Hofacker, Ludwig - Predigt am dreyundzwanzigsten Sonntage nach Trinitatis

Hofacker, Ludwig - Predigt am dreyundzwanzigsten Sonntage nach Trinitatis

Von dem rechten Gebrauche der Zunge

Text: Jakobi 3,1-12.

Lieben Brüder, unterwinde sich nicht Jedermann, Lehrer zu seyn; und wisset, daß wir desto mehr Urtheil empfangen werden. Denn wir fehlen Alle mannigfaltig. Wer aber auch in keinem Wort fehlt, der ist ein vollkommener Mann, und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten. Siehe, die Pferde halten wir in Zäumen, daß sie uns gehorchen, und lenken den ganzen Leib. Siehe, die Schiffe, ob sie wohl so groß sind und von starken Winden getrieben werden, werden sie doch gelenket mit einem kleinen Ruder, wo der hin will, der es regieret. Also ist auch die Zunge ein kleines Glied, und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch’ ein Wald zündet es an? Und die Zunge ist auch ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit. Also ist die Zunge unter unsern Gliedern, und beflecket den ganzen Leib, und zündet an allen unsern Wandel, wenn sie von der Hölle entzündet ist. Denn alle Natur der Thiere, und der Vögel, und der Schlangen, und der Meerwunder werden gezähmet, und sind gezähmet von der menschlichen Natur; aber die Zunge kann kein Mensch zähmen, das unruhige Uebel, voll tödlichen Gifts. Durch sie loben wir Gott den Vater; und durch sie fluchen wir den Menschen, nach dem Bilde Gottes gemacht. Aus Einem Munde gehet Loben und Fluchen. Es soll nicht, lieben Brüder, also seyn. Quillet auch ein Brunnen aus Einem Loch süß und bitter? Kann auch, lieben Brüder, ein Feigenbaum Oel, oder ein Weinstock Feigen tragen? Also kann auch ein Brunnen nicht salziges und süßes Wasser geben.

Unsere Abend-Lection handelt von den Sünden der Zunge überhaupt. – Wenn es wahr ist, was hier geschrieben stehet: „wir fehlen Alle mannigfaltig“, so ist es besonders wahr, daß wir mit der Zunge mannigfaltig fehlen. Der Apostel redet zunächst von den Sünden, deren sich Diejenigen schuldig machen, welche das Evangelium zu predigen berufen sind, weßwegen er sagt: „unterwinde sich nicht Jedermann, Lehrer zu seyn, und wisset, daß wir desto mehr Urtheil empfangen werden; denn wir fehlen Alle mannigfaltig. Wer aber in keinem Worte fehlet“ (besonders im Worte Gottes nicht; wer dieses recht zu theilen weiß (2. Tim. 2,15.)), „der ist ein vollkommener Mann.“ Jakobus redet aber nicht bloß von den Lehrern, sondern sogleich von den Zungensünden überhaupt, und verbreitet sich darüber mit durchschneidenden Worten. –

Lieber Mensch! du bist vielleicht zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig Jahre alt, oder noch älter, und diese Jahre theilen sich in Tage, und wie viele Worte werden an einem einzigen Tage geredet; wie viele Worte, welche, auf die göttliche Waagschale gelegt, die Probe nicht aushalten! – Wir haben alle Ursache, uns ernstlich zu prüfen, wenn wir von den Sünden der Zunge reden; deßwegen habe ich mir vorgesetzt, in dieser Stunde zu reden

von dem rechten Gebrauche der Zunge.

Wir wollen aber vorher den HErrn um Seinen Segen anrufen; Lieber Heiland! Du weißt es: wir fehlen Alle mannigfaltig; aber wie oft und viel wir mit unsern Zungen schon gefehlt und gesündiget haben, das weißt nur Du! Ach, wir bitten Dich, wecke uns auf, gib uns die vielen und großen Sünden, die wir schon begangen haben, recht zu erkennen in dieser Stunde, damit wir uns demüthigen vor Deinem Gnadenthrone, und noch Barmherzigkeit empfangen in dieser Gnadenzeit, und nicht als unfruchtbare oder arge Bäume umgehauen, und aus Deinem Garten geworfen werden. O barmherziger Heiland! gib, daß wir reden, um vor Dir bestehen zu können, um auch über diese Art der Sünde nicht verdammt zu werden. Erbarme Dich unser! Amen.

Wir haben eine Zunge in unserem Munde; Gott, unser Schöpfer, hat uns mit derselbigen die Fähigkeit zu reden gegeben. Wozu haben wir sie? wozu hat sie Gott uns in den Mund gelegt? Etwa dazu, daß wir sie nicht gebrauchen sollen? daß wir uns selbst und unsern Nächsten damit in zeitlichen und ewigen Schaden bringen? oder zu faulem, nichtswürdigem Geschwätz? oder zum Fluchen und Schwören? oder, daß wir das in uns liegende Sündengift in andere Herzen ausgießen, oder zur Vermehrung des Reichs des Teufels? oder nur, um unsern Vortheil, unser Vergnügen, unsere Ehre zu befördern in dieser Welt? – Hat uns der Schöpfer dazu die Zunge verliehen? Nein! – Aber wozu denn? – Zur Verherrlichung Seines großen Namens!

