. Da gibt es z.B. Menschen, die sich wohl noch in die allgemeine Klasse der Sünder hineinstellen, und in diesem Zugeständniß oft eine geheime Befriedigung ihres Hochmuthes suchen, sich aber doch durchaus nicht unter die ganze Wahrheit des gerechten Gottes hinunterbeugen, sich nicht als arme, hülflose Sünder ansehen, sondern immer noch etwas Eigenes haben wollen, das ihnen vor Gott ein Verdienst und sie Seines Wohlgefallens würdiger machen soll; wenigstens haben sie es, wie sie denken, doch nicht so arg gemacht als Andere, und wenn sie auch in der Frömmigkeit nicht so weit gekommen sind, als sie kommen sollten, so sind eben hauptsächlich ihre äußeren Umstände, ihr Geschäft, ihr Amt und Beruf daran schuldig. So entschuldigt sich der Mensch, und wähnt, bey Gott gelte das Ansehen der Person. Es ist dem aber nicht also! Wer nicht seine Sünde, seine liebste Sünde bekennet, wer seine Missethat läugnet und entschuldigt, wer sich nicht gänzlich unter das Zeugniß Gottes demüthiget, und Christum annimmt, das einzige Opfer für die Sünden der Welt, der ist ein Lügner, und wird mit den Heuchlern seinen Lohn empfangen, nämlich das ewige Feuer, heiße er dann, wie er wolle; denn bey Gott ist kein Ansehen der Person.

Gott siehet nicht die Person an. Wie Er Alles beschlossen hat unter den Unglauben und unter die Sünde, und durch die Sünde unter den Tod, so hat Er auch Alles hineingerechnet in die ewige Erlösung, welche Christus erfunden hat, und in die Liebe und Erbarmung, die in Ihm, dem einzigen Mittler, aufgethan ist. Auch hier ist vor Ihm kein Unterschied unter den Menschen. – Als die Knechte des großen Königes, durch welche Er Gäste zu seinem Abendmahle laden ließ, kein Gehört bey den Bürgern der Stadt fanden, und der Eine von den Geladenen sich mit seinem Acker, der Andere mit seinem Ochsen, der Dritte mit seiner Hochzeit entschuldigte, so wurden sie angewiesen, auf die Landstraßen zu gehen, an die Hecken und Zäune, und das elendeste ärmste Volk hereinzuführen, Krüppel, Blinde, Lahme, Bettler und Landläufer. Diese waren dem Könige so werth als die ehrsamen Bürger, welche seine Einladung unter allerley Vorwänden abgelehnt hatten. Das sind die Gedanken Gottes, Seine ewigen Friedensgedanken. Da siehet Er die Person auch nicht an. Der rohe Grönländer, der vor Armuth und Elend beynahe verschmachtet, ist Ihm, wenn er sich bekehrt, so lieb als der feine Europäer, der in einem glänzenden Hause wohnt, und sich zu Ihm im Glauben hält!

Es ist ein allgemein Erbarmen,
Ein allgemeines Lösegeld,
Ein allgemeiner Ruf der Armen,
Ein allgemeiner Trost der Welt.

Für Alle ist Christus gestorben; die Sünden aller Welt hat Er getragen; es ist da kein Unterschied zwischen Juden und Heiden, zwischen Reichen und Armen, zwischen Hohen und Niedrigen; das Blut der Versöhnung ist für Alle geflossen, und Allen, Allen läßt Er es verkündigen und anbieten, das theure, große Evangelium von der Vergebung der Sünden in Seinem Blut. Er hat Seinen Aposteln ausdrücklich geboten: gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur; wer da glaubt und getauft wird, er sey wer er wolle, wer es mit gläubigem Verlangen annimmt, und mit Herz und Wandel versiegelt, der soll selig werden; wer aber nicht glaubt, der soll, er sey wer er wolle, verdammt werden. In Seiner Gnade, bey Seiner Gnadenbotschaft ist kein Unterschied zwischen Mensch und Mensch, und kein Unterschied zwischen Zeit und Zeit. Schon 1800 Jahre lang wird das Evangelium gepredigt; schon viele Millionen sind in dieser Zeit durch dasselbe selig geworden, und noch jetzt ist das nämliche Evangelium wie vor Alters, noch jetzt ist dir und uns Allen die nämliche Gnade angeboten wie zur Zeit Christi; noch jetzt können wir noch eben so selig werden im Glauben an Christum wie die ersten Christen der apostolischen Zeit. Denn wie Gott Alle geschaffen hat, so hat Er auch Alle erlöset, und wie Er ein ewiger Gott ist, so ist auch Seine Gnade eine ewige Gnade, an kein Geschlecht, an kein Zeitalter gebunden. JEsus Christus gestern und heute, und derselbige in Ewigkeit.

Es war freilich für die Apostel ein großes Geheimniß, daß sie allen Menschen das Reich Gottes verkündigen sollten; sie glaubten, es wären nur die Juden, dem auserwählten Volke, bestimmt, und nur diese würden dafür empfänglich seyn, daher sie es den Heiden anfänglich nicht predigten. Dem Petrus aber wurde es durch ein göttliches Gesicht vom Himmel offenbar, wie Gott auch den Heiden Buße gegeben habe zum Leben. Dieß geschah bey der Bekehrung und Taufe des Hauptmanns Cornelius (Apost. Gesch. 10.); da sprach er; „nun erfahre ich mit der Wahrheit, daß Gott die Person nicht ansieht, sondern in allerlei Volk, wer Ihn fürchtet und recht thut, der ist Ihm angenehm.“ – Durch den Kreuzestod Christi wurde die Scheidewand zwischen Juden und Heiden niedergerissen, und von diesem an das Reich Gottes in aller Welt ohne Unterschied gepredigt. O es ist ein großes Wort, das Wort von der allgemeinen Versöhnung, daß Gott Alle geliebt und Alle geschaffen hat, daß sie durch Christum Sein eigen seyn, und Ihm dienen sollten in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit! Da dürfen wir wohl von Herzensgrund mit dem Liede sagen:

Dir dank’ ich, Gott, für Deine Liebe,
Womit Du alle Welt geliebt;
Wenn Eins nur ungeliebet bliebe,
Wie würde mir das Herz betrübt!
Ich dächte in der Seelenpein:
Ich müßte das Gehaßte sein. –

Das große Wort von der Versöhnung darf man Allen verkündigen, und ihnen bezeugen, daß auch sie von dem Heiland geliebt sind, und es treibt mich auch heute wieder, einer jeglichen Seele, die hier ist, zu sagen: siehe, auch du, und wenn du in dem elendesten Winkel der Erde geboren wärest, auch du, wenn du ganz unbekannt wärest unter den Menschen, auch du bist nicht vergessen vor Gott, auch an dich hat Er gedacht, auch deine Schuld hat Er hineingerechnet in das Opfer JEsu Christi, Der sich selbst Gott geopfert hat durch den ewigen Geist; auch du bist eines Seiner erlösten Geschöpfe, und

Was unser Gott erschaffen hat,
Das will Er auch erhalten,
Darüber will Er früh und spat
Mit Seiner Gnade walten.

Ja, auch dich hat Er erschaffen, erkauft und erlöset; deine Sünden sind gebüßt; tragest du nun einen feinen oder groben Rock, seyest du ein feiner oder ein grober Sünder, gebildet oder ungebildet, gelehrt oder ungelehrt, weß Alters und Standes: - das Alles ist gleich vor Ihm, denn Er siehet die Person nicht an; ja, wenn du sehr trauertest über deine Missethat, und dächtest, so groß sey kein Sünder in der Welt als du, siehe, auch für dich ist noch Rath vorhanden in Seiner allgemeinen Erbarmung; denn Christus ist für Alle gestorben, und das Ansehen der Person gilt nicht vor Ihm!