Sehet hinaus in die Schöpfung; sehet an die Thiere des Feldes, die Vögel unter dem Himmel, die Fische in den Wassern; sehet an die Hügel und Berge, die Auen und Thäler, die Flüsse und Seen, die Bäume und Pflanzen, die Sonne, den Mond und die Sterne, und die ganze äußere Natur, - und wenn wir hierauf fragen: wozu haben wir unsere Zunge? so wird uns die Antwort werden: Zur Verherrlichung des großen Namens Gottes! – Sehet an die Erde in ihren Jahreszeiten: den Frühling, wenn die ganze Natur aus ihrem winterlichen Schlafe zum neuen Leben erwacht, wenn sich Alles auf der Erde und in den Lüften mit Freuden regt; betrachtet sie im Sommer zur Erntezeit, wo die volle Garbe dem Schnitter in die Arme fällt; betrachtet sie im Herbste, wo die Vorraths-Kammern Gottes sich öffnen, wo Er Seinen Reichthum aufschließt, und Alles, was da lebt, mit Wohlgefallen sättiget, - auch diejenigen Geschöpfe, die keines Wohlgefallens, sondern des Zornes werth sind; schauet an den Winter, da der HErr Schnee gibt wie Wolle, da Er Seine Schloßen wirft wie Bissen, und en Reif streuet wie Asche: wozu das Alles? – Ist’s nicht zum Genuß, zum Unterhalt, zur Freude und zum Wohl Seiner Kreaturen? ach, auch der gefallenen, der ungerechten und empörerischen Kreaturen, die man Sünder heißt, damit Er durch Liebe aus ihren Herzen einen Laut des Dankes und Preises locke zur Verherrlichung Seines großen Namens? – „Sehet an die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht; ich sage euch, spricht der Heiland, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist als derselbigen Eine“; - und alle diese Blumen preisen mit ihrer stillen Lieblichkeit ihren Schöpfer. – „Sehet an die Vögel unter dem Himmel; sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in ihre Scheunen, und unser himmlischer Vater nähret sie doch.“ Sie fliegen daher mit vielfachen Liedern und Tönen, und wozu hat ihnen der HErr eine Zunge und eine Stimme gegeben? Ist’s nicht zu Seines namens Verherrlichung? Ist’s nicht darum, daß sie ihre Freude damit kund geben, auf daß die Güte Gottes gepriesen werde?

Mein Auge sieht, wohin es blickt,
Die Wunder Seiner Werke:
Der Himmel, prächtig ausgeschmückt,
Preist Ihn, den Gott der Stärke;
Wer hat die Sonn’ an ihm erhöht?
Wer kleidet sie mit Majestät?
Wer ruft dem Heer der Sterne?

Ihn preiset Sonnenschein und Sturm,
Ihn preist der Sand am Meere;
Bringt, ruft auch der geringste Wurm,
Bringt unser’m Schöpfer Ehre!
Mich, ruft der Baum in seiner Pracht,
Mich, ruft die Saat, hat Gott gemacht,
Bringt unser’m Schöpfer Ehre! –

Das ist der Zweck der ganzen Schöpfung, daß es den Kreaturen wohlgehen, und daß durch solches Wohlergehen der Name Gottes geheiliget und verherrlichet werde. Ist aber die ganze Natur dazu geschaffen, so ist es auch dein Leib, und ist es dein Leib, so ist auch deine Zunge, o Mensch, dir gegeben zum Preise des großen Gottes und Heilandes, damit du dich selbst zu Seinem Lobe ermunterst, deinen Nächsten besserst, und so den großen Namen des HErrn verherrlichest.

Lieber Zuhörer! hast du auch schon daran gedacht, daß du deine Zunge vielleicht schon zwanzig, dreyßig, vierzig, fünfzig, sechszig Jahre zu diesem Zwecke im Munde trägst? Hast du auch schon bedacht, wie wahr es ist, was jenes Lied sagt:

Welcher Mund nicht Gott verehrt,
Der ist keiner Zunge werth! - ?