II.

Ach, wie oft habe ich hierüber schon geprediget, und wie Viele glauben daran? Wenn sie es glaubten, so würde ja die Decke Mosis, die ihnen Christum verdunkelt, und sie über dem Gefühl ihres Verderbens zu keiner frohen Stunde kommen läßt, längst hinabgefallen seyn; wenn sie es glaubten, so würde ja dieß einzige Wort von der Liebe Gottes, Der auch sie geliebet hat, ihre todten Herzen aus dem Tode reißen, und als lebendige Steine in den Tempel Gottes einfügen. Ach, warum glaubt es der Mensch nicht? Der Eine mag’s nicht glauben, denn er liebt die Sünde, und fühlet wohl, daß, wenn Er’s glaubte, dieß seiner Sünde den Tod bringen würde, sintemal die Versöhnung JEsu Christi der Tod aller Sünde ist; ein Anderer sagt: ich kann’s nicht glauben! warum? weil ich so schlecht bin; es geht mich nicht an, ich muß vorher anders werden; und doch wird er von sich selber nie anders. Also willst du über deiner Schlechtigkeit den Heiland zum Lügner machen, der da gesagt hat, Gott habe die Welt geliebt, und willst dem ewigen Evangelium deine falschen, verzagten Herzensgedanken entgegensetzen? Siehe doch, was du thust. Hat denn die Schrift gelogen, wenn sie spricht: „Christus ist die Versöhnung für unsere und der ganzen Welt Sünde?“ Hier liegt es ja klar und deutlich. Glaube es doch, und nimm es tief zu herzen; von dem an, daß du es glaubest, wirst du auch den Satan überwinden können, denn nicht dein eigenes Wirken, Wollen, Laufen, Zagen und Trauern, sondern der Glaube an den Versöhner der Welt und an die freye Gnade Gottes ist der Sieg, welcher nicht bloß die Welt, sondern auch alle höllischen Kräfte weit überwinden kann. –

Gott achtet nicht das Ansehen der Person. Wie Er alle ohne Ausnahme in die Erlösung eingerechnet hat, so sind auch Alle, die nicht glauben, hineingerechnet in die Verdammniß. Auch da ist kein Unterschied unter den Menschen, sie seyen nun reich oder arm, hoch oder niedrig, gebildet oder ungebildet, Heiden, Juden oder Christen. Wer nicht glaubt, wer, wenn ihm das Evangelium verkündiget wird, Christum nicht als seine Gerechtigkeit ergreift, sich Ihm nicht ergibt, und sein Herz nicht reinigen läßt durch die Kraft Seines Blutes und Geistes, der wird verdammt werden, und wenn ihn alle Menschen bis an den Himmel erhöhen, wenn er von Allen selig und überselig als ein Tugendheld gepriesen würde: er wird verdammt werden; denn hier ist kein Unterschied. Es gibt tausend Vorurtheile bey den Menschen, die der Vater der Lügen ihnen in den Sinn legt; der Eine meint Das, der Andere Jenes vorauszuhaben, warum er sich nicht wie andere Menschen in die Ordnung des Heils zu schicken brauche, welche Gott uns vorgezeichnet hat. Da maßt man sich ein entscheidendes Urtheil über die Wege und Gesetze Gottes an; der Eine spricht: ich thue, was ich kann, und wo ich dann fehle, muß Gott es mir vergeben; der Andere: die Vernunft ist meine Richtschnur, darnach ist mich halte, und was ich nicht begreife, darnach kann Gott auch nicht fragen bey mir; der Dritte: ich bleibe bey dem Spruch: „Wer Gott fürchtet und recht thut, der ist Ihm angenehm“, das Andere in der Bibel ist unwesentlich, und geht uns nimmer an; der Vierte: ich halte mich an das Gebot der Menschenliebe, denn dieses ist der Weg zum Seligwerden; der Fünfte: und ich erwähle den Spruch: „was ihr wollt, daß euch die Leute thun wollen, das thut ihr ihnen auch.“ – So nehmen sie aus der Bibel, was ihnen beliebt, und verwerfen da Uebrige, als ob der große Gott es noch für eine Ehre halten müßte, daß sie wenigstens noch Etwas gelten lassen. Aber ach, wenn sie’s nur wahrhaftig thäten, was sie sagen, so müßten sie ja doch Alle zum Heiland kommen, Der da spricht: „wer den Willen thun will meines Vaters im Himmel, der wird erfahren, daß meine Lehre von Gott sey;“ so könnten sie ja nicht in ihrem Unglauben, in ihrem Weltsinn bleiben, sondern die Wahrheit würde sie zum Fürsten der Wahrheit und des Lebens führen; sie würden sich bekehren. Jene Sprüche in ihrem Munde aber sind gewöhnlich nur Bekenntnisse ihres Unglaubens und ihrer Widrigkeit gegen das Eine ewige Evangelium, das den Sünder demüthigen, und die Armen zum Himmel heben will. – Es gibt andere ehrbare, ansehnliche Leute, die nicht gerade das Evangelium mit Füßen treten, aber gar vornehm in ihrem Herzen thun; sie glauben, Gott habe für sie einen besonderen, feineren Weg zur Seligkeit, eine etwas breitere Straße, einen eigenen Himmel gemacht, und das allgemeine Verwerfungsurtheil, das über alle Sünder ergangen ist, gehe sie wegen ihres Standes und ihrer Bildung nicht an. Aber das sey ferne; der feinste und gezierteste Mensch, der nicht als ein armer Sünder zu JEsu, dem Gekreuzigten, flieht, der sich nicht in seinem Geist unter die Reihe der Uebelthäter hineinstellt, und nicht durch dieselbe Gnade, welche sich an dem Schächer verherrlicht hat, selig werden will, wird nicht in den Himmel, sondern in die nämliche Hölle gehen, wohin der Dieb und der Räuber geworfen wird. Denn es ist kein Unterschied zwischen dem Unglauben, ob er in einem feinen oder rohen Menschen wohne; also wartet auch auf Die, welche nicht glauben, dieselbe Verdammniß, wie geschrieben steht: „Wer nicht glaubt, der soll verdammt werden.“

Ach, daß dieses Wort ein Keil würde, der in viele Herzen dränge, und die Bollwerke und Befestigungen des Satans zerstörte, wodurch so manche Seele von der Wahrheit abgehalten wird! Ach, meinst du, weil du diesen oder jenen Rang hast, weil du ein Herr bist und kein Knecht, eine Frau und keine Magd, oder weil du mehr Geld im Beutel trägst als deine Nachbarn, darum habest du mehr Erlaubniß, über das wahre Christenthum loszuziehen, die Achsel darüber zu zucken, und über die Sache des Reiches Gottes abzusprechen? Glaubst du, Gott werde dir zu Liebe ein anderes Evangelium machen, einen andern Christus senden? Mit nichten! du bist eine arme, des Erbarmens so bedürftige Kreatur wie der Bettler, an welchem du achtlos vorübergehst; ja, alle Heiligen sind, an sich betrachtet, gleich vor dem HErrn; denn an sich sind sie, als Sünder, alle unrein und verwerflich, und es gilt nichts vor Ihm, als was in Christo gerechtfertigt und geheiligt ist. – Das ist freilich eine harte Lehre für die Stolzen; nach solcher Speise jücken der eigenliebigen Natur, der hochmüthigen Welt, die Ohren nicht; da sollte es nach ihren eigenliebigen Gedanken, nach den lauen, glatten, angenehmen Worten ihrer Schmeichler, nach den Lobreden der falschen Propheten über die menschliche Natur gehen; da sollte der große, heilige Gott Ausnahmen über Ausnahmen machen bey dieser oder jener feinen, vornehmen, hochgebildeten, wohlweisen, selbstgerechten, heuchlerischen und lügenhaften Seele. Das wird Er aber nimmermehr thun. Hier hat uns der HErr Sein unwandelbares Wort gegeben, nach dem Er selig machen und richten will; so, wie es ist, müssen wir es annehmen, und nichts davon und nichts dazu thun. Aber eben dieses lautere, demüthige, rücksichtslose Annehmen ist Tausenden zuwider, die in ihrer eingebildeten Tugend und Weisheit gefangen sind, und so gehen sie sammt ihrer Tugend und Weisheit verloren. So haben es die Athenienser gemacht, diese hochgebildeten, in der ganzen Welt wegen ihrer Kunst, Wissenschaft und Philosophie berühmten Leute, die immer Neues hören und sehen wollten, die in stetem Fortschreiten zum Licht begriffen zu seyn glaubten. Da nun der Apostel Paulus ihnen das Evangelium von der Auferstehung JEsu und von Seinem Gericht predigte, so meinten sie, diesem Gericht seyen sie wegen ihrer Weisheit nicht unterworfen wie andere Menschen, spotteten und sprachen: was will dieser Schwätzer, dieser Schwärmer sagen? – Aber diese feinen Athenienser wurden in die nämliche Hölle geworfen wie die gröberen Sünder; Gott hat ihnen keine besondere Hölle gemacht.