Hast du auch schon ernstlich daran gedacht, daß du als eine Kreatur schuldig und verbunden bist, wie deine übrigen Gliedmaßen, so auch vornehmlich deine Zunge zur Ehre und zum Dienste Gottes zu gebrauchen? Ach, wie blind sind wir! Wie sehr lassen wir das außer Augen, was vor den Füßen liegt, und trachten nach Dingen, die wir nicht erreichen! Wie wenig verstehen wir die Wege Gottes! –

Der Apostel sagt: „durch die Zunge loben wir Gott, den Vater“; und wahrlich, das sollte ein Hauptgeschäft unserer Zunge seyn, Gott, den Vater der Barmherzigkeit, den heiligen, hocherhabenen und doch so gnädigen Gott zu loben. Das ist eine große, himmlische Beschäftigung. Wenn wir in die Offenbarung Johannis hineinblicken, und sehen die ersten Geister, die vor dem Throne Gottes stehen, die vier Lebendigen (Offenb. 4.), die inwendig voll Augen sind, und hineinschauen in die Tiefen der Weisheit und Majestät Gottes, - was thun sie? Sie loben Gott, und rufen: „Heilig, heilig, heilig ist Gott, der HErr, der Allmächtige, der da ist, der da war und der da kommt!“ Und die vierundzwanzig Aeltesten, die Repräsentanten der Menschheit, was thun sei? – Sie werfen ihre Kronen nieder, und rufen: „HErr, Du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft, denn Du hast alle Dinge geschaffen, und durch Deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen!“ Das Lob Gottes ist eine himmlische Beschäftigung.

Aber, möchte Einer fragen, gibt es denn auch Stoff und Gelegenheit genug, Gott zu loben? Ich sage euch, Stoff genug, Gelegenheit genug, ja nur zu viel, so daß keine Zunge Ihn nach Würdigkeit preisen kann. Wenn du betrachtest, o Mensch, die ewige, väterliche Kraft und Herrlichkeit, wie sie sich in aller Kreatur kund thut, - den Himmel, Seiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die Er bereitet hat, bis herab zum Wurme, der sich im Staube krümmt; wenn du betrachtest die Liebe gegen ein gefallenes Sündergeschlecht, und den Vorsatz der Ewigkeiten zur Rettung arger, greulicher, widerspenstiger Menschen; die Heilsanstalt, die Er in der Zeit getroffen hat, und in der Ewigkeit hinausführen will; Seine geoffenbarte Liebe in JEsu Christo, dem Glanz der Herrlichkeit und dem Ebenbilde Seines Wesens; die Leutseligkeit und Güte des Sohnes Gottes; den Erdenwandel des Menschensohns, voll Huld und Erbarmung die Sünder annehmend; die Hirtentreue des HErrn JEsu, da Er im Tode Sich aufopferte für Sünder, für Seine Feinde, und eine ewige Erlösung erfand für die ganze Welt; wenn du betrachtest Sein bespeites Antlitz, todtenblaß und zerschlagen von den Mördern; Seine Ruhe im Grabe, wodurch Er deine Grabesstätte heiligen wollte; Seine glorreiche Auferstehung und Himmelfahrt, dadurch Er dem Tode die Macht genommen hat, und eingegangen ist in die ewigen Hütten, wo Er Denen eine Stätte bereitet, die Ihn lieben, - und das Alles umsonst und aus freyer Gnade: wenn du dieses Alles, die ganze Anstalt des Heils ansiehst, von Adam an bis zum neuen Jerusalem hinauf: hättest du da nicht Stoffs genug zum Lobe und zur innigsten Anbetung deines Gottes? Und wenn du mit Geistesaugen da hineinblickst, sollte es dir nicht so werden, daß nicht bloß deine Zunge, sondern dein ganzer Leib mit Seele und Geist den HErrn lobte, und du mit David sprächest: „Lobe den HErrn, meine Seele, und Alles, was in mir ist (all’ mein Vermögen, all’ meine Kraft), Seinen heiligen Namen! Lobe den HErrn, meine Seele, und vergiß nicht, was Er dir Gutes gethan hat!“ –

Und warum denn sind unsere Zungen so träge und verdrossen zum Lobe Gottes, unseres Heilandes, da doch der Lebensgang eines Jeglichen eine Offenbarung der Güte und Wahrheit Gottes ist? Denke doch einmal zurück an die vorigen Zeiten, wage es, mit David zu sagen: „ich gedenke der vorigen Zeiten, ich rede von allen Deinen Wundern“; - ja wohl, von den Wundern der Liebe Gottes! lauter ewige unbegreifliche Wunder, die wir nicht zu fassen vermögen. – Du bist geboren worden; ist das nicht ein Wunder? du hättest auch nicht geboren werden können, und wer hätte dann nach dir gefragt, oder dich vermißt? – nun aber bist du geboren, und bestimmt zu einer ewigen Seligkeit; Gott will, daß auch dir geholfen werde; und daß du zu Seiner Erkenntniß kommest; sage an, welch’ ein großes Wunder! Du bist getauft und in den Gnadenbund Gottes aufgenommen worden; Gott hat dir versprochen, dein gnädiger Gott und Vater zu seyn. Hast du das verdient? ist das nicht ein Wunder Seiner Liebe und Barmherzigkeit? – Du bist im Christenthum unterreichtet, weißest vielleicht den Weg zur Seligkeit durch Christum: - großes Wunder! Denn viele Tausende wissen das nicht, und erfahren es in ihrem Leben nie. Du hast vielleicht die Kraft des Todes und der Auferstehung Christi lebendig an deinem Herzen erfahren: fürwahr, das ist das größte Wunder, denn es gibt, wie Luther schon gesagt hat, kein größeres Wunder, als wenn Gott einen Menschen den Glauben schenkt, wenn ein armer, elender, verdammlicher Sünder ein Kind Gottes wird. Und denke einmal an deinen ganzen Lebenslauf, wie Gott dich bisher geführt, geschützt, erhalten, bewahret, errettet, herausgerissen, getragen und geleitet, wie Er dir Leben und Wohlthat, Obdach, Schutz und Hülfe gegeben hat bis auf diesen Tag, unverdient, wunderbar, über all’ dein Bitten und Verstehen: ach, sollte nicht aus dem Allem ein Lob erwachsen, das in die Ewigkeiten hinein forttönt? – Oder wenn ich hineinsehe in diese Zeit, und betrachte Gottes Finger an so manchen Seelen, wie Er die Heiden zu Sich ruft aus ihrer Finsterniß, und die Kraft und Macht Seiner Herrschaft beweist von einem Meere zum andern; wenn ich sehe, wie Schaaren von Heiden niederfallen vor dem Lamme, und Könige der Heiden nach tausendjährigem Götzendienst ihrer Länder anheben zu fragen nach dem Morgenstern; wenn ich hineinblicke in diese letzte Zeit, und betrachte, wie bey so manchen Planen der Argen, bey so vielen Künsten der Bosheit und Finsterniß der HErr Sich dennoch hier und dort ein Volk sammelt unter Alten und Jungen, und eine Macht sich bereitet aus dem Munde der Kinder und Säuglinge, so ist das groß und anbetungswerth, so sollte es uns hineinführen in den Lobgesang:

Womit soll ich Dich wohl loben,
Mächtiger HErr Zebaoth?
Sende mir dazu von Oben
Deines Geistes Kraft, mein Gott!
Denn ich kann mit nichts erreichen
Deine Gnad’ und Liebeszeichen.
Tausend, tausend Mal sey Dir,
Großer König, Dank dafür!

Das ist das Hauptgeschäft, sollte wenigstens das Hauptgeschäft unserer Herzen und Zungen seyn; und wenn wir’s nicht thun, so kann Gott aus Steinen sich ein Lob erwecken. Denn Sein großer Name muß verherrlicht werden, und wenn es der stolze, hartnäckige Mensch nicht thun will, so muß es doch geschehen, so müssen, sagt JEsus: „die Steine schreyen!“

Aber du sprichst: ich sollte doch fast glauben, daß ich meine Zunge noch zu etwas Anderem hätte als zum Lobe und zur Verherrlichung Gottes; man kann doch nicht immer loben und danken, man muß oft auch seufzen und flehen, denn die Erde ist noch ein Thränenthal; man kann auch nicht immer seufzen und beten, man muß auch arbeiten, man muß im täglichen Leben über dieß und jenes reden; ich muß meiner Handthierung, meinem Amte nachgehen, muß lernen und lehren, habe einen Beruf, worin ich mit vielen Menschen verkehren muß, habe meinen Handel, meine Freundschaften, Bekanntschaften; sollte ich denn da immer von Gott reden und Seinen Namen preisen? Das Leben ist so vielseitig, es gibt so mannigfaltige Berührungen, wobey man so Vieles zu reden hat; darum, sage ich, sollte ich fast glauben, daß ich meine Zunge noch zu etwas Anderem habe. – Nein, lieber Mensch, glaube es sicherlich, du hast sie zu nichts, zu nichts Anderem als zur Verherrlichung Gottes! „Alles“, sagt der Apostel, „was ihr thut (und also auch, was ihr redet), das thut (und also auch, das redet) im Namen des HErrn JEsu, und danket Gott und dem Vater durch Ihn.“ – Siehe, darin liegt das große Geheimniß der Gottseligkeit.