Gott siehet nicht die Person an. Freilich ist der Eine von Natur mehr begünstigt als der Andere, hat mehr Anlagen, größere Eigenschaften des Verstandes und Charakters; der Eine hat sich in Umständen befunden, wo er seine Anlagen nicht ausbilden konnte; der Andere konnte sie entwickeln und ausbilden. Der Eine hatte mehr Gelegenheit, die Wahrheit zu hören und Gutes zu sehen als der Andere, und so scheint es allerdings, wenn wir auf diese Ungleichheiten hinblicken, als ob Gott die Person ansehe, und nach Gunst oder Ungunst handle. Es ist dem aber nicht also. Vorerst: wem Viel gegeben ist, von dem wird auch mehr gefordert werden als von dem, welcher ein geringeres Pfund erhalten hat. Wer aber das Evangelium, die Wahrheit Gottes hört und weiß, der ist für die Anwendung derselben so gut verantwortlich wie jeder Andere. Sodann gibt es ein Reich der Gnade, da bloß nach dem Grunde der Herzen, nach dem innersten, verborgensten, dem HErrn allein bekannten Sinn einer Seele gerichtet und gehandelt wird. Als Samuel die Söhne Isai’s besah, um einen von ihnen zum König über Israel zu wählen, so gieng zuerst der älteste Sohn Eliab, ein schöner, hochgewachsener Jüngling, an ihm vorüber, und Samuel gedachte, ob dieß nicht der Gesalbte des HErrn wäre. Der HErr aber sprach zu Samuel: „siehe nicht an seine Gestalt, noch seine große Person; ich habe ihn verworfen; denn es gehet nicht, wie ein Mensch siehet: ein Mensch siehet, was vor Augen ist, der HErr aber siehet das Herz an“ (1. Sam. 16.). Es gibt ein Reich der Gnade, wo nicht die von Natur Gewaltigen, Weisen und Edlen noch gewaltiger, weiser und edler werden sollen, sondern ein Reich, von welchem der Apostel sagt: „sehet an, liebe Brüder, euren Beruf: nicht viel Weise nach dem Fleische, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen; sondern was thöricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß Er die Weisen zu Schanden mache, und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß Er zu Schanden mache, was stark ist, und das Unedle vor der Welt, und das Verachtete hat Gott erwählet, und das da Nichts ist, auf daß Er zu nichte mache, was Etwas ist.“ Ja, fürwahr, Gott siehet die Person nicht an; darum hat Er von jeher nicht durch besonders Weise und Gewaltige, sondern von jeher durch geringe und schwache Werkzeuge Sein Reich ausgebreitet in dieser Welt. Wer waren die Apostel? Fischer und Handwerksleute, nicht von den Schriftgelehrten und Weisen jener Zeit. Wer waren so viele theure Werkzeuge in der Hand des großen Gottes? Schwach, oft sehr schwach von Natur; aber was sie von Natur nicht hatten, das hat ihnen die Gnade gegeben, und das Alles darum, damit alle Welt erkenne, daß der HErr Gott sey, und kein Anderer; damit sich vor Ihm kein Fleisch rühme, damit es offenbar werde vor der Kreatur, daß Gott die Person nicht ansehe.