Man kann freilich nicht immer Psalmen singen, das ist wahr; man kann nicht immer preisen und feyern, und das aus dem einfachen Grunde, weil wir auf Erden, und noch nicht im Himmel sind. O wer erfährt das nicht? „Wir sind beschweret in dieser Hütte“ – sagt der Apostel – „und sehnen uns.“ Das Erste ist noch nicht vergangen, und das Zweite ist noch nicht da; die Schwachheit, die Krankheiten, der Druck des Eiteln, die Trübsale, durch welche die Erben des ewigen Reiches hindurch müssen, sind noch vorhanden; da kann man nicht immer Psalmen singen. – Aber kannst du denn, o Mensch, Gott nicht auch durch deine Leiden, und vorzüglich durch diese verherrlichen, wenn du sie in der Gemeinschaft JEsu trägst? kann Er denn nicht auch durch deine Thränen, durch deine Bitte, Gebet und Fürbitte, welche du vor Seinen Gnadenthron bringst, durch die Wehmuth und Sehnsucht, womit du mit deinen Sünden dich Ihm zu Füßen legst und um Heilung flehst, verherrlicht werden? – Man kann nicht immer beten und flehen; man muß auch arbeiten, handthieren, reden über dieß und das; es gibt Freundschaften, Bekanntschaften, Verbindungen, worin man auch über gleichgültigere Dinge zu sprechen hat. Aber kannst du nicht auch über gleichgültigere Dinge im Namen Gottes, deines Heilandes, reden? Kannst du Ihn nicht preisen, wenn du im Namen des HErrn JEsu deine Geschäfte treibst, deine Haushaltung führst, das Nöthige dabey redest und ordnest? wenn du über die geringsten Dinge in der Salbung des Heiligen Geistes mit sanftem, ernstem Sinn, in einer des Nachfolgers JEsu würdigen Gemüthsfassung sprichst, wenn du unnöthige, weitschweifige, weltliche Gespräche abbrichst oder verkürzest, so viel an dir ist, wenn du deine Rede mit Salz lässest gewürzt und lieblich seyn, dem Nächsten zur Belehrung oder Erbauung in der Liebe? Du hast etwa zu kaufen oder zu verkaufen; kann das nicht zur Verherrlichung Gottes geschehen, wenn du dein Geschäft führest im Blick auf Den, der da arm wurde um unsertwillen, damit wir durch Seine Armuth reich würden, im Blick auf Ihn, der da gesagt hat: „ Hütet euch vor dem Geiz, denn Niemand lebt davon, daß er viele Güter dieses Lebens hat“; der gesagt hat: wie schwerlich werden die Reichen in’s Reich Gottes kommen: denn „es ist leichter, daß ein Kameel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher in’s Himmelreich komme -?“ Wie viele unnützen, sündlichen Worte werden gewöhnlich bey’m Handel gemacht; wie viele falschen Höflichkeiten und Anpreisungen, hinter welchen meist nur ein elender Geiz steckt; wie viele betrüglichen Gegenreden, Betheuerungen und Angebote, - die alle aus deinem finstern, selbstsüchtigen Herzen in Gottesvergessenheit hervorgehen! O was kannst du in solchen Fällen verhüten, wie kannst du da den Unterschied zwischen einem Christen und Weltmenschen zeigen, wenn du mit Einfalt und Wahrheit im Aufsehen auf deinen himmlischen Mittler redest und handelst! – Ferner, kannst du nicht den Namen Gottes verherrlichen, wenn du mit sanftmüthigem Geiste deinen Bruder zurechtweisest, der fallen will, ihn mit Geduld trägst, und mit Liebe wieder aufrichtest? Oder wenn du den HErrn JEsum bekennest, wo es Noth thut vor einem unschlachtigen Geschlecht; oder wenn du die Ermahnung des Apostels befolgst: „ein jeglicher Mensch sey schnell zu hören, aber langsam zu reden und langsam zum Zorn“ (Jak. 1,19.), und also zeigest, daß du einen Wandel vor Gott führst? – Ist das nicht Alles zur Verherrlichung des großen Gottes? Ja, also wird Gott gepriesen durch JEsum Christ, welchem sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dazu haben wir die Zunge. –

Wozu wird aber dieses kleine Glied gewöhnlich gebraucht? Höret den Apostel Jakobus. Er nennt sie ein unruhiges Uebel voll tödtlichen Giftes. Hat uns Gott dieselbe dazu in den Mund gegeben, daß wir tödtliches Gift damit ausströmen? Welches Thier strömt Gift aus seinem Munde? Nicht wahr, die Schlange? Ist’s nicht also Schlangenart, Teufelsart? wie denn auch Paulus von den Sündern bezeugt: „Otterngift ist unter ihren Lippen.“ –

Durch sie loben wir Gott, den Vater, und durch sie fluchen wir den Menschen „nach Gottes Bilde gemacht.“ Ach, wir haben sie zum Loben, und gebrauchen sie zum Fluchen; dem Menschen fluchen wir, der nach dem Bilde Gottes geschaffen, der von Gott geliebt ist; und wer der Kreatur flucht, der flucht eben damit ihrem Schöpfer. Es stehet geschrieben: „du sollst den Namen des HErrn, deines Gottes, nicht vergeblich führen“; und wer im Alten Bunde dagegen sündigte, wurde aus der Stadt geführt und todt gesteinigt. Ach, liebe Zuhörer, das wissen wir; aber wie Viele thun es dennoch! Ach, welche Flüche strömen aus dem Munde Derer, die verloren gehen; welche Verwünschungen und gräßliche Dinge bekommt man oft zu hören, und gerade, je größer der Zorn, je grimmiger die Bosheit ist, desto schrecklichere Verfluchung der heiligsten Dinge! Ist das nicht entsetzlich, daß der Mensch in seinem Zorn und Uebermuth gerade das, was ihm zum Heil gegeben ist, verflucht, und sich an dem Heiligen den Fluch holt? O glaube doch Keiner, daß die greulichen Worte, die Flüche, die aus einem satanischen Herzen herausfahren, in die Luft verhallen. Nein, sie verhallen nicht, sie werden aufgezeichnet in die göttlichen Bücher des Gerichts, und werden offenbar werden am großen Tage des Zorns, wenn der Zorn Gottes ausbricht über die Kinder des Unglaubens. Das heißt mit seiner Zunge sich selbst ein Feuer anzünden, das ewiglich brennt.