Gott sieht nicht die Person an. O tiefes, einschneidendes, Mark und Bein durchdringendes Wort! Nicht, was Menschen aus mir machen, nicht, wie sie mich ansehen und schätzen, nicht, was dein eigenes Herz, das so viele Entschuldigungen, so viel Schlangentrug in sich hat, aus dir macht, nicht das gilt; nicht das Gewand gilt, das du mit heuchlerischem Herzen über deinen Jammer hereinwirfst; nicht der Schein gilt vor den feuerflammenden Augen Gottes, sondern Er sieht auf das Innerste, und nur das, was dein Innerstes ist, nur das bist du auch vor Seinem heiligen Angesichte. Wie sollte doch dem Heuchler, dem feinen und groben Heuchler, sey es, daß er vor den Menschen, oder vor Gott, oder vor sich selbst heuchle, - wie sollte ihm nicht das Herz erbeben vor dem furchtbaren Worte: „Gott siehet nicht die Person an!“ Es geht durch Seine ganze Gotteswelt eine unverletzliche Ordnung, ein heiliges Recht, daß Keiner mehr gelte, als er wirklich seinem innersten Wesen nach ist; es gibt ein Auge, das weder Trug, noch Heucheln leidet, sondern durch alle Selbstentschuldigungen, durch alle Lügen hindurch, womit der Mensch sich und Andere täuscht, durch alle Schlangengewinde hindurch auf den Grund sieht, und ihn darnach richten wird; und da möchte es wohl oft kommen, wie das Lied sagt: „Wen die Vernunft oft fromm und selig preiset, den hat Er längst aus Seinem Buch gethan“, ausgestrichen und verworfen als einen unnützen Knecht, als einen Lügner und Heuchler, während er von der Welt als ein besonders begnadigtes Kind Gottes angesehen wurde. Das ist schrecklich! Dafür bewahre uns der HErr, der barmherzige Gott! Ach, bitte Ihn doch: „Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz, prüfe mich und erfahre, wie ich’s meine!“ Bitte Ihn um Augensalbe; bitte Ihn, daß Er die Sünde von dir thue; denn wer nicht in der Wahrheit ist, wird nicht vor Ihm bestehen.