Sehet in diese oder jene Gesellschaft hinein. Sie sitzen schon lange beysammen, und befinden sich in der lebhaftesten Unterhaltung; es ist ein sogenannter guter Gesellschafter unter ihnen, der immer wieder etwas Neues vorzubringen, die Aufmerksamkeit auf dieß und jenes zu lenken, und die Langeweile auf das Niedlichste zu vertreiben weiß. Sie sind lange gesessen; endlich stehen sie auf, und gehen auseinander. Sie haben Viel gesprochen; sind sie besser geworden in ihrer Gesellschaft? nein; ist etwas zur Verherrlichung Gottes geschehen? nein; haben sie etwas Heilsames gelernt? nein! – Was haben sie dann geredet? Gegessen und getrunken haben sie wie zu den Zeiten Noah, gelacht, gescherzt, gespielt, von Krieg und Frieden, von allerley nutzlosen Dingen gesprochen, die sie vielleicht nicht einmal verstehen; ihre elenden Kleinigkeiten des täglichen Lebens zur Schau ausgelegt; - sie sind über einen Abwesenden hergefallen, haben seine Untugenden durchgegangen, und das Gespräch wurde lebhafter, als es auf diese Materie kam; da wußte immer Einer noch mehr als der Andere; und so haben sie ihre edeln Stunden verloren, ach, die edle Gnadenzeit, die man auskaufen sollte, für die man Rechenschaft geben muß; doch nein, sie haben sie nicht verloren, sondern sich Schätze gesammelt, - aber nicht für den Himmel, sondern für die Hölle! – O arme Mitbrüder und Mitschwestern, die ihr in solchen elenden, faulen Geschwätzen stecket, - weinet und seufzet über euer Elend, traget Leid; euer Lachen verkehre sich in Weinen und eure Freude in Traurigkeit! Ist nicht euer armes Leben wie ein Dampf, der eine kleine Zeit währet, darnach aber verschwindet er? fährt es euch nicht buchstäblich dahin wie ein Geschwätz, und unter lauter Geschwätz? Habt ihr ferner nicht gelesen: „wer bist du, daß du einen Andern urtheilest, daß du deinen Bruder richtest? Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet, denn mit welcherley Maaß ihr messet, damit wird euch gemessen werden.“ Habt ihr nicht gelesen: „lasset kein faul Geschwätz aus eurem Munde gehen“ - ? Habt ihr nicht gelesen: „schandbare Worte und Narrentheidinge lasset ferne von euch seyn, und wisset, daß um derselbigen willen der Zorn Gottes kommt über die Kinder des Unglaubens?“ – Ich stehe hier nicht als ein Heiliger, sondern als ein Sünder, und sage Solches mir selbst, wie euch Allen; aber ich bitte Jeden um seiner Seligkeit willen: lasset doch dieses wichtige, für die Ewigkeit so wichtige Leben nicht als ein Geschwätz dahingehen! –

Der Apostel sagt ferner V. 6.: „die Zunge ist eine Welt voll Ungerechtigkeit; also ist die Zunge unter unsern Gliedern, und befleckt den ganzen Leib, und zündet an all’ unsern Wandel (oder nach dem Grundtext: sie entzündet das Rad der Natur), wenn sie von der Hölle entzündet ist.“ – Wie ist dieß zu verstehen? Das ist leicht zu fassen. – Betrachtet einmal einen Menschen, wenn er sich über etwas geärgert hat, und vom Zorngeist angefacht, d.h. mit andern Worten, von der Hölle entzündet wird; - denn der Zorn, der Neid, der Grimm, die Bitterkeit ist aus der Hölle, und wird von demselben Feuer, das im Satan und in der Hölle brennt, entzündet. Ich will es in einem Gleichniß darstellen: denket euch einmal einen Topf, der über einer Flamme stehet; er ist voll Unreinigkeit; nun wird er heißer und immer heißer, endlich kocht er; da steigt die Unreinigkeit immer weiter empor; endlich braust sie heraus und in das Feuer hinein. – Nun denket euch den Menschen mit seinem herzen, daraus die argen Gedanken hervorgehen; der Zorngeist wüthet in ihm, und schwellt ihm das Herz auf; jetzt macht er diesem Zorngeist durch Reden Luft; seine Geberde verstellt sich wie Kain’s, es blickt etwas Satanisches aus seinem Auge, und was strömt nun aus diesem Munde hervor? Lauter höllische Ausgeburten! Dadurch zieht er sich selbst immer tiefer in die höllische Art hinein; die Hölle macht ihn beredt, die Worte, die er ausstoßt, bringen neues Feuer in das Rad seiner Natur, d.h. in sein Temperament, in seinen Geblütsumlauf, und so steigert er sich immer weiter, bis er ganz ein Werkzeug der Hölle und des Argen ist. Sehet, das thut die Zunge. Wäre er stille gewesen, hätte er nur innerlich geseufzt: Ach, HErr, hilf mir, ich bin schwach, der satanische Zorngeist plaget mich! wäre er geflohen vor der Gelegenheit, die ihm den Anlaß zum Zorn gab, so hätte er überwunden, und von der ganzen Sache nichts als Segen davongetragen; weil er aber redet, was Satan gerade herausbringen will, so wird Satan Herr über ihn. Seine Sünde hat mit dem Reden begonnen. Sehet, so entzündet die Zunge bey jeder Leidenschaft unsere Natur, unser Temperament, und führt den Menschen, der ihr nachgibt, immer tiefer in die Finsterniß. Ach, wer ist weise und klug unter uns? Der erzeige mit gutem Wandel seine Werke, in der Sanftmuth und Weisheit! –

Manche Menschen schätzen sich über das Alles hinaus, was hier geredet wurde. Sie lassen ihrer Zunge in Allem den freien lauf, sie schwatzen und afterreden, sie lügen und schimpfen, sie bringen ihre Jahre zu wie ein Geschwätz, und wollen doch gute, angesehene Christen seyn. Worauf gründen sie denn diesen Ruhm? Darauf, daß sie Gott manchmal ihre Zunge leihen; des Morgens zum Morgensegen, des Abends zum Abendsegen, des Mittags zum Tischgebet, hie und da zu einem Vaterunser, und Sonntags in der Kirche zu einem Gesang: die übrige Zeit aber besitzt der Teufel die Zunge. Ist das ein vernünftiger oder unvernünftiger Gottesdienst? Aus Einem Munde gehet Loben und Fluchen? Es soll nicht also seyn, lieben Brüder! Quillet auch ein Brunnen aus Einem Loch süß und bitter? kann auch, liebe Brüder, ein Feigenbaum Oel, oder ein Weinstock Feigen tragen? Also kann auch ein Brunnen nicht zugleich salziges und süßes Wasser geben; also kann man auch nicht zugleich schwatzen und beten, nicht zugleich lügen und segnen, nicht zugleich fluchen und loben. Das ist wider die Natur.

Was soll ich aber von Solchen sagen, die ihre Zunge mißbrauchen, zu verführen die Unschuldigen, die nicht nur selbst böse und Kinder des Argen sind, sondern auch eine Freude haben, Andere dazu zu machen; die ihr eigenes Gift mit satanischer Bosheit auch in andere Herzen gießen, die dem HErrn JEsu Seine Kleinen entreißen, und nicht Mitarbeiter Gottes, sondern Missionare und Verbreiter des Reichs des Teufels, und Seelenmörder sind durch ihre Zunge? – „Hütet euch“, hat der Heiland gesagt, „daß ihr keines von diesen Kleinen ärgert, die an mich glauben!“ – Ach, wie manche Eltern trifft das, die ihre Kinder selbst verderben, indem sie Alles, was ihnen einfällt, vor diesen reden, die mit roher Blindheit so oft ihre armen Kleinen auf diese Weise frühe zu bösen Früchten ziehen! – Was soll ich von Denen sagen, die sich nicht scheuen, ihre Gottes- und Bibel-Verachtung, die in ihrem finstern Herzen wohnt, frey herauszugeben, die den Unglauben gegen Christum, dessen wahrlich ohnehin genug ist in der Welt, durch Wort und That predigen, und den armen Seelen ihren Heiland verdächtigen und rauben wollen? Habt ihr nicht genug an eurem eigenen Unglauben? Habt ihr nicht genug, daß ihr selbst auf der breiten Straße dem ewigen Feuer entgegentaumelt? Warum wollet ihr auch noch Andere mit hineinreißen? Was willst du machen, hochmüthiger Verächter, wenn nur eine einzige Seele, die du verderbet hast, an jenem Tage wider dich schreyet: du hast mich verderbet! du bist schuldig, daß ich der Hölle anheimfalle! Fluch und ewige Rache über dich! - ? – „Wehe der Welt der Aergerniß halber!“ spricht der treue und wahrhaftige Zeuge; „es muß ja Aergerniß kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen Aergerniß kommt! Wer ärgert einen dieser Geringsten, die an Mich glauben, dem wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt, und er selbst ersäuft würde im Meere, da es am tiefsten ist!“ – Was wird der Heiland machen an jenem Tage? Er wird seyn wie ein Löwe, dem seine Jungen geraubt, dem seine Kleinen gestohlen sind! –