Jetzt freilich hat man noch Ausflüchte und Gründe genug, womit man sein ungöttliches Leben entschuldigt. man entschuldigt sich mit dem Lauf dieser Welt, mit seinem irdischen Beruf, der einen nicht zur Ruhe, zur Besinnung kommen lasse; man entschuldigt sich mit seinem Unglauben selbst und spricht: ich kann’s eben nicht glauben; man rechtfertigt seine Weltliebe und Nachgiebigkeit gegen die Welt mit dem Spott, dem man sich aussetzen würde, wenn man durchaus nach den Worten Christi lebte; man baut sich Gebäude vor die Wahrheit hin, das Gebäude der Rechtlichkeit und Redlichkeit, das Bollwerk der Gelehrsamkeit; man beruhigt sich mit seiner sonstigen Liebe zum Wort Gottes, beruft sich auf seinen bisherigen Umgang, auf seine Bildung, seinen Stand, auf die Armuth, bey der man sich wehren und helfen müsse, und den göttlichen Dingen nicht so nachkommen könne, - und solcher Entschuldigungen hat der Mensch viele. Aber meinest du, er werde sie auch haben vor dem Auge des Richters, der die Person nicht ansiehet? O, da werden sie zusammensinken, diese Heucheleien, wenn der Kern des Herzens, wenn der wahre Grund, wenn die Sünde als Hauptgrund offenbar wird, warum der Mensch Gott nicht die Ehre gegeben habe. „Ich sah“ – schreibt Johannes – „die Todten beyde, klein und groß, stehen vor Gott, und die Bücher wurden aufgethan, und ein anderes Buch, welches ist des Lebens, und die Todten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken“ – also mit Wahrheit, mit strengem Gericht; denn es geht das Gesetz der Wahrheit durch das ganze Reich Gottes. Ach, wenn Viele sich da hineinstellten, daß sie bedächten: auch mein Schulbuch wird aufgethan werden, so würden sie nicht so leichtsinnig oder so heuchlerisch dahin gehen; wenn sich Ehegatten und Eltern da hinein stellten, so würden sie in der Furcht Gottes und in der Liebe zu JEsu leben, und ihre Kinder mit Fleiß erziehen in der Zucht und Ermahnung zum HErrn. Wenn sich Dienstboten da hinein stellten, so würden sie zum HErrn aufblicken und mehr Treue beweisen, so würde Mancher auch geheimere Untreuen, Entwendungen und Näschereien, hinter dem Rücken der Herrschaft, als einen Greuel erkennen und fliehen, - denn wer im Kleinen treu ist, der ist auch im Großen treu; wer aber im Geringsten unrecht ist, der ist auch im Großen unrecht. Wenn manche Herrschaft das beherzigte, so würde sie milder und barmherziger seyn gegen ihr Gesinde, und ihre Seligkeit schaffen mit Furcht und Zittern. Denn am Gerichtstage wird der Herr neben dem Knecht, und die Frau neben der Magd stehen, als ob sie ihr Leben lang ihres Gleichen gewesen wären; Jeglicher wird allein nach dem Werthe seines Herzens gerichtet werden. „Wer reichlich gesäet hat, der wird reichlich ernten, und wer kärglich gesäet hat, der wird kärglich ernten; wer aber auf sein Fleisch gesäet hat, der wird vom Fleisch das Verderben ernten, und ist kein Ansehen der Person.“ –

Bedenket es denn, liebe Brüder und Schwestern, daß da oben ein Gott ist, ein unpartheyischer, heiliger und gerechter Gott; fürchtet Ihn und gebet Ihm die Ehre! Ihr Armen im Geiste, ihr Mühseligen und Beladenen, ihr Verachteten und Verkannten, ihr unter ungerechtem Druck Leidenden, die ihr den HErrn fürchtet und liebet, seyd stille zum HErrn, und wisset, daß ein Tag kommt, wo eure Gerechtigkeit offenbar werden, wo Er Recht schaffen wird Allen, die Unrecht leiden. Herunter von deiner Höhe, du stolzer Geist, der du dich an Diesem und Jenem hältst, um deinen Hochmuth nicht aufgeben, um dich nicht unter die gewaltige Hand des HErrn demüthigen zu müssen! Steige herab, und werde arm und niedrig in deinen Augen, denn es kommt ein Tag, wo alle hohen Augen, alle stolzen Herzen, wo alles Prahlen und Pochen, alles Kämpfen und Rechten wider das Wort des ewigen Gottes herabgestürzt wird in Schande und Schmach, wo allen losen Verächtern das Herz entfallen wird. Schon jetzt lachet der HErr ihrer, und der im Himmel sitzt, spottet ihrer; dann werden die Tugendhaften und die Selbstgerechten, die Christum verworfen haben, und alle Lügner ihr Theil empfangen nach ihren Werken. Ihr aber, die ihr Ihn fürchtet und liebet, freuet euch; denn Er siehet und kennet euch; thut desto mehr Fleiß, und wachset in Ihm, damit euer Leben mit Ihm verborgen sey in Gott, und ihr mit Ihm, wann Er offenbaret wird, offenbar werden dürfet in der Herrlichkeit. Amen!

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