„Die Zunge ist ein kleines Glied, und richtet große Dinge an. Siehe, ein klein Feuer, welch’ ein Wald zündet es an?“ – Was kann ein Wort anstiften, ach, was kann ein einziges Wort schaden, das du im Leichtsinn, in der Gottesvergessenheit, im Zorn, im Rausche der Welt, bethört von ihrem Zauberkelch, ausgesprochen hast! Du hast es etwa auf der Straße oder im Zimmer ausgesprochen; ein Vorübergehender hat es gehört, es ist in seine Seele als ein höllisches Gift gedrungen, es hat in ihm Gedanken, Lüste und Begierden veranlaßt, die ihn der Hölle zuführen; es ist als ein Unkrautsame in einen Acker gefallen, der ist geworden wie du, und hat noch Andere durch sein Wort und Beispiel verderbt; so hast du durch ein kleines Feuer einen großen Wald angezündet. – Wenn man einen Stein in’s Wasser wirft, so entsteht ein Ring, und dann wieder einer, und sofort unzählige Ringe bis zum Ufer hin. So erstreckt sich oft die Wirkung eines einzigen Wortes, das im Unglauben, im Spott, in der Bosheit oder in der Lüge ausgesprochen wurde, auf viele Tausende, oft bis auf die späten Nachkommen, - und dafür ist der Eine Mensch verantwortlich. Was willst du machen, wenn nicht nur Eine Seele, sondern Viele, die du durch deine Worte geärgert und verführt hast, Rache über dich schreyen vor dem Stuhl des ewigen Gerichts? – Aber siehe, man bedenkt es nicht, man schwatzt fort, wie man will, und glaubt nicht, daß Alles einen so wichtigen Bezug auf die Ewigkeit habe. Der Sohn Gottes aber spricht – merket es wohl -: „ich sage euch, daß die Menschen Rechenschaft gegen müssen von einem jeden unnützen Worte der Heucheley, die schön thaten in’s Gesicht, während das Herz voll Grimmes und Feindschaft war, wenn alle satanischen Geburten der Zungen, alle Bitterkeit, alle Verläumdungen, alle Flüche, aller gottlose Spott und Hohn, alle Aergernisse, und alle die Millionen, die dadurch verderbt worden sind, - wenn das Alles hervorkommt an das Licht, und offenbar wird vor dem Richterstuhle Gottes und JEsu Christi! – Wehe dir, wenn du nicht Buße gethan hast! –

Ach, lasset uns Buße thun, meine Zuhörer, so lange wir noch können, und ein Athem in uns ist; lasset uns fliehen zu den Wunden Christi, die uns ausgesöhnt haben, und wo Gnade und Barmherzigkeit zu finden ist. Denn der Zorn Gottes über alles ungerechte und gottlose Wesen der Welt ist groß, und wird bald anbrennen, und hinunterbrennen bis in die unterste Hölle. Bey JEsu kann allein das Schuldregister unsrer Zungensünden zerrissen, nur bey Ihm kann unsere Seele von allem unnützen Geschwätze auf ewig geheilt werden. Aber, daß wir’s nicht anstehen lassen, daß wir’s nicht hinausschieben bis an den Tod, bis auf jenen Tag! Dort wird nichts mehr durchstrichen, nichts mehr vergeben, sondern mit unerbittlicher Strenge vergolten. Zur Buße ruft uns unser Gewissen, zur Buße ruft uns der HErr, vor dem wir doch keiner Gnade werth sind, der aber jeden gedemüthigten, bittenden Sünder aufnimmt, und nur den Hoffärtigen ihren Nacken zertreten wird. So bitte ich euch denn um der Erbarmungen Christi willen, fliehet zu Ihm, der für euch und für mich, ja auch für die Abtrünnigen, Gaben empfangen hat, Dessen Blut für alle Sünder um Barmherzigkeit rufet! Zu Ihm wende sich, wer es kann; vor Ihm gebe Jeder seine Sünden an, und flehe um Vergebung, um ein reines Herz, um einen neuen gewissen Geist, so wird auch seine Zunge geheiliget werden, daß sie nimmer falsch redet, sondern auch in ihrem Theile den HErrn verherrlichet. Und ist irgendwo eine erschrockene, betrübte Seele, welcher ihre Sünden, auch ihre Zungensünden, schwer auf dem Gewissen liegen, daß sie spricht: ich gehe verloren! dieser sage ich: nein, liebe Seele, du gehst nicht verloren, wenn du zu JEsu fliehest und bey JEsu bleibst.

Ob bey uns ist der Sünden viel:
Bey Gott ist noch mehr Gnade;
Sein Arm zu helfen hat kein Ziel,
Wie groß auch sey der Schade.

Ja, wenn dein Schade noch so groß wäre, so kann der HErr dir helfen; und wenn du deine Sünden wahrhaftig bekennst und bereuest, so wird Er dir helfen, dein Gott und Heiland, und deine Sache hinausführen zur Seligkeit! Amen!

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